Einleitung
Gallien bis zur Mitte des 1. Jh. v. Chr.
Das Gebiet, das vom Rhône-Ufer, der Mittelmeerküste, den Pyrenäen, der Atlantikküste, dem Rhein und dem Juragebirge begrenzt wird und den Namen Gallien trug, war in vorrömischer Zeit ebenso wenig wie Germanien von homogenen Stämmen bewohnt, die sich womöglich selbst als eine Einheit betrachtet hätten. Vielmehr lebten dort verschiedene Kulturen zusammen, die zu verschiedenen Zeiten dort aufgetaucht waren und sich mehr oder weniger vertrugen.
Die älteste nachweisbare Bevölkerungsgruppe waren die Ligurer. Ab etwa 600 v. Chr. wanderten von Norden her keltische Stämme nach Gallien ein und verbreiteten sich unter Verdrängung der Ligurer nach Süden und kleinerer iberischer Stämme nach Südwesten. Zur gleichen Zeit kam es zu später bedeutenden Stadtgründungen im Rahmen der griechischen Kolonisation an der Mittelmeerküste. So entstand als Tochterstadt der Phokaier aus Ionien Massilia (Marseille), von wo aus wiederum Nikaia (Nizza) und Antipolis (Antibes) gegründet wurden.
Die keltische Wanderung aber war noch nicht zu Ende, und um 400 wanderten gallische Stämme nach Osten und nach Italien ein. 387 belagerten und eroberten sie unter ihrem König Brennus die Stadt Rom außer dem Capitolium. Damals setzten sie sich in Oberitalien fest. Dieses Gebiet wurde um 200 v. Chr. von dem expandierenden Rom eingenommen. Die Römer errichteten die Provincia Gallia Cisalpina/Citerior, das Diesseitige Gallien. Die benachbarten, in den Alpen wohnenden Gallier waren Rom wohlgesonnen. Sie leisteten gegen den durchziehenden Hannibal und das karthagische Heer massiven Widerstand, und speziell Massilia unterstützte Rom im Zweiten Punischen Krieg.
Dafür half Rom zwei Generationen später nach einem Hilferuf 154 v. Chr. dieser Stadt gegen Angriffe der Deciaten und Oxybier. Das dabei von Konsul Q. Opimius eroberte Gebiet fiel an Massilia, ohne dass Rom etwas davon beanspruchte. Einen erneuten Hilferuf sandte Massilia 125 gegen die Bedrohung durch den Stamm der Salluvier.
Daraufhin besiegten Fulvius Flaccus und Sex. Calvinus die Salluvier und zerstörten deren Hauptort Entremont. Im gleichen Jahr gründeten sie als Zentrum des nunmehr römisch dominierten Gebietes an der Mittelmeerküste, das auch den Durchzug von Italien nach Hispanien gewähren sollte, die Stadt Aquae Sextiae (Aix-en-Provence). 122 besiegte der römische Feldherr Cn. Domitius Ahenobarbus die Allobroger nahe deren Hauptort Vienne, im folgenden Jahr schlug Q. Fabius Maximus den Arverner-König Bituitus. Daraufhin besetzte Rom das Gebiet von den Pyrenäen bis zum Rhônetal. 118 wurde die Colonia Narbo Martius (Narbonne) gegründet, nach welcher später die Provinz benannt wurde.
Gestört wurde die Herrschaft der Römer ein Jahrzehnt später durch den Einfall der germanischen Kimbern und Teutonen in das Römische Reich und nach Gallien. Dies nahmen die Volcae Tectosagen und die Helvetier zum Anlass für Kämpfe gegen die Römer, in welchen die Helvetier das Heer des Cassius Longinus besiegten. 105 schlugen die Kimbern ein römisches Heer unter Mallius Maximus bei Arausio. Die Germanen wurden allerdings von dem Feldherrn und mehrfachen Konsul C. Marius besiegt, die Teutonen bei Aquae Sextiae 102 und die Kimbern im folgenden Jahr bei Vercellae. Danach errichtete Rom im Süden Galliens die Provincia Narbonensis, die in der Folgezeit von den römischen Statthaltern gnadenlos ausgebeutet wurde. So klagten die Allobroger Fonteius und im Jahr 63 C. Calpurnius Piso in Rom wegen Amtsmissbrauchs an, nachdem es in der Amtszeit des Letztgenannten bereits zu Aufständen gekommen war.
Gallien war in dieser Zeit vor allem von drei Kulturen geprägt: von der griechischen, was sich z. B. in der Verwendung der Schrift manifestierte, von der römischen besonders im Handel mit Wein, Sklaven und Metall, aber auch im Münzwesen, und von der keltischen, deren charakteristische, oppida genannten Siedlungen sich bereits in Richtung Urbanisierung entwickelten.
Einige größere Stämme bestimmten vor allem die politische Entwicklung: die Arverner, Sequaner und Haeduer, die durchaus in Konkurrenz zueinander standen. Die Sequaner verbanden sich mit dem mit mehreren germanischen Stämmen aus dem Osten eingewanderten Suebenkönig Ariovist und besiegten mit ihm in der Schlacht bei Admagetobriga die Haeduer, mussten dafür jedoch selbst an diesen Gebiete abtreten. Rom stellt sich, mit innenpolitischen Problemen beschäftigt, zunächst gut mit Ariovist, suchte aber auch die Freundschaft zu den Haeduern, da sie die gefährlichsten Feinde der zur Auflehnung neigenden Arverner waren.
