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Der Hund im Hoch- und Spätmittelalter

Status, Prestige, Symbolik

AutorHeiko Schnickmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl71 Seiten
ISBN9783640808663
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,7, Bergische Universität Wuppertal (Historische Seminar), Sprache: Deutsch, Abstract: Die bisherige wissenschaftliche Forschung hat sich immer über die differenzierte Symbolik des Hundes gewundert. Die Arbeit zeigt auf, dass diese Symbolik ohne die Realität, wie sie sich uns zeigen, nicht verstanden werden kann. Die in der Arbeit gemachte Differenzierung zwischen Jagdhund, Wachhund, Schoßhund und halterlosem Hund sorgt erstmals für ein ausgewogenes Bild der wirklichen Hunde. Durch die Verbindung mit der Symbolik und dem Wert, der diesen Hunden zugesprochen wird, basierend auf Quellen der Geschichtsschreibung aber auch der fiktiven Literatur, der Rechtsprechung und nicht zuletzt der Kunst, kann weiter gedacht werden.

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Leseprobe

I. Die Realgeschichte des Hundes


 

Unter „Realgeschichte" soll zunächst auf das eingegangen werden, was gemeinhin als „Wirklichkeit" bezeichnet wird. „Wie war es nun wirklich?", ist eine Frage, die man oft hören kann. Da Geschichte aber immer nur eine Rekonstruktion dessen sein kann, was wir aus Hinterlassenschaften deuten, muss man diese Hinterlassenschaften auswählen. Im folgenden Kapitel geht es daher um Knochenfunde, Grabsteine, Inschriften, Geschichtsschreibung und andere Arbeiten, denen kein unmittelbarer fiktiver Charakter zugesprochen werden kann.

 

a. Von den Anfängen bis in das römische Kaiserreich und die außerrömische Welt


 

Ohne Zweifel ist der Hund das älteste Haustier der Menschen[17]. Zusätzlich stellt seine Domestikation einen Sonderfall dar, weil sie nicht dazu diente, den Hund als Nahrungs- oder Kleidungsquelle zu nutzen, sondern der Hund Hilfe und Unterstützung sein sollte, um den Menschen in den Besitz dieses Materials zu bringen[18]. Darüber hinaus entwickelte sich ein enges Verhältnis, dass nicht nur das Mittelalter prägte. Es scheint daher ratsam in einem weit zurückführenden Abschnitt das europäische Verhältnis zwischen Hund und Mensch näher zu beleuchten.

 

1. Vor- und Frühgeschichte


 

Die Domestikation des Wolfs führte zur Erschaffung des Hundes[19]. Diese scheinbar zur Allgemeinbildung gehörige Feststellung ist bis vor wenigen Jahren noch nicht allzu klar gewesen und wird auch noch heute durchaus angezweifelt[20]. Folgt man dieser Richtung, die in den fünfziger Jahren unter anderem auch von Konrad Lorenz vertreten wurde[21], stammt der Hund nicht vom Wolf ab, sondern eher vom Schakal. Auch im Standardwerk zur Geschichte der Haustiere von Frederick Zeuner, kann gelesen werden[22], dass der Hund sowohl vom Schakal als auch vom Wolf abstammen könne. Heute allerdings gilt durch Genanalysen als bewiesen, dass der Wolf der Vorfahr des Hundesist[23].

 

Was aber macht den Wolf für den Menschen zu einem Tier, das als Haustier gehalten werden konnte? Eine allgemein akzeptierte Theorie, die in der Forschungsliteratur von den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit rezipiert wird, ist die Vermutung, dass Wolf und Mensch die gleiche Art der Jagd aufwiesen[24]. Sowohl Wolf als auch Mensch waren bei ihrer Suche nach Nahrung der potenziellen Beute körperlich, etwa in Kraft oder Geschwindigkeit, unterlegen. Das zwang beide zur Kooperation mit anderen Wölfen bzw. Menschen[25]. Dem Menschen ist diese Symmetrie im Jagdverhalten jedoch nicht sofort aufgefallen, belegen archäologische Funde doch, dass der Mensch zunächst auch den Wolf jagte, um diesen als Nahrung zu nutzen. So zeigen Knochenfunde aus dem chinesischen Ort Choukoutien bei Peking, dass der Wolf vor 500.000 Jahren durchaus noch zur Jagdbeute des Menschen gehörte, wie sich an Hand von Bissspuren auf den Knochen nachweisen lassen konnte[26]. Das gleiche Verhalten des Wolfs bei der Jagd scheint im Menschen dafür gesorgt zu haben, dass er schließlich Wolf und Mensch als gleichrangig und geistesverwandt ansah.

