Abb. 21: Anwendungsschwerpunkte von ECMS
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kampffmeyer (2003), S. 5.
In Abb. 21 werden die vier Anwendungsschwerpunkte von ECMS dargestellt. Ein ECM Portal bietet eine personalisierte browserbasierte Oberfläche zum Abruf der Contents. Ein ECM Data/ Document-Warehouse beinhaltet „Applets, Middleware{208} und Metadatenbanken zur Zusammenführung und Verdichtung von unstrukturierten Informationen aus verschiedenen Quellen im Unternehmen.“{209} Der ECM Workflow organisiert die prozessgesteuerte Zusammenführung und Nutzung von Informationen. Durch ein ECM Knowledge Management werden strukturierte und unstrukturierte Informationen aufbereitet und angeboten. ECMS arbeiten optimal, wenn die Anwender von den Hintergrundabläufen und Integrationsprozessen nichts bemerken.{210}
3.3.5.2 Vorteile von Enterprise Content Management Systemen
(CR) Im Gegensatz zu anderen CMS erfüllen ECMS keine spezialisierten Aufgaben sondern beinhalten und kombinieren vielmehr die Funktionalitäten anderer Systeme. Hauptsächlich dienen sie der Bereitstellung einer gemeinsamen Plattform für die gesamte IT-Infrastruktur eines Unternehmens. Durch den Einsatz von ECMS wird die unternehmensweite Erfassung und Verwaltung von Contents ermöglicht. ECMS beinhalten je nach Umfang sämtliche Vorteile anderer CMS, insbesondere von DMS und WCMS.{211}
Auf der Ebene der Anspruchsgruppen eines Unternehmens wirkt sich der Einsatz eines ECMS nutzenstiftend aus. Über das Intranet oder das Unternehmensportal können Mitarbeiter direkt, unkompliziert und schnell auf wichtige unternehmerische Informationen zugreifen. Dazu zählen beispielsweise Produkt- und Wettbewerbsinformationen, Pressespiegel, Richtlinien, Problemlösunganleitungen, Erfahrungsberichte und Broschüren.{212} Weiterhin können ECMS dazu eingesetzt werden, organisatorische Wissensbasen aufzubauen.{213} Ein Beispiel hierfür sind die Content Management-Funktionen des SAP NetWeaver Portals{214}, die es ermöglichen, im Unternehmen vorhandenes explizites Wissen zu sammeln, zu bewerten, zu strukturieren{215} und über das Unternehmensportal zur Verfügung zu stellen. Durch die gezielte Aufbereitung und Bereitstellung von Content können somit auf unternehmerischer Ebene Lern- und Wissensaustauschprozesse angeregt werden.
3.4 Kritische Erfolgsfaktoren für Content Management Systeme
(JS) Bei dem Einsatz von CMS lassen sich eine Reihe kritischer Erfolgsfaktoren identifizieren, die maßgeblich für die Akzeptanz und Nutzung des Systems aus Sicht von Anwendern und Endnutzern sind. Mithilfe einer um eine Content Perspektive erweiterten Balanced Scorecard{216} leiten Faecks/Storm van´s Gravesande sechs kritische Erfolgsfaktoren für den erfolgreichen Betrieb von Internetportalen her, die in der vorliegenden Arbeit auf den Kontext der CMS übertragen werden.{217}
Erfolgsfaktor 1 – Mehrwert von Content: Der Mehrwert von Content für den Endnutzer kann durch Exklusivität, Aktualität und spezielle Aufbereitung von Inhalten geschaffen werden.{218} Weitere Einflussfaktoren sind die Möglichkeiten der Personalisierung von Content und Webseiten, die mit einem CMS durchgeführt werden können. Hier wird der Mehrwert durch die bedarfsgerechte Bereitstellung und Vorauswahl von Content geschaffen.{219}
Erfolgsfaktor 2 – Technische Basis: Ein CMS sollte über offene Schnittstellen zur Realisierung zukünftiger Anforderungen verfügen. Weiterhin sollte es stabil funktionieren, schnell auf Anfragen reagieren und eine geringe Fehlerquote bei deren Bearbeitung aufweisen.{220}
Erfolgsfaktor 3 – Usability{221}: Wesentliche Kriterien für eine hohe Usability sind eine einfache und vertraute Bedienung eines CMS sowie eine konsistente, sichtbare und stets nachvollziehbare Navigation. Die genannten Kriterien sollten sowohl für das Backend als auch für das Frontend eines CMS erfüllt werden. So kann sichergestellt werden, dass sowohl Anwender als auch Endnutzer davon profitieren.{222}
