Leseprobe eit vielen Jahren erstelle ich, Mike Morell, in meiner Tätigkeit als Heilpraktiker für meine Patienten Ernährungsempfehlungen, die im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungsweise die Behandlung unterstützen sollen. Sehr oft stellen die Patienten sich (und mir) dann die Frage, wie die Umsetzung dieser Empfehlungen erfolgen soll: Welche Lebensmittel und Gerichte können kombiniert werden, was eignet sich als Frühstück, was als Abendessen? Da ich als Heilpraktiker praktisch veranlagt bin, habe ich immer wieder Antworten auf diese Fragen gesucht, wollte die Theorie also in die Praxis umsetzen. Ein eher unbefriedigendes Unterfangen - bis ich den Sternekoch Christian Begyn bei einem seiner Kochkurse kennenlernte. Es stellte sich heraus, dass Christian Begyn ein halbes Jahr zuvor damit begonnen hatte, sich mit der Philosophie der Fünf Elemente auseinanderzusetzen, u. a., weil er auf gesunde Weise sein Übergewicht bekämpfen wollte. Selbst er als Profi (allerdings der westlichen Küche) wusste zu Beginn nicht genau, was er essen bzw. kochen dürfe; doch aufgrund seiner Erfahrung und seiner Freude am Kochen fand er recht schnell entsprechende Ansätze und Rezepte. Mit deren Hilfe konnte er die Ernährungsempfehlungen der Fünf-Elemente-Küche schmackhaft umsetzen - und 15 Kilo abnehmen, ohne auf seine gewohnt exquisite Küche zu verzichten! So fanden wir schnell ein gemeinsames Ziel: interessierten Hobbyköchen und auch Patienten der Traditionellen Chinesischen Medizin eine Hilfestellung in Form eines Kochbuchs anzubieten. Kein Kochbuch, das eine Therapie ersetzen soll, sondern ein Kochbuch als ständiger Begleiter in der Küche, als Nachschlagewerk und Anregung, mit köstlichen und leichten Gerichten für jeden Tag und jede Jahreszeit. Hauptanliegen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist die Erhaltung der Gesundheit. Konsequenterweise wurde im alten China der Hausarzt nur so lange bezahlt, wie sein Patient gesund blieb. Schon vor Jahrtausenden hat die TCM den Einfluss der Ernährung auf Gesundheit und Krankheit entdeckt. Eine gute, ausgewogene Ernährung, bei der alle Organe optimal mit den ihnen angemessenen Speisen versorgt werden, erhält die Gesundheit. Die theoretische Grundlage dieser Küche bildet die Lehre der Fünf Elemente. Die TCM hat daraus eine ganz eigene Ernährungslehre (Diätetik) entwickelt: Sie ist die Kunst, Krankheiten mit einer energetisch und jahreszeitlich angepassten Ernährung zu vermeiden. Für chinesische Ärzte gibt es daher keine Trennung zwischen medizinischer und Ernährungstherapie. So sind in China gute Therapeuten in aller Regel auch gute Köche. Die spezielle Diätetik der TCM zielt auf eine Ernährung, die die Gesundheit erhält, Krankheiten vorbeugt, die Genesung vorantreibt und die Heilung fördert. Sie gehört wie die Akupunktur zu den höchsten und schwierigsten Künsten. Die Behandlung eines Patienten ohne Ernährungsempfehlungen ist für die TCM nahezu undenkbar; sie geht davon aus, dass es keine Krankheit gibt, die nicht mit einer angepassten Ernährung beeinflusst werden könnte. Doch auch im westlichen Kulturkreis weiß man schon seit Langem, dass die Ernährung eine grundlegende Rolle für die Gesundheit spielt. Bereits Hippokrates lehrte: »Eure Nahrungsmittel sollen Heilmittel und eure Heilmittel sollen Nahrungsmittel sein!