Lange Zeit galten Wirtschaftlichkeit und Weiterbildung als unvereinbar. So stellte Edding schon 1963 fest „wirtschaftliche Denkweisen und Begriffe auf Bildungsvorgänge anzuwenden gilt weiten Kreisen als eine Art Sakrileg“ (S. 101). Edding ist auch ein Beweis dafür, dass das Thema Wirtschaftlichkeit in der Erwachsenenbildung keinesfalls neu ist, denn er prägte bereits Anfang der 1960er Jahre den Begriff der „Bildungsökonomie“.
„Wirtschaftliches Verhalten und Denken (sind) eine Grundkategorie des schöpferischen menschlichen Lebens …, eine unlöslich mit allen Bereichen menschlichen Tuns verbundene Seite des geistigen Seins. Allzuoft wird unter Wirtschaft nur das Produzieren und Verteilen verstanden. Wirtschaften bedeutet aber vor allem Haushalten. Die Wirtschaft ist immer auch eine Wirtschaftsordnung. So gesehen ergeben sich sehr vielfältige Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft und Bildung“ (ebd., S. 101).
Bevor näher auf das Thema der Wirtschaftlichkeit im Weiterbildungsbereich eingegangen wird, soll zunächst geklärt werden, was unter dem Begriff überhaupt zu verstehen ist.
Über den Begriff Wirtschaftlichkeit und seine Bedeutung wurde und wird in der Erwachsenenbildung kontrovers diskutiert. Häufig wird er sehr extrem gedeutet:
„Einige sehen in einer starken Gewichtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips die Zukunft. Für andere beginnt mit der Einbeziehung wirtschaftlicher Überlegungen in pädagogische Planungsprozesse das Ende der öffentlich und sozial verantworteten Bildung. Wirtschaftliches Handeln wird zu Unrecht gleichgesetzt mit sparen, billig einkaufen und haushalten oder auch mit Profit und Rentabilität“ (Friedrich, Meisel, Schuldt 2005, S. 17).
Die Wirtschaftlichkeit wird „ermittelt durch die Gegenüberstellung der in einer Rechnungsperiode (Monat, Quartal, Jahr) erbrachten Leistungen (Output) eines Betriebes mit dem in Geld gemessenen Wertverzehr, der durch die Leistungserstellung verursacht wurde (Kosten)“ (Rohlmann 2001, S. 337). Die allgemeine Formel lautet:
In der Weiterbildung sind Leistungen z.B. Kurse, Seminare, Projekte, Studienfahrten und Bildungsberatungen.
Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit ist der „Grundsatz der Wirtschaftstheorie, nach dem vernünftiges wirtschaftliches Handeln unter den Bedingungen knapper Mittel zur Erreichung wirtschaftlicher Ziele erfolgen sollte“ (Redaktion Schule und Lernen 2005, S. 315). Wirtschaftliches Handeln liegt vor, wenn
mit gegebenen Mitteln (Input) ein möglichst großer Erfolg (Output) erzielt wird (Maximalprinzip) oder
ein vorgegebenes Ziel (Output) mit möglichst geringem Aufwand (Input) erreicht wird (Minimalprinzip).
Wirtschaftlichkeit ist also zu verstehen als das günstigste Verhältnis zwischen der Erreichung legitimer öffentlicher Zwecke und dem Ressourcenverzehr. Anders ausgedrückt stellt sie das optimale Verhältnis von Kosten und Nutzen dar, und ist nicht als Verringerung der Kosten um jeden Preis oder gar als Rentabilität zu bezeichnen (vgl. Schlutz 1995, S. 18). Entscheidend ist, dass bei wirtschaftlichen Entscheidungen eine quantitative und qualitative Zielvorgabe bezüglich des Ergebnisses berücksichtigt wird. Das bedeutet, eine Kostensenkung darf sich nicht zu Ungunsten der Qualität der Weiterbildungsveranstaltungen auswirken (vgl. Dohmen 2005, S. 10 ff.). Deshalb haben viele Spar- oder Kostensenkungsentscheidungen nach Dohmen nichts mit wirtschaftlichem Handeln zu tun.
„Was wirtschaftlich immer heißt wird unterschiedlich definiert. Immer aber heißt es, dass kapitalistische Kriterien steuernde Funktion erhalten: Kosten/Nutzen, Marketing, Produkte, Verkauf, Rücklagen, Gewinne und Investitionen“ (Nuissl 1995, S. 26).
Schon in den 1960er Jahren wurde für Volkshochschulen mehr Haushaltssouveränität gefordert, jedoch ohne wirklich etwas zu bewirken (Tietgens 1995, S. 38). Betrachtet man die erwachsenenbildnerische Diskussion seit den 1990er Jahren, so stößt man unweigerlich immer wieder auf die drei Begriffe „Wirtschaftlichkeit“, „Effektivität“ und „Effizienz“. Diese Tatsache ist auf die dargestellte Verknappung öffentlicher Mittel, die kommunalen Haushaltsprobleme und den damit verbundenen Konsolidierungszwang der öffentlichen Haushalte zurückzuführen. Fachliche, didaktische und methodische Fragestellungen treten in den Hintergrund der Diskussion (vgl. Meisel 1995, S. 30).
