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China - Wirtschaftspartner zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Ein Handbuch für Praktiker

AutorTheresia Tauber, Ulrike Reisach, Xueli Yuan
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr1997
Seitenanzahl504 Seiten
ISBN9783864145810
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis42,99 EUR
Ein Standardwerk für das Reich der Mitte Neuauflage des erfolgreichen China-Handbuches - komplett überarbeitet und aktualisiert. China - Wirtschaftspartner zwischen Wunsch und Wirklichkeit bietet komprimierte Fakten, Hintergründen und Bewertungen, die zum Verständnis der zukünftigen Entwicklung Chinas ebenso wichtig sind wie für die strategische Planung des China-Geschäfts. Neben den großen Chancen - künftigen Wachstumsstandorten, neuen Impulsen für Forschung und Entwicklung, Olympiade in Beijing 2008 und Weltausstellung in Shanghai 2010 werden auch die Risiken des China-Engagements beleuchtet: Probleme der Staatsbetriebe und Banken, soziale Gegensätze, Umweltverschmutzung und Produktpiraterie. Der Leser erhält eine praxiserprobte Anleitung zu Vorbereitung, Partnerwahl, Mitarbeiterführung und Kommunikation. Mit viel Realismus ist das Buch ein unentbehrliches China-Handbuch.

Prof. Dr. Ulrike Reisach lehrt Betriebswirtschaftslehre, Unternehmenskommuni kation und Intercultural Management und an der Fakultät Informationsmanagement der Hochschule Neu-Ulm. Mehr als 20 Jahre lang war sie in führenden Positionen in der Kreditwirtschaft und Industrie tätig und hat mehrere Standardwerke des inter nationalen Managements verfasst. Als Direktorin in der Zentralabteilung Corporate Communications and Government Affairs der Siemens AG begleitete sie zahlreiche Projekte in und mit China. Als Leiterin des Ressorts International Delegations von Siemens Information and Communication mobile war sie für die Personalauswahl und Vorbereitung der Verhandlungsführer und zu entsendenden Mitarbeiter für China zuständig. Weitere Informationen: hs-neu-ulm.de/d/ansprechpartner/professoren/reisach.php Dr. Theresia Tauber befasst sich seit 1981 als Sinologin mit China. Bei der Siemens AG baute sie das interkulturelle Asientraining auf. Seit 20 Jahren konzipiert und leitet sie interkulturelle Workshops für Manager und Teams in Greater China und in Deutschland. Zusätzlich führen sie Seminare zu Managementthemen, gehalten in chinesischer Sprache, immer wieder nach China und bringen sie in unmittelbaren Austausch mit den chinesischen Fach- und Führungskräften. Frau Tauber veröffentlichte zahlreiche Fachbeiträge zu den interkulturellen Besonderheiten des China-Geschäfts.

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Leseprobe

Kapitel 2: China als Investitionsstandort (Reisach)



2.1 Kosten


2.1.1 Kostenvorteile



Die niedrigen Lohnkosten machten die Volksrepublik China in der Vergangenheit zu einem besonders attraktiven Investitionsstandort. Inzwischen liegen die Löhne in den boomenden Küstenprovinzen und Sonderwirtschaftszonen jedoch bereits wesentlich höher als im Landesdurchschnitt. In der Sonderwirtschaftszone Shenzhen wird fast das Lohnniveau des benachbarten Hongkong erreicht. Ähnlich ist die Situation in Shanghai und anderen Boomregionen.

Für besonders qualifizierte chinesische Mitarbeiter liegen die Aufwendungen sehr hoch, denn für Auslandsfirmen geeignete, vielleicht sogar westlich ausgebildete chinesische Manager sind rar. Ein Ingenieur bei einem Auslandsunternehmen in Shanghai verdient umgerechnet zwischen 800 und 2.000 Euro pro Monat. Leitende Ingenieure im Management eines Auslandsunternehmens kommen auf mindestens 2.800 Euro pro Monat.

