GRUNDPRINZIPIEN DES AYURVEDA
»Gute Gesundheit ist die beste Quelle für tugendhaftes Handeln, den Erwerb von Wohlstand, die Erfüllung von Wünschen und spirituelle Befreiung. Krankheiten zerstören dagegen die Gesundheit, das Wohlergehen und das Leben selbst.«
(Charaka, Sutrasthana, 1.15-17)
DAS GEIST-KÖRPER-MODELL DES AYURVEDA: DIE DOSHAS ALS BIOPROGRAMME
Ayurveda besitzt ein geniales wie faszinierendes Betrachtungsmodell von Mensch, Natur und Kosmos. Es ist das System der so genannten Doshas. Diese heißen Vata, Pitta und Kapha. Die drei Doshas stellen die wichtigsten Prinzipien der ayurvedischen Lehre dar. Sie sind die ewigen Grundmuster der Natur, die Bioprogramme, die unser Leben bestimmen. Sie liegen den Rhythmen und Zyklen der Natur zugrunde und beeinflussen Tages- und Jahreszeiten. Doch die Doshas steuern nicht nur die äußerlich wahrnehmbare Welt, sondern auch die Natur unseres Geist-Körper-Systems. Diese drei klar differenzierbaren Kräfte wirken in jedem lebenden Organismus. Sie sind die grundlegenden Regulationssysteme und Schwingungsmuster, die für sämtliche Abläufe und Funktionen im Körper verantwortlich sind.
DREIKLANG DER PERSÖNLICHKEIT
Wir können die Doshas mit den drei Grundtönen eines musikalischen Akkords vergleichen: Sind die Saiten eines Instruments gut gestimmt, dann entsteht ein harmonischer Dreiklang. Analog verhält es sich mit gut gestimmten Doshas. Wir fühlen uns wohl, sind leistungsfähig, entfalten unsere Fähigkeiten, strahlen Zuversicht und Lebensfreude aus und meistern die Aufgaben des täglichen Lebens. Sind diese Bioenergien dagegen aus dem Lot geraten, dann entsteht Missklang. Wir sind im wahrsten Sinn des Wortes »verstimmt«, verspüren Unwohlsein, entwickeln körperliche und geistige Symptome, fühlen uns verspannt oder werden gar krank und ernten Misserfolg. Das Ziel jeder ayurvedischen Therapie ist, die Balance der Doshas zu erhalten oder wieder herzustellen. Das System der Doshas ist mit etwas Übung leicht zu verstehen und nutzbringend anzuwenden. Jedes Dosha zeichnet sich durch bestimmte Eigenschaften aus, so genannte Gunas, und es leitet sich von je zwei der fünf bekannten Bausteine des Lebens, den Elementen, ab, die es ebenfalls charakterisieren und seine Eigenschaften und Funktionsweise verständlich machen.
DIE BILDUNG VON OJAS ODER AMA AUS NAHRUNG MIT EINFLUSSFAKTOREN
Die drei Doshas sind grundlegende Bioprogramme. Sie bestimmen die aktuelle Situation von Geist und Körper, deren augenblickliche Funktionsweise, Gesundheit und Kranksein. Andererseits kennzeichnen die Doshas auch die Wesenszüge, Talente, die gesamte Konstitution des Menschen, seine geistigen und körperlichen Anlagen, Fähigkeiten, seinen Körperbau und sein Verhalten.
DIE FUNKTION DER TRI-DOSHAS IN KÖRPER UND GEIST
DAS GRUNDLEGENDE SCHWINGUNGSMUSTER VON VATA: BEWEGUNG UND KOMMUNIKATION
Das Dosha Vata steht für Bewegung, Veränderung, Lebendigkeit in Geist und Körper und Kommunikation. Vata ist die vibrierende Wachheit in unserem Geist-Körper-System.
