BIORHYTHMUS:
UNSER TAKTGEBER
Sie können wach bleiben bis in die Nacht und fühlen sich dabei pudelwohl? Frühmorgens ist allerdings nicht Ihre Zeit. Sie sind müde und schlecht drauf, denn Sie würden viel lieber bis mittags schlafen. Oder wollen Sie manchmal abends etwas unternehmen und können sich dazu einfach nicht aufraffen? Sogar das Ende des abendlichen Fernsehfilms ist schon zu spät für Sie? Dafür sind Sie morgens um vier schon bestens gelaunt, redselig und putzmunter?
WARUM SIND WIR SO VERSCHIEDEN?
Unsere innere unsichtbare Uhr, der körpereigene Bio-Rhythmus, gibt uns den Takt vor. Er ist eingestellt durch unsere Gene und justiert sich hin und wieder durch unser fortschreitendes Lebensalter nach.
Wir können zwei grundsätzliche Zeittypen unterscheiden:
›Nachtschwärmer, die abends erst so richtig in Schwung kommen – die Eulen
›Frühaufsteher, die morgens schon zu Höchstform auflaufen – die Lerchen
Bei beiden Typen gibt es Lang- und Kurzschläfer. Manch einem reichen sechs Stunden Schlaf, ein anderer braucht zehn Stunden, um fit zu sein. Die meisten von uns befinden sich wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.
Genau genommen ticken viele Uhren in uns – jede Zelle hat ihren, jedes Organ hat seinen eigenen stillen Zeitmesser. Synchronisiert werden die verschiedenen Zeitmesser im Gehirn. Der Hypothalamus ist Zentraluhr und Dirigent des großen Uhren-Orchesters.
Die Hormonkonzentrationen, die Nieren-, Lungen- und Lebertätigkeit, der Blutdruck, die Pulsfrequenz, die Körpertemperatur, die Magensäureproduktion, die Verdauung, der Stoffwechsel – alles läuft in bestimmten Zyklen ab. Damit beeinflusst unsere innere Zeitmessung sogar die Wirkung von Arzneimitteln und die Verstoffwechselung der Nahrung.
Der wichtigste äußere Taktgeber für den Biorhythmus ist das Tageslicht. Die inneren Uhren müssen sich ständig neu synchronisieren: untereinander, mit den Tageslichtinformationen und auch mit dem von uns indoktrinierten Tagesablauf. Andauernde Unregelmäßigkeiten schaffen Probleme, die sich in Kreislaufbeschwerden, Übergewicht, Diabetes oder depressiven Verstimmungen äußern können. Besonders gut sichtbar werden Zeit-Abstimmungsprobleme bei Schichtarbeit und bei Flugreisen in zeitversetzte Länder (Jetlag). Unsere Non-Stopp-Gesellschaft, der Dauerstress und alles zu jeder Zeit machen zu wollen oder zu müssen, stellen große Anforderungen an den hauseigenen U(h)r-Rhythmus.
Es lohnt sich also, diesen eigenen Rhythmus kennenzulernen und möglichst in das Leben zu integrieren. In der folgenden Tabelle zeige ich Ihnen einen Zyklus auf, wie er wahrscheinlich bei den meisten von Ihnen aussieht. Vielleicht wachen Sie aber auch viel früher oder später auf? Ihr Cortisolanstieg beginnt dann entsprechend früher oder später und die Zeiten der Tabelle verschieben sich entsprechend. Ihren wahren Rhythmus lernen Sie am besten im Urlaub kennen, wenn Sie entspannt ohne Wecker leben, so wie Ihr Körper es liebt.
