Der Arzt Dr. Franz Anton Mesmer
»Der Magnetismus ist eine allgemein wirkende Kraft:
Ein jeder Mensch besitzt sie, nur nach seiner Individualität
etwas verschieden, und seine Wirkungen erstrecken
sich auf alles und auf alle Fälle. Die magnetische
Kraftwirkung des Menschen erstreckt sich
auf alle. Menschen, auf Tiere und Pflanzen.
Ja, der Mensch weiß es nicht, was er ist,
aber ebenso wenig, was er besitzt und was er kann.
Darum ist er so elend, so ohnmächtig und ungeschickt.«
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)
Franz Anton Mesmer ist im Zusammenhang mit Magnetismus und der Wiederentdeckung des Heilmagnetismus eine überragende geschichtliche Persönlichkeit. Wiederentdeckung deshalb, da Energieübertragung durch menschlichen Magnetismus und geistige Kraft uraltes Menschheitswissen darstellt, welches in allen Kulturen praktiziert wurde und deshalb auch als Urheilmittel bezeichnet werden kann. Mesmer kommt das Verdienst zu, dies wieder ins Bewusstsein der Menschen gebracht zu haben. Zum besseren Verständnis der Gesetzmäßigkeiten einer magnetischen Einwirkung auf Menschen, wie Goethe es so schön formuliert hat, ist ein Blick auf Mesmers Lebenslauf aufschlussreich. Nach Mesmer wird in der Literatur die Anwendung des Heilmagnetismus auch oft als »Mesmerismus« bezeichnet.
Franz Anton Mesmer wurde am 23. Mai 1734 in Iznang am Bodensee geboren. Nach dem Studium von Theologie, Philosophie und Jura wandte er sich der Medizin zu. Seine Dissertation behandelte den Einfluss von Planeten und ein geheimnisvolles Fluidum. Dieses Fluidum, ein Uräther, der auf das Innere jeder Materie einwirke, durchziehe den Weltraum, halte die Sterne und Planeten in ihrer Bahn und übe Einfluss auf unser Nervensystem aus. Seine anziehende Kraft durchdringe alle unsere festen und flüssigen Bestandteile und wirke unmittelbar auf die Nerven ein.
Durch die Heirat mit Anna von Eulenschenk, der reichen Witwe des Hofkammerrates Baron von Bosch, war ihm die Möglichkeit geboten, ein komfortables und großzügiges gesellschaftliches Leben in Wien zu führen, wo er als Arzt praktizierte. So pflegte er auch Kontakt mit der Familie Mozart, und in seinem Garten fand die Uraufführung von »Bastien und Bastienne« des jungen Wolfgang Amadeus statt. Später hat dieser dann Mesmer in »Così fan tutte« ein bekanntes humoristisches Denkmal gesetzt mit folgendem munterem Rezitativ: »Hier der Magnetsein soll`s euch beweisen. Ihn brauchte Mesmer einst, der seinen Ursprung nahm aus Deutschlands Gauen und so berühmt ward in Francia«
Durch eine Engländerin, die auf ihren Reisen auch in Wien Station machte, kam Mesmer erstmals in Kontakt mit der Behandlung durch Auflegen mineralischer Magnete, wie sie sich damals in England großer Beliebtheit erfreute. Sein Forschergeist veranlasste ihn sogleich, die Wirkungen des mineralischen Magneten in eigener Praxis zu studieren und zu prüfen. Nach einer Zeit intensiver Beschäftigung mit den magnetischen Einflüssen hatte er eines Tages ein Schlüsselerlebnis. Als er bei einem Aderlass zugegen war, erkannte er, dass der Ausfluss des Blutes sich merklich änderte, wenn er sich dem Patienten näherte oder sich von ihm entfernte. Dies führte ihn durch weitere Studien zu der wichtigen Erkenntnis, dass die Eigenschaften des mineralischen Magnetismus, also der Anziehung und Abstoßung, auch im menschlichen Körper zu finden seien! Diesbezüglich lautete sein Lehrsatz:
»In dem menschlichen Körper findet man Eigenschaften die mit demjenigen des Magneten übereinstimmen. Man unterscheidet darin gleichfalls entgegengesetzte Pole, welche mitgeteilt, verwandelt, zerstört und
gestärkt werden können.«
Diese Erkenntnisse Mesmers haben bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren; Theorie und Praxis der heilmagnetischen Behandlung können auf dieser Gesetzmäßigkeit aufgebaut werden. In die Eigenschaften des mineralischen Magneten, analog zu den Entsprechungen der Fähigkeiten des menschlichen Magnetismus, werde ich Sie detailliert im praktischen Teil II des Buches einführen.
