Arthur Schnitzlers 'Fräulein Else': 'Die Monolognovelle' - Ausdruck des Gefangenseins im Korsett von Gattung und Zeit und Flucht in die Fragmentierung des Ichs im Bewusstseinsstrom
Ausdruck des Gefangenseins im Korsett von Gattung und Zeit und Flucht in die Fragmentierung des Ichs im Bewusstseinsstrom
Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Deutsches Institut), Veranstaltung: Proseminar: Arthur Schnitzler, 19 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Siebzigtausend verkaufte Exemplare, die Umsetzung des Stoffs in einem Stummfilm und überwältigende Lobeshymnen auf den Autor - das ist die Bilanz des Meisterstücks 'Fräulein Else'. Arthur Schnitzer selbst, einer der größten Erzähler und Dramatiker der literarischen Wiener Moderne, empfand sein Werk, wie aus Tagebuchnotizen hervorgeht, recht gelungen; eine Selbstzufriedenheit, die für ihn eher untypisch war. 'Fräulein Else' (1924) erzählt das Schicksal eines jungen Mädchens, das ihren Vater nur durch den Verkauf ihres Körpers vor dem Gefängnis oder dem möglichen Freitod bewahren kann und letztlich an dieser Aufgabe zugrunde geht. In Schnitzlers Augen kann nur eine Erzähltechnik den Anforderungen des Stoffs gerecht werden. Nur der Innere Monolog vermag es, die Tiefen des unbewussten Seelenlebens einer Figur, die einer existentiellen Krise ausgesetzt ist, dem Leser nahe zu bringen. Schon einmal hatte sich Arthur Schnitzler für den Inneren Monolog zur Umsetzung einer Thematik entschieden. 'Leutnant Gustl' war zwanzig Jahre zuvor erschienen und der erste Versuch des Autors, mit dieser Erzähltechnik zu arbeiten. Hugo von Hofmannsthal, einer der wichtigsten Vertreter des Jungen Wiens, schrieb in einem Brief an Arthur Schnitzler: 'Ja, so gut Leutnant Gustl erzählt ist, 'Fräulein Else' schlägt ihn freilich noch; das ist innerhalb der deutschen Literatur wirklich ein genre für sich, das sie geschaffen haben.' Hofmannsthal erkannte schon 1929, was bis heute gilt: Arthur Schnitzler steht für die erstmalige Verwirklichung des vollkommenen Inneren Monologs in der deutschsprachigen Literatur. Der Innere Monolog, auch unter 'Stream of Consciousness' bekannt, zeichnet sich durch seine mangelnde Struktur, durch Auslassungen und Ausrufe aus. Die Gedanken des Monologierenden fließen scheinbar ungebremst, formlos. Die Bezeichnung Innerer Monolog stellt jedoch lediglich eine Art der Erzähltechnik dar; eine Gattungszuweisung geht damit nicht einher. Zahlreiche Autoren ordnen Schnitzlers Werk der Novellengattung zu. Auch Schnitzler äußert sich in einem Brief vom 21. Februar 1925 an Gabor Nobl, in dem es um Muster und Vorbilder von 'Fräulein Else' geht, dahingehend. 'Damit ist aber auch alles erschöpft, was in meiner Novelle ['Fräulein Else'] mit Realität im engeren Sinne zu tun hat.' Auch Jürgen Zenke macht auf den Umstand aufmerksam, dass 'die beiden Monologerzählungen Schnitzlers fast ausnahmslos Novellen genannt [werden]'.
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