Einleitung
Es ist Anfang des Jahres 2016 und wenn ich zurückblicke, hat sich mein gesamtes Leben nur zum Positiven verändert. Ich weiß, es hört sich unglaublich an und ich bin es mittlerweile gewohnt, dass diese Aussage sehr häufig für Irritationen sorgt. Verwunderte Blicke, große Augen, Kopfschütteln bis hin zu Fragen, wie das denn möglich sein kann, ist mir auch über diese aufgezählten Möglichkeiten hinaus, bereits vieles an Reaktionen begegnet.
Es ist in der Tat verwunderlich, aber es ist die Wahrheit und wenn ich die Wahl hätte, die Uhr zurückdrehen zu können und das Geschehene ungeschehen zu machen, ich würde es nicht tun! Ich würde es definitiv nicht in Erwägung ziehen! Für mich ist es noch nicht einmal den Gedanken wert, denn mein heute so von Freude, Bewusstheit, Achtsamkeit und Selbstliebe geprägtes Leben möchte ich keine Sekunde mehr missen! Ich durfte mich vollständig selbst erkennen und durch meine Nahtoderfahrung in aller Tiefe erfassen, wer ich bin und welcher Sinn meinem Dasein zugrunde liegt.
An diesen weitreichenden Erkenntnissen
möchte ich Sie mit meinem Buch teilhaben
lassen und bin mir sicher, dass es auch Ihren
Blick auf das Thema Krankheit und Heilung
nachhaltig verändern wird!
Oft frage ich mich, wie es überhaupt möglich war, über viele Jahre, sogar Jahrzehnte ein Leben im Sinne von bloßem „Funktionieren“ geführt zu haben. Ich denke, Sie werden genau wissen wovon ich spreche.
Heute verfüge ich über alle Zeit der Welt, ich kann nach meinem ganz persönlichen Rhythmus leben und durfte meine gesamte Kreativität entdecken, die mir über die Jahrzehnte abhanden gekommen war. Das Schreiben war bereits im Kindesalter eine große Leidenschaft von mir, doch mir wurde erst auf dem Wege meiner Heilung klar, dass ich diese Gabe aus den Augen verloren hatte und nun mit Ihnen und der Welt teilen möchte. Während der Zeit meiner Genesung gehörte es zu meinen Lernaufgaben, mir meiner Bedürfnisse bewusst zu werden, diese zu achten und ich bin äußerst dankbar für die unzähligen Erfahrungen und der unmittelbar folgenden geistigen Klarheit, die mir mein Schlaganfall ermöglicht hat. Häufig werde ich sogar von Menschen angesprochen, welche mich fragen, wie es denn sein kann, so vergnügt und strahlend nach einem derart einschneidenden und erschütternden Erlebnis sein zu können. Die Antwort ist denkbar einfach: Gerade deswegen!
Der Schlaganfall liegt nun drei Jahre zurück und es waren die lehrreichsten, härtesten und schmerzlichsten Jahre in meinem bisherigen Leben. Einen Monat bevor es mich „traf“ war ich 48 Jahre alt geworden. Ich war halbseitig gelähmt, wusste nicht, inwieweit ich mich wieder körperlich und seelisch erholen würde, hatte meine Arbeit verloren, wurde von meinem Partner am Tag nach meinem Schlaganfall, als ich mich noch auf der Intensivstation befand, verlassen, stand mit meiner Tochter vollkommen alleine da und hatte überhaupt keine Ahnung, wie ich uns in einer derart problematischen und zunächst perspektivlosen Situation, ohne jeglichen persönlichen Beistand, weiter durchs Leben bringen sollte. Dies aus unterschiedlichen Gründen, denn gravierende und berechtigte Existenzängste kamen erschwerend hinzu und stellen mich auch heute noch zeitweise vor eine große Herausforderung. Eltern meinerseits, die uns unterstützen könnten, gibt es leider nicht und somit wusste ich schon damals, dass alles ganz alleine von mir, meiner Genesung und meiner Einstellung zur aktuellen Lage und zum Leben allgemein, abhängen würde.
Auch wenn dies ein unaussprechlich großes
„Paket“ darstellte, welches mir zeitgleich
präsentiert wurde, habe ich es geschafft,
daraus gestärkt und gesund hervor zu gehen!
Ich kann nur immer wieder betonen, dass ich die durchlebte Zeit nicht ungeschehen machen möchte. Nichts ist mehr wie es einmal war, ganz egal woran ich denke und welche Bereiche ich mir anschaue.
Es kommt einem zweiten Leben gleich. Einer großen Chance!
Daher mein Titel: Alles auf NULL und noch einmal von VORNE.
Alles durfte noch einmal von vorne beginnen, mit einer komplett umgewandelten Sicht für die Geschehnisse und Erfahrungen, die ich bis dahin gemacht hatte. Ich durfte mich selbst aus einer vollkommen anderen und für mich neuen Blickrichtung kennenlernen, die mich zur vollständigen Selbstannahme und Selbstliebe geführt hat.
