The Changing Face of the German Landesbanken
Die HSH Nordbank AG - Die Story hinter den Kulissen
1. Einleitung
Die Finanzkrise 2007/2008 hat auch im Landesbankensektor in Deutschland deutliche Spuren hinterlassen. Sowohl die Sachsen LB als auch die WestLB als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute sind vom Markt verschwunden. Dabei galt die WestLB lange Zeit als die „Vorzeigebank“ des öffentlich-rechtlichen Kreditsektors. Die HSH Nordbank AG tritt mit deutlich reduziertem Geschäftsvolumen als Mittelstandsbank auf. Dreizehn Jahre nach ihrer Gründung ist von einer international aufgestellten Geschäftsbank nicht mehr die Rede. Die HSH Nordbank AG ist vielmehr gemäß einer Vorgabe der EU-Kommission binnen 24 Monaten zu privatisieren und hat mit dem Verkauf einen neuen Namen anzunehmen.
Mit dieser Publikation gebe ich einen Überblick über die allgemeine Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Landesbanken seit 1999. Bekanntermaßen wurde in diesem Jahr die Beschwerde des europäischen Bankenverbandes gegen die seines Erachtens nach unzulässigen „Beihilfen“ und „Wettbewerbsvorteile“ der Sparkassen und Landesbanken in Deutschland eingereicht. Der hieraus resultierende Wegfall der staatlichen Gewährträgerhaftung als Folge einer Verständigung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der EU hatte weitreichende Konsequenzen für die Refinanzierungsmöglichkeiten der Landesbanken und damit auch Auswirkungen auf ihre Geschäftsstrategie. Einige Landesbanken nutzten die vereinbarten Übergangsfristen, um sich noch einmal Liquidität zu günstigen Bedingungen zu besorgen. Paradoxerweise ermöglichten ihnen gerade diese Mittel erst größere Investments im internationalen Kreditersatzgeschäft zu tätigen. Diese Anlagen sollten sich für etliche Institute im Umfeld der Finanzkrise 2007/2008 als fatale Fehlinvestitionen erweisen und ihre Existenz bedrohen. Die erforderlichen Rettungsmaßnahmen durch die staatlichen Eigentümer wurden durch die EU-Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit den Prinzipien des Europäischen Binnenmarktes geprüft. In den meisten Fällen wurde eine Zustimmung der EU-Kommission nur unter strengen Auflagen erteilt. Diese Auflagen sahen mehrheitlich die Vorgabe eines deutlich reduzierten Geschäftsvolumens und eine Neuausrichtung der Unternehmensstrategie vor.
Man kann also mit Fug und Recht feststellen, dass das Jahr 1999 eine gewisse Schlüsselbedeutung für die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Landesbanken in Deutschland hatte. Daher beginnt meine Analyse in diesem Jahr.
Da gerade die Geschichte der HSH Nordbank AG geeignet erscheint, die Entwicklungslinien einer öffentlich-rechtlichen Landesbank in der Neuzeit beispielhaft aufzuzeigen, befasst sich meine neue Publikation schwerpunktmäßig mit diesem Institut. Wie im Folgenden gezeigt wird, erfolgte die Fusion der Landesbank Schleswig-Holstein mit der Hamburgischen Landesbank im Jahr 2003 auch, um den Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast zu kompensieren. Bereits im Jahr 2007 bekam die HSH Nordbank AG die Auswirkungen der beginnenden Finanzkrise 2007/2008 zu spüren. Im Jahr 2008 ging es um das „nackte Überleben“, dann darum nachhaltig die Existenz bei einem durch die EU-Kommission eingeschränkten Geschäftsmodell zu sichern. Aktuell geht es darum eine Abwicklung zu verhindern. Nach umfangreichen Verhandlungen mit der EU-Kommission konnten die öffentlichen Eigentümer erreichen, dass die EU-Wettbewerbshüter eine neue Garantie in Höhe von 3 Mrd. Euro genehmigt haben und zusätzlich der Einrichtung einer öffentlichen Anstalt zugestimmt haben, die der HSH Nordbank Non-Performing Loans bis zu einem Betrag von 6,2 Mrd. Euro abkaufen darf. In welcher Höhe es zu einer liquiditätswirksamen Belastung für die Länderhaushalte der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein kommt, kann im Moment noch nicht abschließend beantwortet werden. Aber eine vollständige Inanspruchnahme der Rettungsgarantie der Bundesländer in Höhe von jetzt insgesamt 10 Mrd. Euro erscheint durchaus realistisch.
