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E-Book

Das Leben erfolgreich stemmen

AutorMatthias Steiner
Verlagmvg Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783864156038
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Matthias Steiner hat die Herzen der Menschen im Sturm erobert. Seine berührende Lebensgeschichte hat viele bewegt, und der sympathische Sportler ist zum Vorbild für Jung und Alt geworden. Doch kaum jemand kennt - trotz unzähliger Berichte in den Medien - die wahre Geschichte hinter der Geschichte. Das Buch beschreibt die Sportlerkarriere eines ehrgeizigen, zielstrebigen und fleißigen Kämpfers, wie sie kaum ein Drehbuchautor hätte erfinden können, und ist zugleich auch ein Ratgeber, wie man trotz großer gesundheitlicher Probleme und schwerer persönlicher Schicksalsschläge die höchsten Ziele erreichen kann. Zusammen mit den Autoren Gerda Melchior und Volker Schütz hat er nun seine unglaubliche Geschichte aufgeschrieben.

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Leseprobe

AM ANFANG WAR … FUSSBALL


»Und, Herr Steiner, wie sind Sie ausgerechnet zu einer Sportart wie Gewichtheben gekommen?« Diese Frage wird mir in Interviews immer wieder gestellt. Wenn ich dann meine Antwort beginne: »Also, mein Vater ist auch Gewichtheber ...«, dann kommt in den meisten Fällen sofort ein »Aaah!«, ein »Aha!« oder der Satz: »Dacht’ ich mir doch!«, weil das natürlich für viele die logische Schlussfolgerung ist: Der Steiner wollte halt so sein wie sein Vater, hat viel geübt, und am Ende gewann er eine Goldmedaille!

Nein, ganz so einfach war es dann doch nicht. Zwar kommt man als Kind auf den Geschmack, wenn man das Vorbild des Vaters vor Augen hat. Und ich habe auch bewundernd zu meinem Vater aufgeschaut und war immer stolz auf das, was er machte. Denn mein Vater ist ein wahres Multitalent. Alles, was er anpackt, macht er mit einer großen Leidenschaft. So auch das Gewichtheben, das eines seiner Lieblingshobbys ist. Aber dennoch: Ganz so einfach und gerade, wie sich das mancher vorstellt, war mein Weg zum Gewichtheben nicht.

Natürlich war ich von Anfang an dabei, wenn mein Vater zweimal wöchentlich in Mödling trainierte oder an Wettbewerben und Meisterschaften teilnahm. Und von Anfang an hieß es bei mir, dass ich schon im Mutterleib den Lärm von zu Boden fallenden Hanteln mitbekommen haben muss, denn meine Mutter war bei allen Veranstaltungen eine begeisterte Zuschauerin. Wie sie erzählt, habe ich dann später als Baby auch beim größten Lärm immer friedlich geschlafen. Kein Wunder, ich war die Geräusche halt gewöhnt.

So gehörte Gewichtheben von klein auf zu meinem Leben, wobei ich weniger von dem Sport an sich fasziniert war als vielmehr von dem, was sich drum herum abspielte und die kindliche Entdeckerlust reizte!

Da gab es zum Beispiel diese Magnesia-Würfel, mit denen sich die Sportler die Hände einrieben, mit denen man sich aber auch wunderbar weiße Striche auf die Klamotten malen konnte. Oder es gab ganz kleine Hantelscheiben, die man als Kind geschäftig hin und her tragen konnte. Oder man konnte versuchen, die Hantelstange – ohne Gewichte natürlich – nach dem Vorbild der Großen wenigstens schon einmal bis Hüfthöhe zu heben. Aber das kam bei mir, so wie bei anderen Kindern dort auch, aus einem ganz normalen Spieltrieb heraus und nicht aus einem besonderen Interesse für das Gewichtheben.

Trotzdem wusste ich als Kind schon genau, was ich wollte, und mein eiserner Wille zum Durchhalten und auch zum Gewinnen kam schon damals des Öfteren zum Vorschein.

Im Herbst 1987 – ich war gerade fünf Jahre alt –flogen wir nach Puerto Rico. Dort fand in jenem Jahr die Senioren-Weltmeisterschaft im Gewichtheben statt, und natürlich war mein Vater einer der Athleten. Diese jährlichen Reisen zu den Austragungsorten in aller Welt wurden von vielen Teilnehmern meist auch gleich als Familienurlaub genutzt. So schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn man denn schon so weit weg von zu Hause war. Und so flogen meine Mutter und ich mit.

Zum Freizeitprogramm gehörte auch ein Ausflug mit unserer ganzen Reisegruppe auf eine kleine Nachbarinsel, ich glaube, um dort Wale zu beobachten, aber so genau weiß ich das nicht mehr. Aber an ein Erlebnis, das ich beim Strandspaziergang auf dieser Insel hatte, kann ich mich genau erinnern, weil es mich für mein späteres Leben geprägt hat.

Auf den tropischen Inseln in der Karibik gibt es Bambus im Überfluss. Zum Spaß und aus sportlichem Übermut schnappte ich mir eines der dort herumliegenden Bambusrohre von sicher 10 Zentimetern Durchmesser und 2,5 Metern Länge. Es bis auf Schulterhöhe zu heben, war für mich keine Schwierigkeit, aber es dann mit gestreckten Armen über dem Kopf zu fixieren, da war ich kräftemäßig schlichtweg überfordert. Das blöde Ding war schwerer, als es den Anschein hatte.