LUFT UND RAUM BILDEN VATA
Die Elemente, die Vata bestimmen, sind Luft und Raum, also die leichten, formlosen, durchdringenden, flexiblen und immateriellen Eigenschaften der manifesten Welt. Der Begriff Vata leitet sich von der Sanskrit-Wurzel va ab, die für »sich bewegen« steht. Alle Arten von Bewegung, geistiger wie körperlicher Aktivität sind darin eingeschlossen: Denken, Sprechen, Herzschlag, Atemrhythmus, Blutkreislauf, Darmperistaltik, Stofftransport in den Zellen und Geweben, das Vibrieren der Atome in den Zellen, die Informationsübertragung in den Sinnesorganen und Nervenzellen oder spontane Reflexe, die durch Sinnesreize ausgelöst werden.
Aus den materielosen Elementen Luft und Raum leiten sich auch die Gunas, die Eigenschaften des Vata-Prinzips ab: »leicht«, »beweglich«, »schnell«, »kalt«, »trocken«, »rau« und »subtil«. Das bedeutet: Nimmt Vata zu, dann vermehren sich Erscheinungen der beiden Elemente und der Gunas. Es ist so, als würde der Wind durch den Körper oder im Bewusstsein wehen und das System erregen oder auch austrocknen. Solche Erscheinungen sind zum Beispiel leichter Körperbau durch Gewichtabnahme, innere Unruhe, schnelle und aufgeregte Gedanken, leichtes Frieren, trockene und raue Haut, allgemeine Empfindlichkeit, Steifigkeit, Winde im Darm, trockener Stuhl mit Verstopfung und vieles mehr.
Bei normaler Funktion von Vata dagegen unterstützen die Eigenschaften dieses Doshas ein reibungsloses Funktionieren unseres Geist-Körper-Systems.
VATA MACHT KLAR UND WACH
Die Grundschwingung von Vata bewirkt Wachheit, Klarheit und Kreativität. Menschen mit gut ausgeprägtem Vata sind oft an ihrer lebhaften, flexiblen und wachen Wesensart zu erkennen. Sie sind einfallsreich, können gut kommunizieren und verfügen über eine feine und hohe Wahrnehmungsfähigkeit. Zugleich brauchen Vata-betonte Menschen viel Anregung und neue Impulse; sie fangen gern Neues an, müssen aber auch Acht geben, dass sie sich nicht verzetteln.
SCHRITTMACHER DER BIOLOGISCHEN AKTIVITÄT
Vata ist das Dosha, das die anderen Doshas anführt. Es ist das Bioprogramm, das zuallererst Veränderungen im Organismus herbeiführt und auch die beiden anderen Doshas mitbewegt. Vata kann daher auch als »Schrittmacher der biologischen Aktivität« bezeichnet werden. Im negativen Sinn ist Vata dadurch aber oft die erste Ursache eines Ungleichgewichts auch von Pitta und schließlich von Kapha.
DAS GRUNDLEGENDE SCHWINGUNGSMUSTER VON PITTA: WÄRME, ENERGIE UND TRANSFORMATION
Das Dosha Pitta charakterisiert den Stoffwechsel, die Verbrennungsvorgänge und den Wärmehaushalt im Organismus. Pitta stellt das Energieprinzip in Geist und Körper dar.
FEUER BESTIMMT PITTA
Pitta ist das aus den Elementen Feuer und geringer auch von Wasser abgeleitete Dosha. Als »thermisches Prinzip« liefert es die Energie, die verwandelt. Die Bezeichnung Pitta steht in enger Beziehung zu dem Sanskrit-Begriff tapas, der »Hitze« bedeutet. Feuer und Hitze bewirken Umwandlungsprozesse. Als Prinzip der Transformation steuert das Pitta-Dosha den Stoffwechsel; es ist zuständig für die Nahrungsumwandlung und -verbrennung. Pitta regelt aber nicht nur körperliche Verdauungsprozesse, sondern ermöglicht auch die Verarbeitung von Eindrücken und Emotionen auf geistiger Ebene.
