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E-Book

Die Götter der Griechen und Römer

AutorHans-K. Lücke, Susanne Lücke-David
Verlagmarixverlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783843802185
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Das Buch ist lexikalisch aufgebaut; jede Gottheit wird unter einem eigenen Lemma von A-Z abgehandelt. Dem Text liegen in der Regel antike Quellen zugrunde, soweit unverzichtbar wurde jedoch auch Sekundärliteratur zu Rate gezogen. Die Quellen- bzw. Literaturangaben finden sich am Ende eines jeden Artikels; auf sie wird im Fließtext durch Anmerkungen jeweils von 1 - verwiesen. Im Anhang erscheinen: ein Quellenschlüssel und eine Bibliographie mit der wichtigsten weiterführenden Literatur zum Thema.Vorstellung der Götter der Griechen und Römer in lexikalischer Form von A-Z

Hans-K. Lücke, Jg. 1927, ist Kunsthistoriker. Seit 1969 Professor im Dept. Of Fine Art/Graduate Dept. Of History of Art in der University of Toronto, Canada, mit dem Spezialgebiet Italienische Renaissance; seit 1993 emeritiert. Susanne Lücke-David, Jg. 1933, promovierte in Kunstgeschichte, Archäologie und Musikwissenschaft. Tätigkeit am Schleswig-Holsteinischen Landesamt für Denkmalpflege, später an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. 1971/72 Lehrauftrag an der University of Toronto, Canada. Nach mehrjähriger Unterbrechung Rückkehr zu freiberuflicher Tätigkeit.

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Leseprobe

ÄSKULAP → Asklepios

 

AMOREros

 

APHRODITE, griech., lat. → Venus, etr. Turan. Die griechische Göttin der Schönheit, der Liebe und der Fortpflanzung von Mensch und Tier. Eine der „Zwölfgötter“, Tochter des → Zeus und der Titanin Dione, auch die Tochter des Himmels (des Uranos), die die „Schaumgeborene“ genannt wird.1 Ihr Name wurde von den Griechen mit „aphros“ (griech., „Meeresschaum“) in Verbindung gebracht.

A. ist reich an Mythen. Unter den verschiedenen Berichten über ihre Geburt ist die Version von der „Schaumgeborenen“ die bekannteste (s.o.). Erde (Ge/→ Gaia) und Himmel (Uranos) sind ein Paar. Zwischen den beiden kommt es zu Unstimmigkeiten, als Uranos ihre gemeinsamen Kinder, die grässlich anzuschauenden Hekatoncheiren, vor Scham versteckt. Ge beauftragt → Kronos, Uranos zu strafen. Der entmannt den Vater und wirft das abgetrennte Glied ins Meer. Dem Schaum, der das „unsterbliche Fleisch“ umgibt, oder dem Glied selbst entsteigt dann das Mädchen A. Plautus berichtet, A. sei aus einer Muschel geboren.2

Sie tritt als Vollendete in die Welt (vgl. → Athene) und wird von einer Muschel oder von den schäumenden Meereswogen an Land getragen. Zephir, der Westwind, lenkt sie nach Zypern, wo sie an Land geht. Gras sprießt, wo sie ihren Fuß hinsetzt. Nun wird sie von den Horen, drei Töchtern des → Zeus und der Themis (ursprünglich Personifikationen der Jahreszeiten), in Empfang genommen. Die kleiden und schmücken die Göttin und führen sie den unsterblichen Göttern vor, die von ihrer Schönheit so beeindruckt sind, dass ein jeder sie sich insgeheim zur Frau wünscht; sogar die Vögel und alle anderen Tiere sind verzaubert.3 So zeigt die Göttin sogleich ihre unwiderstehliche Macht. Weniger beeindruckt zeigen sich die keuschen Göttinnen → Athena, → Hestia und → Artemis.

A. hat viele Liebschaften, die erste angeblich mit dem schönen Nerites, Sohn des alten Meeresgottes Nereus, noch bevor sie dem Meer entsteigt.4

Zeus macht, dass sie sich als Erstes in einen Sterblichen verliebt: den schönen Anchises.5 A. wird ihm Lyros und Aineias/Aeneas gebären, den künftigen Stammvater der Römer.6 Unter den Göttern verbindet sie sich mit → Hermes, dem sie den Zwitter Hermaphroditos gebiert. Ihr Kind von → Dionysos ist nach Pausanias7 und Diodor8 der monströse Fruchtbarkeitsgott → Priapos. Noch weitere Kinder hat sie aus anderen Verbindungen.

Schließlich heiratet A. den unansehnlichen, hinkenden Schmiedegott → Hephaistos, den sie nach Kräften hintergeht. Vor allem eine Affäre mit dem Kriegsgott → Ares wird zu einem regelrechen Skandal auf dem Olymp. Ares besucht die A., wenn ihr Gemahl abwesend ist, und liegt mit ihr. Aus dieser Beziehung gehen drei Kinder hervor: Phobos (griech., „Schrecken“), Deimos („Furcht“) und Harmonia.9

Helios, der Sonnengott, sieht die beiden beim Ehebruch und hinterbringt Hephaistos seine Entdeckung. Der Betrogene schmiedet nun ein feines Netz, so fein wie ein Spinngewebe, in dem sich die Ehebrecher gefangen und bloßgestellt sehen, zum großen Gelächter der Olympier. Damals sei A. vor Scham den Tränen nahe gewesen.10

Eine heftige Liebe erfasst A. zu Adonis, der im Grunde seine Existenz dem Zorn der Göttin verdankt: Myrrha, die Tochter des kyprischen Priesterkönigs Kinyras, verliebt sich nach dem Willen der A. in den eigenen Vater.11 Myrrha zeugt mit dem Ahnungslosen den Adonis, der schon als Säugling so schön ist, dass sich A. sogleich in ihn verliebt. Heimlich verbirgt sie das Kind in einem Kästchen und gibt es in die Obhut der → Persephone, die sich aber ebenfalls sofort in A. verliebt. Den Streit, der zwischen den beiden Göttinnen entbrennt, schlichtet Zeus, indem er entscheidet, Adonis solle ein Drittel des Jahres für sich leben, ein Drittel bei Persephone und ein Drittel bei A.

