1 Candidamykose, was ist das?
Eine Pilzerkrankung zeigt an, dass das natürliche Gleichgewicht im Organismus gestört ist. Entscheidend ist die Abwehrlage des Einzelnen. Die zunehmende Überlastung des Immunsystems erhöht bei vielen Menschen die Anfälligkeit für Pilzinfektionen.
Wir leben nicht in einer sterilen Umwelt. Bakterien, Viren, Parasiten, Pilze und vieles mehr sind Teil einer natürlichen Symbiose. Diese Symbiose ist auch für den Menschen von besonderer Bedeutung. Im Verdauungsapparat etwa unterstützen verschiedene Bakterien die Verdauungsvorgänge.
Das gesunde Zusammenspiel all dieser Lebewesen – inklusive Mensch – bezeichnen wir als natürlich. Die moderne Forschung erkennt immer mehr die Bedeutung der Darmbakterien in ihrer Gesamtheit und deren Funktion für unsere Gesundheit. Wenn wir auch nur einen Bruchteil unseres Mikrobioms kennen, so wird doch immer klarer, dass unsere Bakterien entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit haben und auch bei verschiedensten Zivilisationserkrankungen mit entscheidend sind. Dabei hat jeder seine Aufgaben zu erfüllen und es wird peinlich genau auf Aufgabentrennung geachtet. Pilze haben in der Natur die Aufgabe, »Absterbendes« zu beseitigen. Eine Aufgabe, die für die Pilzerkrankung von Bedeutung ist – doch dazu später mehr.
Ist das natürliche Gleichgewicht der verschiedenen Lebewesen gestört, können sich einzelne Arten von Mikroorganismen auf Kosten der anderen stark vermehren – beispielsweise Pilze. So kann es zu einer Candidamykose kommen: einer Infektion mit Hefepilzen der Gattung Candida, die auch als Candidose oder Pilzerkrankung bezeichnet wird. Pilzerkrankungen stehen immer in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Schwäche oder einer Überlastung des Immunsystems. Ein intaktes Immunsystem dagegen wehrt krank machende Einflüsse ab – also auch Pilze. Die Candidamykose ist immer als Symptom dieses Ungleichgewichtes zu sehen und nicht als Ursache. Aufgrund der engen Verknüpfung von Immunsystem und Verdauungsapparat handelt es sich häufig um einen Darmpilz.
Wir stellen heute immer häufiger fest, dass es einerseits zu einer Zunahme von Darmverpilzungen kommt und andererseits der Gesundheitszustand der Bevölkerung gerade in den letzten Jahren deutlich abgenommen hat. Diese Tendenz hat mehrere zum Teil eng miteinander zusammenhängende Ursachen.
Im Folgenden interessieren uns die Faktoren, die unser Immunsystem schwächen. Denn: In der Vermeidung bzw. in der Beseitigung dieser Schwächen liegt der Schlüssel zur Vorbeugung und Behandlung einer Pilzerkrankung.
1.1 Wenn das Immunsystem überlastet ist
Es gibt eine Anzahl immunschwächender Faktoren, die das Auftreten einer Pilzerkrankung begünstigen. Dazu gehören:
schlechte Ernährung, da sie letztlich den Darm vergiftet
ein Mangel an Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen
Schwermetallbelastungen durch Amalgam, Blei oder Cadmium
Umweltschadstoffe, -belastungen und -gifte (wie Pestizide)
lang andauernder, starker Stress
emotionale Belastungen
medikamentöse Therapie durch Antibiotika, Cortison und Hormone
Der Zusammenhang zwischen Immunsystem und Pilzerkrankung wird in der Medizin häufig unterschätzt. Der Haut- oder der Vaginalpilz werden lediglich als lokale Erkrankung gesehen und entsprechend behandelt. Bisher achten Ärzte nur in der Intensivmedizin bei offensichtlich immungeschwächten Personen auf Pilzinfektionen. Doch auch bei chronischen Erkrankungen wie Alterszucker, Krebs oder schweren Infekten können zusätzliche Pilzerkrankungen den Heilungsverlauf verzögern oder gar behindern.
Besonders in der Naturheilkunde und in der Alternativmedizin werden Pilzbelastungen sehr ernst genommen und entsprechend behandelt. Wir wissen, dass sich Pilze in Bezug auf die Beschwerden, die sie auslösen, wie ein Chamäleon verhalten. Oft verschleiern sehr unterschiedliche und teilweise entgegengesetzte Symptome das Bild. Für den behandelnden Arzt ist es daher wichtig, verschiedenartige, äußerst individuelle Symptome zu erkennen, richtig einzuordnen und diese nicht zu verharmlosen. Bedenken wir aber die vorhin erwähnten immunschwächenden Faktoren und wie sehr jeder Einzelne von uns diesen ausgesetzt ist, so wird klar, dass ein wesentlich höheres Krankheitspotenzial vorliegt als allgemein angenommen.
Durch die rapide Zunahme der Belastungen für unser Immunsystem ist es auch erklärbar, dass die Anzahl der Pilzerkrankungen zunimmt. Sie sind keine Modeerkrankung, sondern die logische Folge unseres modernen Lebens. Immunschwächende Faktoren sind deshalb zu vermeiden bzw. zu behandeln.
