Rund um den CRM-Begriff besteht ein Begriffswirrwarr.[44] Zurecht wurde von Stojek die Frage aufgeworfen, ob es sich beim Customer Relationship Management (CRM) um eine Software, eine Strategie, einen Prozess oder ein Konzept handelt.[45]
Neben dem „Begriffschaos“ in der Praxis, bestehen auch in der Forschung und Lehre marginale Unterschiede.
So verstehen bspw. Wilde/Hippner unter CRM „[...] eine kundenorientierte Unternehmensphilosophie, die mit Hilfe moderner Informations- und Kommunika-tionstechnologien versucht, auf lange Sicht profitable Kundenbeziehungen durch ganzheitliche und differenzierte Marketing-, Vertriebs- und Servicekonzepte aufzubauen und zu festigen.“[46]
Schulze sieht das CRM als „[...] ein[en] kundenorientierten Managementansatz, bei dem Informationssysteme (CRM-Systeme) das erforderliche Wissen zur Unterstützung der Frontoffice-Prozesse im Marketing, Verkauf und Service sammeln, analysieren und integriert bereitstellen. Unternehmen verwenden das Wissen zur Verbesserung der Kundengewinnung, der Kundenbindung, zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit sowie zur Verbesserung der Interaktionsmöglichkeiten mit dem Kunden.“[47]
Gerth ist der Überzeugung „[...], dass es sich beim CRM in erster Linie um ein strategisches Konzept handelt, dessen Ziel es ist, vorhandene Technologien gezielt einzusetzen, um die richtigen Kunden zu gewinnen, bestehende Kunden zu binden und den Wert schrittweise auszubauen.“[48]
Um zu einer tragfähigen Definition zu kommen, erscheint es notwendig, kurz die Wurzeln des CRM aufzuzeigen. Unstrittig ist, dass der Einfluss zur Entwicklung des CRM aus den Wissenschaftsdisziplinen Marketing, Controlling und Wirtschaftsinformatik kommt. Dabei sind anhand von Abb. 2 drei langfristige Trends beobachtbar: Zum einen die Entwicklung vom Informations- zum Wissensmanagement, mit dem Fokus Wissen. Informationsmanagement ist die Verarbeitung und Bereitstellung der Ressource Information, um den Informationsbedarf, vor allem den der Führungskräfte, zu decken.[49]
Abbildung 2: Entwicklung des CRM[50]
Das Wissensmanagement führt diesen Ansatz weiter und integriert explizite/s und implizite/s Informationen bzw. Wissen aus internen und externen Quellen, um Unternehmensprozesse zu unterstützen. Dies geschieht dadurch, indem es das zur Erfüllung der Aufgaben notwendige Wissen sammelt, aufbereitet und den beteiligten Personen zur Verfügung stellt (siehe Abschnitt 3.3.1).[51]
Zum anderen der oft zitierte Wandel vom Transaktions- zum Beziehungsmarketing.[52] Anstelle des Abverkaufs der hergestellten Leistungen rückt beim Beziehungsmarketing die langfristige Bindung des Kunden in den Mittelpunkt des Unternehmensinteresses (siehe Abschnitt 3.2).
Der dritte Trend, der durch die zwei zuvor genannten beeinflusst wird, ist die Evolution vom CAS zu den integrierten Informationssystemen des CRM (siehe Abschnitt 3.3).[53]
Aufgrund der drei genannten Trends, den zuvor genannten Definitionen und anlehnend an Link[54], kommt der Autor zu folgender Definition für das CRM:
CRM ist ein interaktives, cross-functionales durch Informations- und Kommunikationstechnologien gestütztes strategisches Konzept zur Generierung, Aufrechterhaltung und Nutzung von erfolgreichen Kundenbeziehungen.
Im Mittelpunkt des CRM steht die erfolgreiche Kundenbeziehung. Vor allem durch (neue) Medien und Kanäle, also durch eine gezielte Interaktivität[55] via Multi-Channel-Management[56] und gestützt durch I+K-Technologien, soll dieses Ziel erreicht werden.
Da CRM keine Insellösung darstellt, muss es einen cross-functionalen, also funktionsübergreifenden bzw. unternehmensweiten, Charakter besitzen.
Dieses strategische Konzept oder diese klarumrissene langfristige Grundvorstellung bedarf der Integration in das Unternehmen, unter Beachtung des spezifischen Kontextes, in dem sich das einzelne Unternehmen befindet.
