KAPITEL 2
PERSÖNLICHE VORAUSSETZUNGEN FÜR DEN MEISTERMODERATOR
Als Moderator steht man – ob man möchte oder nicht – im Zentrum der Aufmerksamkeit, man ist Orientierungspunkt für die Teilnehmer der jeweiligen Veranstaltung. Dies gilt insbesondere für die folgenden drei Bereiche:
- Die kommunikative Ebene: Welche Sprache spricht der Moderator? Wie drückt er sich aus? Wie verständlich ist er?
- Die Leitungsebene: Wie stark lenkt er die Gruppe? Wo lässt er ihr welchen Freiraum? Wie geht er mit dem Faktor Zeit um?
- Die strukturelle Ebene: Welche Moderationswerkzeuge setzt der Moderator wann ein? Welche Arbeitsvorschläge macht er? Wie strukturiert und visualisiert er Arbeitsprozess und Arbeitsergebnisse?
Die kommunikative Ebene umfasst die Themen Sprache, Auftreten und Präsentations-Know-how. Für Moderatoren ist es wichtig, die klassischen Moderationstechniken im sprachlichen Bereich zu kennen. So muss er sich z.B. im Klaren darüber sein, welche Wirkungen unterschiedliche Aufgabenformulierungen und Fragearten entfalten.
Dabei geht es einerseits um die Fähigkeit, sich klar und verständlich auszudrücken (somit also um rhetorische Fähigkeiten).4 Andererseits hängt von der Formulierung nicht nur die Verständlichkeit, sondern auch das Ergebnis der Aufgabenstellung ab.
Praxistipp:
Nehmen wir den Fall an, dass es über längere Zeit einen stetigen Umsatzrückgang gegeben hat. Ein eintägiger Workshop wird einberufen, um über die Situation zu beratschlagen. Sie überlegen, die Themenbearbeitungsphase mit einer der folgenden Aufgabenstellungen einzuleiten:
- Bitte überlegen Sie, ob es Möglichkeiten gibt, den Umsatzrückgang aufzuhalten.
- Bitte überlegen Sie, welche Möglichkeiten es gibt, unseren Umsatz wieder zu steigern.
- Bitte finden Sie 3 unterschiedliche Ansätze, um unseren Umsatz nachhaltig/rasch zu steigern.
- Überlegen Sie das größte Hindernis zum jeweiligen Ansatz und dazu gleich zwei Möglichkeiten, diese zu überwinden.
Können Sie sich vorstellen, wie unterschiedlich die Teilnehmer an die Arbeit gehen werden?
Bei 1) wird sehr viel Energie dabei verloren gehen, alle Hindernisse und Probleme zu finden, die einer Veränderung entgegenstehen. Durch die Frage „ob“ ist ja für die Gruppe nicht gesichert, dass es überhaupt Lösungen gibt. Deshalb wird das vorerst einmal besprochen werden müssen.
Den „Umsatzrückgang aufhalten“ ist zudem eine defensive Schiene, auf welche die Teilnehmer gesetzt werden. Sie konzentrieren sich dabei auf die „Verhinderung“ von Schlechtem.
Hingegen ist die Fokussierung auf eine positive Verbesserung wie in 2) „Umsatz wieder zu steigern“ jene Stoßrichtung, die viel eher zu kreativen und umsetzbaren Ergebnissen führen wird.
Bei 3) wiederum gibt der Moderator mit „3 unterschiedlichen Ansätzen“ vor, dass es mehrere Lösungen geben wird. Das ist deshalb sehr sinnvoll, da viele Gruppen (noch vom Mathematikunterricht der Schule geprägt) nach der einen richtigen Lösung suchen. Nicht nur, dass so kreative Lösungen schwer zustande kommen, weil jede Lösung mit dem hohen Standard der einen richtigen Lösung verglichen wird - viele Gruppen hören automatisch nach dem ersten Lösungsansatz zu suchen auf. Dem wirkt diese Aufgabenstellung entgegen.
Zusätzlich bewirkt die erweiterte Aufgabenstellung bei 4), dass Hindernisse in der Gruppe nicht nur genannt werden (was meist ohnehin geschieht), sondern dass für diese im selben Zuge auch Lösungen entwickelt werden.
Auch die für jeden Moderator grundlegende Technik des Zusammenfassens erfordert eine hohe Kommunikationssensibilität, denn die einfach anmutende Technik erfordert es, in der Lage zu sein, aktiv zuzuhören, dabei die wesentlichen Punkte herauszuarbeiten, das Gehörte so zu formulieren, dass es für alle gut verständlich ist, es übersichtlich zu strukturieren und schlussendlich optimal zu visualisieren.
Auf der Ebene der Gruppenleitung geht es um die Frage, wie stark und auf welche Weise der Moderator die Gruppe lenkt. Hier ist nicht ein Lenken in eine bestimmte inhaltliche Richtung gemeint, sondern die Auswahl und der Einsatz der passenden Moderationswerkzeuge einerseits und die Herstellung produktiver Arbeitsbedingungen (Gruppengröße, Bereitstellung von Hilfsmitteln, Involvierung der Teilnehmer bei Ergebnispräsentationen) andererseits.
