Gewohnt an die Rolle des Konsumenten ist man dazu geneigt, Qualität als ein Satz subjektiv wahrgenommener Produkteigenschaften wie „hochwertig“, „funktional perfekt“ oder „langlebig“ zu definieren. Dieses Qualitätsverständnis ist allerdings sehr unpräzise und greift für eine unternehmerische Sichtweise zu kurz, weshalb nachfolgend, orientierend an den Ausführungen von Pfeifer/Schmitt, ein unternehmerisches Qualitätsverständnis hergeleitet wird.[5] Jedes Unternehmen verfolgt nach dem Grundverständnis der Betriebswirtschaftslehre das Ziel der nachhaltigen Gewinnmaximierung zur Gewährleistung der Unternehmensexistenz. Um Ziele zu erreichen bedarf es Maßnahmen zur zielorientierten Ausrichtung aller dafür notwendigen Aktivitäten. Jedes Unternehmen verfügt demnach über eine Unternehmensausrichtung bestehend aus untereinander abgestimmten Gestaltungsfeldern, wie der Unternehmensmission, -identität, -grundsätzen, -oberzielen etc. Durch Einsatz von entsprechenden Mitteln und Ressourcen sollen unter ökonomischen Gesichtspunkten die anvisierten Ziele bzw. Soll-Zustände realisiert werden.
Abb. 1.: Die Unternehmensleistung
Quelle: in Anlehnung an Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 116
Unter den Unternehmensfähigkeiten werden alle dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen subsummiert, beispielsweise Sach- und Geldmittel, sowie Mitarbeiter mit ihrem Wissen oder eingesetzte Technologien und Methoden. Das Unternehmen muss somit nicht nur ein Ziel erreichen wollen, es sollte auch die Fähigkeiten besitzen, die dafür notwendigen Aktivitäten umzusetzen. Der Deckungsgrad zwischen dem „Wollen“ und dem „Können“ ist die Unternehmensleistung (siehe obige Abbildung). Unter diesen Begriff fallen alle Produkte und Dienstleistungen, die am Markt angeboten und dort abgesetzt werden. Die Unternehmensleistung muss sich am Markt mit seinen Forderungen gegenüber dem Unternehmen messen lassen. Denn nur weil ein Unternehmen etwas will und es auch noch kann, ist das nicht gleichbedeutend, dass es dies auch soll. Aus diesen Überlegungen lässt sich unternehmerische Qualität wie folgt definieren: Unternehmerische Qualität ist der gegenwärtige Überdeckungsgrad von Marktforderungen, der Unternehmensausrichtung und den Unternehmensfähigkeiten. Oder: Unternehmerische Qualität ist der gegenwärtige Überdeckungsgrad von der tatsächlich erbrachten Unternehmensleistung mit expliziten oder impliziten Marktforderungen. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht diesen Sachverhalt.
Abb. 2.: Gesamtmodell: Unternehmerisches Qualitätsverständnis
Quelle: in Anlehnung an Pfeifer, T./Schmitt, R. (2010), S. 116
Dieses Qualitätsverständnis verleiht der Qualität einen mehrdimensionalen Charakter und ermöglicht die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven für eine differenziertere Gestaltung bzw. Verbesserung dieser. Qualität muss gezielt erzeugt werden und nicht „erprüft“ und wird dadurch zur Managementaufgabe. Das Qualitätsmanagement (QM) umfasst somit, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, die Gesamtheit aller Aktivitäten zur Sicherstellung und Verbesserung der unternehmerischen Qualität.[6] An dieser Stelle sei erwähnt, dass Begriffe und Definitionen längerfristig einem zeitlichen Bedeutungswandel[7] unterliegen, welche durch unterschiedliche kulturellgeschichtliche Ereignisse[8] hervorgerufen werden. Auch der Begriff „Qualität“ kann sich diesem Effekt nicht entziehen und ist dadurch immer ein Spiegel der Gesellschaftsentwicklung.[9]
Aus den oben erläuterten Überlegungen ergeben sich zur Optimierung der unternehmerischen Qualität drei Gestaltungsfelder. Dabei lassen sich je nach Konstellation dieser – nach dem hier zugrunde liegenden Modell – drei Herausforderungen ableiten. Eine dieser Herausforderung besteht darin, die Marktforderungen bzw. die Kundenerwartungen an die Unternehmensleistung aus Kundensicht zu identifizieren und diese entsprechend auf ein (neues) Produkt[10] zu übertragen. Eine weitere Herausforderung liegt in der strategischen (Neu-) Ausrichtung eines Unternehmens. Im Extremfall – beispielsweise aufgrund einer Diversifikation (horizontal, vertikal oder lateral) – könnte dies zu einer völligen Änderung der Unternehmensmission, -identität und -grundsätze führen, welche auf einander abgestimmt werden müssen, sodass ein in sich stimmiges Gesamtkonzept vorliegt. Die letzte Fallkonstellation bzw. Herausforderung bezieht sich auf mangelnde Unternehmensfähigkeiten und dem Scheitern an der (fehlerfreien) technologischen Umsetzung eines (neuen) Produktes. Die folgende Abbildung stellt die eben erläuterten Fallkonstellationen grafisch dar.
