2 Die Lehre des Ayurveda
Auch wenn es in diesem Buch darum geht, wie man Ayurveda unkompliziert in den normalen westlichen Alltag integrieren kann, sind ein paar Worte vorab doch ganz wichtig und interessant.
Ayurveda bedeutet »Das Wissen vom Leben«. In den über dreitausend Jahre alten Schriftstücken dieser Lehre, den sogenannten Veden , wurde das Wissen über Medizin und Psychologie, Heilkräuterkunde, Ernährungslehre und geistig-spirituelle Erkenntnisse sowie Übungsmethoden zusammengefasst. Diese Veden dienten später zum Beispiel der Traditionellen Chinesischen Medizin und der tibetischen Medizin als Grundlage. Auch die im Mittelalter berühmte Medizin des Orients war durch sie beeinflusst.
Diese ganzheitliche Gesundheitslehre zielt darauf ab, den Organismus zu entgiften, die Selbstheilungskräfte zu stärken, Krankheiten zu vermeiden, also Körper und Geist gesund zu erhalten. Das System umfasst Massagen, Reinigungskuren und Yoga sowie – als wichtigsten Baustein – die Ernährungslehre.
Das Wesen des Ayurveda beruht auf den fünf Elementen , aus denen sich jedes Lebewesen – also auch der Mensch – zusammensetzt: Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde. Aus diesen Elementen wiederum bestehen die Dosha , unsere Lebensenergien. Hier gibt es unterschiedliche Kombinationen. Jeder Mensch hat eine ganz eigene, individuelle Zusammensetzung dieser Dosha. Es gilt, die Dosha zu erhalten und zu stärken. Dies gelingt durch körperliche Bewegung (zum Beispiel Sport oder Yoga) und durch die Besänftigung des Geistes (etwa durch singen, musizieren oder meditieren) sowie mit einer entsprechenden Ernährung. Vielleicht denkt ihr jetzt: »Puh, bei all dem Stress soll ich jetzt auch noch frisch kochen, morgens oder abends Yoga machen und vor der Waschmaschine Arien schmettern, oder was?« Und meine Antwort darauf lautet: »Genau! … wenigstens manchmal!«
Was das Kochen angeht, greife ich euch mit diesem Buch unter die Arme – ihr werdet sehen: Die Rezepte sind alltagstauglich und einfach, köstlich und noch dazu gut verdaulich. Ayurveda bringt im Alltag keine Belastung, sondern Entlastung. Behaltet immer im Hinterkopf: Nur du alleine bist dafür verantwortlich, wie es dir geht.
2.1 Die Dosha
In den meisten Ayurveda-Kochbüchern findet man seitenlange, komplizierte Fragebögen, in denen man seine Konstitution , also Zusammensetzung der Dosha, bestimmen kann. Meiner Erfahrung nach ist es ausgesprochen schwierig, sich selbst richtig einzuschätzen. Außerdem geht eine gute Dosha-Bestimmung über bloßes Kreuzchen-machen weit hinaus; neben einer fundierten Befragung durch einen Ayurveda-Therapeuten erfolgt eine Puls- und Zungendiagnose und weitere Untersuchungen. Wenn du also deinen Konstitutionstyp genau bestimmen lassen willst, solltest du zu Ayurveda-Therapeuten oder Ayurveda-Ärzten gehen.
Dosha bedeutet so viel wie »zentrale Lebensenergie«, die unser Leben maßgeblich beeinflusst. Im Ayurveda unterscheidet man drei Energien: Vata, Pitta und Kapha.
Jeder von uns besitzt von Geburt an Anteile von allen drei, sonst könnten wir nicht leben. Meist herrschen in einer Person ein bis zwei Dosha vor, selten alle drei. Daraus ergibt sich, dass man eigentlich nicht nur von drei Dosha reden kann. Es handelt sich genauer betrachtet um sieben. Menschen können also besonders die Energien von Vata oder Pitta oder Kapha oder die Kombi aus Vata-Pitta, Pitta-Kapha, Vata-Kapha oder Tridosha besitzen. Doch diese individuelle Mischung kann durch innere und äußere Einwirkungen wie etwa Erziehung, Stress oder auch Traumata durcheinandergeraten. Dies kann im besten Fall nur von kurzer Dauer sein oder einen auch über eine sehr lange Zeit begleiten. Letzteres kann dann zu Unwohlsein und auch zu allen erdenklichen Krankheiten führen.
In einem gesunden Organismus sind diese Energien in ihrem jeweiligen Gleichgewicht. Um gesund zu bleiben, soll der Körper das richtige Verhältnis der drei Dosha erhalten oder wiedergewinnen, und dies kann in großem Maße über die richtige Ernährung gesteuert werden.
2.1.1 Energien, Elemente und Eigenschaften
Die entsprechenden Eigenschaften der Elemente, aus denen sich die Dosha zusammensetzen, werden im Körper übernommen und bestimmen so das Wesen des Menschen.
Auch ohne Test sind die einzelnen Dosha-Anteile oft so charakteristisch, dass man sich gut darin wiederfindet. Hier ein Überblick …
Vata gibt uns mit seinen Elementen Wind und Äther Leichtigkeit, Spiritualität und Geist. Wenn wir mit dieser Lebensenergie in eine Störung kommen, verfallen wir ins Grübeln, werden rastlos und zweifelnd.
