Ursachen von Nackenschmerzen
Es gibt zahlreiche Ursachen von Nackenschmerzen, von denen ich die wichtigsten Hintergründe nachfolgend erwähnen möchte.
Das Zivilisationsproblem - Bewegungsmangel
Unsere technisierte Welt nimmt uns fast alle Bewegungen ab. Sie soll uns entlasten. Aber: Bewegung und Veränderung bedeuten Leben. Überall in der Natur finden wir sie. In der Bewegung des Wassers in einem Fluss, in der Veränderung der Natur bei den Jahreszeiten, die Erde selbst bewegt sich um sich selbst und im Universum gemeinsam mit dem Mond um die Sonne. Wir sehen abwechselnd Phasen der Aktivität und der Ruhe. Beispielsweise legen Tiere nach der anstrengenden Jagd eine lange Ruhephase ein. Im Winter haben die Pflanzen ihre Ruhezeit, um im Frühjahr wieder Blüten zu treiben. Bewegung und Veränderung zeigen uns Lebendigkeit. Stagnation und Starre hingegen deuten auf Krankheit und Tod. Blut und Lymphe bewegen sich im Körper, die Peristaltik hilft bei der Verdauung, und auch der Bewegungsapparat ist auf Bewegung und Veränderung ausgerichtet – z. B. Fortbewegung oder die ständige Veränderung der Position – wie Sitzen, Stehen, Gehen, Liegen usw.. Aber auch den Wechsel zwischen Spannung und Entspannung, Wachen und Schlafen. Bewegung ist Leben - wir sind von Natur aus für Bewegung mit wenigen Ruhepausen gemacht. Ein Bewegungsmangel schadet uns. Nicht nur dem Bewegungsapparat, sondern einer ganzen Reihe von Organen. Aber die Wirbelsäule ist, was ihre Funktionstüchtigkeit angeht, von einem ausreichenden Bewegungsangebot abhängig.
Ohne Belastung werden die Wirbelkörper, die die tragenden Elemente darstellen, porös (Osteoporose), die bewegenden Muskeln verkümmern (Muskelinsuffizienz mit mangelnder Stabilität), die stabilisierenden Bänder werden schlaff (Instabilität im Bewegungssegment zwischen zwei Wirbelkörpern), die Bandscheiben, die von Be- und Entlastung leben, "verhungern" und werden brüchig (Bandscheibenvorfall), die Wirbelgelenke, die die Wirbel miteinander gelenkig verbinden, werden unbeweglicher, ihre schrumpfenden Gelenkkapseln beginnen zu schmerzen (Spondylarthrose), die Durchblutung der Bausubstanz der Wirbelsäule verschlechtert sich, die Steuerung der Wirbelgliederkette durch die Nervengeflechte verebbt ohne regelmäßige und ausreichende Beanspruchung ("Blockierungen", "Funktionskrankheit").
Zu geringe Bewegungsreize lassen sämtliche Bauteile der Wirbelsäule verkümmern, ein angemessenes Bewegungsangebot optimiert die Belastbarkeit der "Säule", ein gezieltes Bewegungstraining beugt nicht nur Rückenschmerzen vor, sondern "heilt" bereits vorhandene Wirbelsäulenstörungen in allen Lebensabschnitten.
Quelle: Dr. med. Bernd Reinhardt, Orthopäde - Sportmedizin - Chirotherapie - Badearzt, Bad Aibling, Erstellt: Mai 2001
Fehlbelastungen
Fehlende Körperwahrnehmung oder angelerntes, falsches Verhalten führt oft zu Fehlbelastungen. Es werden Muskeln beansprucht, die für diese Situation gar nicht benötigt werden, dafür werden andere vernachlässigt und verkümmern. So kommt es zu einem Ungleichgewicht der Muskelzüge, die den Kopf im Gleichgewicht halten sollen.
Fehlbelastungen entstehen meist durch Fehlhaltungen, die ein häufiger Grund für oft sehr schmerzhafte Muskelverspannungen im Nacken- und Schulterbereich sind. Langes Sitzen, Tragen von schweren Taschen, verdrehtes Schlafen oder schlechte Bewegungstechnik beim Sport begünstigen den sogenannten „steifen Nacken“. Diese Fehlhaltungen können durch äußere Faktoren, wie z. B. zu tiefe oder zu hohe Sitze, eine zu tiefe, zu hohe oder zu weit entfernte Arbeitsplatte und/oder falsch stehende Monitore, falsche Brillen usw. begünstigt oder ausgelöst werden. Viele Menschen verbringen heutzutage die meiste Zeit des Tages in sitzender Haltung (oft über viele Stunden in derselben Sitzposition). Meist wird hierbei der Kopf nach vorne gestreckt (so sind die Nackenmuskeln immer in Spannung). Auf lange Sicht führt dies zu Verspannungen, Nackenschmerzen oder auch Kopfschmerzen am Hinterkopf.
Auch die Eitelkeit begünstigt muskuläre Verspannungen. Insbesondere die Vermeidung eines Doppelkinns. Hierfür wird der Kopf in den Nacken gelegt, damit es weniger zu sehen ist. Dieses Schwinden des ungeliebten Doppelkinns wird allerdings mit Nackenverspannungen bezahlt.