Doch zurück zu Mesmer: »Beflügelt von den Heilerfolgen glaubt er nun die Kraft, die er damals in seiner Dissertationsarbeit als Weltäther und kosmisches Fluidum bezeichnet hatte, in der magnetischen Kraft gefunden zu haben. Das Magnetische ist also, so jubelt freudig seine Entdeckerlust, ›spiritus purus, ignis subtilissimus‹, der als schöpferische Allflut den Äther des Weltalls ebenso wie die Zelle des menschlichen Körpers durchströmt! Die Brücke, die langgesuchte, welche die Sternenwelt der Menschheit verbindet, scheint ihm in seiner Zufallstrunkenheit gefunden.«4
Wie ahnungsvoll richtig diese Erkenntnisse aus heutiger Sicht erscheinen, zeigen die Forschungen von Prof. Dr. Popp und der Astrophysik, auf die ich später eingehen werde.
Mesmer prägte für den Magnetismus des Menschen den Begriff » animalischer Magnetismus «, um ihn vom »mineralischen Magnetismus« zu unterscheiden – in der Literatur häufig unglücklich übersetzt mit »tierischer Magnetismus«. Im Französischen wird animal zwar mit Tier, aber auch mit Lebewesen übersetzt. Insofern erscheint mir die Übersetzung »Magnetismus der Lebewesen« oder einfach »Lebensmagnetismus« dem von Mesmer gemeinten Sinn wesentlich angemessener zu sein.
Nachdem Mesmer nun seine eigenen heilmagnetischen Kräfte erkannt und studiert hatte, behandelte er fortan nur noch durch Auflegen der Hände und Übertragung von körpereigenem Magnetismus. Seine Erfolge mit dieser Form der Behandlung waren so groß, dass man oft von Wunderheilungen sprach. Auf den großen Zulauf von Patienten reagierten seine Berufskollegen mit massiven Anfeindungen und Verleumdungen, sodass Mesmer Wien schließlich verlassen musste und nach Paris ging, wo er bald das Vertrauen von Patienten aus den höchsten Kreisen der Aristokratie gewann und sich rasch zunehmender Berühmtheit erfreute.
Da aber auch in Paris Anfeindungen nicht ausblieben, hoffte Mesmer, dass die von der Regierung einberufenen Kommissionen zur Aufklärung seiner offensichtlich großen Heilerfolge beitragen würden. Bei deren Nachforschungen wurde Mesmer selbst jedoch nie angehört! Man wandte sich lediglich an Deslon, einen seiner Schüler, der bereits einige Jahre zuvor an der medizinischen Fakultät in Ungnade gefallen war, weil er der offiziellen Wissenschaft abgeschworen hatte. Die Thesen von Mesmer wurden von der medizinischen Fakultät in aller Form verworfen, und unter diesen Aspekten konnte auch die Beurteilung der Heilerfolge vonseiten der Kommissionen nur ablehnend ausfallen.5
Die Kritik der Pariser Kommissionen wird heute noch gerne zitiert, nicht erwähnt wird dabei hingegen, dass Mesmer 1775 – durch die Gunst des damaligen Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern – von der Akademie der Wissenschaften in München Anerkennung erfuhr!
Trotz der Anfeindungen und Ablehnung wurde die Lehre Mesmers an 34 Schulen in Frankreich unterrichtet, und noch zu Mesmers Lebzeiten wurde in vielen Städten eine »Harmonische Gesellschaft – Société de l’Harmonie« gegründet, so in Bordeaux, Lyon, Straßbourg, Ostende, sogar in den Kolonien, z.B. in San Domingo, wo die Lehre Mesmers praktiziert und aufrechterhalten wurde.
König Friedrich Wilhelm III. ließ unter Leitung seines Leibarztes Prof. Dr. Karl Christian Wolfart, eines getreuen Verehrers und Schülers Mesmers, sogar einen Lehrstuhl an der Berliner Universität einrichten. Letztere hatte er unter dem Aspekt gegründet, daß der Staat durch geistige Kräfte das ersetzen müsse, was er an physischen verloren habe. Wolfart leitete außerdem Anfang des 19. Jahrhunderts in Berlin eine Klinik für magnetische Heilweisen.
Im Jahre 1814 gab er ein 365 Seiten umfassendes Werk Mesmers in deutscher Sprache heraus mit dem Titel »Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen, Theorie und Anwendung des tierischen Magnetismus als die allgemeine Heilkunde zur Erhaltung des Menschen«. Im Vorwort schildert Wolfart die erste persönliche Begegnung mit Mesmer und lässt vor den Augen des Lesers ein lebhaftes Bild dieses bedeutenden Mannes entstehen, der Frankreich bei Ausbruch der Revolution verlassen musste, in seine Heimat zurückkehrte und sich der Anerkennung seiner großen Verdienste beraubt sah. Wolfart schreibt:
»Meine Erwartungen fand ich durch die persönliche Begegnung mit dem Entdecker des Magnetismus übertroffen. Ich fand ihn in seinem von ihm selbst ausgesprochenen wohlthätigen Wirkungskreise beschäftigt. In seinem hohen Alter – damals hatte er das 78ste Jahr bereits zurückgelegt – erschien das Umfassende, Helle und Durchdringende seines Geistes, sein unermüdeter lebendiger Eifer sich mitzutheilen, sein eben so leichter als seelenvoller, durch die Behendigkeit der Gleichnisse durchaus eigenthümlicher Vortrag, so wie die Feinheit seiner...