« Und auch bei Hildegard von Bingen finden sich viele diätetische Empfehlungen. In der Tat kann gesundes Essen erstaunliche Wirkungen zeigen, manchmal schneller - und auch kostengünstiger - als eine Kräutertherapie. Die Ernährungstherapie überzeugt als ebenso außergewöhnliches wie praktikables Heilverfahren. Viele Patienten in China werden noch heute von ihren Ärzten ausschließlich mit Ernährungsumstellung und Kräutern geheilt. Die europäische Kochkunst ist ausgezeichnet. Und wenn man die energetische Ernährungslehre der TCM den westlichen Ernährungs- und Geschmacksgewohnheiten anpasst, kann man aus unseren regionalen Rezepten ein Essen zaubern, das nicht nur hervorragend schmeckt, sondern auch noch gesund macht und gesund erhält. Dieser gute Geschmack der Gerichte und die Praktikabilität der Rezepte bilden zusammen mit der »Küchenphilosophie« den Inhalt dieses Buches. Alle Rezepte lassen sich ohne großen Aufwand in der eigenen Küche nachkochen. Denn schließlich geht es um gesundes, wohlschmeckendes Essen für jeden Tag. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen »gesunden« Appetit! Mike Morell und Christian Begyn Dac Däo (oder Tao) bedeutet Weg. In der daoistischen Philosophie steht es für ein ewiges Wirk- oder Schöpfungsprinzip. Gemäß Laozi bringt das Däo »das Eine« hervor, die Lebenskraft Qi, und dieses »die Zwei«, die Polaritäten Yin und Yang. Aus Yin und Yang entstehen »die Drei« und durch diese die manifestierte Welt der Zehntausend Dinge. Doch das Däo ist mehr als Einheit; es durchzieht die gesamte Schöpfung. Da das Däo alles umfasst, ist es eigentlich unbeschreiblich. Man kann z. B. nicht sagen, es besitze eine Existenz, denn das hieße, seine Nicht-Existenz auszuschließen; doch sagte man, es existiere nicht, würde man seine Erscheinung in der Fülle der Welt leugnen. Qi Qi ist ein zentraler Begriff des Daoismus und eine wesentliche Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin. Qi (auch Chi oder Ch'i, japanisch Ki, koreanisch Gi) bedeutet Energie, Atem, Fluidum. Wörtlich übersetzt heißt es Luft, Dampf, Hauch, Äther, aber auch Energie, Temperament, Kraft. Am besten lässt es sich als vitale Energie oder Lebenskraft begreifen. Besondere Bedeutung hat es für die belebte Welt. So trägt das Qi der Sonne zum Wachstum der Pflanzen bei, das Qi der Erde trägt das Haus und das Qi der Leber verteilt das Blut im Körper. Yin und Yang Im ursprünglichen Qi (Yuanqi) waren Yin und Yang noch vermischt. Himmel und Erde bildeten sich durch Trennung des Einen. Das Yangqi stieg hell und klar empor und wurde Himmel, das Yinqi wurde dunkel und schwer und sank zur Erde. Dargestellt werden Yin und Yang als kältere Nordseite (Yin) und wärmere Südseite (Yang) eines Berges. Dementsprechend steht Yang für Wärme, für aufsteigende und sich ausbreitende Energie, während Yin für Kälte, für absteigende und sich zusammenziehende Energie steht. Yin und Yang tauchen immer als Paar auf. So ist Yang das männliche, aktive, zeugende, schöpferische Prinzip; Yin ist das weibliche, passive, empfangende, ebenfalls schöpferische Prinzip. Yin und Yang ergänzen und bedingen sich, es sind Polaritäten, keine Gegensätze. Keines kann ohne das andere sein. Zwischen beiden bestehen grundlegende Wechselbeziehungen, deren Ausgewogenheit die Basis der Gesundheit ist. Gesundheit heißt laut TCM, dass sich Yin und Yang in einem dynamischen Gleichgewicht befinden. Dynamisch muss das Gleichgewicht sein, weil Yin und Yang nicht nur einander ergänzende Gegensätze sind (erst Tag und Nacht ergeben einen ganzen Tag), sondern sich auch gegenseitig verbrauchen und wandeln. Wenn eines stark wird, wird das andere schwach; gleichzeitig wandeln sich beide ineinander, wenn sie ihren jeweiligen Zenit erreicht haben. Auch Nahrungsmittel werden Yin und Yang zugeordnet. Dabei ist es wichtig, ob die Nahrungsmittel wärmend, trocknend, erhebend oder kühlend, befeuchtend und absenkend sind. Erstere stärken das Yang, Letztere das Yin. Der Mensch zwischen Yin und Yang Der Mensch