2 Wie Ihr Auge aufgebaut ist
Viele der folgenden Begriffe sind für Sie nützlich, wenn Sie mit Ihrem Augenarzt oder anderen Fachleuten über Themen rund um das Auge reden wollen. Wenn Sie die Begriffe kennen, wird es für Sie auch leichter neue Informationen einzuordnen. So können Sie leichter auf den neusten Stand bleiben und sich beispielsweise über die neusten Forschungsergebnisse informieren und die dann mit anderen besprechen.
Wenn wir die Augen von aussen betrachten, dann schützen als erstes die Augenlider die Augen. Sie verteilen bei jedem Lidschlag den Tränenfilm auf der Oberfläche des Augapfels. Die Haut der Augenlider selbst ist sehr dünn und enthält keine Unterhautfettgewebe. Jedes Lid hat etwa 30 bis 40 Drüsen, die ein Öl in den Tränenfilm abgeben, das verhindert, dass die Tränenflüssigkeit zu schnell verdunstet.
Der Augapfel hinter den Lidern ist eine erstaunliche Struktur. Er ist lediglich so gross wie ein Tischtennisball und doch eine direkte Erweiterung unseres Gehirns. Der dort sichtbare Sehnerv ist der einzige Nerv des Körpers, den wir in Echtzeit am lebenden Menschen betrachten können (mit einem Augenspiegel). Das Weisse ist die Lederhaut oder Sklera. Sie bildet die Außenwand des Augapfels und geht im vorderen Bereich kontinuierlich in die klare Hornhaut oder Cornea über. Die Hornhaut ist klar, weil sie kaum Flüssigkeit enthält und die Fasern dort sehr regelmässig angeordnet sind. Die Hornhaut hat keine Blutgefässe und erhält daher ihre Nährstoffe aus der Tränenflüssigkeit auf der Außenseite, aus dem Kammerwasser im Inneren und aus den Blutgefäßen der Lederhaut. Die Hornhaut-Luft-Schnittstelle hat die stärkste Brechkraft unserer Augen. Über der Lederhaut liegt die Bindehaut oder Konjunktiva. Wenn Sie den "weißen Teil" der Augen betrachten, sehen Sie durch die halb-transparente Bindehaut auf die darunter gelegene weiße Lederhaut. Von dort erstreckt sich die Bindehaut bis zur Innenseite der Augenlider und bildet eine Tasche, die verhindert, dass Objekte wie Wimpern oder Kontaktlinsen hinter Ihr Auge rutschen. Die Bindehaut ist auch elastisch genug, um die volle Beweglichkeit Ihre Augen zu ermöglichen. Die meiste Tränenflüssigkeit wird von Drüsen produziert, die sich auf der Bindehaut befinden. Die Tränendrüse selbst produziert hauptsächlich den wässerigen Anteil der Tränenflüssigkeit. Die Tränenflüssigkeit verteilt sich auf der Vorderseite des Auges und fliesst von dort zu den Tränenpünktchen auf den Lidern. Die Tränenpünktchen sind zwar klein, können aber mit dem bloßen Auge gesehen werden. Vom Tränenpünktchen aus fließen die Tränen über den Tränenkanal in die Nase. Über diesen Weg gelangen bis zu 80% der Medikamente, die als Augentropfen in das Auge gegeben werden, zur Nasenschleimhaut. Dort werden sie aufgenommen und gelangen so direkt in den Blutkreislauf ohne in der Leber verstoffwechselt zu werden, wie das sonst bei Medikamente geschieht, die als Tablette eingenommen werden. Augentropfen können daher eine Wirkung auf den gesamten Körper haben. Patienten können diesen Effekt minimieren, indem sie nach dem Tropfen auf die Tränenpünktchen drücken und die Augen für ein paar Minuten schließen, da der Lidschlag als Pumpmechanismus wirkt und den Abfluss über die Tränenpünktchen zusätzlich fördert.
In seinem Inneren gliedert sich der Augapfel in drei Kammern. Die Rückwand der Vorderkammer bildet die Regenbogenhaut oder Iris. Sie ist der farbige Teil des Auges und ihre Hauptfunktion besteht darin sich wie die Blende einer Fotokamera zu erweitern und zu verengen, um so die einfallende Lichtmenge zu steuern. Auf ihrer Rückseite liegt der Ziliarkörper. Seine Muskelfasern können die Form der Linse beeinflussen, damit das Auge in verschiedenen Distanzen scharf sehen kann. Ausserdem produziert er das Kammerwasser, welches durch die Pupille nach vorne in die Vorderkammer fliesst und das Auge durch den Kammerwinkel verlässt, der am Übergang der klaren Hornhaut in die weisse Lederhaut liegt. Ist dieser Abflussweg blockiert, kann der Augeninnendruck ansteigen und sich ein grüner Star entwickeln.
Hinter der Regenbogenhaut befindet sich die Linse. Die Linse ist einzigartig, da sie weder Nerven noch Blutgefässe hat. Sie bezieht ihre Nährstoffe ausschließlich aus der wässrigen Flüssigkeit, die um sie herumfliesst. Die Linse hat auch die höchste Proteinkonzentration aller Gewebe des menschlichen Körpers (65% Wasser, 35% Protein). Die Kapsel der Linse ist dünn und trägt das eigentliche Gewebe der Linse. Im Laufe des Lebens entstehen Trübungen in der Linse, die irgendwann zum grauen Star oder Katarakt führen. Bei der Katarakt-Operation wird die Kapsel belassen und trägt anschliessend die künstliche Linse so wie sie vorher die natürliche Linse getragen hat.
