Der LEH umfasst alle Geschäftstypen, die an den Endverbraucher verkaufen und deren Sortiment überwiegend aus Lebensmitteln und lebensmittelnahen Waren bestehen (Griepentrog 2003, S. 23). Auf die rund 82 Millionen Einwohner in Deutschland kommen rund 33,5 Millionen Haushalte (Statistisches Bundesamt 2004). Denen standen 2003 etwa 63.700 Geschäfte des LEH gegenüber (AC Nielsen 2004, S. 5). So steht etwa ein Händler des LEH 600 Haushalten gegenüber.
In diesem Kapitel wird zunächst der LEH in Deutschland dargestellt, um einen Überblick über die Branche zu geben und somit die Grundlagen dieser Arbeit darzustellen. Zunächst werden in Abschnitt 2.1 die Entwicklung des LEH in Deutschland dargestellt. Zusätzlich werden die Betriebstypen definiert und deren Entwicklung erläutert. In Abschnitt 2.2 wird die Struktur anhand der Unternehmenszugehörigkeiten beschrieben. In Abschnitt 2.3 werden die Veränderungen im LEH auf Händler- und Konsumentenseite betrachtet, sowie Prognosen für den LEH der Zukunft erläutert.
Die Darstellung des LEH in Deutschland erweist sich als problematisch, da die Daten von verschiedenen Marktforschungsinstituten, Forschungseinrichtungen und den statistischen Ämtern sehr stark differieren. Gründe dafür sind unter anderem unterschiedliche Definitionen der Vertriebswege sowie nicht berücksichtigte Vertriebswege bei den Erhebungen unterschiedlicher Einrichtungen. So fällt beispielsweise ALDI, aufgrund ihrer Weigerung zur Kooperation, sehr oft aus den Statistiken kommerzieller Marktforschungsinstitute heraus. Besonders bei Vergleichen ist deshalb zu Berücksichtigen, dass die Daten aus unterschiedlichen Quellen stammen können (Menrad 2001, S. 603).
Nach dem zweiten Weltkrieg war das LEH - Netz in Deutschland vollständig zusammengebrochen. Es entstanden Einkaufsgenossenschaften und große Unternehmensgruppen. Einige davon wurden nach dem Krieg aus vorher bestehenden Unternehmen wieder aufgebaut, andere entstanden neu. In den Folgejahren konnte der LEH ein stetiges Umsatzwachstum erzielen. Dies setzte sich auch nach der Wiedervereinigung bis 1991 fort, sowohl absolut als auch relativ zum privaten Verbrauch insgesamt. Seitdem hat sich das Bild jedoch gewandelt: Der Anteil des Einzelhandels am privaten Verbrauch sinkt seit Anfang der 90er Jahre zugunsten des Konsums von Dienstleistungen und Gütern für Freizeit, Urlaub, Wohnen und Verkehr auf nur noch 34 % im Jahr 1997 gegenüber 40% im Jahr 1991 (Deutscher Fachverlag 2001, S. 553).
Nach Angaben des Frankfurter Handelsforschungsinstituts M+M EURODATA erwirtschafteten die deutschen Lebensmitteleinzelhändler 2002 rund 201 Mrd. €. Der Umsatz mit Nahrungs- und Genussmitteln konnte 2002 um 3,7 % erhöht werden. So betrug dieser ohne ALDI rund 139 Mrd. € (M+M EURODATA 2003).
Dennoch geht die Anzahl der Geschäfte im LEH stetig zurück. Diese hat sich nach Angaben der Information Resources GfK, Nürnberg zwischen 1991 und 2003 um 30 % auf 57.305 Geschäfte verringert (Information Resources GfK 2003). Dem entspricht die Entwicklung der Beschäftigten: Sie sank im gleichen Zeitabschnitt von 508.900 auf 378.800. Der Umsatz je Beschäftigten konnte jedoch um 73 % gesteigert werden (Deutscher Fachverlag 2001, S. 279).
Die Umstrukturierung im LEH fand eine wesentliche Ursache in der Einführung der Selbstbedienung Mitte der 60er Jahre. Damit wurde weniger Personal benötigt, die Produktvielfalt nahm zu, und das vergrößerte Sortiment machte die Ausdehnung der Verkaufsfläche notwendig. Es entstanden neue Betriebstypen, die die Prinzipien der Selbstbedienung und Großflächigkeit mit einem konsequenten Niedrigpreismarketing verbanden. Vor allem der Betriebstyp des Lebensmittel - Discounters setzt sich durch. Der Marktanteil der Discounter konnte, bezogen auf die Verteilung der Betriebstypen, von 1 % (1975) auf 17 % (2001) erhöht werden (Deutscher Fachverlag 2001, S. 271). Der Begriff „Betriebstyp“ ist streng von der „Betriebsform“ zu unterscheiden. Die Betriebsform bezeichnet die Stellung in der Handelskette. So liefert der Großhandel beispielsweise an Wiederverkäufer, gewerbliche Verwender und Großverbraucher. Einzelhandelsbetriebe setzen Konsumwaren in haushaltsgerechten Kleinmengen an Letztverwender ab (Barth 1988, S. 58 f.).