fungiert als Medium, als Mittler zwischen Yin und Yang. Dabei sollte er genau in der Mitte sein und Yin und Yang in ausgewogenem Maße in sich vereinen. Gemeinsam bilden Yin und Yang sowie der Mensch »die Drei«. Wichtig wird dies in der Organlehre der TCM. Sie teilt den Körper in eine obere (Yang) und eine untere (Yin) Hälfte ein. Dazwischen wird - gleichsam als Vermittler - ein »Dreifacher Erwärmer« gesehen. Diesem sind keine Organe zugeordnet, er stellt vielmehr den Zusammenhang zwischen den Organen her. Man kann ihn sich etwa als Stoffwechsel vorstellen: Er reguliert die Verteilung von Wärme, Flüssigkeiten, Nahrung und Ausscheidungsprodukten. Der Dreifache Erwärmer ist selbst wiederum in drei Bereiche gegliedert: • Der obere Erwärmer ist für Atmung, Durchblutung und Feuchtigkeitshaushalt zuständig. Seine Organe sind Herz und Lunge. • Der mittlere Erwärmer ist für Verdauung und Verteilung der Nährstoffe zuständig. Seine Organe sind Milz, Magen, Leber und Gallenblase. • Der untere Erwärmer ist für die Trennung von Nützlichem und Überflüssigem und für Speicherung der Essenz bzw. die Ausscheidung der Abfallstoffe zuständig. Seine Organe sind Nieren, Dünndarm, Dickdarm und Blase. Die chinesischen Jahreszeiten stimmen nicht mit unserer Rechnung überein. In China dauern Frühling, Sommer, Herbst und Winter jeweils 72 Tage. Sie beginnen und enden jeweils 36 Tage vor der Tag- und Nachtgleiche im März bzw. September und vor der Sommer- bzw. Wintersonnwende. Die fehlenden Tage werden als Übergangszeiten gesehen. Den vier Jahreszeiten wird jeweils ein Element zugeordnet. Das verbleibende fünfte Element - Erde - gehört zu den Übergangszeiten, die zwischen den Jahreszeiten liegen. Besonders wichtig sind die Jahreszeiten für die Ernährung, insbesondere die Wahl der Speisen. Sie bestimmen, was wir brauchen. Wie uns eine dicke Jacke von außen vor Erkältungen schützt, kann ein gutes, der Jahreszeit angemessenes Essen uns von innen ebenfalls vor Erkältungen schützen. So können wir im Winter auf die dicke Jacke zwar nicht verzichten, doch sie schützt uns noch effektiver. Die Auswahl der Speisen sollte demnach der Jahreszeit angemessen sein. Im Winter, wenn es kalt ist, sollten eher wärmende statt kühlende und erfrischende Nahrungsmittel auf dem Speiseplan stehen; an einem sehr nassen Tag empfehlen sich trocknende statt befeuchtende Speisen. Frühling Alles sprießt; Kreativität und Motivation kommen auf. In dieser Jahreszeit sollten Nahrungsmittel wie grünes Gemüse oder Sprossen gegessen, Fleisch und Fettiges dagegen gemieden werden. Rohkost sollte lediglich einen geringen Anteil ausmachen. Ideal sind leichte Getreide-Gemüse-Gerichte. Ein leicht säuerlicher Geschmack verhindert, dass wir uns bei zu vielen Projekten verausgaben, und bewahrt unsere Energien. Im Frühling kann die Leber sehr gut entgiftet werden, in China ist dies jedoch keine Zeit für eine Fastenkur. Hier entgiftet man die Leber eher mit Getreide (feuchte Hitze ausleiten). Sommer Das Leben spielt sich im Freien ab. Es ist die Zeit der Kommunikation. Die Jahreszelten Die vorherrschende Hitze sollte mit erfrischendem Gemüse, Pilzen, Blattsalaten, Sprossen und Obst ausgeglichen werden. Auch im Sommer sollten gekochte Nahrungsmittel überwiegen. Kombiniert werden kann mit ein wenig Fleisch, der Anteil an Fettigem sollte gering bleiben. Um gegen die Sommerhitze gefeit zu sein, empfehlen sich kühlende Gerichte wie Salate aus gekochten Gemüsesorten. Sehr gut geeignet sind auch kühlende Speisen und Getränke, die bei Raumtemperatur gegessen bzw. getrunken werden. Eiskalte Getränke sind nicht sinnvoll, da die Kälte zunächst auf die Verdauungsorgane trifft und deren