Beginnen wir wieder mit einem Mini-WQS*:
Frage 1: In wie viele Phasen teilen Sie die Menschheitsgeschichte ein (Sie erhalten zwei Minuten Bedenkzeit)? Bitte auf ein separates Blatt eintragen, damit Sie später vergleichen können, ohne ständig hin und her zu blättern.
Ja, ich habe meine Antwort aufgeschrieben.
Nein, ich will nicht selber denken.
Frage 2: Haben Sie schon einmal von YANKELOVICHs 3 Phasen (für das letzte halbe Jahrhundert) gehört/gelesen?
Ja, sicher, sehr interessantes Konzept!
Nein, aber langsam werde ich neugierig …
Frage 3: Wieviel Science-Fiction-Bücher/-Stories haben Sie bisher gelesen?
sehr viele, seit vielen Jahren …
ziemlich viele, mindestens 100
doch einige, mindestens 30
ab und zu, mindestens 5
nein, so etwas würde ich nie lesen!
Dieses Modul bietet Ihnen drei Denk-Ansätze:
1. eine Minimal-Version der gesamten Menschheitsgeschichte (in 10 Seiten, inklusive einiger Abbildungen),
2. einen faszinierenden Blick auf unsere Zeit (mit den 1950er Jahren beginnend) und
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* Mit WQS bezeichne ich ein Wissens-Quiz-Spiel, das sowohl spielerisch vorgeht (Quiz-Charakter), als auch Wissen vermittelt (im Gegensatz zu den meisten Quiz-Spielen, die Sie sonst kennen).
3. drittens einige Denk-Anstöße zum Thema Zukunfts-Literatur.
Es folgt eine stark vereinfachte Menschheitsgeschichte, weil ich immer wieder feststellen muß, daß Manager oft im zeitlichen Rückblick so wenig »Überblick« haben, daß sie deshalb auch keinerlei »Gefühl« für die Zukunft entwickeln können. Dieses aber ist Voraussetzung für Zukunfts-Fähigkeit. Wie will man denn die Zukunft angehen, wenn man weder weiß, woher man kommt, noch, wo man derzeit steht?
Phase 1: Frühmensch – ???
Irgendwann begann sich der Frühmensch von den Lebewesen um ihn herum abzuheben; über ihn ist wenig bekannt, da er so gut wie keine Spuren hinterlassen hat. Wir nehmen an, daß er in Gruppen lebte (wie die Wölfe) im Gegensatz zu allein lebenden Säugern, die nur zur Paarungszeit Kontakte unterhalten (z.B. Bären).
Phase 2: Sammler und Jäger – Feuer und Sprache
Nun beginnen unsere Artgenossen, Spuren zu hinterlassen. Sie stellten erste Werkzeuge her, hatten das Feuer gezähmt und begruben ihre Toten (für viele Wissenschaftler die Grenze zwischen Vormensch und Mensch). Wahrscheinlich haben die Macht über das Feuer und die Möglichkeit, die abendliche Dunkelheit und Kälte zu beleuchten und erwärmen, unsere Entwicklung geradezu dramatisch beschleunigt. Denn nun wurde es möglich, abends ein wenig »herumzusitzen« und »sich zu unterhalten« – eine Gewohnheit, die wir heute noch beobachten können. Damit geht zwangsläufig ein Ausbau der Fähigkeiten einher, Sprache differenzierter zu nutzen. Bald kann man sich über Dinge austauschen, die im Augenblick gar nicht vorhanden sind. Damit aber beginnt, wie man annimmt, unsere Kultur: mit dem Feuer. Man geht davon aus, daß der Beginn von Todes-Ritualen (in einer von Geistern und Göttern beseelten HEILIGEN Welt) der Anfang des SPIRITUELLEN Menschen war.
In dem Maß, in dem die Möglichkeiten der Verständigung wachsen, können einige Gruppenmitglieder dem Rest der Sippe klarmachen, daß sie in einigen Tagen wiederkehren werden. Davor hatte man nie gewußt, ob die davonschreitenden Männer sich nicht von der Gruppe trennen wollten.
Außerdem können die Menschen inzwischen Beeren und Fleisch (durch Trockung) haltbar machen, deshalb sehen viele Forscher in diesem Stadium eine dreifache Er-WEIT-erung:
1. Der Aktionsradius er-WEIT-ert sich (man kann viel weiter weggehen und wieder zurückkommen).
2. Die Gruppe wird Tage oder Wochen zu essen haben, auch wenn die Jagd gerade nicht erfolgreich ist.
3. Die Anzahl von Menschen, mit denen eine Person Kontakte unterhalten kann, wächst.
Hier ziehen manche Forscher die Grenze zwischen Familienverbänden (Sippe) und Clans (später Dorfgemeinschaften), in denen jeder einzelne ca. 40 bis 60 Menschen gut, viele weitere »vom Sehen« kennt.
Phase 3: Nomadische Hirten – das Nutztier
Durch eine Erfindung, deren Folgen wir bis heute nicht begriffen haben, vergrößerte der Hirte den menschlichen Aktionsbereich erneut, indem er das Nutztier erfand. Davor hatte jedes Lebewesen gleiche Chancen zu leben. Zwar ging mit dem Leben immer auch die Gefahr einher, gejagt und gefressen zu werden, aber das galt für alle Lebewesen, inklusive des Menschen.
