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HPLC-GC-Kopplung in der Praxis: Grundlagen, Applikationsbeispiele und Ausblick
Marco Nestola, Erik Becker
2.1 Einleitung
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Online-Verbindung der chromatographischen Trenntechniken HPLC und GC. In Zeiten von UHPLC, Mikro- und Nano-LC und den damit verbundenen immer kürzeren Analysenlaufzeiten wird eine effektive Probenvorbereitung immer wichtiger. Nicht selten ist sie der zeitlimitierende Faktor und entscheidend für Probendurchsatz, Genauigkeit und Empfindlichkeit des Prüfverfahrens. Festphasenextraktion (SPE), Dünnschicht- oder Säulenchromatographie sind oftmals Bestandteil der Probenaufarbeitung. Ihnen ist gemein, dass die Trennung der Analyten von der Probenmatrix zumeist an kieselgel- oder polymerbasierten Materialien stattfindet. Vergleichbare Sorbentien werden aber auch in HPLC-Säulen als stationäre Phase verwendet. Es liegt demnach nahe, diese Aufreinigungsschritte durch eine analytische HPLC zu automatisieren. Dies kann prinzipiell auf zwei verschiedene Arten stattfinden, der Offline- sowie der Online-Technik. Bei der Offline-Technik werden die entsprechenden Fraktionen nach der HPLC-Trennung entweder manuell oder automatisch gesammelt und dann weiter verwendet. Ein Beispiel dafür stellt die automatisierte Gelpermeationschromatographie (GPC) zur Aufreinigung fetthaltiger Proben im Bereich der Pestizid- und Kontaminantenanalytik dar. Nach Injektion des Probenextraktes auf die GPC-Säule wird zeitgesteuert über einen Fraktionssammler die gewünschte Fraktion aufgefangen. Nachteilig an diesen Offline-Ansätzen ist, dass die erhaltene Fraktion verdünnt vorliegt und daher meist aufkonzentriert oder umgelöst werden muss. Selbst nach der manuellen Aufkonzentrierung wird nur ein kleiner Teil der Probe ins analytische System, z. B. LC oder GC, injiziert. Bei diesen Prozessen ist die Gefahr einer Kontamination nie gänzlich auszuschließen. Online-Kopplungen transferieren hingegen die gesamte aufgereinigte Fraktion und können so bessere Empfindlichkeiten erreichen bei verringerter Gefahr von Kontaminationen.
Besonders die Kopplung zwischen analytischen HPLC-Systemen und nachgeschalteter gaschromatographischer Trenntechnik erlebt jüngst eine Renaissance. Die Idee der Online-HPLC-GC-Kopplung ist nicht neu: Bereits Anfang der 1980er-Jahre wurden erste Versuche auf diesem Gebiet unternommen. Die Verbindung dieser zwei Trenntechniken ist keinesfalls zufällig gewählt. Die Vorteile lassen sich kurz zusammenfassen:
- hohe Kapazität/Beladbarkeit der HPLC
- hohe Trennleistung der GC, schnelle Chromatographie (Fast-GC)
- automatisierte Probenaufreinigung
- Minimierung von Analytverlusten
- Minimierung von Verschleppungen oder Carry-Over
- Empfindlichkeitssteigerung durch Transfer kompletter Fraktionen
- kein Eindampfen oder Umlösen erforderlich (Verringerung der Gefahr möglicher Abbauprodukte oder Verunreinigungen)
- Wiederfindungen in der Regel höher
- höherer Probendurchsatz
Die HPLC ist in der Lage wesentlich größere Probenmengen zu verarbeiten als dies ein GC-basiertes Verfahren leisten könnte. Weiterhin sind in der HPLC weitaus effektivere Aufreinigungen möglich als in der GC. Hochmolekulare Probenbestandteile, die ein GC-System massiv stören, sind in der flüssigen Phase meist kein Problem. Die zahlreichen HPLC-Trenntechniken (Normalphase, Umkehrphase, Größenausschluss) liefern zum Teil orthogonale Ergebnisse im Vergleich zur Gaschromatographie auf den üblichen Trennsäulen. Im Gegensatz dazu ist in der GC im Vergleich zur konventionellen HPLC eine signifikant höhere Trennleistung erzielbar. Auch die wesentlich flexibleren und universelleren Detektoren sind sehr vorteilhaft. Die HPLC kann demnach als Probenvorbereitung für die GC verstanden werden.
Ein Applikationsbeispiel, auf Grundlage der HPLC-GC-Kopplung, stellt die Bestimmung von Mineralölkontaminationen in Lebensmitteln und Verpackungen dar (siehe Abschnitt 2.17). Bei dieser Applikation werden die Vorteile einer direkten Kopplung beider Trenntechniken schnell deutlich: Auf Basis der Normalphasen-HPLC wird durch die Verwendung einer Kieselgelsäule die Möglichkeit eröffnet, aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe voneinander und zudem von Matrixbestandteilen, wie z. B. großen Mengen an Triglyceriden, abzutrennen. Für eine Quantifizierung wird jede Kohlenwasserstofffraktion separat über eine kurze unpolare GC-Trennsäule weiter aufgetrennt und über einen Flammenionisationsdetektor (FID) detektiert. Der FID hat den enormen Vorteil gegenüber vielen Detektoren, dass ihm ein Quasi-Einheitsresponse zugrunde liegt und daher ohne aufwendige Standardkalibration oder bei Fehlen eines geeigneten Standards eine Quantifizierung ermöglicht wird. Kein Detektor in der HPLC bietet diese Möglichkeit.