Kraft herunterkühlt bzw. schwächt. Es gibt aber auch heiße Getränke, die sehr gut kühlen - der in Nordafrika beliebte Pfefferminztee ist ein gutes Beispiel dafür. Herbst Es überwiegt die Trockenheit; die Körpersäfte ziehen sich zurück und bereiten sich auf den Winter vor. In dieser Jahreszeit sind vor allem Lunge und Dickdarm beeinträchtigt, es kann zu trockenem Husten oder Verstopfung kommen. Die innere Trockenheit sollte durch Kombinationen befeuchtender Nahrungsmittel wie Reis, Schwarzwurzel oder Blumenkohl ausgeglichen werden. Schärfere Speisen wie Rettich, Kohlrabi, Zwiebel und Lauch sowie Gewürze (z. B. Ingwer) und Fleisch unterstützen das Immunsystem. Generell darf der Anteil eiweißhaltiger Nahrung (Fleisch, Fisch, Eier, Hülsenfrüchte) steigen. Auch mit kräftigenden Suppen und Eintöpfen kann man den widrigen Bedingungen entgegenwirken. Auch Alkohol zum Kochen und Flambieren bietet sich nun an. Winter Nun zieht sich die Lebenskraft in den Keim zurück. Im Winter ist es vor allem wichtig, die Kälte auszugleichen. Deshalb sollten jetzt Fleisch, Nüsse, Hülsenfrüchte, Trockenobst, kräftigende Suppen mit Algen, Eintöpfe, frische Wurzelsalate, Kompott und Gemüsegerichte gegessen werden. So können die Reserven wieder aufgefüllt werden, und die Knochen bekommen eine gute Struktur. Der Anteil an Rohkost sollte sehr gering sein, und auch Fruchtsäfte sowie grüner Tee sollten nur in Maßen genossen werden. Zwischenzeiten Die wichtigsten Übergangszeiten zwischen den vier Jahreszeiten sind die Erntezeit zwischen Sommer und Herbst, die wir auch Altweibersommer nennen, und die Zeit zwischen Frühjahr und Sommer. Nahrungsmittel, die man diesen Zeiten zuordnet, sind ausgleichend und harmonisierend. Zu ihnen gehören Rindfleisch, Kartoffeln u. Ä. In der chinesischen Philosophie werden fünf Elemente beschrieben: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Diese Elemente kann man sich zyklisch, einander nährend, aber auch einander kontrollierend vorstellen. Manchmal wird die Ordnung der Fünf Elemente aber auch folgendermaßen dargestellt: die Erde in der Mitte eines Rades, Wasser unten (als großes bewahrendes Yin), Feuer oben (als großes schöpfendes Yang), Holz links (als kleines, nach außen strebendes Yang) und Metall rechts (als kleines, zusammenziehendes Yin). Diese Darstellung deckt sich mit dem chinesischen Verständnis der Jahreszeiten: Der Winter, die Ruhephase des Lebens, ist dem Element Wasser zugeordnet; er bereitet das Frühjahr vor. Für dieses steht das Holz, das hervorbringt und austreibt. Feuer und Sommer folgen; sie bedeuten Hitze und verzehrende Schöpfung. Der Herbst gehört dem Element Metall zu; er konzentriert, reift und zieht die Säfte nach innen. Ihm schließt sich wieder die Ruhephase - Winter und Wasser - an. Die Erde schließlich bildet die alles verbindende, überleitende Jahreszeit zwischen den anderen Jahreszeiten. Die Fünf Elemente bieten einen Ansatz zum Verstehen des Lebens in all seinen Wandlungen. In ihnen zeigen sich Werden, Veränderung und Vergehen. Auch für die Ernährungslehre der TCM sind die Fünf Elemente von zentraler Bedeutung: Ihnen sind die Organe, unsere Nahrungsmittel sowie deren thermische und geschmackliche Eigenschaften zugeordnet. So kann man über die Ordnung der Fünf Elemente zu einer Ordnung der Nahrungsmittel sowie zu ihrer Bedeutung im Zyklus des Lebens allgemein und im menschlichen Körper im Besonderen finden. Die Fünf Elemente und die Organe Die Organe, ihre Funktionen und Zusammenarbeit werden hier aus chinesischer Sicht erklärt. Manches überschneidet sich mit westlichen Ansichten, anderes erscheint zunächst vielleicht als fremd. So sind beispielsweise nach