Ich probierte es noch einmal und schaffte es wieder nur bis zur Schulter. Und noch einmal, jetzt brachte ich es bis über meinen Kopf, auf dem ich das Stück Bambus ablegen musste, weil ich meine dünnen Arme nicht durchstrecken konnte. Leider gibt es von diesem Versuch ein Foto, das meine Eltern geschossen haben und mit dem sie mich noch lange Jahre aufzogen.

Obwohl ich erst fünf Jahre alt war, wollte ich mich dieser Stange nicht geschlagen geben, erst recht nicht, als ich sah, dass meine treue Spielgefährtin Birgit Legel, nur knapp ein Jahr älter als ich und eben ein Mädchen, die Bambusstange beinahe lässig – so kam es mir jedenfalls vor – hochhob und sie sogar einige Zeit mit gestreckten Armen hochhalten konnte.

Nein, nicht mit mir!

Obwohl Birgit und ich fast wie Geschwister aufwuchsen – ihr Vater Walter Legel, der Jahre später mein erster Trainer werden sollte, und mein Vater waren seit der Kindheit beste Freunde – gönnte ich ihr den sportlichen Erfolg, den Sieg über die Bambusstange und den Applaus der umstehenden Spaziergänger nicht. Mir ging die Tatsache, dass sie es schaffte und ich nicht, gehörig gegen den Strich!

Zwischen Birgit und mir herrschte unterschwellig immer ein kleiner Konkurrenzkampf. So nach der Devise: Wer bekommt den schöneren Ball zum Spielen, wer die bessere Mundharmonika? Diese Duelle verlor ich ohnehin meistens, weil meine Eltern mir die teureren Sachen oft einfach nicht kaufen wollten, aus Angst, mich zu sehr zu verwöhnen.

»Okay, wenn ich schon nicht den schöneren Ball bekomme, dann will ich aber beim Bambusrohrheben gegen Birgit gewinnen!«, dachte ich mir damals, das weiß ich heute noch genau. Mein Stolz war zutiefst verletzt, ich kam mir lächerlich vor und hatte die Sorge, die Leute um mich herum könnten mich jetzt für einen Schwächling halten.

Also mobilisierte ich meinen schon damals vorhandenen Kampfgeist, probierte es noch einmal und wieder fiel mir dieses Stück Holz einfach vorne runter. Inzwischen schon mit einer richtigen Wut im Bauch, packte ich das Teil noch einmal, hob es mit aller Gewalt hoch und schaffte es letztendlich wirklich, es gültig zur Hochstrecke zu bringen. Es existiert sogar ein Super-8-Film (also noch ohne Ton) von diesem Kraftakt, und man sieht darauf auch den anschließenden Freudensprung, der auf meine damalige Körpergröße bezogen den späteren Luftsprüngen in Peking schon sehr nahekam.

Ich hatte also bereits als Kind den unbändigen Willen, eine Sache zum Erfolg zu bringen, ich musste nur lernen, diesen Willen entsprechend einzusetzen. Diese Erkenntnis brachte ich von Puerto Rico mit nach Hause. Ich habe mir oft die Frage gestellt, ob diese Eigenschaft zu kämpfen angeboren ist oder ob man sich das im Laufe des Lebens anlernt. Heute bin ich mir sicher, dass der eine mehr von einer Kämpfernatur in seinen Genen hat als der andere, dass aber die Erfahrungen, die man im Laufe des Lebens macht, notwendig sind, um sich selber seiner Fähigkeiten, seines Talents bewusst zu werden.

Schon als Kind habe ich an mir selbst festgestellt, dass ich einfach nicht verlieren konnte, und oftmals habe ich sogar bei unwichtigen Dingen jähzornig reagiert, wenn ich verloren hatte. Später habe ich dann an mir gearbeitet, und das »Nicht-verlieren-Können« wurde zu einem »Nicht-verlieren-Wollen«! Zu diesem Thema komme ich später noch. Nun aber zurück zum eingangs erwähnten Satz, dass ich erst auf Umwegen zum Gewichtheben kam.

Ich war zwar gerne bei Wettkämpfen mit dabei, weil ich dann meinem Vater zusehen konnte, und es waren auch immer andere Kinder da, mit denen ich spielen und herumtollen konnte. Außerdem fand ich die etwas anrüchige Wirtshausatmosphäre ganz spannend. Und etwas Gutes zu essen gab es dort auch. Aber das Gewichtheben an sich stand für mich als Kind nicht im Mittelpunkt.

Rumlaufen und rennen war das, was mir als Sechsjährigem am meisten Spaß machte, denn ich hatte immer schon einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Etwa zu der Zeit, als ich auf die Grundschule kam, entwickelte ich eine Riesenlust auf Fußball. Dabei spielte sicher auch eine Rolle, dass fast alle meine Freunde gute Sportler waren, und deswegen meldeten wir uns mit Zustimmung unserer Eltern geschlossen beim SV Sulz im Weinviertel an und trainierten dort auch regelmäßig in der Gruppe. Von den damals sieben Spielern (es wird ja bei unter Zehnjährigen noch auf dem Querfeld gespielt) waren alleine schon drei Spieler aus meiner Schulstufe. Der Vater eines dieser Spieler war gleichzeitig unser Trainer.

Nur in der schönen Jahreszeit zu trainieren und zu spielen war mir und meinen...

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