Indem der Hirte jedoch einen Teil der Tierwelt als Nutztiere abspaltet, erhebt er sich über den abgespaltenen Teil. Ab jetzt bestimmt er, wer leben und sich fortpflanzen darf. Nützt ein Tier, das der Jäger jagt und das von ihm und den Seinen verspeist wird, der Gruppe im Tod, so muß ein Nutztier sein ganzes Leben lang anderen nützen. Damit wird der kurzzeitige Vorteil der erfolgreichen Jagd aufs ganze Jahr ausgeweitet. Es sind immer Tiere vorhanden, die geschlachtet werden können, und so geht der Mensch einen weiteren Schritt auf seinem Weg, sich den ganzen Planeten untertan zu machen. (Später wird er solche Worte in seine heiligen Bücher schreiben und einen göttlichen Auftrag für diesen Siegeszug ableiten …)
Natürlich hatte der Hirte mit der Idee des Nutztiers eine bestimmte Art, die Welt zu sehen, erfunden. Bald mochte ein nomadisches Hirtenvolk Schaf- oder Rinderherden halten, lebte aber auch mit einer Anzahl von Hunden zusammen. Manche Menschen lebten auch mit Katzen oder Geflügel oder hielten Grillen oder Singvögel in Käfigen. Bald werden Tiere auch zur Arbeit eingesetzt, sie tragen geduldig Lasten und Menschen oder ziehen tagein, tagaus an einer Apparatur, die es dem Menschen z.B. erlaubt, Getreide zu mahlen, Wasser aus tieferliegenden Brunnen zu pumpen etc. Das heißt, auch der Bau von Werkzeugen und Gerätschaften (wie das Rad) hatte große Fortschritte gemacht.
Während so gut wie alle Menschen dieser Erde sich bis zu diesem Punkt entwickelt haben, gehen einige den nächsten (entscheidenden) Schritt, der sowohl den modernen Menschen als auch den weltweiten gnadenlosen Raubbau dieser Erde ermöglicht hat.
Mit jeder Erfindung er-WEITert der Mensch seine Möglichkeiten, die Welt in Besitz zu nehmen. Schritt für Schritt versuchter, die Macht, die die Umwelt über ihn hat, zu verringern. Gleichzeitig dehnt er die Möglichkeiten, sein Leben und das Schicksal seiner Gruppe in die eigenen Hände zu nehmen, aus.
Phase 4: Der Bauer – Land und Besitz
Hier beginnt meines Erachtens die erste große MATERIELLE Wachstumsphase der Menschheit. Während Gartenbau-Gesellschaften mit dem Grabstock arbeiten (deshalb könnte man sie auch als Grabstock-Gesellschaften bezeichnen), beginnt der Bauer den Boden zu pflügen. Übrigens wird der Landbau hier erstmals zur Männersache: Das Pflügen kostet eine Menge Kraft, ob ein Mann es tut oder ob er große, starke Tiere (be-) zwingt, die den Pflug für ihn ziehen.
Wieder hat der Mensch seinen Aktionsbereich dramatisch vergrößert. Sein Einfluß auf die Welt wächst ständig. Indem er Unkraut und Ungeziefer definiert, genügt es ihm nicht, die Lebewesen zu töten, die er essen will. Nun müssen jede Menge anderer Lebewesen sterben. Ein Teil der Natur scheint nur zu seinem persönlichen Nutzen zu existieren, der Rest wird zum Feind erklärt (und Feinde müssen ermordet werden). Zudem erfindet der Bauer den Grundbesitz; er zieht einen Zaun und sagt: Das gehört mir. Eigentlich ein völlig absurder Gedanke, den viele Stämme und Völker dieser Erde nie nachvollziehen konnten, von den Eskimos bis zu den amerikanischen Indianern. Statt zu denken: »Uns gehört die Erde«, gehen sie davon aus, daß wir zur Erde gehören und Teil von ihr sind. Daher käme ihnen niemals die Idee, daß Menschen sich die Erde untertan machen könnten oder daß sie ein Stück der großen Erdmutter, aus deren Schoß man entsprang, besitzen und verkaufen könnten.*
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* Auch ist für sie unvorstellbar Tunnel ins Erdreich zu graben, um sie auszubeuten (im Wortsinn), das wäre vergleichbar mit der Vergewaltigung einer Gottheit …
Nomaden kann man nicht kontrollieren, wie die Regierungen immer wieder verärgert feststellen; deshalb bemühen sie sich ja weltweit darum, die letzten »Wanderer«, von den nomadisierenden Stämmen in Afrika, Asien oder im Regenwald bis zu den umherziehenden Roma, zu »zivilisieren«.
Der Mensch, der modernen Ackerbau und (systematische) Viehzucht betreibt, gewinnt zwar ständig Macht über seine Umwelt, aber er zahlt einen Preis: Denn er wird durch Seßhaftigkeit zu einer Person, die BESITZ anhäuft (vom Land zum Haus und den Dingen; die darin sind). Und er wird durch diesen Besitz (Haus und Land), den er im Zweifelsfall verteidigen muß, angreifbar und daher von jenen, die sich verpflichten, ihn zu schützen, auch regierbar.
Er ließ sich auf diesen Handel ein, der sich teilweise zur Sklaverei oder ähnlichen Beziehungen entwickelte (Leibeigenschaft). Trotzdem war es der Bauer, der wichtige Grundlagen für unsere heutige moderne Zivilisation schuf, denn er produzierte – erstmals in der gesamten Menschheitsgeschichte – mehr Nahrung, als er und die Seinen zum Überleben benötigten. Damit schuf er die Vorbedingung der Zivilisation (Dorfgemeinden, Städte, Länder, Staaten). Und Überschüsse wiederum erzwangen den Bau von Silos, um sie sicher zu lagern. Dies wiederum führte zur Erfindung der Schrift, damit man...