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E-Book

Corporate Governance in mittelständischen Unternehmungen

AutorHagen Brey
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl104 Seiten
ISBN9783638522618
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,7, Universität Rostock, 65 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Organisation von an der Börse notierten Gesellschaften ist vornehmlich gesetzlich kodifiziert und erlaubt lediglich einen allgemeingültigen und eher begrenzten wirtschaftspolitischen Spielraum. Gänzlich unreguliert bleiben jedoch die ethischen Aspekte des Agierens dieser Unternehmungen mit durchaus sozialer Verantwortung. Die zahlreichen internationalen Zusammenbrüche großer Gesellschaften, welche durch Fehlverhalten des Managements und Vertrauensbrüche dessen gegenüber den Eigentümern ausgelöst wurden, ließen Forderungen nach Eingriffen in diesem Sinne, insbesondere von den weltweit handelnden Anlegern, laut werden. Die gleichzeitig wachsende Verflechtung der Kapitalmärkte auf ebenfalls internationalem Niveau entfachte hierzulande Diskussionen, die den Umgang mit den Aktionären und ihren Erwartungen an eine gut geführte Unternehmung betraf. Mit dem Ziel des langfristigen Zufriedenstellens sowohl der Aktionäre wie auch des Managements, soll die Corporate Governance die Leitung und Kontrolle von Unternehmungen organisieren. Insbesondere die Schaffung von Transparenz bezüglich aller sozialen, gewerblichen und vor allem finanziellen Aktivitäten der Unternehmungsleitungen wird als vordergründig erachtet. Diese Aspekte betreffen gerade in Deutschland nur einen - von der Anzahl der Unternehmungen - geringen Anteil der Wirtschaft. Der Mittelstand, welcher bekanntlich als das Rückgrat oder der Motor der deutschen Wirtschaft gefeiert wird, bleibt von diesen Regulierungen weitgehend unberührt. Doch ist es gerade dieser Teil der wirtschaftlichen Landschaft, der durch zunehmende Internationalität der Märkte verwundbar ist. Die spezifischen Merkmale des deutschen Mittelstandes sind vor allem in diesem Zusammenhang zum einen Erfolgfaktor, zum anderen jedoch meist schwer überwindbare Hindernisse. Ähnlich den internationalen Herausforderungen, welchen sich die deutsche Corporate Governance immerwährend stellen muss, sieht sich auch der Mittelstand kontinuierlich Bedrohungen, wie beispielsweise der Mechanisierung und der späteren Technisierung, gegenüber gestellt. Doch beweisen mittelständische Unternehmungen Beständigkeit und Innovationsfreude. Mit der Bedrohung durch die von allen Seiten drückende Globalisierung und deren Auswirkungen wird der Mittelstand erneut herausgefordert. Dementsprechend gewinnt eine 'Good Governance' bei der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit in einem sich rasant entwickelnden Milieu an Relevanz.

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Leseprobe

3. Besonderheiten des Mittelstandes für Corporate Governance


 

3.1 Mittelstandsdimensionen


 

Die Definition des Mittelstandes ist, aufgrund seiner Komplexität und Heterogenität in Hinsicht auf die Vielfalt der Tätigkeitsfelder, der Größen, der Rechtsformen und der hinter den Unternehmungen stehenden Ideologien, ein schwieriges aber nötiges Untersuchungsfeld. Der Ursprung des, in dieser Form nur in Deutschland auftretenden Phänomens liegt nach GANTZEL (1962) im 18. Jahrhundert. Hier bildete sich ein Stand von selbständigen, gebildeten und recht vermögenden Bürgern, welcher sich eine gesellschaftliche Stellung unabhängig von der Zugehörigkeit zum Adel oder Klerus erarbeitet hatte. Allerdings wurde das Handwerk hier noch nicht zum Mittelstand gezählt, da der Begriff zu dieser Zeit noch ausschließlich im sozialen Sinne gebraucht wurde. Es entwickelte sich im Laufe der Zeit jedoch zu einer der tragenden Säulen. Nachdem der Begriff Mittelstand 1919 erstmals Eingang in die Gesetzgebung fand, hatte er auch eine wirtschaftlich-rechtliche Bedeutung erlangt.[59] Heute umfasst der Mittelstandsbegriff Unternehmungen unterschiedlichster Größe, welche dabei in jedem Fall von der Persönlichkeit des Unternehmers geprägt sind. Dieser ist sich aufgrund seiner Charaktereigenschaften der ökonomischen und sozialen Verantwortungen, nicht nur den bei ihm beschäftigten Menschen gegenüber, bewusst. Über diese sozial-historische Entwicklung konnte der Mittelstand zum Motor oder gar zum Rückgrat der deutschen Wirtschaft gedeihen. Doch trotz dieser Hintergründe ist es nicht möglich, auf eine homogene Definition des Mittelstandes zurückzugreifen. So werden zu Definitionszwecken qualitative Aspekte betrachtet, welche alle mittelständischen Unternehmungen gemein haben.

