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E-Book

Chemie fr Ingenieure

AutorJan Hoinkis
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl770 Seiten
ISBN9783527684618
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR

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Leseprobe

1
Atombau und Periodensystem


Das erste Kapitel führt uns zu den kleinsten Bestandteilen der stofflichen Welt, da Grundkenntnisse über deren Aufbau wichtig zum Verständnis vieler stofflicher Eigenschaften und Veränderungen sind. Besonders das wellenmechanische oder quantenmechanische Atommodell trägt dazu bei, später viele chemische Gesetzmäßigkeiten mühelos verstehen zu können. Dabei werden u. a. auch einige erkenntniskritische Überlegungen angestellt, denn die Erkenntnisse der Quantenmechanik haben seit Beginn dieses Jahrhunderts unser Weltbild vollkommen umgestaltet. Ein vertieftes Verständnis dieser Sachverhalte ermöglicht es dann, die uns umgebende Wirklichkeit besser begreifen zu können.

1.1 Bestandteile des Atoms


Ein Atom besteht aus einem Atomkern und einer Elektronenhülle. Bei chemischen Reaktionen treten Veränderungen in der Elektronenhülle auf.

Atomdurchmesser:Größenordnung 10−10m
Atomkerndurchmesser:Größenordnung 10−14m

Der Kern enthält die elektrisch positiv geladenen Protonen und die elektrisch neutralen Neutronen. Beide haben etwa die gleiche Masse und werden als Nukleonen bezeichnet (nucleus, lat. = Kern; Nukleonen = Kernbestandteile). Die Atomhülle wird aus den elektrisch negativ geladenen Elektronen gebildet. Nukleonen und Elektronen sind Elementarteilchen und besitzen die in Tab. 1.1 angegebenen Massen bzw. elektrischen Ladungen. Zum Vergleich, um sich die Größenverhältnisse besser vorstellen zu können: Wäre der Atomkern so groß wie ein Stecknadelkopf (ca. 1mm), hätte das Atom die Ausdehnung eines Fußballfelds (ca. 100m).

Die Eigenschaften der Atome werden entscheidend durch die Außenelektronen bestimmt. Die Anzahl der Elektronen in der Hülle hängt aber ihrerseits von der Anzahl der Protonen im Kern ab, sodass letztlich die Protonenzahl das maßgebende Unterscheidungsmerkmal für die verschiedenen Atomarten darstellt. Hinsichtlich der Protonenzahl gibt es 103 verschiedene Atomarten1).

Tab. 1.1 Elementarteilchen.

NameSymbolRuhemasseelektrische LadungEinheiten
Protonp+1,672 61 · 10−24 g+1,6 · 10−19As, Ampèresekunden oder
C, Coulomb
Neutronn1,674 92 · 10−24 g
Elektrone−0,910 96 · 10−27 g−1,6 · 10−19As, Ampèresekunden oder
C, Coulomb

Stoffe, die nur aus einer dieser Atomarten mit jeweils der gleichen Protonenzahl bestehen, nennt man chemische Elemente. Man kennzeichnet die chemischen Elemente durch Symbole; diese sind Abkürzungen des lateinischen Namens, bestehend aus einem oder zwei Buchstaben, z.B. H für Hydrogenium (Wasserstoff); O für Oxygenium (Sauerstoff); N für Nitrogenium (Stickstoff); C für Carbonium (Kohlenstoff); S für Sulfur (Schwefel); Na für Natrium (deutsch ebenfalls Natrium); Fe für Ferrum (Eisen); Cu für Cuprum (Kupfer); Zn für Zincum (Zink); Sn für Stannum (Zinn); Hg für Hydrargyrum (Quecksilber) usw. Die im deutschen Sprachgebrauch üblichen Elementnamen sind mit den Elementsymbolen und der jeweiligen Protonenzahl im Kern (= Ordnungszahl) im Anhang A.4 zu finden.

1.2 Atomkerne


Fast die gesamte Masse eines Atoms ist im Kern vereinigt. Der Kern erfüllt aber nur ca. ein Billionstel des gesamten Atomvolumens. Ein anschaulicher Vergleich: Die Atomkerne eines Eisenwürfels von 10m Kantenlänge ergäben, ohne die Elektronenhüllen dicht zusammengepackt, einen Würfel von weniger als 1mm3 Rauminhalt, aber mit einer Masse von 7900 t!

Die Massenzahl gibt an, wie viele Nukleonen (Protonen + Neutronen) ein Atomkern enthält. Sie wird links oben vor das Elementsymbol oder hinter das Elementsymbol geschrieben, also z.B.: 235U; 238U; bzw. U 235; U 238.

Die Kernladungszahl oder Ordnungszahl zeigt die Anzahl der Protonen im Kern und damit das chemische Element an. Sie steht unten links vor dem Elementsymbol. Man schreibt sie jedoch meistens nicht, weil das Elementsymbol indirekt die Protonenanzahl angibt, z.B. 92U bzw. U mit Massenzahl:

Werden aber Reaktionen beschrieben, bei denen sich die Kernladungszahl und damit auch das chemische Element ändert, ist es zweckmäßig, die Ordnungszahl zu schreiben.

