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E-Book

Die Cloud und der digitale Umbruch in Wirtschaft und Arbeit

Strategien, Best Practices und Gestaltungsimpulse

VerlagHaufe Verlag
Erscheinungsjahr2019
ReiheHaufe Fachbuch 
Seitenanzahl286 Seiten
ISBN9783648124741
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis53,99 EUR
Das Buch vereint wissenschaftliche Ergebnisse aus drei Jahren Forschung mit konkreten Strategien und Praxiserfahrungen zu innovativen Gestaltungskonzepten. Wissenschaftler erklären das disruptive Potenzial der Cloud, Strategen aus Vorreiterunternehmen und Praktiker zeigen die Veränderung von Wertschöpfung und Arbeit in der Praxis. Vordenker aus gesellschaftlichen Schlüsselbereichen entwickeln Leitideen und Ansätze für die Gestaltung der digitalen Zukunft. Inhalte: - Was macht das disruptive Potenzial der Cloud aus? - Wissenschaftliche Perspektiven auf die Cloud - Cloud, Crowd und der Wandel von Arbeit - Cloud und die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft - Impulse und Stellungnahmen

Andreas Boes PD Dr. Andreas Boes ist Vorstandsmitglied des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) München. Barbara Langes Barbara Langes, M.Phil., Dipl.-Soz., ist Wissenschaftlerin am ISF München e.V.

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Leseprobe

Einleitung: Mit der Cloud nimmt der digitale Umbruch an Fahrt auf


Andreas Boes, Barbara Langes, ISF München

Am Anfang dieses Buches stand eine überraschende empirische Beobachtung. Im Bestreben, die Folgen der digitalen Transformation für Wirtschaft und Arbeit zu analysieren, versuchten wir in diversen Forschungsprojekten die Digitalisierungsstrategien von Vorreiterunternehmen zu verstehen. Unabhängig davon, ob wir im Rahmen unserer Interviews mit den Strateginnen und Strategen in den USA oder in Deutschland sprachen, ergab sich immer ein ähnliches Bild: Wer über grundlegende Veränderungen des Geschäftsmodells nachdachte, dachte sehr schnell auch über die Entwicklung einer Cloud-Strategie nach. Und vice versa: Wer eine Cloud-Strategie entwarf, dachte früher oder später über neue datenbasierte Geschäftsmodelle nach. Die Entwicklung mündete jeweils in einen tiefgreifenden Umwälzungsprozess in den Vorreiterunternehmen. Mit dem Einstieg in eine Cloud-Strategie und neuen Geschäftsmodellen sind nämlich weitreichende Folgen für die Governance von Innovationen, die Prinzipien der Wertschöpfung sowie die Konzepte der Arbeitsorganisation verbunden. Und den Unternehmen wurde schnell bewusst, dass dies ein Umbruch mit weitreichenden Folgen für die Strategiebildung ist.

Aufbauend auf unseren konzeptionellen Vorüberlegungen zur Bedeutung der Digitalisierung für die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeit (Boes 2005) fassten wir unsere Beobachtungen in der Hypothese zusammen, dass es sich bei der Cloud nicht bloß um ein neues Konzept der Bereitstellung von technischen Infrastrukturen handelt. Mit der Cloud – so unsere Ausgangsüberlegung – schien der Prozess der Digitalisierung in eine neue Phase überzugehen und ein tiefgreifender Veränderungsprozess zeichnete sich in den Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt ab.

Das diesem Buch zugrunde liegende Projekt »Herausforderung Cloud und Crowd«1 wurde gestartet, um diesen Zusammenhang aufzuklären. Wir wollten gemeinsam herausfinden, warum ein Konzept, das viele Experten lediglich als ein technisches Hosting-Konzept betrachteten, so weitreichende Folgen für die Strategiebildung der Unternehmen und den Umbruch in Wirtschaft und Arbeit insgesamt zu haben schien. Und wir wollten klären, was den sich abzeichnenden Veränderungsprozess auszeichnet und wie er erfolgreich bewältigt werden kann.