Ø24-STUNDEN-KÖRPER-ZYKLUS
2–4 | Puls, Blutdruck, Körpertemperatur, Atmung am niedrigsten |
4–6 | Cortisolanstieg. Aufwachphase wird vorbereitet |
7 | Melatoninausschüttung stoppt |
10–12 | Leistungshoch, höchste Aufmerksamkeit, bestes Kurzzeitgedächtnis, gute Zeit für Krafttraining und Gymnastik |
12–14 | Mittagstief, Mittagsmüdigkeit |
14–16 | bestes Koordinationsvermögen, schnelle Reaktionen |
16–18 | Leistungshoch (geringer als zwischen 10 und 12 Uhr), bestes Langzeitgedächtnis, Puls, Blutdruck, Körpertemperatur, Atmung am höchsten |
18–20 | beste Zeit für Ausdauersport |
20–22 | hoher Magensäurespiegel, Abnahme der Körper- und Verdauungsfunktionen, Melatoninausschüttung beginnt, die Entspannung nimmt zu |
22–2 | erholsamer Schlaf, vermehrte Tiefschlafphasen |
ESSPAUSEN UND BIORHYTHMUS
„Sie müssen mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt essen – Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages – Lassen Sie niemals eine Mahlzeit ausfallen – Sie dürfen nie Hunger verspüren – Essen Sie morgens wie ein Kaiser und abends wie ein Bettelmann – Wenn Sie abnehmen wollen, dann müssen Sie mehr essen.“
Diese und ähnliche Parolen sind omnipräsent und in unseren Köpfen fest verankert. Das macht sie trotzdem nicht automatisch zu wahren Aussagen, auch wenn sie noch so oft gepredigt werden und wir noch so gern an ihnen festhalten wollen. Besonders die Vorschrift: Sie dürfen nie Hunger verspüren, dient vielen als geniale Ausrede zum pausenlosen Essen.
Rund die Hälfte der erwachsenen EU-Bürger sind übergewichtig, und das trotz Ernährungskampagnen, unendlich vielen Diätvorschlägen und Light-Produkten. Läuft in der Ernährungswelt doch etwas grundlegend schief? Liegt es vielleicht nicht nur daran, was wir essen, sondern auch daran, wie oft wir essen?
Die ständige Verführung – ein Häppchen hier, ein süßes Schlückchen da, wirbelt die Ordnung des gesamten inneren Uhren-Orchesters durcheinander.
Der Dirigent hat sein Team nicht mehr im Griff. Alle Mitglieder sind auf Verdauung geeicht und denken an nichts anderes mehr. Die natürlichen und komplexen Stoffwechselprozesse des Körpers werden dadurch stark gestört …
… das kann ein wesentlicher Grund für Übergewicht sein. Eine über den ganzen Tag verteilte Energieaufnahme ist für den Körper fast ebenso ungünstig wie eine schlechte Nährstoffzusammensetzung der Speisen. Durch die stete Insulinausschüttung, die der Nahrungsaufnahme unweigerlich folgt, werden viele Stoffwechselvorgänge behindert.
4–5 Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten wirken Wunder für die „Verbrennungsleistung“ und die gesamte Stoffwechselaktivität.
Am Tag leistungsfähig sein und am Abend entspannen können. Wer wünscht sich das nicht?
Da sollte die logische Schlussfolgerung lauten: Tagsüber halten wir uns schüchtern beim Essen zurück und setzen uns am frühen Abend zur Hauptmahlzeit gemütlich an den Tisch. Warum sollten wir einen gerade leistungsfähigen Körper mit einem süßen Frühstück belasten oder das Loch des Mittagstiefs durch eine üppige Mahlzeit noch tiefer buddeln? Dann doch lieber in der Mittagspause einen Salat, ein Süppchen, Obst, Müsli, Vollkornstulle oder nichts essen und abends eine warme, leichte und bunte Mahlzeit zum entspannenden stressfreien Feierabend genießen.
Leider kennen wir uns nicht persönlich. Sonst würde ich Ihnen nach einem ausführlichen Gespräch und gründlicher Anamnese eine individuelle Empfehlung unterbreiten und Ihre Fragen gezielt beantworten. Daher gebe ich Ihnen in diesem Buch viele bewährte Empfehlungen, aus denen Sie das Beste und Passendste für sich aussuchen und kombinieren können.
Ich erzähle Ihnen vieles, was Sie sonst in meiner Praxis erfahren würden. Es ist wichtig, den Sinn einer Ernährungsumstellung zu verstehen, um sie leichter umsetzen zu können.
Sehen Sie bitte nicht alles zu akribisch, sondern passen Sie es sinngemäß in Ihr Leben ein. Probieren Sie verschiedene Ansätze aus, um zu erfahren, was mit Ihnen harmoniert.
Unser Körper verzeiht viele Ernährungssünden und arbeitet trotzdem gut. Wie gut arbeitet er wohl, wenn wir seinen...