Wie konnte es zu den hohen Verlusten und wiederholten Schieflagen kommen? Die Beantwortung dieser Frage bildet einen Schwerpunkt meiner Untersuchung, wobei nur die zentralen Aspekte näher beleuchtet werden sollen. Wesentlich wurden von mir die Ergebnisse der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zur „Schieflage“ der HSH Nordbank AG in Hamburg und Kiel ausgewertet. Dabei finden implizit auch die Feststellungen im so genannten Freshfields-Gutachten Verwendung, in dem auftrags des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Wolfgang Peiner geprüft wurde, ob „Mitglieder des Vorstands der Bank ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte verletzt haben und ob hieraus Ersatzansprüche abgeleitet werden können.“ Minderheitenbericht Die Linke, HSH Nordbank: Schieflagen, S. →/→ Die Ergebnisse aus den Zeugenbefragungen im Prozess gegen ehemalige Manager der HSH Nordbank AG vor der Strafkammer des Hamburger Landgerichts finden ebenfalls Berücksichtigung. Ich habe an zahlreichen Verhandlungstagen persönlich teilgenommen.
Mein besonderer Dank gilt meinen Interviewpartnern, Frau Heide Simonis, Ministerpräsidentin a. D. des Bundeslandes Schleswig-Holstein, Herrn Dr. Wolfgang Peiner, Finanzsenator a.D. der Freien und Hansestadt Hamburg und Herrn Dr. Werner Marnette, Minister für Wissenschaft, Verkehr und Wirtschaft a.D. des Bundeslandes Schleswig-Holstein. Frau Simonis hat mir einmalige Einblicke in die Gründungsgeschichte der HSH Nordbank ermöglicht und mir ein weitergehendes Verständnis der Rolle der WestLB verschafft. Herr Peiner hat mir im Detail die Ausgangslage bei der Gründung der HSH Nordbank aus Sicht der Freien und Hansestadt Hamburg erklärt. Ferner waren seine Schilderungen des Zusammenspiels der Organe der HSH für mich von großem Interesse. Herr Marnette hat mir insbesondere mit seinen Bewertungen der öffentlichen Rettungsmaßnahme für die HSH Nordbank geholfen, eine Schilderung der Neuausrichtung dieses Institutes in 2009 vornehmen zu können. Frau Dani Parthum danke ich sehr für den kritischen Gedankenaustausch zur HSH Nordbank.
Ferner konnte ich auf die Expertise weiterer Fachleute zurückgreifen. Ich danke folgenden Personen ganz herzlich: Klaus Bleibaum (ehemaliger WestLB Manager), Berthold Bose (ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der HSH Nordbank AG), Dr. Thomas Decker (Rechtsanwalt), Dr. Hanno Marquardt (Rechtsanwalt), Daniel Stricker (Pressesprecher Finanzbehörde Hamburg). Sie haben mir geduldig Hintergrundinformationen bereit gestellt. Dem Finanzministerium des Bundeslandes Schleswig-Holstein danke ich für die erteilte Genehmigung das komplette Redemanuskript von Frau Ministerin Monika Heinold vom 16. Dezember 2015 im Anhang dieses Buches publizieren zu dürfen.
Meinem Arbeitgeber, vertreten durch den Hauptgeschäftsführer der ESO-Gruppe, Herrn Prof. Dr. Uwe Eisermann, und den Präsidenten der EBC Hochschule, Herrn Johann Stooß, danke ich für ihre Unterstützung und Schaffung der Freiräume, die für die Erstellung dieses Buches erforderlich waren.
Bei der Durchsicht des Manuskripts waren mir Frau Andrea Dolby und Herr Dr. Joachim Tesmer behilflich. Auch bei Ihnen bedanke ich mich ganz herzlich!
Hamburg, im Februar 2016
Norbert Dieckmann
PS: Die Informationen zu diesem Buch sind sorgfältig recherchiert. Die verschiedenen Sichtweisen der relevanten Interessengruppen sind entsprechend berücksichtigt und dargestellt worden. Sollten dennoch Lücken bestehen, bitte ich im Hinblick auf die Komplexität um Nachsicht!
1. Introduction
The Financial Crisis 2007/2008 has left heavy burdens in the Landesbanken sector of Germany. The publicly owned Sachsen LB and WestLB no longer exist. WestLB was once one of the “big players” and one of the serious competitors of the commercial banks. However, it was the result of several bad investments that consequently led to its downfall. WestLB endured serious business difficulties during the Financial Crisis which prompted the initial request for public assistance. For the necessary bail-out programs the approval of the EU Commission was granted under the prerequisite that the bank had to be privatized. It was not possible to sell the shares to private investors. So the bank had to be closed.
The HSH Nordbank has now a significantly reduced business turnover. Thirteen years after its formation there can no longer be any talk of an international operating banking group. Like the WestLB the HSH Nordbank AG must now be privatized within 24 months and relinquish its name under an agreement with the EU Commission.
I would like to begin this publication by providing an overview of the developments of the publicly owned Landesbanken from 1999 to 2015.
It was in 1999 that the German and European Banking Associations raised a complaint with the EU about the liability structures of the state owned banks in Germany. The result was the abolition of the so called “Gewährträgerhaftung” (public guarantor liability) as a consequence of several agreements between the German government and the EU...