Die Lohnflexibilität in China ist weitaus größer als in Deutschland, das in dieser Hinsicht international einen der letzten Plätze belegt. Sie ist aber noch nicht so groß wie in Hongkong, Taiwan oder den USA (vgl. WEF Global Competitiveness Report 2006, S. 607). Die leistungsbezogene Entlohnung ist üblich und steigert die Einkommen zum Beispiel bei erfolgreichen Verkäufern bis zum Doppelten des Festgehalts. Damit kommen leitende chinesische Manager je nach Standort und Verantwortung auf ein Gehaltsniveau von 2.800 bis 4.600 Euro pro Monat. Sie verdienen also nicht weniger als ihre Kollegen aus Singapur, Hongkong oder Taiwan und zählen eindeutig zur oberen chinesischen Mittelklasse. Dennoch sind diese Löhne immer noch wesentlich günstiger als die Entsendungsgehälter und Zulagen, die Firmen bei der Delegation deutscher Mitarbeiter aufwenden müssen. Aus diesem Grund sind die Auslandsfirmen daran interessiert, fähige chinesische Manager zu gewinnen, zu fördern und zu halten.

Un- und angelernte Arbeiter sind aufgrund der Zuwanderung verarmter Landarbeiter billig. Ihr Stundenlohn liegt bei 0,84 US-Dollar (vgl. IMD World Competitiveness Yearbook 2006, S. 399). Das ist zwar mehr, als ein ungelernter Arbeiter in Indien (0,59 US-Dollar) oder auf den Philippinen verdient, reicht aber trotzdem kaum zum Leben. Diese Menschen arbeiten oft unter härtesten Bedingungen, getrennt von der Familie, wohnen in betrieblichen Schlafsälen und nehmen nur selten, zum Beispiel an chinesischen Feiertagen, den langen Weg nach Hause auf sich. Die Mehrzahl dieser Arbeitskräfte ist für anspruchsvolle Tätigkeiten im Dienstleistungssektor nicht qualifiziert. Ausländische Unternehmen klagen daher über einen Mangel an qualifiziertem Personal.

Die Wirtschaftsleistung pro Kopf und Stunde gibt einen Hinweis auf den Entwicklungsstand eines Landes. Industrialisierte Länder verfügen über moderne, leistungsfähige Maschinen und Anlagen (»Kapitalstock«), die einen höheren Output pro Arbeiter und Stunde erlauben, als dies in Entwicklungsländern der Fall ist. Industriestaaten sind daher in der Lage, ihr höheres Lohnniveau zumindest zum Teil durch eine größere Arbeitsproduktivität aufzuwiegen.

Laut World Competitiveness Report lag die gesamtwirtschaftliche Produktivität in China 2005 bei 2.935 US-Dollar pro Beschäftigtem und Jahr. Damit liegt China zwar noch knapp vor Indien und Indonesien, die jedoch die Schlusslichter des Vergleichs von 126 Staaten dieser Welt bilden. Die Werte für die landwirtschaftliche und industrielle Produktion Chinas sind ähnlich niedrig. Was die Produktivität in chinesischen Staatsbetrieben zusätzlich beeinträchtigt, ist die Tatsache, dass viele Mitarbeiter stunden- oder tageweise anderen, besser bezahlten Tätigkeiten in der Privatwirtschaft nachgehen (Zweit- oder Drittjobs). Während die vermeintliche »Arbeitszeit« im Staatsbetrieb voll in die Berechnung eingeht, wird die außerhalb geleistete Arbeit nicht systematisch erfasst. Je mehr sich Chinas Produktivität daher auf geduldete Formen der Schattenwirtschaft verlagert, desto schlechter steht es mit der Effizienz des staatlichen Sektors.

Dennoch bestehen erhebliche Unterschiede zwischen der Motivation und Qualifikation älterer Mitarbeiter in chinesischen Staatsbetrieben und der jungen, aufstiegswilligen Generation, die bevorzugt in Joint Ventures und Auslandsfirmen arbeitet. Auch darf die volkswirtschaftliche Größe »Arbeitsproduktivität« nicht mit den personalwirtschaftlichen Faktoren »Leistungsfähigkeit« oder »Motivation« der Mitarbeiter gleichgesetzt werden. Selbst die motiviertesten Mitarbeiter können nur das erwirtschaften, was Kapazität und Leistungsfähigkeit der Maschinen zulassen. Und unter genau diesem Problem leidet China.