westlicher Medizin die wesentlichen Aufgaben der Milz die Bildung von Lymphozyten, der Abbau roter Blutkörperchen und die Beteiligung an der Blutgerinnung; die TCM hingegen sieht in der Milz den »Chef« des gesamten Verdauungstraktes sowie die Regulierungsinstanz der Ratio. Die einzelnen Organe bestehen jeweils aus einem Yin- und einem Yang-Anteil. Der Yin-Anteil, die Substanz, ist das Organ selbst mit seinen Flüssigkeiten und Strukturen. Der Yang-Anteil ist für die Bewegung und Erwärmung des Yin-Anteils zuständig, steht also für Energie und Wärme. Yin und Yang sollten im Gleichgewicht sein. Holzelement Dem Holzelement sind die Organe Leber und Gallenblase zugeordnet. Leber Die Leber reguliert den freien Fluss der Energie und sorgt für eine ungehinderte Bewegung der Substanzen im Körper. Dies tut sie, indem sie Blut speichert: Bei körperlicher Ruhe kehrt das Blut zur Leber zurück, regeneriert sich dort und strömt bei erneuter Aktivität wieder aus. Ein harmonischer Energiefluss unterstützt alle Körperfunktionen. Die Leber ist auch Sitz der Seele, sie beherrscht die Gefühle, sorgt für geistige Ausgeglichenheit und Durchsetzungskraft und bestimmt die Fähigkeit, das Leben zu planen. Sehnen und Bänder werden der Leber zugeordnet, Fingernägel werden als Ausläufer der Sehnen betrachtet. Ernährung, Sehkraft und Befeuchtung der Augen hängen von der Leber ab; so ist die Tränensekretion eine Sekretion der Leber. Wut, Zorn und Ärger behindern den freien Energiefluss, es kommt zu schmerzhaften Blockaden und Stauungen. Wind füllt Leber und Gallenblase im Allgemeinen mit Energie. Hat der Mensch allerdings bereits zu viel Energie in diesen Organen, kann es an den ihnen zugeordneten Energieleitbahnen, den Meridianen, ebenfalls zu Stauungen kommen. Sie haben ihre Ursache in einer Überfülle und können sich durch Nacken- und Kopfschmerzen bemerkbar machen. Gallenblase In der Gallenblase wird Gallenflüssigkeit gespeichert und bei Bedarf zur Unterstützung der Verdauung abgegeben. In der TCM steht sie für Mut und Entscheidungsfreude. Die Entscheidungsfähigkeit der Gallenblase hilft der Leber bei der Lebensplanung. Bei einer Schwäche der Gallenblase verzagt der Mensch, und es fällt ihm schwer, Entscheidungen zu treffen. Feuerelement Zum Element Feuer gehören Herz und Dünndarm. Herz Aufgabe des Herzens ist die Regulierung von Blutkreislauf und Puls; es beherbergt den Geist und wacht über den Schlaf. Das Herz steht auch für Stilempfinden und Geschmack. Generell hängt es mit allen psychischen, intellektuellen und spirituellen Fähigkeiten und Aktivitäten zusammen, die eine Persönlichkeit unverwechselbar machen. Aus Störungen des Herzens entstehen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und des Schlafs sowie spontanes und nächtliches Schwitzen, Unruhe und Verwirrung. Freude und Liebe sind die positiven Emotionen des Herzens; doch auch alle anderen Gefühle hängen mit dem Herzen zusammen und wirken darauf ein - Stress, große Erregung oder Gier etwa können dem Herzen Schaden zufügen. Darüber hinaus kann das Herz schnell durch Hitze geschädigt werden. Dünndarm Der Dünndarm trennt Reines von Unreinem und führt zur Konzentration auf das Wesentliche. Er resorbiert die Nahrung und macht so aus körperfremden körpereigene Stoffe. Auch geistig steht der Dünndarm für das Scheiden von Wichtigem und Unwichtigem. Er schützt den Geist vor Überlastung - allerdings nur in wachem Zustand. Beim Einschlafen oder unter Hypnose werden Informationen ungefiltert aufgenommen. Eine schwache Dünndarmenergie führt nicht nur zu einer schlechten Verdauung. Sie kann auch zu Verwirrung, Unordnung und unkontrolliertem Horten aller möglichen Dinge