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E-Book

Design Thinking im Unternehmen

Ein Workbook für die Einführung von Design Thinking

AutorIngrid Gerstbach
VerlagGabal Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783956233982
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Design Thinking ist keine Wunderwaffe für hippe Start-ups und Konzerne, die den Staub von ihren veralteten Prozessen blasen müssen. Design Thinking ist vielmehr eine einzigartige Problemlösungsstrategie, die Unternehmen vorwärts bringt. Gleichzeitig ist es ein Mindset, das die Probleme aus verschiedenen Winkeln betrachtet, um die wahren Bedürfnisse der Menschen zu treffen. Es ist ein Prozess, der den Fokus gleichermaßen auf das Problem und die Lösung legt. Design Thinker übertragen in einem mehrstufigen Prozess herkömmliche Lösungen auf andere Bereiche oder Themen. Sie ermitteln Bedürfnisse oder beobachten ein Problem, lösen es aus seinem Kontext und nähern sich schrittweise dem Endziel. Das ist in einer komplexen Welt ein hilfreicher Ansatz. Scheinbar unüberwindbare Probleme wie Klimawandel oder Armut, aber auch die Entwicklung neuartiger Produkte, braucht solche Ansätze: erfinderisches Denken mit dem Fokus auf radikalem Kundennutzen bzw. Bedürfniserfüllung. So sichern sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorsprung.

Ingrid Gerstbach ist Expertin für Design Thinking und Innovationsmanagement, Wirtschaftspsychologin und Unternehmensberaterin. Sie sieht sich als Entwicklungshelferin für Unternehmen, um Innovationen, neue Erfolgspotenziale und nachhaltige Wertschöpfung zu ermöglichen.

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Leseprobe

Design Thinking als Teil der Unternehmenskultur: Was Sie brauchen, um Design Thinking erfolgreich anzuwenden


Seitdem ich mich mit Design Thinking bzw. dem Design von Unternehmen beschäftige, hatte ich es mit ganz unterschiedlichen Unternehmen und Herausforderungen zu tun. In diesen nunmehr fast zehn Jahren habe ich eine Menge verschiedener Projekte geleitet und mehr als 1000 Führungskräfte ausgebildet, sowohl in kleinen Unternehmen als auch in großen, multinationalen Konzernen, im privaten wie im öffentlichen Bereich.

Dabei zeigte sich:

• Design Thinking hilft Unternehmen bei der Transformation, schärft die Strategie und macht Teams fit für unterschiedliche Herausforderungen des Arbeitsalltags.

• Design Thinking macht Menschen kreativ, ohne dass sie dabei die notwendige Professionalität aus den Augen verlieren, und stärkt dadurch die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens.

• Mehr und bessere Ideen in kürzerer Zeit zu generieren – indem mehr Menschen involviert werden, sodass die richtigen Dinge zur richtigen Zeit passieren –, das kann mit Design Thinking erreicht werden.

So unterschiedlich all die Unternehmen auf den ersten Blick sein mögen, die ich in den letzten Jahren betreut habe, so verbinden sie doch im Hinblick auf die Anforderungen an Design Thinking einige Aussagen:

– »Wir sind nicht anders genug. Wir schaffen es einfach nicht, innovativ zu sein.«

– »Wir stecken zu viel Zeit und Geld in Initiativen, die nicht funktionieren. Anscheinend interessiert all das unsere Kunden nicht.«

– »Wir schwimmen seit Jahren in derselben Suppe und irgendwie ändert sich so gar nichts. Wir brauchen einen neuen Anstoß.«

– »Der Markt, in dem wir agieren, ist schon lange gesättigt. Es ist sehr schwer, hier Wachstumsmöglichkeiten zu finden.«

– »Wie können wir Design Thinking in unsere risikoscheue, von Informationen und Daten abhängige Firma bringen?«

– »Wie können wir unsere Ängste überwinden und mehr experimentieren – dabei auch mal falschliegen – und stetig lernen in diesem Markt?«

Wenn Ihnen irgendeine dieser Aussagen bekannt vorkommt, dann werden Sie in diesem Kapitel sicherlich hilfreiche Gedanken und Methoden finden.

