2 Einführung
In diesem Kapitel werden Sie an das Thema Blockchain herangeführt. Wir erklären, was die Blockchain ist, wie sie sich weiterentwickelt hat und wofür die Technologie genutzt werden kann.
Die Technologie Blockchain hat es in wenigen Jahren geschafft, eine immense Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Vor allem Kryptowährungen, die durch eine Blockchain realisiert werden, rückten mit ihren explosionsartigen Kursanstiegen in das mediale Rampenlicht. Nicht nur Informatiker und Technikfans, sondern auch Normalverbraucher und Firmenvertreter drängen sich derzeit auf Blockchain-Vorträge, um dort ihre Fragen beantwortet zu bekommen: Was ist eigentlich diese Blockchain, von der plötzlich alle reden? Und vielleicht noch viel wichtiger: Wofür kann ich die Blockchain überhaupt gebrauchen? In diesem Kapitel gehen wir diesen Fragen auf den Grund. Wir erklären zuerst, was sich hinter dem Begriff Blockchain verbirgt und warum es sie gibt. Anschließend gehen wir auf die Geschichte der Blockchain ein und für welche Anwendungsfälle sich die neue Technologie eignet.
2.1 Was ist die Blockchain?
Am Anfang jeder Lösung steht idealerweise eines oder mehrere Probleme. Das Hauptziel der Blockchain ist, grundlegende Herausforderungen des Internets zu lösen. Diese möchten wir Ihnen im Folgenden kurz vorstellen. Anschließend zeigen wir Ihnen, wie die Blockchain diese Herausforderungen angeht.
2.1.1 Herausforderungen des Internets
Das Internet erleichtert seinen Anwendern in vielerlei Hinsicht das Leben und löst zahlreiche Herausforderungen der realen Welt. Sie können Entfernungen überbrücken, indem Sie Freunden in aller Welt in Sekundenschnelle Katzenbilder schicken. Sie können rund um die Uhr in Onlineshops einkaufen, online Geld überweisen oder stundenlang Lieblingsserien streamen. Das Internet bringt allerdings auch Herausforderungen und Nachteile mit sich, die uns aus der realen Welt in dieser Form so nicht bekannt sind.
Kurz gesagt, hier geht es um die Herausforderung der Zentralisierung und die Herausforderung des Vertrauens sowie um das Double-Spending-Problem.
Zentralisierung
Als mit dem Arpanet 1969 der Vorläufer des Internets in Betrieb genommen wurde, sollte damit vor allem ein dezentrales Netz geschaffen werden, das möglichst ausfallsicher ist. Auch als das Internet später der breiten Masse zugänglich wurde, behielt es seinen dezentralen Charakter. Während der Nutzer anfänglich hauptsächlich Inhalte konsumierte, indem er beispielsweise einen Artikel las, hatte er mit dem Beginn des Web 2.0 verstärkt die Möglichkeit, selbst aktiv am Geschehen im Netzwerk teilzuhaben. Hiermit begann auch eine Art Zentralisierung des dezentralen Netzwerks. Große Firmen wie Facebook, Google oder Amazon zentralisieren Nutzer auf ihrer jeweiligen Plattform und beherbergen auf ihren Servern einen großen Teil des Datenverkehrs und der Daten im Internet. Diese Entwicklung bringt Gefahren mit sich.
Während große Firmen noch vor einiger Zeit eigene Server unterhielten, setzen mittlerweile viele auf Serveranbieter wie Amazon Web Services (AWS). Technische Probleme bei AWS können also mit Leichtigkeit die Stabilität des ganzen Netzes ins Wanken bringen. Vorfälle in der Vergangenheit haben bereits gezeigt, dass dieses Szenario nicht abwegig ist.
Die Plattform Facebook wird heutzutage, als größtes soziales Netzwerk, von mehreren Milliarden Nutzern zum Austausch von Informationen und zur Kommunikation genutzt. Diese enorme Nutzerzahl gibt der Firma gleichzeitig auch eine große Macht. Ohne Weiteres können Informationen auf der Plattform zensiert oder Nutzer durch Sperrung ausgeschlossen werden.
Die Zentralisierung macht Informationen im Internet also angreifbarer für Verlust, Manipulation und Zensur.
Vertrauen
Mangelndes Vertrauen zwischen zwei oder mehreren Parteien ist ein Problem, das auch in unserer realen Welt abseits des Internets besteht. Die im Netz vorherrschende Anonymität macht das Fassen von Vertrauen jedoch noch deutlich schwerer. Sei es bei einem Kauf auf der Plattform eBay, dem Verkauf eines Autos oder dem Abschluss eines Vertrags: Aufgrund des fehlenden persönlichen Kontakts ist es für die Vertragspartner schwierig, das Gegenüber einzuschätzen. Bezahlt mich der Käufer wirklich? Will mich die andere Seite reinlegen? Ist die andere Seite wirklich die Person oder Firma, die sie vorgibt zu sein? Bei realen zwischenmenschlichen Kontakten können Sie sich hierbei oft auf die eigene Intuition, das Bauchgefühl, verlassen. Kommt Ihnen der Vertragspartner zwielichtig vor, werden Sie sich kaum auf einen Handel mit ihm einlassen. Dieser persönliche Kontakt fällt im Internet jedoch weg.
