WIE FINDE ICH MEINE RESSOURCEN?
Ein Augenblick der Freude
trägt dich über viele Stunden.
G. P.
ES LÄUFT im Leben nicht immer so glatt, wie wir es gerne hätten. Immer wieder stoßen wir an unsere Grenzen. Manche Menschen haben übergroßes Lampenfieber, manche sagen Ja, obwohl sie Nein sagen wollten. Manche Menschen haben nicht den Mut, ihre Träume zu verwirklichen, andere leiden unter Stress oder sind krank. Wäre es da nicht hilfreich und praktisch, wenn es Möglichkeiten gäbe, die uns helfen, alte ungünstige Denk- und Verhaltensweisen abzulegen und angemessen mit solcherlei Situationen umzugehen?
Genau in solchen Situationen können Sie an Ihre eigenen Ressourcen gezielt andocken und tatkräftig handeln.
Was versteht man unter Ressourcen?
Das Wort »Ressource« kommt aus dem Lateinischen, dann Französischen und heißt »Mittel, Quelle«. Ressourcen sind positive Erfahrungen und innere Qualitäten, Handlungen, Menschen, Orte, die uns Stärke geben und wohltuend auf uns wirken. Ressourcen sind eine äußerst wichtige Kraftquelle und damit eine starke Motivationshilfe.
Mit Unterstützung Ihrer Ressourcen schaffen Sie die besten Ausgangsbedingungen, um herausfordernde Situationen zu meistern.
Durch Ihre Ressourcen
bekommen Sie innere Sicherheit, Stabilität und Halt,
fühlen Sie sich kraftvoll, mental stark und mit der Welt verbunden,
bleiben Sie gelassener und haben das innere Wissen, »ich schaffe das«,
sind Sie motiviert, tatkräftig anzupacken, und bereit, sich voll für Ihre Ziele und Aufgaben zu engagieren,
können Sie gut mit Veränderungen und leichter mit belastenden Situationen umgehen,
sind Sie zuversichtlich, lernen dazu und entwickeln sich weiter,
werden Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl gestärkt.
Ressourcen können auch genutzt werden, um Selbstheilungskräfte zu aktivieren und das Immunsystem zu stärken.
Es gibt innere und äußere Ressourcen.
a) Innere Ressourcen sind die positiven Qualitäten und Potenziale eines Menschen. Als innere Ressourcen können uns unsere Fähigkeiten, gute Erfahrungen, angenehme Erinnerungen, unsere Werte, unsere Kultur und Religion, unsere Verbindung zu etwas Größerem dienen.
Hierzu ein Beispiel:
Ein Ingenieur, der sich auf seinen Antrittsvortrag für die Professur an einer Universität vorbereitete, war sehr nervös und hatte Bedenken, ob der Vortrag »gut genug« war. Um seine Ressourcen gezielt zu aktivieren, stellte er sich im Coaching bildhaft-konkret noch einmal eine Situation vor, in der er ein großes Projekt erfolgreich abgeschlossen hatte. Er sah im Geist die ganze Situation deutlich, lebendig, sinnlich vor sich – er sah, wie das Industriegebäude fertiggestellt war, wie der Kunde und alle Beteiligten hochzufrieden waren und ihm Beifall klatschten. Er spürte körperlich, wie stolz er auf sich war, auf seine Kompetenz, die ihm geholfen hatte, das Projekt erfolgreich abzuschließen. Er freute sich über seine Ausdauer, seine Kreativität und Flexibilität, mit der er bis zum Abschluss »am Ball« geblieben war, und fühlte sich erneut energiegeladen und stark, war glücklich und zufrieden.
Mit diesem kraftvollen Körpergefühl und diesen guten Gefühlen stellte er sich nun im Geist den Vortrag an der Uni vor – wie er sicher dastand, locker und lebendig. Er sah, wie das Publikum neugierig auf seinen Vortrag war und er Spaß daran hatte, sein Wissen zu teilen.
Er freute sich auf den Vortrag.
Ein paar Tage später rief er mich an. Seine Antrittsrede war tatsächlich sehr gut bei Jury und Publikum angekommen.
Durch unsere inneren Ressourcen fühlen wir uns den aktuellen Anforderungen gewachsen und haben die Gewissheit, dass es sich lohnt, sich einzusetzen und aktiv am Leben teilzuhaben.
b) Auch äußere Ressourcen können als unterstützende Kräfte dienen: Dies können uns nahestehende Menschen sein, aber auch Hobbys, Reisen oder Bücher, Entspannungsübungen und Meditation.
Wohnräume können ebenso kraftvolle Ressourcen sein wie Pflanzen, Farben, Haustiere. Eine der stärksten Ressourcen ist die Natur – und wohl die meisten Menschen haben schon kraftvolle Momente in der Natur erlebt, Momente, in denen sie abschalten, sich erholen und neue Kraft schöpfen können und sich als Teil des großen Ganzen fühlen.
»Ich sitz auf dem Gipfel eines Berges, spür den Wind und die Wärme der Sonne. Die anderen Berggipfel leuchten golden. Um mich herum ist alles still. Das ist ein solcher Moment des Glücks und der Freude. Ich bin dankbar, dass ich das erleben darf«, erzählte eine Trainingsteilnehmerin und lächelte dabei. Das ist ihr »Platz der Freude«, den sie sich immer wieder ins Gedächtnis ruft, wenn sie ihn braucht.