Hinter der Linse liegt die Glaskörperkammer, in der sich der Glaskörper befindet. Der Glaskörper ist eine gelartige Substanz, in der sich kleine Trübungen bilden, die wir Menschen als Mückentanzen wahrnehmen können, wenn wir auf eine ganz weisse Fläche schauen.
Jetzt sind wir an der Rückwand des Auges angekommen, wo sich die Netzhaut befindet. Diese verfügt über ca. 132 000 000 Sehzellen. Das sind spezialisierte Zellen, die das einfallende Licht wahrnehmen und Signale an das Gehirn senden. Sie kleiden die gesamte Rückwand des Auges aus, ausser am Sehnervenkopf. Hier verlassen etwa 1 Millionen Nervenfasern die Netzhaut in Richtung Gehirn. Da sich hier keine Sehzellen befinden, hat jeder Mensch einen „Blinden Fleck“ in seinem Gesichtsfeld. Der zentrale Bereich der Netzhaut ist die Makula. Sie misst ca. 2mm horizontal und 0.9mm vertikal und ist damit nur so gross wie ein Reiskorn. Und doch ist sie verantwortlich für das zentrale Sehen und wesentlich für das Erkennen feiner Details und für unsere Farbwahrnehmung. Dies basiert auf der hohen Dichte an Sehzellen in diesem Bereich von durchschnittlich mehr als 200.000 Sehzellen/mm2. Um flüssig lesen zu können ist für Zeitungsdruck eine Sehzelldichte von ca. 20.000/mm2 erforderlich. In der Mitte hat die Makula eine kleine Grube, die Fovea. Dieser Bereich ist das absolute Zentrum unseres Sehfeldes und dabei ist er so dünn, dass die Netzhaut hier keine Blutgefässe hat. Die Zellen der Fovea werden komplett von der Aderhaut ernährt. Die Aderhaut oder Choroidea ist ein Bett aus Blutgefäße direkt unter der Netzhaut und versorgt das äußere Drittel der Netzhaut mit Nährstoffen. Zwischen der Netzhaut und der Aderhaut liegen lediglich zwei Gewebsschichten. Zum einen das retinale Pigmentepithel oder kurz RPE und zum anderen die Bruch-Membran. Und genau hier treten die meisten Veränderungen bei einer AMD auf.
Das retinale Pigmentepithel
Die Zellen des retinale Pigmentepithels oder kurz RPE-Zellen liegen direkt unter den Sehzellen und haben mit fingerförmigen Zellfortsätzen einen sehr engen Kontakt zu mehreren Hunderten von Sehzellen gleichzeitig. Sie sind für die normale Funktion dieser Sehzellen wesentlich und bauen beispielsweise täglich mehrere 1000 verbrauchter Membranscheibchen ab. Diese und andere Arbeiten verrichten die RPE-Zellen für die Sehzellen über eine gesamte Lebensspanne und leisten damit etwas Einzigartiges im menschlichen Körper. Mit zunehmendem Alter verringert sich jedoch die Zahl der RPE-Zellen und die gleichbleibende Fläche wird durch eine horizontale Vergrösserung der Zellen ausgefüllt. Damit nimmt die Belastung für jede einzelne, verbleibende RPE-Zelle im Alter zu. Schwindet eines Tages die Unterstützung durch die RPE-Zellen können auch die Sehzellen nicht mehr optimal versorgt werden. Bei einem Untergang der RPE-Zellen findet gehen auch die Sehzellen zugrunde. Wenn hiervon eine grosse Fläche betroffen ist, sprechen Augenärzte von einer geographischen Atrophie.
Die Bruch-Membran
Die zweite wichtige Gewebsschicht ist die Bruch-Membran. Sie liegt zwischen den RPE-Zellen und der Aderhaut. Sie bildet eine siebartige Struktur, durch die Nährstoffe von der Aderhaut in die Netzhaut gelangen und wieder zurück. Bei der AMD kommt es jedoch zu gelben Ablagerungen in diesem Bereich, die Drusen genannt werden. Je mehr Drusen sich in diesem Bereich ansiedeln, desto schwieriger wird es für die Nährstoffe aus der Aderhaut zur Netzhaut zu kommen. Und natürlich ist auch der Abtransport behindert. Hierbei drohen zwei Komplikationen. Zum einen können sich fettig Substanzen im Bereich der Bruch-Membran ansiedeln. Diese stören dann den Abtransport von Flüssigkeit aus der Netzhaut und führen so zu einer Ansammlung der Flüssigkeit zwischen den RPE-Zellen und der Bruch-Membran. Hierbei sprechen Augenärzte von einer Abhebung des retinalen Pigmentepithels. Der zweite Abtransport, der gestört sein kann, betrifft den Botenstoff VEGF. VEGF steht für Vascular Endothelial Growth Factor und ist im Körper für das Wachstum von Gefässen verantwortlich. Die RPE-Zellen bilden das VEGF, welches dann über die Bruch-Membran in die Aderhaut...