1.2 Pilze – das Chamäleon in der Medizin
Pilze sind extrem anpassungsfähig, sie können in den unterschiedlichsten Milieus wachsen. Pilze können unseren Organismus auf viele verschiedene Arten schädigen. Sie können bei jedem ein individuelles Beschwerdebild hervorrufen. Um die Symptome besser zu verstehen, wollen wir die Pilze etwas genauer betrachten.
Candida albicans ist bei uns weit verbreitet, aber nur eine von ca. 60 verschiedenen Candida-Typen. Davon haben manche die Fähigkeit, sich in der Darmschleimhaut festzusetzen und sich so den verschiedensten therapeutischen Maßnahmen zu entziehen.
Manchmal machen auch völlig harmlose Spezies in Abhängigkeit von der Umgebung krank. Beispielsweise kann einfache Bäckerhefe im Genitalbereich zu Erkrankungen führen. Auch hier bewirken Milieufaktoren, dass es zu einer völligen Änderung des Erscheinungsbildes kommt. In solchen Fällen ist es wichtig, die Verträglichkeit von einfacher Bäckerhefe und von allen hefehaltigen Produkten zu kontrollieren, aber auch von Arzneien, die auf Hefebasis hergestellt sind, beispielsweise Selenmedikamente.
Manche Pilzarten können sogar das Immunsystem umgehen. Eine bösartige Spezies von Candida albicans entwickelte mittlerweile die Fähigkeit, sich innerhalb von Zellen zu vermehren, die immunkompetent sind, und sie sogar zu zerstören. In diesem Zusammenhang spricht man von »Virulenzfaktoren«. Die Erforschung dieser Faktoren ist Aufgabe für die Zukunft.
1.3 Wie Pilze den Organismus schädigen
Pilze ernähren sich von Zucker (kurzkettigen Kohlenhydraten). Sie sind jedoch anpassungsfähig und reagieren auf das Nährstoffangebot in der Umgebung: Wenn zu wenig Zucker zur Verfügung steht, reduzieren sie ihren Stoffwechsel auf ein Minimum, um sich bei erneutem Vorhandensein von Zucker explosionsartig zu vermehren. So können sie lange Zeiträume überleben – völlig inaktiv. Der Wirtsorganismus Mensch bleibt in dieser Zeit symptomfrei.
Eine weitere Möglichkeit zur Nährstoffgewinnung haben sich die Pilze dadurch geschaffen, dass sie sich mit ihren Ausläufern zwischen den Zellen festsetzen und dadurch die Integrität der Darmschleimhaut stören. Dieser Mechanismus ermöglicht es der Candida, sich den Zucker bei fehlendem Angebot im Darm aus dem Blutsystem zu holen. Ein »Aushungern« der Candida ist daher nicht wirklich möglich.
Alle Pilze bilden Giftstoffe zum Schutz vor ihren natürlichen Feinden. Selbstverständlich richten sich diese Stoffe auch gegen die menschlichen Abwehrstrategien. Da die Pilzgifte über Blut und Lymphe in den gesamten Organismus gelangen, können sie letztlich für viele Fernwirkungen einer Pilzerkrankung verantwortlich sein. Diese Vorgänge wurden bereits vor mehr als 100 Jahren als »intestinale Autointoxikation« beschrieben und Dr. Mayr nannte es treffend: Selbstvergiftung aus dem Darm. Heute wissen wir, dass diese Tatsachen ein wesentlicher Faktor von Erkrankungen sind, und bezeichnen es modern als »Leaky Gut« (durchlässiger Darm).
Die verschiedenen Möglichkeiten, mit denen Pilze den Organismus beeinträchtigen, machen klar, dass es eine Vielfalt von klinischen Symptomen und Beschwerden geben muss. Immer kommt auch noch die individuelle Komponente hinzu. Jeder Mensch reagiert anders auf ein und denselben schädigenden Einfluss. Oft fühlt sich der Betreffende durchaus gesund und wir erfahren erst bei genauem Befragen verschiedene Symptome.
Umgekehrt jedoch gilt: Bei allen chronischen Erkrankungen muss überprüft werden, ob eine Pilzerkrankung daran beteiligt ist. Diese muss entweder erkannt und behandelt oder aber ausgeschlossen werden.
1.4 Der Verdauungsapparat
Eine Pilzbelastung hat ihren Ursprung häufig im Verdauungstrakt. Mit seiner Oberfläche von ca. 4000 m² hat der Verdauungstrakt eine riesige Austauschfläche für die Aufnahme und Ausscheidung von Stoffen. Gerade Letzteres wird vielfach vergessen oder unterschätzt.
Der Verdauungsapparat beginnt bei den Lippen und endet am After. Die dazwischenliegenden Schleimhäute haben zwar einen unterschiedlichen Aufbau, jedoch ähnliche Funktionen. Betrachten wir nun die einzelnen Abschnitte etwas genauer.
1.4.1 Die Mundhöhle
Die Mundhöhle ist die erste Station des Verdauungsapparates. Hier werden die Speisen mithilfe der Zähne mechanisch zerkleinert. Schon hier kann es zu Pilzwachstum kommen. Mangelnde Esskultur, Mineralmangel, Karies, Amalgamfüllungen und...