So entwickeln Sie eine Erfahrung, die den Bedarf Ihrer Kunden einzigartig erfüllt


Der Kaffeemarkt ist heiß umkämpft. Mit seinen bunten Kaffeekapseln und dazugehörigen Maschinen hat Nespresso dennoch einen Megatrend ausgelöst. In 270 sogenannten Boutiquen in 50 Ländern weltweit werden die Kapseln bereits vertrieben: Luxus für die Massen, George-Clooney-Feeling im Büro. Dabei war der Beginn alles andere als einfach und wahrlich kein innovativer Meilenstein!

Tatsächlich hätte das Desinteresse der Nestlé-Verantwortlichen anfangs auch nicht größer sein können. Zu Beginn wurde die Erfindung des Ingenieurs Eric Favre sogar noch belächelt! Ein System, das Wasserdampf mit Druck durch kleine Kaffeekapseln presst – keine Chance auf dem Markt, so hieß es. Zeitweise verboten seine Führungskräfte dem Ingenieur sogar, an dem Gerät weiterzuarbeiten. Favre hielt jedoch an seiner Idee fest und wurde 1986 vom Firmenchef schließlich beauftragt, das neu gegründete Unternehmen Nespresso zu managen. Von 2005 bis 2006 wuchs der Umsatz um 42 Prozent und betrug 2010 schon 3,2 Milliarden Schweizer Franken bei einem Verkauf von 4,8 Milliarden Kaffeekapseln1. Weltweit werden pro Minute ca. 12.300 Nespresso-Kapseln verbraucht.

Was steckt hinter dem Nespresso-Phänomen? Was ist passiert, dass Nestlé über Jahre hinweg einen solchen Markterfolg verzeichnen konnte? Kaffee ist das beliebteste Getränk weltweit. Im Jahr werden mehr als 400 Billionen Kaffee-Getränke konsumiert, Tendenz steigend2. Dank der Globalisierung gibt es auch einen Trend zu immer mehr und neuen Kaffeesorten. Der Besitz einer Espresso-Bar in den eigenen vier Wänden, um dort den perfekten Kaffee zu genießen, steht auf der Wunschliste vieler Menschen ganz oben.

Hier setzt Nespresso an – und verschafft seinen Kunden eine ganz besondere Erfahrung. Sie beginnt bereits beim Betreten einer sogenannten Nespresso-Boutique. Jeder, der sich für Design und für Kaffee interessiert, hat dort seine wahre Freude: Die bunten Kaffeekapseln sind perfekt in Szene gesetzt und neben Hightech-Maschinen als Teil eines einzigartigen Brühsystems wunderbar präsentiert. Ein sogenannter Coffee Ambassador unterstützt die Kunden bei der Auswahl ihres Kaffees, indem er sie den Kaffee so lange probieren lässt, bis sie ihre perfekte Mischung gefunden haben. Der Kauf einer Nespresso-Maschine ist der Startschuss für ein tägliches Kaffee-Ritual und eine Mitgliedschaft im Nespresso-Club. Mitglieder bekommen Zugang zu besonderen Angeboten und einem Kundenservice, der ihre Bestellungen gerne telefonisch oder in einer Boutique entgegennimmt. Auch der Umweltproblematik hat sich Nespresso angenommen und versucht, mit einem Kapsel-Recycling-Programm keine allzu großen ökologischen Fußabdrücke zu hinterlassen. Unter dem Strich: Nespresso bietet vom ersten Moment an eine außergewöhnliche Kundenerfahrung – vom ersten Besuch in der Boutique bis hin zur exklusiven Mitgliedschaft, bei der der Kunde und sein Bedarf im Vordergrund stehen.

Nespresso stellt sich damit in eine Reihe mit Erfolgsunternehmen wie Apple, Nike, Procter & Gamble, IKEA, Nintendo und vielen anderen. Wenn Sie all diese Unternehmen miteinander vergleichen, werden Sie drei Gemeinsamkeiten entdecken:

1. Diese Unternehmen haben ein ganzheitliches Verständnis vom Konsumenten und seinen wahren Bedürfnissen gewonnen.

2. Sie bieten eine Erfahrung, die den Bedarf der Kunden einzigartig erfüllt.

3. Ihre Strategie fokussiert sich darauf, die langfristige Vision zu erreichen.

Das alles sind Faktoren, die die Konkurrenten im Wettbewerb weit abhängen und einen sehr großen Vorsprung ermöglichen. Eine klare Strategie und ein dementsprechender Umsetzungsplan machen letztendlich den entscheidenden Unterschied aus. Unternehmen brauchen dazu nicht einmal besonders kreativ oder innovativ zu agieren.