 

Für das Zeitalter des Jungpaläolithikums (40.000 - 13.000 v. Chr.) kann nachgewiesen werden, dass eine Zähmung des Wolfes stattgefunden hat[27]. Eine neuere Untersuchung hat sogar bereits dezidiert nachgewiesen, dass Hunde in Mitteleuropa für diesen Zeitraum existierten. An Hand eines Kieferknochen konnte belegt werden, dass es sich um einen Hund gehandelt haben muss[28]. In Israel wurde ein 12.000 Jahre altes Grab untersucht. Der Bestatteten wurde auch ein Hund mit ins Grab gegeben. Auf Grund des Alters des Hundes, das auf nur wenige Monate geschätzt wird, ist nicht klar, ob es sich überhaupt ein domestiziertes Tier handelt, doch die Geste - die Bestatte hält den Hund im Arm [29]- und auch die oben angeführte Untersuchung lässt dies vermuten. Ältere Literatur erwähnt zudem Knochenfunde aus der nordamerikanischen Jaguar Cave im Bundesstaat Idaho[30], wonach auch diese Knochen 10.000 Jahre alt sein sollen. Schwartz aber erwähnt, dass durch eine im Jahre 1987 stattgefundene Radiokarbonanalyse das Alter auf 3500 Jahre zurückdatiert werden musste[31]. Auffallend an diesen Hunden jedoch ist die Tatsache, dass es wesentliche Größenunterschiede zwischen den Knochen der ausgewachsenen Tiere gibt. Zwei Hundearten konnten so ausgemacht werden[32]. Neben dem erwähnten Hundefund sind auch in Europa weitere Gräber belegt. So ist ein Grab, dass um 12.000 v. Chr. datiert wird, bei Bonn gefunden worden[33]. In dem Zeitraum zwischen 500.000 und 12.000 Jahren vor unsere Zeitrechnung muss die

 

Domestikation des Hundes stattgefunden haben, ein Ereignis, dass Lorenz als „Epoche machend" bezeichnete[34]. Zwei Theorien probieren dieses Ereignis zu erklären. Die erste Theorie geht davon aus, dass der Wolf auf der Suche nach Nahrung dem Abfall produzierenden Menschen folgte und sich so im Laufe der Zeit allmähliche selbst domestizierte[35]. Die zweite Theorie hingegen, geht von einem gezielten Akt des Menschen aus, der sich Welpen des Wolfs, vielleicht sogar die Jungen einer erlegten Wölfin, ergriff, sie nicht tötete, sondern sie mitnahm, und sich so diese Beziehung entwickelte[36].

 

Nach der Neolithischen Revolution wurde auch bald die Zucht von Tieren erprobt und damit auch die des Hundes, was durch Funde von Hundeknochen verschiedener Größe bestätigt wird[37]. Erste historisch belegte, systematische Zucht jedoch kann erst in den frühen Hochkulturen nachgewiesen werden[38].