Bis dato wurde diese Technik stets als zu komplex und fehleranfällig dargestellt. Es ist unbestritten, dass die Kopplung zweier komplexer Analysetechniken eine intensive Einarbeitungsphase beim Anwender voraussetzt. Dennoch hat sich gezeigt, dass bei gebührender Sorgfalt ein HPLC-GC-System in einem Dienstleistungslabor im Hochdurchsatz robust eingesetzt werden kann. Die Vorteile der minimierten Probenvorbereitung, die in vielen Applikationen nur noch aus dem Einwiegen der Probe besteht, überwiegen deutlich. In Zeiten, in denen immer mehr Proben in immer weniger Zeit analysiert werden müssen, ist eine Technik, die manuelle Vorarbeiten an der Probe auf ein Minimum reduziert und maximale Automatisierung bietet, von großem Interesse in vielen Institutionen.
Von zentraler Bedeutung bei der Kopplung dieser beiden Systeme ist die Transfertechnik. Die aufgereinigten Probenextrakte, d. h. Fraktionen der injizierten Probe müssen quantitativ von der HPLC in den GC transferiert werden, um analysiert werden zu können. Nicht selten sind dies Volumina zwischen 100 μL und 1 mL in verschiedensten Lösungsmittelgemischen. Verglichen mit einer in der Gaschromatographie üblichen 1 μL-Injektion stellt dies ein hundert- bis tausendfach größeres Volumen dar. Effiziente Techniken zur Lösungsmittelverdampfung in Echtzeit sind daher erforderlich. Die bekannten Verfahren werden im Folgenden dargestellt und die jeweiligen Vor- und Nachteile kurz dargelegt.
Dieses Kapitel soll dem Anwender eine kompakte Einleitung in die Fachthematik der HPLC-GC-Kopplung liefern, ohne dabei alle Prozesse allzu tief zu erklären. Die Anforderungen an die Gerätetechnik sowie Fallstricke an wichtigen Bauteilen wie Autosampler, HPLC und GC werden offengelegt. Hauptaugenmerk wird auf praktischen Tipps und Hilfestellungen liegen, um effektiv mit Online-HPLC-GC-Systemen arbeiten zu können.
2.2 Allgemeiner Aufbau
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, wurde die Kopplung aus HPLC und GC bereits Anfang der 1980er-Jahre angegangen. Besonders Konrad Grob und sein Team im Kantonalen Labor Zürich in der Schweiz haben diese Kopplungstechnik vorangetrieben. Zahlreiche internationale Veröffentlichungen und dezidierte Fachliteratur sind aus diesen Arbeiten entstanden. 1989 hat das Unternehmen Carlo Erba (später Thermo Scientific) sich der HPLC-GC-Technik angenommen und ein eigenständiges Produkt, den Dualchrom 3000, entwickelt. Es stellte die erste Komplettlösung aus Hard- und Software auf diesem Gebiet dar und war die instrumentelle Grundlage für unzählige internationale Veröffentlichungen unterschiedlichster Autorenteams aus ganz Europa [1–3]. Im Wesentlichen bestand der Dualchrom aus einer HPLC-Spritzenpumpe, mehreren 6- oder 10 Port-Ventilen, einem GC-System mit On-Column-Injektor sowie wählbaren analogen Detektoren. In leicht veränderter Form wird dieses System heute unter dem Namen LC-GC 9000 von der Brechbühler AG aus der Schweiz vertrieben (siehe Abb. 2.1).
Anhand dieses Systems lässt sich der Weg der Probe sehr einfach erläutern: Der entsprechende Probenextrakt wird über einen Autosampler in ein übliches HPLC-Injektionsventil mit Probenschleife eingespritzt und gelangt von dort aus auf die HPLC-Säule. Hier findet eine mehr oder weniger grobe Trennung eines komplexen Stoffgemisches statt. Bestimmte Fraktionen, die die Zielanalyten enthalten, werden durch ein Transferventil online, d. h. direkt über ein geeignetes Interface, in einen Gaschromatographen geführt. Die Lösungsmittelverdampfung ist bei diesem System mittels On-Column-Injektor realisiert, kann aber auch durch andere Verfahren, wie einen PTV, erfolgen. Ein drittes Ventil am System ist notwendig, um die HPLC-Säule rückspülen zu können. Die aufkonzentrierte Fraktion wird im GC weiter aufgetrennt und mittels frei wählbarer Detektoren (z. B. FID) quantifiziert.
Abb. 2.1 Allgemeiner Aufbau eines LC-GC-Systems (LC-GC 9000 der Brechbühler AG)
Der eigentliche Transfer einer Fraktion von der LC in den GC kann zeit- oder signalgesteuert erfolgen. Die einfachere Variante besteht darin, innerhalb eines fest eingestellten Zeitfensters die gewünschte Fraktion zu überführen (siehe Abb. 2.2).
Eine dynamische, signalgesteuerte Variante bedient sich eines HPLC-Detektors. Der Transfer der Fraktion wird eingeleitet, sobald entweder ein bestimmter...