Die Bedeutung des Begriffs der Wirtschaftlichkeit wurde im Vorangegangenen bereits erläutert. Der Begriff „Effektivität“ bezeichnet das Ausmaß in dem die Leistungen/Produkte/Bildungsmaßnahmen die beabsichtigten Ziele erreichen, also den Output (vgl. Mudra 2004, S. 399). Im Hintergrund steht die Frage „Tun wir die richtigen Dinge?“. Effizienz hingegen ist eine
„Größe für das Ausmaß einer wirtschaftlichen Zielerreichung (Output-Input-Relationen) …, d.h. sie bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Kosten und den Ergebnissen von Bildungsmaßnahmen“ (ebd., S. 399).
Hier geht es um die Frage „Tun wir die Dinge richtig?“. Idealtypisch sollte die Effektivität immer vor der Effizienz stehen. Ein größerer Sprachkurs steigert zwar seine Effizienz, aber nicht die Effektivität, also das Erreichen des Bildungszieles.
Die aktuelle Konzentration auf diese Kriterien darf nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass sie für die Arbeit der Einrichtungen zuvor keine Rolle gespielt haben. So stellt Tietgens (1995) fest:
„Wo immer heute von Einsparen die Rede ist, taucht das Wörtchen ‚abspecken’ auf. Es ist geradezu diabolisch, denn es suggeriert allen Nichteingeweihten und nicht nur diesen, Volkshochschulen hätten in der Vergangenheit in Saus und Braus gelebt, es gäbe so etwas wie ein Fettpolster, das eine Abmagerungskur ohne Qualitätsverlust erlaubt. Ein solches ist aber bei Volkshochschulen nicht vorhanden. Es gibt weder Stargagen, internationale Marktpreise noch unbeweglich machende Arbeitsverträge. Im Gegenteil: Den Einrichtungen wird vorgeworfen, sie handelten gegenüber ihren freien MitarbeiterInnen unsozial“ (S. 38).
Trotzdem muss diesen Kriterien vor dem Hintergrund der Entwicklungen eine noch größere Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn
„Fragen der Wirtschaftlichkeit wurden leider früher in vielen öffentlichen Weiterbildungseinrichtungen nicht systematisch angegangen“ (Meisel 2006, S. 111).
Nach Meinung von Schlutz (1995) sollte jede Weiterbildungsorganisation den Begriff Wirtschaftlichkeit in ihrem Sinne definieren und daraus innerinstitutionelle Handlungsalternativen ableiten (S. 20).
Öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen müssen ihre Planungen und Entscheidungen also unter Knappheitsbedingungen treffen, die sich auf das Personal und die Finanzen beziehen, denn:
„Auch der Bildungsaufwand unterliegt den Konsequenzen, die sich aus der Knappheit der verfügbaren Mittel ergeben. Er kann nicht beliebig gesteigert werden. Kosten und Ertrag müssen in einem vergleichsweise günstigen Verhältnis stehen“ (Edding 1963, S. 103).
Notwendig ist aus diesen Gründen die Implementierung eines adäquaten Controllingsystems, einer Kostenrechnung und neuen Steuerungsprinzipien, um einer ressourcenorientierten Steuerung der Einrichtungen näher zu kommen und ihr Bestehen zu sichern. Das ist allerdings nicht alles, denn die Einrichtungen sehen sich mit einer völlig neuen Situation konfrontiert. Neben das Referenzsystem der Pädagogik tritt das zunächst konkurrierende und dominierende System der Ökonomie. Dadurch entsteht ein evidenter Bedarf an Organisations- und Personalentwicklung, denn es genügt nicht, die Effektivität und Effizienz der Arbeitsabläufe durch einzelne Maßnahmen zu steigern. Da den knapperen Ressourcen eine Forderung nach einer gesteigerten Leistung gegenübersteht, müssen die Handlungsstrukturen der gesamten Einrichtung reorganisiert werden (vgl. Bastian 2002, S. 57).
„In der Erwachsenenbildung stellt sich nicht mehr die Frage, ob man wirtschaftlich handeln muss, sondern wie neben dem pädagogischen Denken das wirtschaftliche Handeln aussehen kann und sollte“ (Kortendieck 2006, S. 118).
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einrichtung gemeinnützig oder gewinnorientiert ausgerichtet ist. Aber es stellt sich die Frage, was das für die Erwachsenenbildner bedeutet. Wie verändert sich ihre Arbeit? Welche betriebswirtschaftlichen Kompetenzen benötigen sie? Die Antworten auf diese Fragen werden in den Kapiteln 6 und 7 gegeben.
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