Ungeachtet der Modernisierungsanstrengungen der achtziger und neunziger Jahre stammt insbesondere in den Staatsbetrieben ein Teil der industriellen Ausrüstungen noch aus der Zeit der sowjetisch-chinesischen Zusammenarbeit, spiegelt also den technischen Stand der fünfziger Jahre wider. Entsprechend gering ist die Effizienz der Anlagen. Es handelt sich oft um schwerfällige Riesenanlagen sowjetischer Bauart, die nach dem Bruch mit der Sowjetunion nur notdürftig instand gehalten wurden.

Da während der Zeit der Kulturrevolution 1966 bis 1976 kaum Ausrüstungsinvestitionen getätigt wurden, begann China seinen Reformkurs mit einem erheblich überalterten Kapitalstock. Dieser wird seit Anfang der achtziger Jahre mit westlicher Hilfe modernisiert. Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer verzeichnen daher hohe Exporte nach China. Sobald die chinesische Regierung jedoch Maßnahmen zur Dämpfung der zu rasch wachsenden Wirtschaft ergreift, erleben diese Hersteller Einbußen.

Das war zum Beispiel Anfang der neunziger Jahre und im ersten Halbjahr 2006 der Fall. Solche Rückschläge haben mit dem Bedarf des Landes oder der Qualität des Angebots also nichts oder nur sehr wenig zu tun. Um das Auf und Ab des China-Geschäfts zu verstehen, ist es daher wichtig, den Einfluss der Regierungspolitik auf alle möglichen Branchen zu kennen und die gesamtwirtschaftliche Lage richtig einzuschätzen.


2.1.2 Also doch kein Eldorado …



Kaum ein Unternehmen, das Anspruch darauf erhebt, auf den wichtigsten Märkten der Welt präsent zu sein, kann es sich leisten, China zu übergehen. Denn es gilt das chinesische Sprichwort: »Wer einen großen Fisch auslässt, der ist kein richtiger Fischer.« Nicht nur große Unternehmen, auch Mittelständler unterliegen der Versuchung, China als Ersatz für schrumpfende Umsätze auf dem Heimatmarkt und damit als »letzte Rettung« für in Bedrängnis befindliche Firmen zu sehen. Sie unterschätzen die Intensität des Wettbewerbs auf diesem Markt oft gewaltig. Das China-Engagement verursacht hohe Anlaufkosten, von zahlreichen Sondierungsgesprächen, Reisen und Delegationsbesuchen in Deutschland bis hin zu langwierigen Verhandlungen vor Ort. Im Vorfeld berichten deutsche Unternehmen über eine Reihe von Schwierigkeiten, wie eine Umfrage der deutschen Industrie- und Handelskammer Beijing zeigt.

Chinesen wollen stets nur das modernste, beste und leistungsfähigste Produkt kaufen. China befindet sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch technologisch in einer Aufholjagd, bei der man keineswegs mit Produkten zweiter Wahl abgespeist werden will. Westmanager, die glauben, für ein Entwicklungsland wie China täte es auch ein weniger anspruchsvolles Produkt oder eines, von dem im Westen schon die zweite Generation verkauft wird, brüskieren ihr chinesisches Gegenüber.

Die chinesischen Spezialisten wissen nicht zuletzt dank vielfältiger Kontakte mit konkurrierenden ausländischen Anbietern genau über den technischen Stand und die Marktsituation Bescheid. Sie wissen auch, dass deutsche Produkte in aller Regel qualitativ hochwertig, zuverlässig und leistungsstark sind. Deutsche Erzeugnisse genießen also ein höheres Qualitätsimage als die

Hauptprobleme für Unternehmen:

Beschaffung verlässlicher Marktinformationen

Verhandlungen, Vertragsgestaltung

Partnersuche und -wahl

Anpassung der Produkte/Leistungen an Markterfordernisse

Durchführbarkeits-Studie (Feasibility Study)

Gewerblicher Rechtsschutz

Unzureichende Unterstützung chinesischer Behörden

Quelle: DIHK-Umfrage unter deutschen Unternehmen 2003

Abbildung 5: Vorbereitung von Investitionsvorhaben

japanischer oder amerikanischer Anbieter. Gleichzeitig werden die deutschen Produkte als sehr teuer bezeichnet. Immer häufiger sind chinesische Kunden nicht bereit, die geforderten Preise zu zahlen. »Made in Germany« allein reicht daher nicht zur Begründung hoher Preise.

Erzeugnisse aus heimischer Produktion oder Importe aus asiatischen Nachbarländern befriedigen die Ansprüche immer...

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