Es geht einzig darum, den Fokus auf den Kunden und seinen Bedarf zu richten und dies zu einem unverrückbaren Baustein Ihrer Unternehmenskultur zu machen.

Die drei oben genannten Faktoren sollten als eine Einheit auftreten, um besonders effektiv zu sein. Es reicht nicht, wenn Sie zwar eine einzigartige Erfahrung anbieten, die aber dann doch nicht den Bedarf des Kunden erfüllt. Genauso wenig hilft es, sich zwar von der Konkurrenz abzugrenzen, aber die Strategie nicht konsequent zu verfolgen – selbst wenn Sie den Kunden in den Fokus stellen.

Unternehmen können diese drei Faktoren als eine Art Rahmen betrachten, der sie dabei unterstützt, ein tieferes Verständnis für den Bedarf des Kunden zu entwickeln, eine Erfahrung für den Nutzer zu schaffen, die für ihn von Bedeutung ist, und eine einfache Strategie zu erarbeiten, die mit klaren Umsetzungsschritten die Vision anvisiert und erreichbar macht.

In meiner Beratungsarbeit habe ich bereits mit großen Konzernen sowie mit kleinen Unternehmen durch das Zusammenspiel dieser drei Faktoren nicht nur Wachstum erreichen können, sondern auch langfristig zu einer neuen Innovationskultur beigetragen.

Empathie

Design Thinking beginnt und endet immer mit dem Menschen im Fokus. Es geht darum, wirklich zu verstehen, was der tatsächliche Bedarf Ihres Stakeholders ist, und den Menschen in seiner Ganzheit zu betrachten.

Dieses Verständnis trägt dazu bei, das »Missing link« zu finden zwischen dem, was der Nutzer wirklich braucht/ will, und dem, was gerade angeboten werden kann. Diese Lücke bietet eine Möglichkeit, für Menschen etwas zu entwickeln, das ihnen das Leben vereinfacht oder verschönt.

Marktforschung und quantitative Forschungen greifen dabei zu kurz. Diese Methoden eignen sich, wenn Sie gewisse Faktoren wie die Demografie oder die Gewohnheiten einer speziellen Stichprobe abfragen wollen, aber Sie werden dadurch niemals Empathie bzw. ein echtes Verständnis für die Bedürfnisse anderer aufbauen können.

Marktforschungsergebnisse werden Ihnen nicht verraten, welcher Motivation Ihre Kunden folgen, was diese tatsächlich brauchen. Wenn Sie Ihren Nutzer wirklich verstehen wollen, werden Sie nicht umhin kommen, ihn ganzheitlich zu betrachten und nicht nur das anzusehen, was er momentan konsumiert.

Wenn Sie den Betrachtungsradius ausweiten, anstatt ihn enger zu ziehen, werden Ihnen sofort neue Möglichkeiten und Wege begegnen, an die Sie anderenfalls kaum gedacht hätten.

Empathie ermöglicht Ihnen, die Rolle des Menschen im jeweiligen System zu betrachten und nicht nur den Konsumenten oder den Mitarbeiter in ihm zu sehen. Das wiederum erschafft ein neues Potenzial, Wertvolles für alle Stakeholder zu schaffen, die in diesem System agieren.

Dieser erste Faktor wird Ihr Repertoire um ein Vielfaches erweitern und vor allem neue Möglichkeiten sichtbar machen: In meiner Beratungstätigkeit erlebe ich immer wieder, wie die Menschen entdecken, dass sie das Problem vielleicht nicht richtig definiert haben oder dass sie wesentliche Teile übersehen haben. Deshalb hilft dieser Prozess auch enorm, das ganze Team zu mobilisieren und zu inspirieren. Er gibt den Menschen wieder einen Sinn für ihre Arbeit.

Das Konzept bzw. die bahnbrechende Idee

Um überhaupt neue Konzepte zu entwickeln, die das Potenzial haben können, den Markt zu revolutionieren, müssen Sie sich zunächst erlauben, neue Ideen zu...

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