führen, da die Unterscheidung zwischen Nötigem und Unnützem nicht mehr getroffen wird. Erdelement Die zugehörigen Organe sind Milz und Magen. Milz Die Milz ist der »Chef« der Verdauungsorgane: Sie regiert über Magen, Dick- und Dünndarm sowie über die Bauchspeicheldrüse. Ihre Aufgabe ist die Kontrolle des Verdauungsprozesses von der Nahrungsaufnahme bis zur Ausscheidung über den Stuhl. Sie sorgt für die Umwandlung der Nahrung und stellt somit die größte Energiequelle des Körpers dar. Um die Verdauungskraft der Milz zu erhalten, ist es wichtig, darauf zu achten, was man isst. Mund, Lippen und Geschmackssinn stehen mit der Milz in Verbindung; die Milz ist gewissermaßen der Feinschmecker unter den Organen. In jüngeren Jahren fällt eine schlechte Ernährung weniger ins Gewicht, da wir von unseren Eltern einen »Energiekredit« erhalten haben, der aufgezehrt werden kann. Mit zunehmendem Alter wird es jedoch immer wichtiger, was wir essen; Ernährungsfehler machen sich dann immer schneller bemerkbar. Die Milz beherrscht auch das Denken, das Lernen, die Konzentrationsfähigkeit und - als negative Seite - das Grübeln. So kann beispielsweise die Verdauungskraft durch Lernen auf eine Prüfung oder durch Grübeln über die Lebenssituation geschwächt werden. Feuchtigkeit kann die Milz aus dem Gleichgewicht bringen. Gefährlich sind kurzkettige Kohlenhydrate wie Brot, Süßigkeiten, Pasta, Milchprodukte und Bananen, was sich in Übelkeit, weichem Stuhl, Müdigkeit oder Übergewicht äußern kann. Die Funktion des Magens besteht in der Aufnahme, Aufschlüsselung und Fermentierung der Nahrung. Übermäßige Sorgen und negatives Denken können zu einer Energieblockade des Magens führen; dann kann es zu brennenden Schmerzen, Aufstoßen und Übelkeit kommen. Die Energie des Magens ist nach unten gerichtet; bei Störungen und Schwäche kann sich der Energiefluss jedoch umkehren. Die Folgen sind Übelkeit, Sodbrennen oder Erbrechen. Zum »Einkochen der Nahrung« braucht der Magen viel Flüssigkeit und reagiert deshalb empfindlich auf Trockenheit. Läuft der Magen heiß, erhält er also thermisch zu heiße Nahrung, entwickelt er sich zum Hochofen. Er braucht immer mehr Brennmaterial, und der Mensch hat ständig Hunger, was auch als Magenfeuer bezeichnet wird. Metallelement Dem Metallelement sind Lunge und Dickdarm zugeordnet. Lunge Die Lunge dominiert die Energie und kontrolliert die Atmung. Sie ist für die Immunabwehr zuständig und verteilt Körperflüssigkeiten sowie Energie im ganzen Körper. Nach der Milz ist sie die wichtigste Energiequelle; sie stellt Energie über die eingeatmete Luft zur Verfügung. Unreine Flüssigkeiten kann sie über die Harnblase ausleiten. Die Lunge ist mit der Haut gekoppelt und schützt die Körperoberfläche vor Krankheitserregern. Darüber hinaus beherbergt sie den Instinkt und kann von negativen Emotionen blockiert werden. Auch Trockenheit kann die Lunge schädigen, weshalb vor allem im Winter darauf geachtet werden muss, dass die Raumluft nicht zu trocken ist. Durch die Tonisierung der Lunge wird das Immunsystem gestärkt. Dickdarm Der Dickdarm übernimmt den Nahrungsbrei vom Dünndarm, absorbiert Flüssigkeit und scheidet den Stuhl aus. Er schließt den Verdauungsvorgang ab. Probleme der Lunge können sich auch auf den Dickdarm auswirken und zu Verstopfung oder Durchfall führen. Auslöser dieses Mechanismus können negative Gefühle wie etwa Trauer oder Sorgen sein. Wasserelement Zum Wasserelement gehören die Nieren und die Harnblase. Nieren Die Nieren sind ein Urorgan und beinhalten sowohl die Wurzel aller Energie als auch die Wurzel aller Substanz. In gewisser Weise kann man die Nieren also als Wurzel des Lebens betrachten. Zu ihren