1.Im Hier und Jetzt sein
In jedem Augenblick hast du eine Verabredung mit dem Leben. Jeden Augenblick, den du versäumst, versäumst du das Leben.
Thich Nhat Hanh
Daß innen = außen ist, kann mir natürlich nur auffallen, wenn ich bewußt im Hier und Jetzt bin. Viele Meditationsschulen unterrichten eigentlich nichts anderes und möchten vor allem diesen Seinszustand vermitteln. Vielleicht denke ich, ich wäre doch hier und jetzt, ja wo denn sonst? Aber wo bin ich denn jetzt, innerlich? Schwelge ich nicht gerade in Gedanken darüber, was gestern war oder was morgen sein wird? Ärgere ich mich beispielsweise noch Tage oder Wochen über eine Unverschämtheit oder eine Ungerechtigkeit, bin ich also im Geiste immer noch dort, in der Vergangenheit? Oder habe ich Angst vor einer kommenden Prüfung oder Herausforderung und bin innerlich nur dort, in der Zukunft?
Hand aufs Herz: Würde ich ein Gedankentagebuch führen, dann würde mir schnell klar, wie weit weg ich meistens vom Ort des Geschehens, vom Hier und Jetzt bin. Und das ist doch eigentlich schade, denn dann sehe ich nicht die Rose am Wegesrand, spüre nicht die Sonne auf meiner Haut und übersehe vielleicht den liebevollen Blick, der mich gerade eben trifft. Zu versunken bin ich in meinen Gedanken. Ich bin im Kopf und kann meine Gefühle gar nicht spüren. Denn dazu müßte ich mehr im Herzen sein.
Im Hier und Jetzt zu sein ist darum eine Grundvoraussetzung, um mir meines momentanen inneren Zustands bewußt zu sein. Bin ich das nicht, dann bin ich im Modus „Autopilot“, handle und fühle unbewußt, reagiere bloß, ohne den Steuerknüppel selbst in der Hand zu haben. Dann lasse ich mich vom Außen mitreißen, liefere mich den äußeren Umständen aus, fühle mich oft als Opfer, eben irgendwie meinem Leben ausgeliefert. Auf dieses Thema kommen wir später noch zurück. Bleiben wir doch lieber erstmal hier. (Ts, ts, immer diese vom Hier und Jetzt ablenkenden Gedanken, merkst du’s? Auch Autoren sind davor nicht gefeit, wieso sollten sie auch?!)
Im Hier und Jetzt zu sein gibt mir also erst die Gelegenheit, nach innen zu schauen und mich zu fragen, wie es da aussieht. Dann kann ich bewußt entscheiden, gegebenenfalls ein besseres, positiveres Innen zu erzeugen. Denn, und damit kommen wir zur ersten wesentlichen Aussage: Die Herzenskraft und die Liebe wirken nur im Hier und Jetzt.
Dieser Aspekt ist vielleicht der wichtigste beim Bestellen aus dem Herzen. Die Liebe kann nur das Hier und Jetzt bewohnen, sie wirkt nur beim bewußten Sein im Hier und Jetzt so richtig. Angenommen, ich bin nicht im Hier und Jetzt, dann geht eine ganze Menge an Aufmerksamkeit verloren, nämlich genau dorthin, wo ich mich in meinem Bewußtsein gerade herumtreibe – zum Beispiel im Traum von einem Leben, in dem es mir besser geht. Oder in der Angst vor dem Morgen. Oder in immer wiederkehrenden Gedanken an Verletzungen aus der Vergangenheit. Vielleicht denke ich auch an Menschen, die mit diesen Träumen, der Angst oder der zurückliegenden Verletzung zu tun haben. Diesen Menschen gebe ich Aufmerksamkeit, dorthin geht meine Energie. Es ist also nur noch wenig Gedanken- und Gefühlskraft im Hier und Jetzt übrig, die ich in meinen Wunsch stecken könnte. Außerdem sind die Gedanken an Träume, Ängste und Vergangenes voller destruktiver und negativer Energie, die mein Innen verseuchen – und damit auch mein zukünftiges Außen. Es ist also eine sinnvolle Übung für das Sein im Hier und Jetzt, mir meine momentanen Gefühle und Gedanken bewußt zu machen.
Was bedeutet das für unsere Bestellungen aus dem Herzen? Um erfolgreich aus dem Herzen bestellen zu können, gilt es nun gleich vier Aspekte zu berücksichtigen, die wir uns in den folgenden Unterkapiteln nun näher anschauen wollen:
Was möchte ich genau?
Oft bin ich beim Bestellen im Geiste irgendwo, nur nicht im Hier und Jetzt. Angenommen, ich bestelle mir eine neue Hose beim Universum. Ganz oft bestelle ich dann irgendeine Hose, ohne mir konkret auszumalen, was für eine genau ich wirklich möchte. Es ist dann ungefähr so, als würde ich beim Katalog ein Kreuzchen machen bei: „Welche Hose, ist mir egal.“ Das Universum kann solche inneren Bilder einfach nicht verstehen.