Erfolgsfaktor 4 – Einhaltung der Design-Vorschriften: Eine einheitliche Darstellung von Content erzeugt Sicherheit und Vertrauen beim Endnutzer.{223} Neben der optischen Repräsentation sollten Design-Vorschriften auch Sprachwahl, Artikelgestaltung und Dateigrößen beinhalten.{224}
Erfolgsfaktor 5 – Redaktionelle Qualität: Sowohl selbst produzierte als auch im Rahmen von Content Syndication extern bezogene Contents sollten fehlerfrei, klar strukturiert und zielgruppenspezifisch verfasst sein. Verlinkte Dateien sollten inhaltlich zu den sie umgebenden Contents passen. Fehlerhafte oder defekte interne und externe Links sind zu vermeiden.{225}
Erfolgsfaktor 6 – Mehrfachverwendung von Inhalten: Die Wieder- und Weiterverwendung zum ökonomisch sinnvollen Umgang mit Contents sollte durch ein CMS unterstützt werden.{226}
3.5 Open Source vs. kommerzielle Content Management Systeme
(JS) Auf dem Markt für CMS existiert eine Fülle unterschiedlicher Systeme mit einerseits sehr ähnlichen, anderseits aber auch stark divergierenden Funktionalitäten und Vergleichskriterien. Zur Segmentierung des Marktes für CMS gibt es verschiedene Ansätze. Beispielsweise unterscheidet das Beratungsunternehmen [n:sight]{227}, in Abhängigkeit vom funktionalen Schwerpunkt, drei Arten von Content Management Lösungen: Content Publishing Systeme, Content Management Systeme und Content Processing Systeme. Content Publishing Systeme legen den Schwerpunkt auf den Publikationsprozess, Content Management Systeme dienen hauptsächlich der Verwaltung von Inhalten und Content Processing Systeme fokussieren die Realisierung inhaltsbasierter Geschäftsprozesse über das Frontend.{228} Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird ein anderer Unterscheidungsansatz verfolgt und, in Abhängigkeit vom Lizenzmodell, zwischen kommerziellen CMS und Open Source CMS unterschieden.
Die Frage, ob ein Open Source CMS oder ein kommerzielles CMS eingesetzt werden sollte, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, da die Unterschiede zwischen den einzelnen Systemen bezüglich des funktionalen Umfangs, des Einsatzzweckes und des Lizenzmodells häufig groß sind. Es ist daher sinnvoll, diese Entscheidung von dem gewünschten Einsatzbereich und dem zur Verfügung stehenden Budget abhängig zu machen. Des Weiteren sollte die Wichtigkeit von Zusatzleistungen in Form von Beratung, Individualisierung und Prozessdesign berücksichtigt werden. In Abhängigkeit von dem Einsatzzweck des CMS und dem verfügbaren Budget, können verschiedene Marktsegmente unterschieden werden: Der Low-End-, der Mid-End- und der High-End-Bereich.{229}
Im Low-End-Bereich werden WCMS mit Lizenzkosten zwischen 0 und 8.000 Euro eingesetzt. In diesem Segment bietet sich der Einsatz von Open Source CMS an. Kommerzielle CMS haben den entfallenden Lizenzkosten von Open Source CMS keine Verkaufsargumente in Form einer Unique Selling Proposition (USP){230} entgegenzusetzen. Weiterhin bieten Open Source CMS durch die Möglichkeiten der Projekt-Communities praxisnahen, direkten und schnellen Support für Probleme. Somit ist in diesem Segment mittelfristig damit zu rechnen, dass kommerzielle CMS von Open Source CMS immer weiter verdrängt werden.
Der Mid-End-Bereich ist durch den Einsatz von WCMS und ECMS mit Lizenzkosten zwischen 8.000 und 60.000 Euro gekennzeichnet. Die Marktanteile in diesem Segment sind hart umkämpft. Vor allem professionell entwickelte und gemanagte Open Source CMS wie Typo3{231} oder Joomla! stehen im Wettbewerb mit kommerziellen Anbietern. Diese Entwicklung wird durch die steigende Anzahl professioneller Dienstleistungsagenturen unterstützt, die hochwertige Service- und Dienstleistungsangebote für Open Source CMS anbieten und somit indirekt deren Verbreitung fördern.{232}
ECMS mit Lizenzkosten über 60.000 Euro sind im High-End-Bereich anzutreffen. Dieses Segment wird derzeit durch kommerzielle Anbieter von komplexen ECMS dominiert. Wichtige USP von Open Source CMS, wie der Wegfall der Lizenzkosten, verlieren hier an Gewicht. Individuelle Dienstleistungen, Anpassungen und die Integration in die bestehende IT-Infrastruktur eines Unternehmens hingegen sind für Anwender besonders relevant. Wie die Entwicklung in diesem Bereich fortschreiten...