Aufgaben gehören die Speicherung der Essenz und die Lenkung von Entwicklung, Reproduktion und Altern. Sie fungieren als »Tor der Vitalität« sowie als eine Art Drainagesystem, indem sie die Produktion und Bewegung der Körperflüssigkeiten regieren. Die Nieren sind zudem zuständig für Willenskraft, Libido und Selbstvertrauen. Furcht und Angst schwächen die Nieren, es zeigen sich mangelndes Selbstvertrauen und Ängstlichkeit. Ebenfalls den Nieren zugeordnet sind Knochen, Zähne und Ohren. Kälte schadet den Nieren. Harnblase Die Blase nimmt die Flüssigkeiten aus Darm und Nieren auf und scheidet sie als Urin aus. Sie hält die unteren Harnwege frei und offen. Ihre Funktion hängt stark von der der Nieren ab. Auch die Nahrungsmittel werden den Fünf Elementen zugeordnet. Diese Zuordnung erfolgt im Wesentlichen aufgrund ihrer geschmacklichen Wirkungen. Daneben spielen aber auch die Jahreszeiten, in denen die Nahrungsmittel reif und verfügbar sind, eine wichtige Rolle. Holzelement Dem Holz werden der Frühling sowie eine aufsteigende Qualität zugeordnet. Die geschmackliche Wirkung der entsprechenden Nahrungsmittel ist sauer. Saurer Geschmack bewahrt die Körpersäfte. Feuerelement Das Feuerelement repräsentiert den Sommer mit seiner expandierenden Qualität. Die entsprechenden Nahrungsmittel sind bitter, da der bittere Geschmack der sich ausbreitenden Tendenz entgegen, also zusammenziehend oder adstringierend wirkt. Erdelement Das Erdelement steht für die Übergangsphasen zwischen den vier Jahreszeiten. Der korrespondierende Geschmack der Nahrungsmittel ist süß. Metallelement Das Metallelement ist das Element des Herbstes. Nahrungsmittel mit scharfem Geschmack wirken der zusammenziehenden, nach unten führenden Tendenz dieser Jahreszeit entgegen. Wasserelement Dem Wasserelement ist der Winter zugeordnet. Seine zusammenziehende Qualität - diese Wirkung übt er besonders auf die Nieren aus - schwächen Nahrungsmittel mit salzigem Geschmack ab. Energetische Einteilung Nahrungsmittel werden von der TCM unter vier Aspekten betrachtet: Thermische Wirkung: Wirkt das Nahrungsmittel heiß, warm, neutral, kühlend oder kalt auf den Körper? Geschmackliche Wirkung: Wirkt das Nahrungsmittel süß (und damit auf Milz und Magen), salzig (auf Nieren und Harnblase), sauer (auf Leber und Gallenblase), scharf (auf Lunge und Dickdarm) oder bitter (auf Herz und Dünndarm)? Spezielle Wirkung auf ein gezieltes Organ: Lammfleisch z. B. wirkt auf die Nieren; es wird jedoch dem bitteren Geschmack zugeordnet, wirkt also auch auf Herz und Dünndarm. Diese Mehrfachbeziehung widerspricht sich in der TCM nicht. Wirkrichtung des Nahrungsmittels: Hebt das Nahrungsmittel und regt es an? Senkt es und führt es ab? Zieht und hält es zusammen oder befreit es? Diese Mischformen ergeben sich häufig aus der Kombination von Geschmack und thermischer Wirkung. In diesem Buch konzentrieren wir uns auf die ersten beiden Aspekte (Thermik und Geschmack). Nach der Zugehörigkeit der Nahrungsmittel zu einem der Fünf Elemente richtet sich seine geschmackliche Wirkung; gekoppelt mit der thermischen Prägung ergibt sich eine spezielle Wirkung auf die Organe. Auf diesen Wirkungen basieren die überwiegenden therapeutischen Ernährungsempfehlungen in der TCM. So haben beispielsweise alle Nahrungsmittel, die dem Holzelement zuzuordnen sind, durch ihren sauren Geschmack einen Bezug zu Leber und Gallenblase. Die beiden Organe werden gewissermaßen direkt vom sauren Geschmack genährt. Ein mäßig saurer Geschmack wirkt unterstützend auf Leber und Gallenblase, ein Übermaß an Saurem hingegen führt zu einer Einschnürung vor allem der Leberenergie, was wiederum zu Blockaden führen kann. Die