Im Folgenden soll auf das schon genannte Ziel des CRM näher eingegangen werden.
Die Anzahl der Begriffsauffassungen über das CRM wird nur durch die Masse der unterschiedlichsten Ziele desgleichen übertroffen. Im Folgenden sollen einige gängige Ziele der Praxis und Theorie aufgezeigt werden und dann das konstituierende Ziel des CRM, dessen Determinanten und Folgen für diese Arbeit, dargelegt werden.
Für Schwetz hat das CRM zum einen das „[...] vorrangige Ziel, die Mitarbeiter umfassend in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Service im Sinne eines effizienten Kundenmanagements zu unterstützen.“[57] Zum anderen „[...] ist das erklärte Ziel nicht die verstärkte Kontrolle des Außendienstes, sondern der „gläserne“ Kunde.“[58]
Nach Kahle/Hasler verfolgt CRM „[...] das globale Ziel, die Beziehung zu den Kunden zu verbessern, indem die Erwartungen der Käufer präzise bekannt sind und damit auch genauer erfüllt werden können.“[59]
Wessling definiert das Ziel des CRM folgendermaßen: „Ziel ist es, Kundenbeziehungen aufzubauen, die für das Unternehmen auch profitabel sind.“[60]
Behr vertritt folgende Meinung: „Letztlich hat Customer Relationship Management nur zwei Ziele:
1. Die Dauer der Kundenbeziehungen zu verlängern.
2. Die Wertigkeit der Kundenbeziehungen innerhalb dieses Zeitraums zu steigern.“[61]
Nach Rapp „[...] verfolgt CRM drei Ziele:
Die Erhöhung des Share of Wallets des einzelnen Kunden
Die Optimierung der Kundenbeziehung unter ökonomischen Gesichtspunkten
Die Gewinnung hochwertiger Kunden.“[62]
Für Diller ist das Ziel des CRM „[...] eine bewusste Orientierung am langfristigen Kundenwert.“[63]
Das Ziel des CRM für Meyer et. al. „[...] ist es,
diese Rollen zu definieren, zu erkennen und entsprechende Reaktions-Szenarien für den jeweiligen Fall zu entwerfen, und
Marketing, Vertrieb und Service zu unterstützen, diese Szenarien umzusetzen.“[64]
Das konstituierende Ziel des CRM sind erfolgreiche Kundenbeziehungen (siehe Abb. 3).[65]
Dieses allgemeingehaltene Ziel bedarf der sachlichen und zeitlichen Qualifizierung und Quantifizierung, die aus dem Grund hier nicht vorgenommen werden kann, weil diese vom Unternehmen immer kontextspezifisch getroffen werden muss.[66]
Eine räumliche Abgrenzung, vor allem für Deutschland, wird zunehmend unbedeutender[67] aufgrund der Globalisierung bzw. Ausweitung von Märkten und der ansteigenden Mobilität der Kunden (siehe hierzu auch Abschnitt 4.1.7 Globale und mobile Omnipräsenz).
Abbildung 3: Ziel des CRM
Eine wesentliche Voraussetzung, um eine erfolgreiche Kundenbeziehung aufzubauen, ist eine systematische Steuerung der relevanten Erfolgskriterien. Zumeist wird der Erfolg ergebnisorientiert, also z.B. anhand von Gewinn, Rentabilität und Deckungsbeiträgen, gemessen. Diese sind letztlich als Folge der konsequenten Umsetzung des CRM-Gedankens zu sehen.
Entscheidend für den Erfolg sind jedoch vorökonomische, also qualitätsorientierte Erfolgsfaktoren, wie vor allem Kundennähe und Kundenbindung.[68]
Kundennähe, geprägt besonders durch Peters/Waterman[69], ist ein strategisches Erfordernis für die gesamte Marketingtätigkeit und als grundlegende Voraussetzung eines Segment-of-One-Ansatzes, wie es das CRM ist, zu begreifen.[70]
Die Kundennähe ist am ehesten dadurch zu erreichen, indem das Unternehmen dem Kunden sowohl kognitiv, emotional, kommunikativ als auch prozessual und organisational nahe ist.[71] Auch der räumliche Aspekt spielt in vielen Branchen eine wichtige Rolle.[72]
Wenn der Kunde das Gefühl hat, dass das...