Abb. 3.: Herausforderungen bei der Optimierung der unternehmerischen Qualität
Quelle: eigene Darstellung
Diese Gestaltungsfelder bzw. Herausforderungen lassen sich durch die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven gezielt bearbeiten. Jede Perspektive legt dabei einen Fokus auf eine bestimmte Dimension der Qualität. Die Marktperspektive konzentriert sich auf die Marktforderungen und damit verbunden die Zufriedenstellung der Kunden durch eine entsprechende Unternehmensleistung. Um eine hohe Kundenzufriedenheit generieren zu können, darf keine große Diskrepanz zwischen den Kundenerwartungen und der wahrgenommenen Leistung herrschen, da ansonsten eine Enttäuschung der Kunden eintreten würde, welche zur Unzufriedenheit dieser führen könnte.[11] Indem der Kunde so früh wie möglich in den Produktentwicklungsprozess eingebunden wird, soll dieser Effekt vermieden werden.[12] Der Fokus liegt demnach auf der Produktqualität (erste Dimension). Nach Garvin setzt sich die Produktqualität aus acht bzw. – durch Pfeifer/Schmitt modifiziert – neun „Teilqualitäten“ zusammen, die gleichzeitig Kategorien darstellen, denen der Großteil der Kundenanforderungen und -erwartungen (allg. Marktforderungen) zugeordnet werden kann:[13]
Es ist darauf zu achten, dass kein „customer-mismatch“, ein Produkt mit unzureichenden Eigenschaften oder im gegenteiligen Fall „over-engineering“, ein Produkt mit zu vielen ungenutzten Eigenschaften entsteht. Ersteres wird von Kunden hart „bestraft“, da die Unzufriedenheit aufgrund der unzureichenden Eigenschaften des Produktes hoch ist und deshalb die wahrgenommene Produktqualität entsprechend gering ausfällt. Das „over-engineering“ wird hingegen von den Kunden zwar durchaus als positiv wahrgenommen, sie sind aber nicht bereit diese „unnützen“ Zusatzleistungen, welche sich oft in einem höheren Produktpreis widerspiegeln, zu honorieren. Das „optimale“ Ergebnis ist ein Produkt mit einem wettbewerbsfähigen Preis, welches so ausgestaltet ist, dass der Kunde eine positive Gesamtwahrnehmung erfährt, es seinen Erwartungen entspricht, er dadurch zufriedengestellt wird und das Produkt deshalb als qualitativ hochwertig ansieht.[14]
Für das gezielte Erzeugen von Qualität ist eine effektive Organisation unerlässlich. So müssen unzählige qualitätsrelevante Informationen erfasst, analysiert, verdichtet und weitergeleitet werden. Daraus sind koordinierte Maßnahmen zu bestimmen und zu dokumentieren, zu deren Umsetzung es einer Definition von Zuständigkeiten bedarf etc.[15] Wie die Unternehmensausrichtung mit ihren Ausprägungen gestaltet werden muss, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Gestaltung einer begeisternden Unternehmensleistung ermöglichen, kann durch die Einnahme der Führungsperspektive beantwortet werden.[16] Im Mittelpunkt liegt dabei die Errichtung eines funktionsfähigen Qualitätsmanagementsystems. Vereinfacht ausgedrückt gilt es, auf der strategischen Ebene Voraussetzungen zu schaffen, damit auf der operativen Ebene die „richtigen Dinge getan“ werden. Der Fokus liegt hierbei auf der sog. Systemqualität (zweite Dimension).[17] Ob allerdings die Unternehmensfähigkeiten genügen, sprich die Dinge „richtig gemacht“ werden, lässt sich nur mit Einnahme der Betriebsperspektive betrachten. Sie setzt den Fokus auf die Prozessqualität (dritte Dimension). Mittels vorbeugender, überwachender und korrigierender Tätigkeiten ist dabei die Prozessqualität zu sichern und zu steigern, da nur dadurch eine gleichbleibend hohe Produktqualität gewährleistet werden kann.[18] Im nachfolgenden Abschnitt wird aufgrund der zentralen Rolle der Prozesse zur Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses der Fachbegriff „Prozess“ definiert und ausführlich auf wichtige Eigenschaften von Prozessen eingegangen.
...