Manche Sportarten können ungünstig für die Nackenmuskulatur sein. Muss der Kopf länger in den Nacken gelegt werden (z. B. Brustschwimmen oder Radfahren), kann das Verspannungen fördern. Es ist möglich, Brustschwimmen gesund auszuführen. Allerdings werden dann die Haare nass. Der Kopf bleibt in der Verlängerung der Wirbelsäule und der Kopf bzw. das Gesicht taucht immer wieder unter Wasser. Auch beim Radfahren kann der Lenker so hoch eingestellt werden, dass auf den Armen kein Gewicht mehr ist. Der Kopf liegt ausbalanciert auf der Wirbelsäule, so dass er nicht von extrem angespannten Nackenmuskeln gehalten werden muss.
Eine Angewohnheit von großen Menschen (vor allem Frauen) ist es häufig, sich nach vorne zu beugen und den Kopf dementsprechend nach hinten in den Nacken zu legen. Diese gebeugte Haltung kann bewusst eingenommen werden, um sich etwas kleiner zu machen (und so nicht so sehr aufzufallen) oder unbewusst, weil z. B. die Türen, Tische und Stühle zu niedrig sind oder der Blickkontakt zu den kleineren Menschen aufrecht erhalten werden soll. Diese dauernde gebeugte Haltung fördert wieder Nackenverspannungen.
Unsicherer Gang
Normalerweise sieht niemand auf seine Füße beim Gehen. Wir spüren sie, ohne sie anzuschauen. Ältere Menschen oder einfach Menschen, die etwas wacklig auf den Beinen sind, blicken aber oft automatisch auf ihre Füße, weil sie unbewusst versuchen, sie mit den Augen und nicht mit dem Körpergefühl zu kontrollieren. Dadurch werden die Nackenmuskeln ständig angespannt, was zu Schmerzen führen kann.
Einseitige Nackenschmerzen können durch den lange oder oft zur Seite geneigten Kopf entstehen. Der eingeklemmte Kopfhörer ist hier ein Paradebeispiel.
Schlechte Angewohnheiten
Immer wieder sieht man Menschen, die die Schultern hochziehen, wenn sie die Arme anheben. Manchmal schon, wenn ein Glas angehoben wird, ein Schraubverschluss aufgedreht wird oder beim Arbeiten am PC. Auf lange Sicht sind die Schulterblatthebemuskeln und der Trapezmuskel dadurch in ihrer Beweglichkeit stark eingeschränkt (früher sagte man: verkürzt). Das führt zu Schmerzen, da die Muskeln an den Halswirbeln ziehen, die Nerven beeinträchtigen und die Durchblutung stören. Der Deltamuskel (Schultermuskel) reicht völlig aus, um den Arm in die Waagerechte anzuheben.
Kurzsichtigkeit
Viele kurzsichtige Menschen tragen keine Sehhilfe. Manche von ihnen versuchen, um besser zu sehen, das, was sie sehen möchten (z. B. ein Buch), näher zu sich heranzuholen. Andere aber versuchen, die Augen näher an das Buch (oder die Handarbeit usw.) zu bringen und strecken dabei den Kopf nach vorn. Wird diese Position länger gehalten, folgen Verspannungen und Schmerzen im Nackenbereich.
Gleitsicht- und Bifokalbrillen
Meist ist es so, dass automatisch der Kopf in den Nacken gelegt wird, wenn man durch die untere Abteilung der Gläser schaut. Muss man nun aus irgend einem Grund sehr oft durch den unteren Teil schauen, verspannt die sensible Nackenmuskulatur und das kann wieder zu Schmerzen führen.
Psychische Belastungen
Auch längere Zeiten von Stress, Leistungsdruck und ängstlicher Erwartung können eine Nackenverspannung auslösen, so wie man sich umgekehrt gestresster fühlt, wenn der Nacken verspannt ist und sich in einer Fehlhaltung befindet.
Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen wurzeln auch oft in der Psyche, oder die Psyche verstärkt irgendwann den Schmerz. Dass seelische Faktoren mitentscheiden, ob ein Rücken- oder Nackenschmerz chronisch wird, ist seit langem bekannt. Aber die Gedanken sind nicht immer bewusst. Es gibt psychische Erkrankungen, wie z. B. (larvierte) Depressionen, bei denen die Schmerzen am Bewegungsapparat das einzig wahrnehmbare Symptom sind. Die tatsächliche Störung, die Depression, bleibt dabei getarnt.
Auch sogenannte „psychisch geprägte (psychogene) Weichgewebeschmerzen“ werden, wie der Name schon sagt, durch die Psyche verstärkt. Oft sind zwar krankhafte Veränderungen objektiv vorhanden, können aber die subjektiv sehr stark erlebten Schmerzen nicht wirklich erklären. Unter dem Weichgewebe versteht man Sehnen, Muskeln, Nerven (Neuralgien) und Bindegewebe.
In psychisch belastenden Situationen wird das HWS-Syndrom oft von Sehstörungen begleitet. Gleichzeitig zeigen sich dann oft:
• Schmerzen
• Ohrgeräusche
• Übelkeit
• Erbrechen und
• anfallsartiges Hinfallen
Außerdem verspannen sich die Schulter- und Nackenmuskeln sehr schnell bei Stress und dies kann nicht nur zu Nackenschmerzen, sondern auch zu Kopf-, Gesichtschmerzen,...