Philhellenismus war und ist immer noch ein faszinierendes Phänomen. Doch was ist so ergreifend an den Griechen und Griechenland selbst, das Hunderte von Wissenschaftlern dazu ermutigte, sich mit dieser Bewegung auseinanderzusetzen und anschließend ihre umfangreichen Arbeiten zu veröffentlichen? Die Antwort darauf wird uns mit der Klärung der Begriffe Philhellenismus und Antiphilhellenismus gegeben.
Der Philhellenismus ist der Begriff für die international übergreifende Erscheinung, eine neuhumanistische geistige Strömung, wobei keine spezifisch nationalen Ausprägungen im Vordergrund standen.[2] Am Anfang des
19. Jahrhunderts setzte sich der Philhellenismus aus einer idealisierenden Antikenrezeption und religiösen Motiven zusammen, die während des griechischen Freiheitskampfes (1821-1829) mit demokratisch-nationalen Sehnsüchten kombiniert wurden. Die öffentliche Sympathie Europas gegenüber den Griechen äußerte sich mit solcher Intensität, dass diese die engen politischen Grenzen der österreichischen Politik und des Status quo, aufgedrängt auf das ganze Gebiet Europas, weitläufig gefährdete.[3] Im Rahmen des Befreiungskampfes gewann der Begriff „Philhellen“ eine neue Bedeutung. Laut Dünki wurden als Philhellen einerseits diejenigen charakterisiert, die den Philhellenismus im Allgemeinen vertraten, und andererseits „die nach Griechenland fahrenden Freiwilligen, die die Aufständischen in ihrem Kampf direkt oder indirekt unterstützten“.[4]
Der Antiphilhellenismus hingegen war das Gegengewicht zum Philhellenismus. Zwar bedeutet der Begriff keineswegs eine positive Einstellung gegenüber den Türken, aber er wendete sich auch nicht offen gegen das griechische Volk oder Griechenland. Dennoch war der Antiphilhellenismus, mit den ständigen Bemühungen seiner Anhänger für die Beibehaltung der politischen Lage auf dem Gebiet des Osmanischen Reiches, eine Erscheinung die den griechischen Freiheitskampf definitiv behindern wollte. Die Antiphilhellenen handelten nicht aus Hass gegenüber den Griechen sondern viel mehr aus Angst, dass die beim Wiener Kongress (1814/1815) erstellte gesetzliche Ordnung umstürzen und eine neue Ära von revolutionären Ereignissen ihren Anfang nehmen könnte.[5] Nichtsdestoweniger blieb die Griechische Revolution als ein Ereignis in Erinnerung, das Begeisterung und Hilfsbereitschaft auslöste und immer noch mit dem Begriff des Philhellenismus fest verbunden ist.
Die Graecophilen betrachteten sich als Bewahrer und Vertreter der großen antiken griechischen Zivilisation. Gleichzeitig fühlten sie sich dazu berufen, den Nachkommen der Hellenen im Kampf um ihre Unabhängigkeit gegen das Osmanische Reich beizustehen. Mit dem Ausbruch des griechischen Freiheitskampfes im Jahre 1821 bot Europa den Griechen sofort seine aktive Unterstützung in unterschiedlicher Form an. Zeitungen veröffentlichten ausführliche Berichte, um die Öffentlichkeit zu mobilisieren, und die Aktivitäten zugunsten Griechenlands wurden immer umfangreicher.[6]
Bei den freiwilligen Philhellenen handelte es sich größtenteils um junge, gebildete Männer aristokratischer Herkunft mit einer guten militärischen Ausbildung, die sich entschlossen, den griechischen Befreiungskampf nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern aus purem Idealismus an der Revolution teilzunehmen und selbst in die Schlacht zu ziehen.[7] Dennoch war der Philhellenismus trotz einer Dominanz der oberen sozialen Schichten durch die Beteiligung aller Volksschichten eine Bewegung des Volkes.[8] Die Gründe dafür werden in den anschließenden Kapiteln aufgeführt.
Obwohl weder alle Namen noch die genaue Zahl der Philhellenen, die an der Seite des griechischen Volkes kämpften, bekannt sind, schätzen Wissenschaftler, dass es mehr als 300 solcher Fälle gab. Die meisten freiwilligen verfügten über einen militärischen Hintergrund kombiniert mit liberalen Idealen und stammten aus Deutschland, Frankreich, Italien, der Schweiz, Großbritannien, Ungarn, Polen, Holland, Schweden, Ägypten und einige sogar aus Amerika.[9] Doch im Gegensatz zu den Freiwilligen spielte die Stärkung der griechischen Moral, die durch die Beeinflussung der in Griechenland herrschenden ideologischen Wellen erreicht wurde, eine viel bedeutsamere Rolle. Unterstützenden Einfluss hatte zum Beispiel die Gründung von zahlreichen Druckereien und die Ausgabe von diversen Zeitungen,[10] von denen die berühmteste in Messolongi produziert wurde und ?? ???????? ??????? hieß.[11] Überdies waren die Philhellenen bei der Verfassung der ersten konstitutionellen Texte behilflich, meistens mit angloamerikanischen Grundlagen als Vorbild.[12] Schließlich wurden Krankenhäuser und andere gemeinnützige Einrichtungen errichtet.[13]
Gewiss hatte die Graecophilie auch ihre Schattenseiten. Zahlreiche Freiwillige betrachteten den griechischen Befreiungskampf als eine ausgezeichnete Möglichkeit, um Ruhm zu erlangen und sich zu bereichern. Die Tatsache, dass die Regierung Griechenlands die angebotene Hilfe mit der Zuteilung von Feldern zu belohnen versprach, führte dazu, dass Abenteuerlustige aus ganz Europa diese Chance ergriffen und aktiv am Freiheitskampf teilnahmen.[14] Mit dem Ziel ihre Pläne in die Tat umzusetzen nahmen diese die in Griechenland herrschenden bitteren Umstände in Kauf.[15] Der folgende Abschnitt, der aus dem Tagebuch einer solchen abenteuerlustigen Person stammt, belegt diese oben aufgeführte Tatsache:
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Beim Lesen des Textes fallen dem Leser unmittelbar zwei Besonderheiten auf: erstens, dass die griechische Regierung die Teilnahme an dem Befreiungskampf attraktiver gestalten wollte, und zweitens, dass die versprochenen Gegenleistungen, wie zum Beispiel die Zuteilung von Feldern und Grundstücken, der hohe Monatslohn oder die Offizierstellen nicht zu realisieren gewesen wären, da die damalige ökonomische Lage Griechenlands dies nicht erlaubte. Es kam also nicht überraschend, dass die bestehende Situation eine generelle Enttäuschung bei den abenteuerlustigen Philhellenen auslöste.
In der Folge trug auch die Vermittlung eines falschen Bildes über Griechenland, in der Zeit des Neuhumanismus, zu der Enttäuschung vieler Philhellenen bei. Ihre Erwartungen an die griechische Kultur, Philosophie und Literatur wurden nicht erreicht, da sie die Tatsache außer Acht ließen, dass das Griechentum fast 400 Jahre lang unter der Herrschaft von Osmanen keine Möglichkeit auf Bildung hatte. Die Konfrontation mit der Realität zwang viele dazu, nach kurzer Zeit in ihre Heimat zurückzukehren.
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Die Gründe dieser Unzufriedenheit und die Auswirkung auf die in Deutschland gebliebenen Philhellenen werden im Kapitel 5.4.3 näher...