In dieser Gesamtlage Galliens machte sich zum letzten Mal ein keltischer Stamm zur Auswanderung auf den Weg: die Helvetier. Die Vorbereitungen zum Aufbruch hatten sie unter ihrem Häuptling Orgetorix getroffen. 58 verließen sie ihr bisheriges Siedlungsgebiet, und ihr Versuch, unterwegs römisches Hoheitsgebiet zu durchqueren, bot Caesar den Anlass zum Beginn des Gallischen Krieges. Dies leitete das Ende der Unabhängigkeit Galliens ein.
C. Iulius Caesar – sein Leben bis zum
Beginn des Gallischen Krieges
Iulius Caesar wurde am 13. Quinctilis, dem später nach ihm benannten Juli, im Jahre 100 v. Chr. geboren. Er entstammte einer der vornehmsten Patrizierfamilien der Stadt, die ihre Abkunft auf die Göttin Venus und auf römische Könige zurückführte. Gleichwohl hatten bisher eher wenige Iulier die politische Laufbahn eingeschlagen. Im Jahre 85, dem Jahr, in welchem sein Vater starb, erhielt Caesar die toga virilis. 84 heiratete er Cornelia, die Tochter Cinnas, des Gesinnungsgenossen und Nachfolgers von C. Marius, wodurch er mit der Partei der Popularen in Verbindung stand. Im folgenden Jahr wurde die gemeinsame Tochter Iulia geboren. Als er sich während der Diktatur des Optimaten Sulla weigerte, sich von Cornelia zu trennen, wurde er geächtet und zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Von 81 bis 78 leistete er Kriegsdienst in der Provinz Asia, nahm an der Eroberung Mytilenes teil und verdiente sich in Kilikien die Bürgerkrone. Nach Sullas Abdankung kehrte er 78 nach Rom zurück. 75 unternahm Caesar eine Reise nach Rhodos; er wurde unterwegs von Seeräubern entführt und erst gegen Lösegeld freigelassen.
Im Jahre 74 nahm er in der Provinz Asia am Dritten Mithridatischen Krieg teil, danach begann er seine öffentliche Laufbahn in Rom: 73 wurde er zum Pontifex gewählt, 72 war er Militärtribun, 69 Quästor in der Provincia Hispania Ulterior. In diesem Jahr starb Cornelia. 67 heiratete er zum zweiten Mal, und zwar Pompeia, von welcher er sich aber bereits 61 wieder scheiden ließ. Während der Catilinarischen Verschwörung im Jahre 63 plädierte er in einer Senatsrede für einen nachsichtigen Umgang mit den Verschwörern. Die betreffende Rede hat der Historiker und Caesarfreund C. Sallustius Crispus überliefert und dem noch relativ jungen Caesar damit ein bis heute eindrucksvolles Denkmal gesetzt. 65 wurde Caesar kurulischer Ädil, 61 Prätor. Als Proprätor war er Statthalter in der Provinz in Hispanien, in welcher er auch als Quästor gedient hatte. Mit dem zur damaligen Zeit profiliertesten römischen Feldherrn Pompeius und einem der reichsten Römer, M. Licinius Crassus, schloss Caesar im Jahr 60 ein Bündnis in der Absicht, zu dritt die römische Politik vollständig zu bestimmen, das Erste Triumvirat (dessen Fortsetzung im Jahre 56 noch einmal beschlossen wurde). Um sich rechtzeitig für das Konsulat im kommenden Jahr bewerben zu können, verzichtete Caesar auf einen Triumphzug, auf dessen Genehmigung er vor der Stadtgrenze Roms hätte warten müssen. Daraufhin wurde er 59 Konsul zusammen mit M. Calpurnius Bibulus, den er politisch ausschaltete. Während Caesar selbst Calpurnia heiratete, heiratete seine Tochter Julia seinen politischen Verbündeten Pompeius.
Nach Beendigung seines Konsulats wurden ihm aufgrund der Unterstützung von Pompeius als Prokonsul die wichtigen Provinzen Illyricum, Gallia Cisalpina/Citerior (Diesseitiges Gallien) und Gallia Narbonensis, zunächst auf fünf Jahre, zugesprochen. Das Diesseitige Gallien war reich an Soldaten, die Gallia Narbonensis und Illyrien boten durch ihre Grenzlage die Möglichkeit militärischer Profilierung. Dass er seinen geplanten Eroberungskrieg im Westen führen würde, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, denn auch die Eroberung Dakiens an der Donau hätte ihn zu den gesteckten Zielen führen können.
Caesars Commentarii
Als Prokonsul kümmerte sich Caesar um eine der drei ihm zugewiesenen Provinzen ganz besonders, nämlich die Provincia Gallia Narbonensis, von der ausgehend er das bis dahin noch freie Gallien eroberte. Dabei schuf er sich ein ergebenes Heer, das auch nach seiner willkürlichen Vergrößerung durch Caesar noch vom Staat besoldet wurde und das ihm den Rückhalt verschaffte, sich gegen die inzwischen erworbenen politischen Feinde durchzusetzen, und ein enormes Vermögen, das Caesar nach dem Urteil mancher Historiker vor allem zur Bezahlung der während seiner...