Die Neutronenzahl errechnet sich aus der Differenz zwischen Massenzahl und Ordnungszahl. Durch die Neutronen werden die positiv geladenen Protonen im Kern zusammengehalten. Die Elemente bis zur Ordnungszahl 20 haben etwa gleich viele Neutronen wie Protonen, bei den höheren Elementen überwiegen die Neutronen mit steigender Ordnungszahl immer stärker.

Nuklide sind Atomarten (Atome einschließlich Elektronenhülle), die durch die Protonenzahl und Neutronenzahl charakterisiert sind; man kennzeichnet sie üblicherweise durch das chemische Symbol und die Massenzahl, manchmal zusätzlich auch durch die Kernladungszahl. Beispiel: In der Medizin diente zur Schilddrüsendiagnostik das Nuklid Iod 131 (I 131). Dieses Nuklid ist durch den Reaktorunfall von Tschernobyl allgemein bekannt geworden.

Isotope sind Atome des gleichen chemischen Elements (gleiche Protonenzahl; sie stehen an der gleichen Stelle der Elementetabelle „Periodensystem“; von isos, gr. = gleich; topos, gr. = Ort), jedoch mit verschiedenen Massenzahlen und damit unterschiedlichen Neutronenzahlen.

Im Schrifttum werden oft Nuklide und Isotope einander gleichgesetzt. Korrekterweise sollte man jedoch den Ausdruck Isotope nur dann verwenden, wenn er im Zusammenhang mit verschiedenen Atomarten ein und desselben Elements gebraucht wird. Handelt es sich jedoch nur um eine bestimmte Atomart mit genau definierter Protonen- und Neutronenzahl, sollte man besser den Ausdruck Nuklid wählen.

Zwanzig von den in der Natur vorkommenden Elementen bestehen jeweils nur aus einer einzigen Nuklidart. Es sind die Reinelemente (und zwar: Be; F; Na; Al; P; Sc; Mn; Co; As; Y; Nb; Rh; I; Cs; Pr; Tb; Ho; Tm; Au; Bi). Von diesen Reinelementen gibt es aber auch noch künstlich herstellbare, radioaktive Isotope, die jedoch nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten unter Aussendung von radioaktiven Strahlen und Elementarteilchen bzw. Kernbestandteilen (Heliumkernen) in andere chemische Elemente zerfallen und wegen ihrer Instabilität in der Natur nicht vorkommen.

Mischelemente jedoch kommen in der Natur als Isotopengemische vor (bis zu zehn stabile Isotope pro Element). Das Mischungsverhältnis dieser Isotope ist (von wenigen Ausnahmen abgesehen) überall auf der Erde nahezu konstant. Alle Elemente, die nur radioaktive Isotope haben, sind im Periodensystem (siehe Anfang des Buches) durch einen Stern rechts über dem Elementsymbol gekennzeichnet. Von ihnen sind die Elemente mit der Ordnungszahl 43, das Technecium (Tc), und mit der Ordnungszahl 61, das Promethium (Pm) sowie die Transurane (= Elemente mit Ordnungszahlen höher als 92) in der Natur nicht zu finden, da sie keine langlebigen radioaktiven Isotope haben. Die Elemente Uran (U, Ordnungszahl 92) und Thorium (Th, Ordnungszahl 90) haben jedoch so langlebige radioaktive Isotope, dass einige Mineralien diese Elemente noch enthalten. Diese Mineralien enthalten als Zerfallsprodukte vom Uran und Thorium auch noch radioaktive Isotope der Elemente 82–91.

Die Elemente mit Ordnungszahlen über 92, die Transurane, können dadurch hergestellt werden, dass man Atomkerne mit Elementarteilchen beschießt, wobei durch Einfangen der Elementarteilchen im Kern schwerere Atome aufgebaut werden. So kann man, ausgehend vom Uran, stufenweise zu Elementen mit immer höheren Ordnungszahlen gelangen.

Isotope besitzen aufgrund der jeweils gleichen Protonenzahl im Kern und einer entsprechenden Elektronenzahl in der Hülle gleiche chemische Eigenschaften. Sie unterscheiden sich durch die Neutronenzahl und damit durch die Masse. Sie können dann voneinander getrennt werden, wenn man bei einem Trennungsverfahren das geringfügig andersartige Verhalten der Isotope infolge ihrer Massenunterschiede ausnutzen kann, z.B. unterschiedliche Diffusionsgeschwindigkeiten oder unterschiedliche Trägheitsmomente; letztere nutzt man in der „Gaszentrifuge“ oder im „Massenspektrometer“ (siehe Abschn. 11.6). Bei den meisten Isotopen ist eine Trennung schwierig und apparativ sehr aufwendig, weil der relative Massenunterschied nur geringfügig ist; dieser beträgt zwischen U 235 und U 238 nur ca. 1,3%. Am größten ist der relative Massenunterschied bei den Wasserstoffisotopen. Wegen der damit verbundenen zwar geringfügigen, aber doch deutlich feststellbaren unterschiedlichen Eigenschaften haben die drei Wasserstoffisotope besondere Namen und Elementsymbole...

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