Plötzlich und unvorbereitet ging es nach meinem Schlaganfall zunächst einmal nur um mich, in aller Tiefe. Ich erkannte, wie lieblos ich mich oft behandelt hatte. Stets stand für mich im Vordergrund, es anderen Menschen recht machen zu wollen. Ich hetzte förmlich durch mein Leben, um den privaten, aber auch beruflichen Ansprüchen derer zu genügen, die ihre Forderungen unbeirrt und rücksichtslos durchsetzten. Ich konnte nicht „NEIN“ sagen, ging ständig über meine Kraftreserven hinaus und übersah dabei, wie dieser Umstand von anderen Menschen, einschließlich meines Ex-Partners und meiner Arbeitgeber für eigene Zwecke willkommen geheißen wurde. Für mich ging es an erster Stelle immer nur darum, zu funktionieren. Obwohl ich mich bereits vor meinem Schlaganfall als sensible Frau beschreiben würde, so galt meine Fürsorge nur den „Anderen“ und nicht mir selbst. Für mich hatte ich diese Selbstfürsorge komplett aus den Augen verloren. Es gab viele Warnzeichen der körperlichen Erschöpfung, der emotionalen Überforderung durch die destruktive Beziehung zu meinem Ex-Freund, der mich für alles verantwortlich machte, ständig kritisierte und ich es ihm doch niemals hätte recht machen können. Heute weiß ich, dass er seine eigenen Beziehungsschwierigkeiten, oder vielmehr seine Beziehungsunfähigkeit, vollständig auf mich projiziert hatte.
Damals fühlte ich mich ständig schuldig und nicht gut genug. Ich dachte tatsächlich, wenn es Schwierigkeiten gab, dass die aufgetretenen Probleme an mir liegen mussten. Kein Wunder also, weshalb ich diese überlebenswichtige Chance der Richtungsänderung derart gravierend aufgezeigt bekommen habe. Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt die Definitionsmacht über mich selbst vollständig in andere Hände abgegeben. Heute bin ich unendlich glücklich, durch meine Krankheit die Gelegenheit bekommen zu haben, mein komplettes Leben nachhaltig zu überdenken und in jedem mir wichtigen Bereich zu ändern. Dies verdanke ich meinem heute ungetrübten und glasklaren Blick für mich selbst, aber auch dem Verhalten der Menschen, die ich bis dahin für wichtig erachtet hatte.
In den vergangenen Jahren hatte ich oft das
Gefühl, durch die „Hölle“ gehen zu müssen,
es war zeitweise an Verzweiflung,
emotionalem Schmerz, an Ängsten sowie
dem Gefühl von Einsamkeit nicht mehr zu
übertreffen. Ich spürte ganz eindeutig, dass
ich für mich und mit mir ganz alleine,
sämtliche Einzelheiten klären musste, um zu
einem höheren Verständnis der
Gegebenheiten geführt zu werden. Bei den
immer größer werdenden und
einschneidenden Erkenntnissen, die mein
Inneres in den Monaten nach meinem
Schlaganfall ganz und gar umgewandelt
haben, war es zeitgleich meine Aufgabe,
mich auf meine körperliche Genesung zu
konzentrieren.
Hinzu kam die von mir als entscheidend empfundene Verpflichtung mir selbst gegenüber, mich zunächst in Rückzug von Allem zu begeben. Es war für mich und mein weiteres Leben absolut vordergründig, in mir in jeder Hinsicht Klarheit zu schaffen und mich einer komplett neuen Ordnung hinzugeben. Ich musste mir bewusst darüber werden, was ich wirklich wollte, warum mir der Schlaganfall widerfahren war, warum ich mir selbst oft in einer derartigen Härte begegnet war, die mir heute absolut unverständlich ist und rückblickend Tränen in die Augen treibt. Es traten Fragen und Antworten zu Tage, die es mir ermöglicht haben, sowohl mein eigenes Verhalten, als auch das meiner Mitmenschen verstehen zu lernen. Es konnte anscheinend nur in dieser Schwere der Erkrankung und den dadurch entstandenen und vielschichtigen Veränderungen von mir ergründet werden.
In meiner früheren, schnellen und oftmals übereilten Art zu reagieren, hatte ich wertvolle Hinweise für meinen persönlichen Weg regelmäßig übersehen. Meiner Vorstellung, alles zeitgleich managen zu können, Hilfe von Außen nicht zu benötigen, meinen Beruf bestmöglich auszuüben, meine Tochter alleine zu erziehen, meinen Haushalt in Perfektion zu führen und gleichzeitig eine attraktive Partnerin zu sein, kam ich allzeit nach.
In der Rückschau war es eine wunderbare Lektion, die Gelegenheit bekommen zu haben, erleben zu dürfen, wie scheinbar unüberwindbare Hindernisse sich wandeln und letztendlich ein kostbares Geschenk darstellen können, wenn wir dies zulassen und bereit dazu sind, uns dem unendlichen Schmerz darüber, hinzugeben. Die extrem demütigende Zurückweisung durch den Mann, den ich sehr liebte, aber auch durch andere Menschen haben aus meiner heutigen Sicht nichts mit mir zu tun. Diese Menschen haben in sich noch sehr viel zu klären und wissen anscheinend...