Die Gunas von Pitta sind: »warm«, »scharf«, »leicht ölig«, »flüssig«, »scharfer Geschmack«. Es sind die Eigenschaften, die wir unmittelbar erleben, wenn Pitta zunimmt: Hitze, Brennen, heftiges Wesen, scharfe Sprache usw.
FRISCHES QUELLWASSER IN EINER SCHALE AUS STEIN. FEST UND FLÜSSIG, ERDE UND WASSER, URELEMENTE, DIE KAPHA FORMEN
PITTA VERLEIHT SCHARFSINN UND FÜHRUNGSQUALITÄTEN
Diese Bioenergie schenkt Dynamik, Energie und Ausstrahlung. Menschen mit einem guten und ausgewogenen Pitta verfügen über einen ausgeprägten Willen und eine starke Führungspersönlichkeit. Sie sind meist scharfsinnig, selbstsicher und unternehmungslustig. Neben der Wärme, die sie in ihre Umgebung und auf ihre Mitmenschen ausstrahlen, sind sie oft auch an ihrem Humor und ihrer Begeisterungsfähigkeit zu erkennen. Pitta-dominierte Menschen sind häufig sehr tapfer und tatkräftig, neigen aber auch zu hitzigen Gefühlen wie Ungeduld oder Zorn.
DAS GRUNDLEGENDE SCHWINGUNGSMUSTER VON KAPHA: STABILITÄT, AUSDAUER UND STRUKTUR
Das Dosha Kapha bildet die materielle Grundlage unseres Seins: Körperbau, Flüssigkeiten, alle materiellen Bausteine, die den Körper bilden.
ERDE UND WASSER GEBEN KAPHA DIE FORM
Dieses Dosha leitet sich von den schweren, substanziellen Elementen Erde und Wasser ab. Der Begriff Kapha beinhaltet die Silbe ka – eine der vielen Bezeichnungen im Sanskrit für »Wasser«. Das Element Wasser steht für Fruchtbarkeit, das Element Erde für Stabilität. Kapha ist nicht nur für den Flüssigkeitshaushalt verantwortlich, sondern verleiht dem Körper Stärke, Stabilität und Widerstandsfähigkeit. Als strukturgebendes Prinzip bestimmt es seine Form, nährt ihn und sorgt für Festigkeit und Zusammenhalt.
Die Kapha-Gunas sind »kalt«, »schwer«, »ölig«, »süß«, »beständig«, »weich«, »langsam«. Kapha schenkt Ausdauer und Beständigkeit, gibt Kraft und Körperfülle. Kapha-Menschen schreiten würdevoll und langsam durchs Leben, haben weiche Körperformen und eine sanfte Stimme. Säuglinge und Kleinkinder, die in der Regel aufgrund ihrer Lebensphase Kapha-geprägt sind, empfinden wir als »süß«.
KAPHA SCHENKT SUBSTANZ UND FESTIGKEIT
Auch auf geistiger Ebene verleiht Kapha Ausdauer und Stabilität. Menschen mit stark ausgeprägtem Kapha verfügen meist über ein gutes Langzeitgedächtnis, treffen Entscheidungen mit Bedacht und sind nur schwer aus der Ruhe zu bringen. Die positiven Charakterzüge dieses Doshas äußern sich auch darin, dass Kapha-Menschen mitfühlend, liebevoll und nicht nachtragend sind. Ihr Wesen ist eher ruhig und bodenständig, deshalb sind sie oft auf kreative Impulse ihrer Umwelt angewiesen, um in Bewegung zu kommen. Bei zu viel Kapha verwandeln sich die Gunas von Kapha in negative Eigenschaften: Schwerfälligkeit, Schwermut, Übergewicht, Langsamkeit, Schleimansammlung, Erkältungskrankheiten usw.
MERKMALE UND EIGENSCHAFTEN DER DOSHAS
Vata: | leicht, trocken, kalt, rau, beweglich, klar, fein |
Pitta: | warm, scharf, flüssig, etwas ölig,... |