Als Betriebstyp „bezeichnet man eine Kategorie von Handelsbetrieben mit gleichen oder ähnlichen Kombinationen von Merkmalen, die über einen längeren Zeitraum beibehalten werden. Durch die Wahl des Betriebstyps legt der Handelsbetrieb seine Struktur, sein Leistungsspektrum und seinen Marktauftritt fest“ (Leibmann 2001, S. 345). Der Betriebstyp ist somit das absatzpolitische Instrument des Handelbetriebs. Im folgenden werden die für diese Arbeit wichtigen Betriebstypen des LEH definiert.
SB-Warenhäuser sind „Einzelhandelsgeschäfte mit mindestens 5.000 m2 Verkaufsfläche, die ein breites, warenhausähnliches Sortiment des Lebensmittel- und Nichtlebensmittelbereichs in Selbstbedienung anbieten“ (AC Nielsen 2004, S. 13). Diese sind meistens in großen Städten an verkehrsgünstigen Stadtrandlagen angesiedelt und verfügen über ein Warensortiment von über 100.000 Artikeln (Kotler/Bliemel 2001, S. 1132). Die Prinzipien der SB-Warenhäuser sind durch geringe Personalkosten, durch wenig Beratung und durch das Anbieten von vornehmlich verpackter und problemloser Ware gekennzeichnet. Darüber hinaus wird durch die kostengünstigen Standorte aggressive Preispolitik betrieben (Blotevogel 2001, S. 4).
Verbrauchermärkte sind „große Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche zwischen 1.500 und 4.999 m². Sie besitzen ein breites, warenhausähnliches Sortiment des Lebensmittel- und Nichtlebensmittelbereiches, die in Selbstbedienung angeboten werden“ (AC Nielsen 2004, S. 13). Der Schwerpunkt liegt jedoch im Lebensmittelbereich. Die Betriebspolitik ist der des SB-Warenhauses identisch. Im Mittelpunkt steht die Standortnähe zum Verbrauchers, in Wohngebietslagen von größeren Städten und in Geschäftszentren. Der Standort ist meist autoorientiert, in Alleinlage oder innerhalb von Einzelhandelszentren (Arend-Fuchs 1995, S. 39 f.).
Kleine Verbrauchermärkte haben eine Verkaufsfläche zwischen 800 und 1.499 m² (AC Nielsen 2004, S. 13). Je nach Standort und Größe verfügen sie über eigene Parkplätze. Im Gegensatz zu großen Verbrauchermärkten sind diese meist wohnortnah zum Konsument positioniert (Blotevogel 2001, S. 4).
Supermärkte sind Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 und 799 m² (AC Nielsen 2004, S. 13). Das Sortiment besteht häuptsächlich aus Lebensmitteln. Teilweise wird auch ein Nonfood - Randsortiment geführt. Die Waren werden preisaktiv und in Selbstbedienung angeboten (Blotevogel 2001, S. 5). Die Standorte sind meist in Mittel- und Grundzentren gelegen, oft am Rand der gewachsenen Zentren, da meist ein Kompromiss zwischen Zentren- und Autoorientierung gefunden werden muss. Darüber hinaus können neue Standorte oft nur in Zentrenrandlage erschlossen werden. Tendenziell breiten sich Supermärkte auf Kosten kleinerer SB - Läden als Folge betrieblicher Konzentrationsprozesse aus; andererseits stehen sie in Konkurrenz zu Verbrauchermärkten (Arend-Fuchs 1995, S. 42 f.).
Lebensmittel-SB-Märkte haben eine Verkaufsfläche von 200 bis 400 m². Das Warensortiment umfasst Lebensmittel einschließlich Frischwaren und integrierte Nonfood Artikel in Selbstbedienung (Deutscher Fachverlag 2001, S. 447).
Lebensmittel-SB-Läden sind Selbstbedienungsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche unter 200 m². Diese werden auch als Nachbarschaftsgeschäfte bezeichnet (Deutscher Fachverlag 2001, S. 447).
Discounter sind Lebensmittel - Einzelhandelsgeschäfte, für deren Absatzpolitik das Discount- Prinzip (Niedrigpreise, begrenztes Sortiment) maßgebend ist, unabhängig von der Größe der Verkaufsfläche (AC Nielsen 2003, S. 13). Die Kosten werden durch wenig Personal und einfache Ladenausstattung niedrig gehalten. Die Standorte der Discountmärkte sind meist in...