Der ständige Begleiter der A. ist → Eros, der entweder älter ist als die Göttin12 oder – nach späteren Autoren – ihr Sohn.13

Ungewollt greift sie ins Weltgeschehen ein und entfacht ahnungslos den Krieg zwischen Griechen und Troern: Im Wettstreit von A., Athene und Hera, wer von ihnen die Schönste sei, soll der troische Prinz Paris der Siegerin einen goldenen Apfel reichen.14 A. besticht den Richter, indem sie ihm die Ehe mit Helena, der schönsten aller Frauen, verspricht. Als Paris Helena nach Troja entführt hat, entbrennt der Krieg, in dem die Göttin neben → Ares, Apollon und Artemis auf der Seite der Troer steht, während die im Schönheitswettbewerb unterlegenen Göttinnen Hera und Athene die Griechen schützen.15 Ihre besondere Sorge gilt Aineias, ihrem Sohn von Anchises. Sie versorgt seine Wunde, die Diomedes ihm beigebracht hat, und trägt ihn vom Schlachtfeld,16 und dem von Athene hingestreckten Ares hilft sie wieder auf die Beine.17 Den Paris rettet sie in höchster Not, und „in viele Nebel ihn hüllend“ entrückt sie ihn.18

A. ist keine Kämpferin wie Athene, und sie ist verletzlich. Als die streitbare Athene ihr einen heftigen Schlag vor die Brust versetzt hat, muss sie sich dazu den Spott der Siegerin und die Beschimpfung der Hera gefallen lassen, die sie eine „Hundsfliege“ nennt.19 Ihre Waffen sind anderer Art und bleiben auf dem Schlachtfeld wirkungslos. Diomedes nutzt diese Schwäche und trifft sie mit seiner Lanze an der Handwurzel, als sie den Aineias vom Schlachtfeld trägt.20

Die Waffen, die ihr zu Gebote stehen, setzt A. im Übrigen ein zum Guten wie zum Bösen. Vor allem aber stiftet sie Liebe: zwischen Tartaros und Ge,21 in Hephaistos entfacht sie Liebe zu Athene,22 in Kirke zu Odysseus,23 in Heras Auftrag macht sie, dass sich Medeia in Jason verliebt.24

Ihre Günstlinge bedenkt sie mit Wohltaten. Vor dem Wettlauf zwischen Melanion (oder Hippomenes) und der schnellfüßigen Atalanta z. B. erhört sie den Hilferuf des Jünglings und rollt goldene Äpfel in die Rennbahn, die Atalanta verleiten, sich nach ihnen zu bücken. So verliert das Mädchen Zeit und den Lauf.25

Wer dieser Göttin jedoch den Respekt versagt, bekommt ihre Rache zu spüren. Rache ist – nächst der liebestiftenden Kraft – die andere mächtige Waffe der A. So unterscheidet sie sich auch darin wesentlich von Athene. Myrrha verliebt sich in Kyniras, den eigenen Vater, zur Strafe dafür, dass ihre Mutter geprahlt hatte, ihre Tochter sei schöner als A. (s. o.). – Eos, die Göttin der Morgenröte, straft sie mit immerwährender Verliebtheit, weil sie mit Ares geschlafen hat. Pasiphaë, die Gattin des Minos, hat mehrere Jahre der A. nicht geopfert und wird dafür mit einer perversen Liebe zu einem Stier geschlagen.26

Schon in der griechischen Antike tritt an die Seite der A., die die sinnliche Liebe darstellt, eine A., die frei ist von leiblicher Lust. So unterscheidet Platon eine „himmlische“ und eine „irdische“ Liebe.27 Pausanias nennt sogar drei: Urania, die „Himmlische“, die frei ist von leiblicher Liebe, Pandemos, die „Gewöhnliche“, die für den Beischlaf zuständig ist, und Apostrophia, die „Abwenderin“, die die Menschen vor zuchtloser Begierde bewahrt.28

Die Schönheit der Göttin A./Venus manifestiert sich von Anbeginn in ihrer sinnlichen Erscheinung. Ihr charakteristisches Bild zeigt sie seit der klassischen Zeit Griechenlands (5. und 4. Jh. v. Chr.) nackt und wohlgestalt. Man kann ihre Nacktheit, die durch reichen Schmuck noch hervorgehoben wird, geradezu als ihr Attribut bezeichnen (vgl. dagegen die keusche → Artemis!). Auffallend ist ihr fülliges, gekräuseltes oder gewelltes langes Haar. Ihre zahlreichen Attribute lassen sich gruppieren a) in solche, die die Sinne ansprechen, wie eine Blüte, an der A. riecht (in der griechischen Antike: „Duftblüte“), insbesondere die Rose, in der Neuzeit auch Musikinstrumente, b) solche, die auf die Fruchtbarkeit hinweisen, wie der Hase oder Tauben, die auch ihren Wagen ziehen, und der vielsamige Granatapfel, c) Requisiten der Schönheitspflege, meist der Spiegel und aufwendiger Schmuck, vor allem ein reich verzierter Gürtel, der über Liebeszauber verfügt (vgl. → Hera, S. 88 ff.). Trabant der...

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