Therapeuten der TCM arbeiten gezielt mit diesem Wissen. So empfehlen sie etwa bei Hitze in der Leber, dieses Organ mit Nahrungsmitteln von saurem Geschmack und erfrischender Thermik (z. B. Äpfel) zu beleben. Doch außer zur Heilung kann man das Wissen auch zur Vorbeugung und Gesunderhaltung einsetzen - und nicht zuletzt ergibt sich daraus eine ausgeglichene, wohlschmeckende Ernährung für jede Jahreszeit. Thermische Wirkungen Den Nahrungsmitteln lassen sich fünf Temperaturwirkungen zuordnen: heiß, warm, neutral, erfrischend und kalt. Damit ist nicht die Temperatur der Nahrungsmittel selbst gemeint, sondern ihre Wirkung auf die Organe, insbesondere auf die Verdauungsorgane. Tomaten z. B. wirken stark kühlend - ob warm als Sauce oder kalt als Salat verzehrt. Kochen verändert Nahrungsmittel in ihrer Thermik nicht wesentlich, macht sie aber bekömmlicher. Wichtig ist die thermische Wirkung, weil die TCM davon ausgeht, dass die Verdauungsorgane eine gewisse Wärme benötigen, um die Nahrung aufzuschlüsseln, die wertvollen Nährstoffe auszulösen und im Körper dorthin zu transportieren, wo sie gebraucht werden. Wird den Verdauungsorganen diese Wärme nicht mit der Nahrung zugeführt, muss sie dem Körper entzogen werden. Die Folge: Der Körper kühlt aus. Ist zu wenig Wärme vorhanden, kann die Nahrung nicht vollständig verwertet werden, was zu Verdauungsbeschwerden und längerfristig zu Blutarmut, Mangelzuständen sowie kalten Gliedmaßen führt. Grundlegendes Ziel der chinesischen Diätetik ist es, sich nicht thermisch einseitig, sondern thermisch neutral zu ernähren. Berücksichtigt man die Thermik der Nahrungsmittel, hilft dies also schon dabei, wesentliche Ernährungsfehler zu vermeiden - eine einfache Möglichkeit, gesund zu bleiben. Wichtig ist auch die jahreszeitliche Anpassung des Speisezettels. So können im Sommer vermehrt erfrischende Nahrungsmittel wie beispielsweise Rohkost verwendet werden. Eine milde Zubereitung hilft überdies dabei, die Hitze auszugleichen. Im Winter hingegen sind wärmende Nahrungsmittel empfehlenswert, Rohkost ist eher zu meiden. Eine besonders würzige Zubereitung wirkt der Kälte entgegen und hält die Wärme im Körper. In vielen traditionellen Rezepten ist dieses Wissen bereits enthalten; Lebkuchen beispielsweise sind mit Nelken und Zimt gewürzt, was nicht nur gut schmeckt - die thermische Wirkung (heiß) unterstützt darüber hinaus das Immunsystem, was im Winter natürlich besonders wichtig ist. Das oberste Gebot - Ausgewogenheit Die Kombination von Nahrungsmitteln der drei mittleren thermischen Wirkungen (warm, neutral, erfrischend) gewährleistet das ganze Jahr über eine Ausgewogenheit, die dafür sorgt, dass Energie und Körpersäfte gleichmäßig aufgebaut werden und es nicht zu Kälte- oder Hitzezuständen kommt. Das gesunde Gleichgewicht zwischen Saft und Kraft wird auch durch eine Verwendung gekochter neutraler Vollkorngetreide bewirkt, die Kartoffeln, Nudeln und Brot durchaus ersetzen können. Kalte und heiße Nahrungsmittel sollten grundsätzlich nur in kleinen Mengen genossen werden; insbesondere heiße Nahrungsmittel wie etwa Cayennepfeffer sollten nur schwach dosiert zum Einsatz kommen. Im Winter rücken schon aufgrund des jahreszeitlichen Angebotes neutrale und warme Gemüsesorten in den Vordergrund. Auch neutrale und warme Fleischsorten sowie erwärmende Gewürze spielen jetzt eine große Rolle. Auf kalte Nahrungsmittel (mit Ausnahme von Meeresalgen) kann man nun getrost verzichten. Ebenso wie zu jeder anderen Jahreszeit sind im Sommer gekochte neutrale, warme und erfrischende Nahrungsmittel wohltuend und bekömmlich. Lediglich ein Übermaß an erfrischenden und kalten Speisen ist nicht empfehlenswert.