Welche Größe hat die Hose, welche Farbe? Was will ich mit der Hose machen? Wann ziehe ich sie an? Wie riecht sie, wie fühlt sie sich auf meiner Haut an? Stell dir beim Bestellen all diese Fragen. Was geschieht? Die Hose nimmt vor deinem inneren Auge Gestalt an, mit jeder Antwort auf diese Fragen fühlt sie sich plastischer an, sie entsteht mehr und mehr in deinem Geiste. Stell dir vor, wie du sie trägst, bei welcher Gelegenheit, wer dabei ist? Dieses innere Bild hat Kraft und ist durchtränkt mit einem durchweg positiven Gefühl. Bei einem konkreten Bild kann die Herzenskraft viel besser wirken.
Hier, sozusagen in der ersten Klasse des Bestellens, ist es auch oft hilfreich, Listen von Dingen zu machen, die ich mir bestelle. Zudem ist es meist wichtig, wirklich konkret zu werden und ins Hier und Jetzt einzutreten. Und das klappt am einfachsten mit Listen oder auch Bildern, die du dir machst. Manche Leute haben auch viel Erfolg mit einem „Visionboard“, das ist eine Pinnwand, an die sie alles heften und kleben, was mit ihrer Bestellung zusammenhängt. Man kann auch gut eine Collage machen mit Zeitungsschnipseln rund um alles, was mit der Bestellung zu tun hat.
Noch einmal angemerkt sei, daß manche Dinge, die ich im ersten Schuljahr lerne, später gar nicht mehr wichtig sind. Hier soll gelernt werden, im Hier und Jetzt zu sein und konkret zu werden. Wie wir nachher noch sehen werden, grenzt andererseits die zu genaue Formulierung einer Bestellung das Universum sehr darin ein, genau das zu liefern, was mir vielleicht am besten entsprechen würde. Bestelle ich mir beispielsweise Brad Pitt als Beziehungspartner, dann ist die Bestellung sicherlich seeeehr konkret und auch prima im Hier und Jetzt, aber … Na ja, du merkst schon, manchmal machen wir es dem Universum ganz schön schwer, uns zu geben, was es uns gern geben möchte.
Im Jetzt bestellen
Denkbar ungeschickt ist es, in der Form „Ich möchte ein Haus haben“ zu bestellen. „Ich möchte“ ist das Gefühl von Sehnsucht und von Wollen, aber nicht Können. Ich sehe mich dann am Beginn des Weges, gehe aber nicht und komme darum auch gar nicht an. Ich stelle mir nur vor zu gehen. Das Gefühl ist „ich hätte gern“. Aber ich will ja gar nicht. Statt dessen ist es viel besser zu bestellen: „Ein Haus zu haben ist wunderschön.“ Oder „Ein Haus steht mir zu.“ „Ich liebe es, ein Haus zu haben.“ Das ist ein klares inneres Bild, das ich mir vorstellen kann. Bei diesen Formulierungen bleibe ich in der Gegenwart und erzeuge kein Mangel- oder Sehnsuchtsgefühl, sondern ein gegenwärtiges Genußgefühl.
Das Bild selbst enthält ganz viele Details, die ich sehen und spüren kann: Ich fühle die Wände des Hauses, ich rieche den frischen Anstrich und den neuen Teppich. Alles riecht neu. Ich gehe ganz in das Gefühl, dieses Haus zu bewohnen und zu besitzen, und in die Freude an so einem Haus. Vergleiche mal dein Gefühl, wenn du sagst: „Ein Haus zu haben ist wunderschön mit „Ich hätte gern ein Haus.“ Was fühlt sich besser an?
Viele Menschen sind ja der Meinung, daß Bestellen so etwas ähnliches wie Beten ist. Gregg Braden hat in seinem Buch Verlorene Geheimnisse des Betens sehr schön beschrieben, daß ich beim Beten normalerweise genau in diesem Zustand von „ich möchte“ bin. Im Gegensatz dazu würde ich mit einer Formulierung wie: „Ein Haus zu haben steht mir zu“ etwas von Gott verlangen und fordern – aber das darf man ja nicht. Darum funktioniert nach Bradens Meinung das normale Beten auch leider nicht, da es den Mangel und das Wollen verstärkt („Oh bitte, bitte gib mir …“), nicht aber die Erfüllung des Wunsches. Besser funktioniert daher auch das „Fühlbeten“ der Indianer, auf das wir weiter unten näher eingehen.
Sehnsucht und Träumen
Wenn ein Wunsch nur sehr unkonkret formuliert wird, so hat dies oft damit zu tun, daß ich im Moment des Wünschens in einer Welt der Sehnsucht und des Träumens gefangen bin. Im Grunde bin ich darum im Moment der Wunschabgabe in den himmlischen Briefkasten gar nicht wirklich „hier“. Vielmehr bin ich in meiner Sehnsucht gefangen, entweder im Träumen, wie schön es gestern war, oder in der Sehnsucht, wie schön es morgen sein könnte. In diesem Zustand kann ich aber gar keine inneren Bilder aufbauen, da ich mich selbst nicht fühle und verloren in diesem Traumland bin – ein bißchen wie Alice im Wunderland. Träumen ist weit entfernt vom Hier und Jetzt. Als Luftblase schwebe ich im Traumland, bin also nicht innen in meinem Körper, sondern befinde mich irgendwo auf der Umlaufbahn. So kann das Universum...