 

2. Die frühen Hochkulturen


 

Erste Abbildungen von Hunden, die ohne Zweifel zur selben Art gehören, aber unterschiedlichen Rassen zugeordnet werden und sich dem Aussehen nach vom Wolf unterscheiden, finden sich im Alten Ägypten, so zum Beispiel auf einer Stele des Pharaos Antef aus der elften Dynastie (2020 - 1976 v. Chr.).[39] Diese auf dem Friedhof El Taraf gefundene Stele zeigt deutlich drei Hunde. Im Gegensatz zum Wolf sind ihre Darstellungen dadurch abgegrenzt, dass ihnen eine wesentlich schlankere Figur zugesprochen wird und sie durch ein kurzes, glattes Fell auffallen[40]. Hinzu kommen Unterschiede zwischen den einzelnen Hunden, deren Namen überliefert sind[41], die darauf schließen lassen, dass es zwei unterschiedliche Rassen waren[42]. Ganz andere Hunde etwa finden sich in einem Grab aus Mereruka aus der sechsten Dynastie. Dort sind die Hunde mit Ringelschwanz dargestellt, was wiederum eine andere Hunderasse anzeigt[43].

 

Die Tatsache, dass die Hunde namentlich auf der Grabstele des Pharaos bzw. auf dem Grab von Chnumhoteps II.[44] genannt werden, zeigt wohl die Wichtigkeit, die diese Hunde für ihren Halter besessen haben. Auch in der Grabkammer des Pharaos Tutenchamun (1347 - 1337 v. Chr.) fand

sich ein ein goldener Fächer, der eine Jagdszene darstellt, zu der auch ein Hund gehört[45], der den Pharao als großen Jäger ausmacht. Auch die bereits erwähnten Hunde Pharaos Antefs können auf Grund der Darstellung und ihrer Namen, so trägt einer den Namen Gazelle, was wohl auf seine Schnelligkeit hinweist, als Jagdhunde identifiziert werden[46] .

 

Das Ägyptologische Museum der Universität Bonn zeigt in einer Vitrine mehrere Hundemumien[47]. Diese Mumien sind oft weniger als fünfzig Zentimeter groß, was als Hinweis darauf gelten kann, dass in dieser Zeit die Züchtung von Hunden bereits ein übliches Kulturgut war. Größe, Farbe und (Jagd-)Fähigkeiten wurden vornehmlich gezüchtet[48]. Daneben zeigt sich allerdings auch die besondere Bedeutung die Hunden aber auch Katzen, Ibissen und anderen Tieren zuteil wurde. Neben den Bestattungen der Tiere als Mumien im Grab eines Menschen wurden ihnen auch ganze Grabanlagen errichtete, wie etwa die in Saqqara[49]. Nicht nur der Tod, sondern auch Geburt und Aufzucht waren den Ägyptern wichtig. Für diese Aufgabe war für den Hund ein Ort mit Namen Kynopolis eingerichtet worden[50].

 

Nicht nur Ägypter waren mit dem Züchten und Halten von Hunden vertraut. Das British Museum in London zeigt ein Relief aus dem assyrischen Palast in Ninive aus der Mitte des 7. Jahrhunderts[51]. Darauf zu finden sind zwei die Zähne fletschende Hunde. Deutlich kann man ihre deutlich kürzeren Schnauzen und ihre bis an die Oberschenkel der Hundeführer reichende Höhe erkennen. Neben diesen Zuchtmerkmalen, kann man an diesem Bild auch Merkmale der Hundehaltung entdecken. So sind die Hunde muskulös und haben kein Übergewicht[52]. Das lässt auf eine ordentliche Ernährung und viel Bewegung schließen, die sie im Königspalast erhalten haben. Dieses wiederum war kostspielig und zeitintensiv. Das Bild, das einer ganzer Jagdszene entnommen worden ist, soll nicht nur das Jagdgeschick des Königs verdeutlichen, sondern auch seine Pracht und Macht ausdrücken. Dazu gehören wohl auch die Hunde, die er abbilden ließ.

 

Die Schulter eines anderen Hundes auf einer Terrakotta-Tafel reicht bis an die Taille des Führers heran, sein Kopf ist doppelt so groß wie der des Menschen neben ihn. Auf Grund seiner Masse scheint er weniger zur Jagd geeignet, als zum Kampf. Diese aus Indien stammenden Hunde waren Hunde, die im Krieg genutzt wurden[53]. Drei Hundefiguren zeigen denselben Typ Hund, allerdings mit einer...

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