Auf der strukturellen Ebene geht es um die Frage, welche Moderationswerkzeuge der Moderator kennt, beherrscht und einsetzt. Zu den Werkzeugen gehört das Wissen um den Moderationszyklus und die für die jeweiligen Moderationsphasen passenden Arbeitsmethoden (Einstiegsmethoden, Ein- und Mehrpunktabfragen, Kärtchenmethoden, Kreativmethoden, Maßnahmenplan usw.). Ebenso geht es auf der strukturellen Ebene darum, wie der gesamte Arbeitsprozess gestaltet wird, wann welche Arbeitsmethoden und Übungen eingesetzt werden, ob und wann in Kleingruppen beziehungsweise im Plenum gearbeitet wird und wann und wie visualisiert wird. Auf diese Punkte werden wir ab dem Kapitel 2, „Moderationsphasen“ sehr detailliert eingehen.
Der Moderator hat darüber hinaus dafür zu sorgen, dass die für die Veranstaltung zur Verfügung stehende Zeit effizient genutzt wird, er ist also nicht nur Prozessbegleiter sondern auch Hüter der Zeit.
Ein Moderator besitzt im Idealfall also Wissen und Erfahrung zu den Themen Gruppendynamik, Lernpsychologie, Kenntnisse verschiedener Moderationsmethoden und Erfahrung in der Leitung von Individuen und Gruppen.
Im Folgenden setzen wir uns mit der kommunikativen Ebene und mit der Ebene der Gruppenleitung auseinander.
Gesprächslenkung in der Moderation
Als Moderator stellen Sie für alle Anwesenden einen Orientierungspunkt dar, Sie haben gewissermaßen Vorbildwirkung, auch und gerade auf kommunikativer Ebene. Wenn Sie einen Teilnehmer in seinem Wortbeitrag unterbrechen, werden auch Andere dies tun. Wenn Sie lange Monologe halten, ermuntern Sie die Teilnehmer zu ebensolchem Verhalten. Wenn Sie einem Teilnehmer nicht zuhören, werden Andere ebenso wenig zuhören.
Daher ist es wichtig, sich sehr bewusst auf die Teilnehmer zu konzentrieren, nachzufragen, zusammenzufassen und sowohl durch verbale als auch nonverbale Reaktionen zu zeigen, dass Sie auf sie eingehen. Diese Aufmerksamkeitsbereitschaft gibt den Teilnehmern die Möglichkeit, sich für ihre Statements beziehungsweise Antworten Zeit zu nehmen. Infolgedessen werden die Aussagen in der Regel präziser formuliert und die Zuverlässigkeit der Informationen wird erhöht. Gerade das Präzisieren von Aussagen ist ein essenziell wichtiges Element in jeder Besprechung um Missverständnisse möglichst auszuschließen und damit letztendlich Zeit zu sparen.
Darüber hinaus geht es darum, jene etwas zu bremsen, die sich sehr schnell, sehr oft und manchmal auch etwas lauter als Andere einbringen. Umgekehrt ist es ebenso Aufgabe des Moderators, zurückhaltende Teilnehmer mit ins Boot zu holen.
Dadurch stellt der Moderator ein Gleichgewicht in der Gesprächsführung her und bewahrt dieses – eine Grundvoraussetzung für eine positive Gesprächsatmosphäre und für produktives gemeinsames Arbeiten.
Für Moderatoren geht es also darum, einen Weg zu finden, den Gesprächsverlauf innerhalb der Gruppe dezent aber bestimmt zu lenken. Sehr einfache und effiziente Methoden dafür sind die sogenannten Spiegeltechniken und die Meta-Modell-Fragen. Erstere dienen vor allem der Gesprächslenkung, zweitere der Präzisierung und damit Vertiefung der Diskussionsbeiträge.
Spiegeltechniken
Als Moderator nehmen Sie im Idealfall eine neutrale Haltung sowohl den Teilnehmern als auch den Besprechungsthemen gegenüber ein. Diese Haltung zeigt sich auf sprachlicher Ebene vor allem auch durch den Gebrauch der sogenannten Spiegeltechniken. Man unterscheidet dabei zwischen dem Paraphrasieren, der Verbalisierung und Spiegelung von Gefühlen sowie der Synthese.
Paraphrasieren
Die Paraphrase ist wohl die klassische Moderationstechnik auf sprachlicher Ebene (sofern man im Sprachgebrauch überhaupt von Technik sprechen möchte). Dabei wiederholen Sie das Gehörte einfach mit Ihren eigenen Worten. Zusätzlich können Sie die Aussage verdichten, wobei Sie zu dem Statement des Teilnehmers Ihre eigene Meinung – im Sinne der Moderatorenneutralität – keinesfalls einbringen sollten.
Durch die Wiederholung (die Paraphrase) stellen Sie sicher, dass auch wirklich alle Teilnehmer die Aussage hören. Setzen Sie sie insbesondere dann ein, wenn jemand eine längere oder schwer verständliche Aussage tätigt oder wenn die Diskussion eher hitzig ist, durcheinander gesprochen wird und Sie die Situation wieder beruhigen wollen.
Gleichzeitig sichern Sie sich mit Hilfe des Paraphrasierens die Gesprächslenkung. Sobald Sie nämlich paraphrasieren, sind automatisch Sie am Wort und haben so die Möglichkeit, das Wort an jemand Anderen weiterzugeben, eine Frage ans Plenum zu richten, einen Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise zu machen usw.
Gefühle reflektieren
Wenn in der Diskussion Emotionen geäußert werden, können Sie diese in vorsichtiger Form ansprechen. Somit lenken Sie das Gespräch auf die Gefühlsebene, und zumeist ist diese die ausschlaggebendere Ebene, egal, ob Entscheidungen getroffen oder im Nachhinein begründet werden müssen.
Das Ansprechen von wahrgenommenen...