3Kündigung, allgemein
Fallbeispiel: Abteilungsleiter A ist sich sicher, dass eine weitere Zusammenarbeit mit seinem Mitarbeiter M nicht mehr tragbar ist. A erwägt den Ausspruch einer Kündigung gegenüber M. Zusammen mit einem Vertreter der Personalabteilung überlegt er, mit welcher Argumentation eine Kündigung gegenüber M ausgesprochen werden kann. Zunächst erklärt ihm der Mitarbeiter der Personalabteilung allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze für den Ausspruch einer Kündigung und den Kündigungsschutz.
3.1Rechtliche Grundlagen
Das Kündigungsschutzgesetz unterscheidet zwischen der verhaltensbedingten, der personenbedingten und der betriebsbedingten Kündigung. Die in diesem Kapitel beschriebenen rechtlichen Grundlagen gelten für alle Kündigungsarten.
3.1.1Form und Inhalt
Schriftform der Kündigung (§ 623 BGB)
Gemäß § 623 BGB bedarf die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Schriftform bedeutet, dass die Erklärung (Kündigung oder Auflösungsvertrag) schriftlich niederzulegen ist und eigenhändig durch Namensunterschrift im Original zu unterschreiben ist. Eine eingescannte Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben genügt nicht!
Kündigungen per SMS, E-Mail (auch mit qualifizierter elektronischer Signatur), WhatsApp etc. sind unwirksam. Auch eine Kündigung per Telefax genügt nicht der geforderten Schriftform, da durch das Telefax lediglich eine Kopie des im Original unterzeichneten Schreibens übermittelt wird. Aus dem Gesagten folgert zwangsläufig, dass auch der mündliche Ausspruch einer Kündigung „Du bist gekündigt!“ unwirksam ist.
Musterbeispiel eines Kündigungsschreibens
In dem Kündigungsschreiben muss der Wille zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum Ausdruck kommen. Das Wort „Kündigung“ muss dabei nicht zwingend genutzt werden. Für den Mitarbeiter muss jedoch klar sein bzw. durch Auslegung zu ermitteln sein, dass das Beschäftigungsverhältnis enden soll. Auch wenn das Wort „Kündigung“ nicht zwingend verwendet werden muss, ist vor dem Hintergrund zur Vermeidung späterer Streitigkeiten dringend zu empfehlen, das Kündigungsschreiben derart deutlich zu formulieren, dass der Beendigungswille eindeutig zum Ausdruck kommt.
Eine Musterformulierung des Kündigungsschreibens kann beispielhaft wie folgt lauten:
„Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrter Herr M,
hiermit kündigen wir das zwischen der XX GmbH und Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist zum nächstzulässigen Termin, das ist unserer Berechnung nach der 31. 05. 2018, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin.
Vorsorglich weisen wir Sie darauf hin, dass Sie sich gemäß § 38 Abs. 1 SGB III spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden haben. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Geschäftsführer“
Grundsätzlich besteht keine Pflicht, den Kündigungsgrund in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Von diesem Grundsatz sind unter anderem folgende Ausnahmen zu beachten:
- Die Angabe des Grundes ist erforderlich bei dem Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit (vgl. § 22 Abs. 3 BBiG) und schwangeren Mitarbeiterinnen (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 2 MuSchG).
- Darüber hinaus kann sich eine Pflicht zur Angabe des Grundes z. B. aus dem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergeben. Informieren Sie sich in der Personalabteilung, was konkret in Ihrem Unternehmen gilt.