Es sind so viele kleine Dinge, die uns bereichern und nähren können – funkelnde, von der Sonne beschienene Tautropfen am Morgen, das Lächeln eines Fremden, wirbelnde Flocken im Winter, die Stille zwischen zwei vorbeifahrenden Autos…
Sogar Märchenoder Filmfiguren, aber auch religiöse Figuren wie Buddha, Jesus oder Krishna können als Quellen der Kraft und der Zuversicht dienen.
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Letztendlich gibt es so viele individuelle Ressourcen, wie es unterschiedliche Menschen gibt.
Ein Hochleistungssportler, mit dem ich die Freude habe zu arbeiten, ist in seinem Sport sehr erfolgreich und weltweit unterwegs. Wenn er abends im Hotelzimmer liegt, lauscht er der Musik von Reinhard May. Dessen Lieder mochten seine Eltern besonders gern, er hat sie als Kind oft gehört, besonders an gemütlichen Winterabenden im Wohnzimmer. Wenn er die Musik jetzt wieder hört, fühlt er sich sofort »sicher und wundervoll geborgen«. Dieses gute Gefühl gibt ihm vor wichtigen Wettkämpfen Kraft, Klarheit und Vertrauen.
Wann setzen Sie Ihre Ressourcen gezielt ein?
Die Aktivierung dieser Ressourcen ist in allen Situationen sinnvoll, in denen Sie innere Sicherheit, Vertrauen und Stabilität brauchen:
a) bevor und während Sie einen Schritt ins Neuland wagen – vor und während Prüfungen, Bewerbungsgesprächen, wichtigen privaten oder beruflichen Gesprächen, bei Leistungssportlern vor dem Wettkampf;
b) wenn Sie akute oder chronische Herausforderungen und Krankheiten zu meistern haben.
Damit Ressourcen ihre volle Wirksamkeit entfalten können, müssen sie trainiert und automatisiert werden. Dadurch entstehen im Lauf der Übung Halt gebende innere Sicherheit, Vertrauen und Gelassenheit. Sie sind mit all Ihren Kompetenzen wieder verbunden.
Was müssen Sie dabei beachten?
Wesentlich ist,
dass Sie sich an positive Situationen erinnern und/oder
konstruktive Fantasien entwickeln, die mit angenehmen Bildern und Handlungen verbunden sind,
dass Sie alle Sinne – Sehen, Hören, Fühlen, Spüren, Riechen, Schmecken – einbeziehen und
sich genug Zeit geben, diese Vorstellungen mit sicherem Selbstwertgefühl und stabilem Körpergefühl zu verbinden, sodass Sie dies gut und im ganzen Körper spüren können.
Übungen
a) Persönliche Ressourcen erkennen
Welche persönlichen Ressourcen haben Sie genau?
Schreiben Sie all Ihre Fähigkeiten, Ihre Kompetenzen, all Ihre inneren und äußeren Ressourcen auf und erlauben Sie sich, diese mit Ihren guten Gefühlen und Ihrem Körper zu verbinden.
b) Kompetenz auf Knopfdruck
Vorbereitung: Wählen Sie einen Punkt an Ihrem Körper, den Sie mit einer Hand dann, wenn Sie diese Ressource brauchen, berühren können. Wählen Sie den Punkt so, dass dies unauffällig ist. Drücken Sie zum Beispiel mit der linken Hand Daumen, Mittelfinger- und Zeigefingerspitze zusammen.
- Erinnern Sie sich umfassend an eine Begebenheit, die Ihnen Kraft und Vertrauen verliehen hat. Es kann zum Beispiel eine Situation sein, die Sie erfolgreich gemeistert haben … oder eine Situation im Urlaub … beim Sport … mit Freunden … Lassen Sie die ganze Situation wieder vor Ihrem geistigen Auge auftauchen und erleben Sie sie wieder.
- Nehmen Sie wahr, wie Sie mit all Ihren Kompetenzen verbunden sind und diese ganz selbstverständlich zum Ausdruck bringen.
- Was sehen, hören, sagen, tun Sie? Wie ist die Umgebung? Sind andere Menschen dabei? Was sagen Sie zu sich selbst? Und spüren Sie, wie kraftvoll, klar und präsent Sie sich in dieser Situation fühlen, und erlauben Sie sich, dies jetzt weiter zu vertiefen. Nehmen Sie sich viel Zeit dafür, damit Sie sich richtig gut fühlen und in Ihrem ganzen Körper spüren können.
- Wenn Sie das intensiv empfinden, berühren Sie Ihren speziellen Punkt am Körper und verbinden ihn mit all Ihren Kompetenzen.
- Öffnen Sie kurz die Augen, schließen Sie sie wieder und wiederholen Sie die Schritte 1 bis 4.
Damit Sie auch wirklich per Knopfdruck mit Ihren Kraft- und Motivationsquellen verbunden sind, ist es sinnvoll, diese Übung des Öfteren zu wiederholen, damit die »Batterie« stets aufgeladen und...