 

Die bereits erwähnte zentrale Position des Betriebseigentümers[60] ist ausschlaggebend für die Charakteristika einer jeden mittelständischen Unternehmung.[61] Somit kann eine Definition im Sinne einer positiven qualitativen Darstellung des Mittelstandes auch nur über eben diese Eigenschaft und ihre Auswirkungen innerhalb der Unternehmung erfolgen. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht vor allem die Verflechtung des Eigentümers mit der Unternehmung. Sie spiegelt sich unter anderem in der Zusammengehörigkeit

 

- der wirtschaftlichen Existenz des Unternehmers und der Existenz der Unternehmung selbst und somit

 

- des Eigentums, der Leitung des Betriebes und des Tragens des unternehmerischen Risikos sowie der Haftung gegenüber Dritten sowie

 

- der wirtschaftlichen und rechtlichen Unabhängigkeit und Selbständigkeit bei unternehmungsrelevanten Entscheidungen und dem Tragen der Verantwortlichkeit hinsichtlich deren Auswirkungen wider.

 

Diese Zusammenhänge bedingen jedoch, dass die Unternehmung unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem Konzern existieren kann. Die Leitung muss unmittelbar an allen strategischen und operativen Entscheidungen und Abläufen in der Unternehmung beteiligt sein.[62] Dies ist ungeachtet der Größe und Rechtsform der Unternehmungen der Fall. Doch bemängeln HAUSER/WOLTER (2001) Teile der oben genannten, in der Literatur mehrfach zitierten, Definition. Sie weisen auf die Möglichkeiten zur Beschränkung der Haftung und somit des eventuellen Verlustes der wirtschaftlichen Existenz des Mittelständlers beim Scheitern seiner Unternehmung hin.[63] Dies schließt jedoch nicht die Einheit der Leitung des Betriebes und der Übernahme des damit verbundenen unternehmerischen Risikos respektive der Haftung aus, denn der Inhaber muss für die getroffenen Entscheidungen dennoch haften. Die Gefahr des wirtschaftlichen Existenzverlustes scheint als ausschließendes Merkmal einer Definition faktisch zu eng.

 

Auf diesen Erkenntnissen aufbauend stellt sich die Frage, ob mittelständische Unternehmungen nicht mit dem Begriff der Familienunternehmung gleichgesetzt werden können. In solchen halten laut WÖSSNER (1998) eine oder mehrere Familien Kapitalbeteiligungen an der Unternehmung und beeinflussen dessen Geschäftspolitik maßgeblich. Ferner muss mindestens eine weitere Generation zur Sicherung des Fortbestandes des Betriebs existieren und der Fortführung auch willens sein.[64] Angesichts dieser Definition weisen die Begriffe Mittelstand und Familienunternehmung deutliche Parallelen bezüglich der Machtausübung in den Betrieben auf. Allerdings bleibt bei dieser Begriffsbestimmung offen, ab welchem Zeitpunkt eine Unternehmung zur Familienunternehmung wird, weil bei Existenzgründung an die Nachfolgeplanung sicherlich noch nicht zu denken ist bzw. häufig noch keine Familiennachfolger existieren. Einen Lösungsansatz bieten GAIL/LANGENFELD (1997). Sie argumentieren mit der Vorläufigkeit der Rechtsform der Einzelunternehmung in der Entwicklung einer Unternehmung, denn: „erst mit dem Übergang vom Einzelunternehmen zur wie auch immer gearteten Beteiligung weiterer Familienmitglieder wird das Unternehmen zum ‚Familienunternehmen’ im eigentlichen Sinn“.[65] Allerdings bleibt zu klären, ob Einzelunternehmer mit nachfolgewilligen Kindern nicht als Familienunternehmung gewertet werden können, angesichts des Anteils dieser Rechtsform an mittelständischen Unternehmungen. Auch in der Definition von KLEIN (2004) bleibt diese Frage unbeantwortet. Laut der Autorin ist nur dann von einem Familienunternehmen zu sprechen, wenn die Familie maßgeblichen Einfluss in der Unternehmung ausüben kann. Dieser besteht dann, „[…]wenn die Familie einen der Einflußfaktoren Eigenkapital, Kontrolle oder Management vollständig kontrolliert“, bzw. fehlende Einflussmöglichkeiten durch Einfluss in anderen Faktoren ausgeglichen werden können. Eine Beteiligung am Eigenkapital durch die Familie setzt die Autorin bei der von ihr dargelegten Definition voraus.[66]