Pitta vertritt mit den Elementen Feuer und Wasser das Hitzige, Energiereiche und die Kraft, Dinge und Pläne umzusetzen. Wenn hier ein Ungleichgewicht eintritt, neigen wir zu Zorn, Unverständnis und Ungeduld.
Kapha steht mit seinen Elementen Wasser und Erde für den Aufbau, für Verlässlichkeit und Stetigkeit. Sollte hier eine Störung auftreten, werden wir »Couch-Potatoes« ohne jeglichen Antrieb und fühlen uns schwerfällig.
Hinweis: Im Abschnitt »Dosha, Ernährung und Gewürze: eine kleine Übersicht« wird das alles noch viel konkreter.
2.2 Die Rhythmen des Lebens
Die Dosha bestimmen nicht nur unser Wesen und dessen Ausprägung, sondern sie haben auch im Tagesverlauf, in den unterschiedlichen Jahreszeiten und auch Lebensabschnitten ihre unterschiedlichen Qualitäten. Wenn wir unser Leben lang dasselbe essen würden, könnten wir es trotzdem nicht immer gleich gut verdauen. Der Grund: Unser Stoffwechsel – schade, aber wie sollte es auch anders sein – verändert sich im Laufe des Alterungsprozesses. Das erklärt auch, warum manches Gericht, das man als Kind so heiß und innig liebte, mit zunehmendem Alter oft gar nicht mehr der Renner ist oder einfach nicht mehr vertragen wird.
Der Stoffwechsel ist abhängig von unserer ursprünglichen individuellen Zusammensetzung aus Lebensenergien (Dosha), der momentanen körperlichen und geistigen Befindlichkeit, unserem Alter (wie schon gesagt), der Klimazone, den Jahres- und Tageszeiten und er ist beeinflusst von unseren Stimmungen, unserer Arbeit und unserem privaten Umfeld.
2.2.1 Tagesrhythmus
Kennst du das? Der knackige Salat zum Mittagessen, der dir so wunderbar bekommt, liegt dir abends wie Blei im Magen und lässt dich nicht schlafen? Ein klassischer Fall … die Dosha haben je nach Tageszeit unterschiedliche Qualitäten, was sich auf unsere Verdauung auswirkt.
Die Stunden, in denen die Sonne aufgeht, sind dem Vata vorbehalten (3 bis ca. 7 Uhr, Sommerzeit). Hier ist unser Verdauungsfeuer (Agni ) eher schwach. Die klassische Frühstückszeit. Also: warm trinken, am besten auch noch warm essen, auf jeden Fall nicht zu schwer. Immer gleiche Rituale und genügend Zeit helfen uns in dieser Tageszeit sehr gut. Von 7 bis 11 Uhr (Sommerzeit) ist Kapha dominant.
Mittags herrscht Pitta vor. Von ca. 11 bis 15 Uhr (Sommerzeit) ist das Verdauungsfeuer extrem gut und wir können und sollen zu dieser Zeit warm, der Jahreszeit entsprechend und ausreichend essen. Wer es irgendwie einrichten kann, sollte nach dem Essen etwas ausruhen. Das kann ein kurzes Nickerchen (Power-Napping) sein, ein kleiner Spaziergang im Grünen oder einfach eine zehnminütige Pause vom täglichen Trott, eine Atemübung, ein Innehalten. Augenblicke wie diese, in denen wir entspannen und zur Ruhe kommen, sind ausgesprochen wichtig für unseren Geist und unser Immunsystem.
Vata beherrscht dann wieder ab 15 Uhr den Tag, bis sich ab 19 Uhr eine Kapha dominierte Phase anschließt. Deshalb empfehlen sich am Nachmittag warme Getränke wie Chai und gewürzte Tees, das Abendessen sollte leicht und gut verdaulich sein.
Das bedeutet, dass wir Suppen und Eintöpfe bevorzugen sollten. Im stressigen Alltag ist dies jedoch nicht immer machbar, da wir oft abends zusammen warm kochen und dies die familiäre Hauptmahlzeit darstellt. In diesem Fall ist es besonders wichtig, dass man die Lebensmittel und Gewürze so wählt, dass die Verdauung optimal unterstützt wird. Achte darauf, die richtige Menge zu dir zu nehmen. Und ganz wichtig: Iss bitte nicht vor dem Fernseher.
Ab ca. 23 Uhr übernimmt dann wieder Pitta.
Was hat es mit »tridosha« auf sich?
»Tridosha« bedeutet »alle drei Dosha betreffend bzw. beeinflussend«. Der Begriff kann ebenso einen Konstitutionstyp bezeichnen, der ein besonders ausgewogenes Verhältnis aller drei Dosha aufweist. Jeder von uns hat Anteile aller drei Dosha, wenn auch mit unterschiedlicher Verteilung. Aus dem Grund sind in diesem Kochbuch alle Rezepte darauf ausgerichtet, dass sie für alle drei Dosha geeignet sind. Auch das nennt man »tridosha«.
2.2.2 Jahresrhythmus
Fühlst du dich im Laufe des Jahres mal fitter, mal schlapper, mal mehr oder weniger schön, mal schneller und mal langsamer, mal schwerer und mal leichter, mal mehr oder weniger nachdenklich? Auch das lässt sich ganz einfach mit der Qualität der Dosha erklären.
Das Frühjahr (Februar bis Juni) ist dem Kapha zugeordnet. In dieser Zeit ist der Stoffwechsel langsam, Schlacken...