Bei der Formulierung einer Kündigung ist darauf zu achten, dass die Kündigung nicht unter einer Bedingung erklärt wird („Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung“). Deshalb sind beispielsweise folgende Kündigungen unwirksam:
- „… hiermit kündigen wir das zwischen der XX GmbH und Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis für den Fall, dass der Auftrag des Unternehmens YY nicht um ein weiteres Jahr verlängert wird.“
- „… hiermit kündigen wir das zwischen der XX GmbH und Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis für den Fall, dass Sie keine deutliche Leistungssteigerung bis Ende der Woche zeigen.“
Unterschrift des Kündigungsberechtigten
Das Kündigungsschreiben ist im Original von einem Kündigungsberechtigten zu unterzeichnen. Dies sind in jedem Fall einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer und Prokuristen. Wer bei Ihnen noch berechtigt ist, einzeln oder gemeinsam mit jemand anderem eine Kündigung zu unterzeichnen, bringen Sie bitte in der Rechts- bzw. Personalabteilung in Erfahrung. Ebenso ob der Leiter Personal Ihres Unternehmens aufgrund öffentlicher Bekanntmachung berechtigt ist, Kündigungen auszusprechen. Die alleinige Tatsache, dass Sie Vorgesetzter des zu kündigenden Arbeitnehmers sind, rechtfertigt nicht, dass Sie eine Kündigung unterzeichnen können!
Wird von einem Nichtvertretungsberechtigten die Kündigung unterzeichnet, kann die Kündigung vom Arbeitnehmer gemäß § 174 BGB zurückgewiesen werden. Das hat zur Folge, dass die Kündigung unwirksam ist.
Der Arbeitgeber kann Sie zum Ausspruch einer Kündigung bevollmächtigen. Dazu ist der Kündigung eine Vollmachtsurkunde im Original (Wichtig: nicht in Kopie!) beizulegen, aus welcher hervorgeht, dass Sie als Führungskraft zum Ausspruch der Kündigung für den konkreten Einzelfall bevollmächtigt sind.
Kündigungsfristen
Bei der fristgemäßen ordentlichen Kündigung hat der Arbeitgeber die Kündigungsfrist jeweils individuell zu berechnen. Die Feststellung und die Berechnung von Kündigungsfristen stellen Führungskräfte und Personalabteilungen immer wieder vor eine Herausforderung. Grundlagenwissen für Führungskräfte ist auch in diesem Bereich empfehlenswert.
a)Feststellung der Kündigungsfrist
Zunächst ist die korrekte Kündigungsfrist zu bestimmen. Ausgangspunkt dafür ist grundsätzlich der zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsvertrag. Häufig ist dort explizit eine Kündigungsfrist vereinbart oder zumindest ein Verweis auf einen Tarifvertrag enthalten, aus dem sich die Kündigungsfrist ergibt. Enthält der Arbeitsvertrag keine Regelung und keinen Verweis auf ein weitergehendes Regelungswerk (z. B. einen Tarifvertrag), gilt die gesetzliche Regelung des § 622 BGB.
§ 622 Abs. 1 BGB sieht in den ersten zwei Jahren des Arbeitsverhältnisses eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats vor. Nach zweijährigem Arbeitsverhältnis sieht das Gesetz für den Arbeitgeber entsprechend der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Kündigungsfristen vor. Erkundigen Sie sich nach den gängigen vertraglichen bzw. tariflichen Kündigungsfristen in Ihrem Unternehmen.
Der aufmerksame Leser des Gesetzestextes findet in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB folgende Formulierung: „Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.“
Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19. 01. 2010 – C – 555/07 festgestellt, dass diese Vorschrift wegen Verstoßes gegen das Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund des Alters unwirksam ist. Damit ist diese Vorschrift gedanklich bei der Feststellung der Kündigungsfrist zu streichen – obwohl sie sich noch im Gesetzestext befindet! Damit sind sämtliche vor dem 25. Lebensjahr absolvierten Beschäftigungszeiten (inklusive der Ausbildungszeiten – sofern alle bei dem gleichen Arbeitgeber erbracht wurden) bei der Berechnung zu berücksichtigen.
Besonderheiten im Hinblick auf die Kündigungsfrist können sich durch die Vereinbarung einer Probezeit ergeben. Nach § 622 Abs. 3 BGB gilt: „Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.“
b)Berechnung der Kündigungsfrist
Die Berechnung der Kündigungsfrist wird exemplarisch an drei Beispielen...