Cloud, ein unterschätztes Konzept


Um die strategische Bedeutung des Konzepts verstehen zu können, haben wir uns zunächst einmal freigeschwommen von dem lange Zeit vorherrschenden Verständnis des Begriffs, wonach »Cloud« einfach nur ein riesengroßes Rechenzentrum ist, das IT-Infrastrukturen auf neue Art zur Verfügung stellt. Dass Kunden ihre IT-Ressourcen wie Rechnerkapazität, Speicherplatz oder bestimmte Anwendungsprogramme nun auf Zeit mieten können, statt sie wie früher in Form von Servern und Softwarelizenzen selbst zu besitzen, erklärt das weitreichende Veränderungspotenzial der Cloud nicht annähernd. Die strategische Bedeutung in der Wirtschaft erschließt sich auch nicht daraus, dass damit die Kosten für die IT-Infrastrukturen gesenkt werden können oder IT-Ressourcen besser skalierbar sind. Das mögen für manche Unternehmen durchaus Beweggründe für den Einstieg in die Cloud sein. Aber dies erklärt nicht das offensichtliche Umbruchpotenzial des Cloud-Konzepts, die Beobachtung also, dass mit der Cloud das Geschäftsmodell, die Wertschöpfung, das Innovationsmodell und die Organisation der Arbeit gleichermaßen neu gedacht werden.

Weil das Konzept der Cloud auch in den aktuellen Trendanalysen vornehmlich als ein technischer Trend unter vielen interpretiert wird, wird ihre strategische Bedeutung oftverkannt. Aktuell ist der Shooting-Star unter den digitalen Trends das Thema »Künstliche Intelligenz« (KI), das in den USA derzeit vor allem unter den Begriffen »Machine Learning« oder »Deep Learning« firmiert. Hier geht es darum, neuartige logische Maschinen zu entwickeln, die in der Lage sind, die gigantischen Datenmengen, die über die Vernetzung unterschiedlichster Informationsquellen entstehen, nutzbar zu machen. Ein weiteres Topthema ist »Internet of Things« (IoT). Hier geht es um die Ausstattung von Milliarden von Geräten mit Sensoren und internetfähigen Mikrocomputern und deren Vernetzung. So können neue Produkte und Dienstleistungen in unterschiedlichsten Feldern – wie Gesundheit, Wohnen, Mobilität oder Zusammenarbeit in der Industrie – erbracht werden. Eng mit diesen Themen verbunden ist das Thema »Cybersecurity«. Denn je größer die Bedeutung datenverarbeitender Systeme wird und je mehr diese Systeme untereinander vernetzt werden, desto wichtiger ist es, dass diese Aktivitäten sicher sind. Cloud gilt dabei lediglich als ein Trend unter vielen.