Eine Lösungsmöglichkeit für dieses Anonymitätsproblem besteht darin, eine weitere Instanz als Mittelsmann hinzuzuziehen, der beide Parteien vertrauen. Klassischerweise übernehmen zentralisierte Dienste, sogenannte Trusted Third Parties (TTP) diese Aufgabe. Beispiele für solche TTPs sind Zeitstempeldienste bzw. TSA (Time Stamp Authorities) für zeitkritische Dokumente oder Zertifizierungsstellen für digitale Zertifikate. Sie helfen dabei, die Kommunikation sowie Transaktionen zwischen verschiedenen Parteien abzusichern, indem sie als unparteiischer Vermittler vermerken, ob eine E‐Mail pünktlich verschickt wurde, oder einen öffentlichen Schlüssel einer Organisation zuzuordnen. Banken oder Kreditkartenanbieter stellen wohl die bekanntesten TTPs dar, die uns im Alltag begegnen. Sie stellen Vertrauen zwischen Parteien her, indem sie garantieren, dass Waren tatsächlich bezahlt werden. Wenn Sie mit Ihrer Kreditkarte eine Bahnkarte online kaufen, kann sich die Deutsche Bahn nach einer kurzen Anfrage bei der TTP darauf verlassen, dass Sie auch wirklich ihr Geld bekommt, denn Ihre Bank bürgt für Sie, indem sie die Überweisung garantiert und sich das Geld später von Ihrem Konto zurückholt.
Uns begegnen im alltäglichen Umgang mit dem Internet noch viele weitere Dienste, die dazu dienen, Vertrauen zu schaffen. Die Verkäuferbewertungen auf Plattformen wie eBay, der Zahlungsanbieter PayPal oder das Bewertungsportal Trustpilot sorgen alle dafür, dass skeptische Kunden einen Zwischendienst einschalten können, der Vertrauen zwischen unbekannten Teilnehmern schafft.
Doch auch sie können diese Vertrauensherausforderung nicht gänzlich lösen. Mit gestohlenen Verkäuferkonten oder gefälschten Bewertungen können Betrüger dem Nutzer beispielsweise recht einfach eine falsche Reputation vorspiegeln. Ein weiteres Problem spricht Satoshi Nakamoto in seinem Whitepaper zu Bitcoin an: Es ist nicht möglich, wirklich unwiderrufliche Zahlungen auszuführen, da die jeweilige TTP im Zweifelsfall als Vermittler eingreifen muss. Ein Kunde könnte die Zahlung relativ einfach zurückfordern. Dies sorgt für Kosten und schafft einen gewissen Grad an Unsicherheit für die Partei, die die Zahlung empfängt. Diese Tatsache führt zu einem erneuten Vertrauensvakuum. Außerdem stellt sich die Frage, wie vertrauensvoll eine TTP selbst ist. Durch die Finanzkrise, beginnend im Jahr 2007, haben viele Menschen das Vertrauen in die Banken verloren. Das Problem ähnelt dem bei der Zentralisierung bereits beschriebenen. Eine zentrale Autorität ist auch immer anfällig für Manipulationen oder Betrug. Es ist kein Zufall, dass die Erfindung der ersten Kryptowährung Bitcoin mit eben dieser Finanzkrise zusammenfällt.
Wer ist eigentlich Satoshi Nakamoto?
Im Jahr 2008 wurde über die Mailingliste für Kryptografie ein Whitepaper mit dem Titel »Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System« verschickt. Dieses Whitepaper stellte das Konzept der späteren Kryptowährung Bitcoin das erste Mal einer breiteren Personengruppe vor. Verfasst wurde die Arbeit unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Bis heute ist allerdings ungeklärt, welche Person oder Personengruppe hinter diesem Namen steckt. Nakamoto nahm die Bitcoin-Blockchain im Januar 2009 in Betrieb und trat unter seinem Pseudonym oder mit seiner E‐Mail-Adresse satoshin@gmx.com auch in verschiedenen Foren in Erscheinung. Seit einigen Jahren ist Nakamoto allerdings untergetaucht. Viele Gerüchte ranken sich um die Identität hinter dem Pseudonym. Einige Theorien verdächtigen Pioniere der Kryptografie, andere auch Elon Musk als Erfinder von Bitcoin.
In manchen Fällen geht es nicht ohne eine Zwischeninstanz aus der realen Welt. Ein Notar ist ein Garant für die Glaubhaftigkeit von Rechtsgeschäften zwischen Parteien und in manchen Anwendungsfällen, wie etwa dem Grundstückskauf, sogar gesetzlich vorgeschrieben. Durch die hohen Gebühren ist das erkaufte Vertrauen hier vergleichsweise teuer.
Double-Spending-Problem
Das Double-Spending-Problem ist ein Problem, das erst durch die Etablierung von digitalen Strukturen entstanden ist. In unserer realen Welt ist jedes Objekt einzigartig. Wenn Sie einen Apfel essen, ist er weg, und Sie können ihn nicht noch einmal essen. Wenn Sie einen Blumenstrauß verschenken, Ihr Auto verkaufen oder einen 10-Euro-Schein ausgeben, gehen diese Objekte aus Ihrem Besitz und...