 

Folglich lässt sich festhalten, dass mittelständische Unternehmungen in hohem Maße eigentümergeprägt sind, aber nicht in jedem Fall Familienunternehmungen sein müssen. Dies ist aufgrund der dargelegten Definitionen nur dann der Fall, wenn ein geeigneter Nachfolger gefunden ist und in jedem Fall massive Einflussmöglichkeiten innerhalb der Betriebe durch die Familie wahrgenommen werden können. Da der letztere Aspekt per definitionem in mittelständischen Unternehmungen stets bei allen drei von KLEIN (2004) genannten Einflussfaktoren gegeben sein muss, lässt sich folgern, dass nur ein Teil der Familienunternehmungen dem Mittelstand bzw. vice versa zuzurechnen ist. Der Teil, in der die Familie als Inhaber auftritt und alle Einflussfaktoren nahezu vollständig lenkt. Der Anteil der Familienunternehmungen, in denen die Geschäftsführung mindestens zur Hälfte der Familie obliegt, beläuft sich auf ca. 52%.[67] Der synonyme Gebrauch der Begriffe ist de facto nicht zulässig.[68]

 

Über die Definitionsansätze, mittels solcher mittelständischen Qualitäten, hinaus existieren auch Begriffsbestimmungen, die zu einem gewissen Zweck erdacht wurden. Bei dem Versuch der Erfassung mittelständischer Unternehmungen etwa, scheint es aufgrund der erwähnten, nach außen kaum sichtbaren Strukturen einfacher zu sein, sich einer solchen zweckgebundenen Definition[69] zu bedienen. In der statistischen Erfassung beispielsweise kommt allein aus Kosten- und Zeitgründen eine rein quantitative Abgrenzung zum tragen. Bei den Untersuchungen von Mittelständlern haben sich aufgrund der schlechten statistischen Erfassbarkeit der qualitativen Mittel-standsmerkmale leichter quantifizierbare Hilfskriterien durchgesetzt. Hierfür eignen sich die Merkmale

 

- Zahl der Beschäftigten,

 

- jährlich erwirtschaftete Umsatzerlöse sowie

 

- Bilanzsumme,

 

da sie mit den qualitativen Kriterien des Mittelstandes positiv korrelieren. Sie werden oftmals zu einem mehrdimensionalen Definitionsansatz kombiniert. Es ist jedoch festzustellen, dass hierüber zunehmend eine Verallgemeinerung bzw. eine Verwässerung des mittelständischen Begriffs erfolgt. So wird dieser mittlerweile mit den sich aus der quantitativen Abgrenzung ergebenden kleinen und mittelgroßen Unternehmungen (KMU) gleichgesetzt. Doch nicht alle KMU sind mittelständisch. In managergeführten Unternehmungen ist die Einheit von Leitung und Risiko in gleichem Maße getrennt, wie die der Leitung und des Eigentums. Diese Verhältnisse sind in Abbildung 5 dargestellt.[70]

 

Selbst die Bundesregierung trägt der mittelständischen Heterogenität und Dynamik Rechnung und entscheidet sich gegen eine „einengende und starre Definition“, wie GÜNTERBERG/WOLTER (2002) bemerken.[71] Obwohl in den 1970 veröffentlichten Grundsätzen einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen auf die Selbständigkeit und die Risikolast der Unternehmer sowie auf die nicht kapitalmarktbasierte Finanzierung der Unternehmungen hingewiesen wird, was einer

 

 

Abbildung 5: Mittelstandsdarstellung nach qualitativen und quantitativen Merkmalen

 

Quelle: in Anlehnung an Hauser/Walter (2001): S....

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