Mit unseren Vorarbeiten aus 30 Jahren Forschung zur Informatisierung der Gesellschaft und zur Zukunder Arbeit haben wir eine theoretische Basis entwickelt, die es uns ermöglicht, diese Beobachtungen und Entwicklungen schlüssig zu deuten und die strategische Bedeutung der Cloud zu verstehen. Dieser Theorie folgend bildet das Internet den entscheidenden Auslöser für den aktuellen digitalen Umbruch. Denn die »Mitmach-Infrastruktur« (Boes et al. in diesem Band) des Internets bildet die Grundlage für das Entstehen eines weltweit verfügbaren »Informationsraums« (Baukrowitz/Boes 1996), der sich – je mehr Menschen diesen aktiv nutzen – als immer bedeutsamere soziale Handlungsebene in Wirtschaft und Gesellschaft erweist. Dieser Informationsraum erhält mit dem Konzept der Cloud eine erweiterte Wirksamkeit. Die Möglichkeit, Daten aus unterschiedlichen Verwendungszusammenhängen aneinander anschlussfähig zu machen, wird durch dieses Konzept radikal gesteigert. Mit Cloud-Lösungen lassen sich strukturierte Daten aus den Datenbanken der Unternehmen und unstrukturierte Daten aus unterschiedlichsten Kontexten und Verwendungszusammenhängen sammeln, analysieren und zueinander in Beziehung setzen. Damit entsteht ein neuer Modus des Umgangs mit Daten und Informationen. Aufgrund der Anschlussfähigkeit zwischen den unterschiedlichsten Informationsdomänen können hier Daten und Informationen zueinander in Beziehung gebracht werden, die in der analogen Welt nicht oder nur mit großem Aufwand zu verknüpfen wären. Mit dem Informationsraum entsteht also neben der materiell-stofflichen, »analogen« Welt, die wir bisher als einzige kohärente soziale Handlungsebene kannten, eine zweite soziale Handlungsebene, die vielfältigste Formen sozialen Handelns ermöglicht. Mit zunehmender Wirkmächtigkeit wird der Informationsraum zur dominanten Bezugs- und Eingriffsebene menschlichen Handelns.

Erscheint also die Cloud in gängigen Trendprognosen als ein technischer Trend neben vielen, so wird auf der Basis unseres theoretischen Konzepts deutlich, dass Cloud die Basis für die erfolgreiche Verwendung aller genannten digitalen Technologien wie KI oder IoT ist. Das Konzept der Cloud ist demnach das Schlüsselkonzept für die bestimmenden technologischen Entwicklungen der aktuellen Phase der Digitalisierung.

Was machen die Vorreiterunternehmen?


Dieser Ausgangsüberlegung folgend identifizierten wir die Vorreiterunternehmen in den USA und analysierten in Dutzenden Expertengesprächen deren Unternehmensstrategien. Trotz aller Unterschiede im Detail war das übereinstimmende Ergebnis der Gespräche, dass die Cloud seit einigen Jahren das Leitkonzept dieser Strategien darstellt. Alle wichtigen Player und auch die Start-ups orientierten ihre Strategien mittlerweile wie selbstverständlich an diesem Konzept. Das für die Unternehmen aus den USA prägende Bestreben nach Disruption etablierter Geschäft smodelle ging hier immer Hand in Hand mit der Etablierung von Cloud-Strategien, die ihrerseits eng mit weiteren Schlüsselkonzepten wie Artificial Intelligence, Machine Learning und Internet of Things verbunden waren. Den bestimmenden US-amerikanischen Unternehmen ist es auf diese Weise gelungen, nicht nur das Internet für neue Geschäftsmodelle zu erschließen, sondern davon ausgehend ein neues Paradigma in der Ökonomie zu etablieren.

Vor diesem Hintergrund war es interessant, auch die Strategiebildung der deutschen Vorreiterunternehmen unter die Lupe zu nehmen. Bestimmte die Cloud die Strategiebildung der US-amerikanischen Unternehmen bereits seit einigen Jahren, fanden die Unternehmen in Deutschland erst mit einiger Verzögerung zu dieser Ausrichtung. Seit etwa dem Jahr 2014 lässt sich aber auch hier ein klarer Shift in der Strategiebildung der Vorreiterunternehmen in Dienstleistung und Industrie beobachten. Dies hatte zur Folge, dass sich in vergleichsweise kurzer Zeit eine ruckartige Veränderung vollzog. Dementsprechend vermeldete der Branchenverband BITKOM 2016 einen Wendepunkt in der Verbreitung der Cloud (Pols/Vogel 2017). Die zunehmende Ausbreitung geht mit einer veränderten Einschätzung zur strategischen Bedeutung der Cloud einher. War es in den früheren Interviews in den deutschen Unternehmen noch umstritten, ob die Cloud überhaupt wichtig ist oder gar das neue Leitkonzept werden...

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