Sie sind dem Ruf des Abenteuers gefolgt.
Ist das nicht auch schon eine Erkenntnis?
Selbsterkenntnis – erkenne dich selbst. Das ist im Alltag meist gar nicht so einfach. Wie es uns wirklich geht, scheint weniger wichtig, als das bloße Funktionieren, das Erbringen unserer Leistung. Dabei kommt es uns manchmal vor, dass andere uns besser kennen als wir selbst. Unsere Partner. Unsere Kollegen. Unsere Vorgesetzten. „Big Brother is watching us“, und anscheinend macht er das intensiver, als wir uns selbst beobachten. Wann zum Beispiel haben Sie sich das letzte Mal im Spiegel angesehen? Nicht die fünf Minuten am Morgen, sondern lange und intensiv, Quadratzentimeter für Quadratzentimeter? Dürfen wir nicht, sollen wir nicht, das ist Narzissmus? Nun, dieser alte Zopf wird als erster abgeschnitten: Denn wer sich selbst erkennen will, muss sich auch selbst betrachten. Innerlich wie äußerlich. Und mit dem Äußerlichen fangen wir an.
Übung 1: Mein Ich im Spiegel
Nehmen Sie einen Handspiegel und betrachten Sie Ihr Gesicht. Das sind Sie. Das sind Sie, wie andere Sie sehen. Ja, schauen Sie genau hin. Lachen Sie, wenn Ihnen danach ist, weinen Sie, wenn Sie möchten, strecken Sie die Zunge heraus oder pfeifen Sie ein Liedchen. Sie dürfen tun, was Sie wollen. Schließlich sind Sie unter sich, nicht wahr? Den Menschen, den Sie im Spiegel sehen, sollten Sie besser kennen als irgendjemand anderen.
Sich erkennen schafft Erkenntnis
In dem Moment, in dem Sie wichtige persönliche Eigenschaften selbst erkennen, haben Sie die erste Hürde genommen. Häufiger ist das einfacher gesagt als getan. Schließlich haben wir alle den berühmten Tunnelblick, der uns hindert, Situationen in ihrer Gesamtheit zu überschauen. Wann immer Seminar-Teilnehmer ihren Tunnelblick durchbrechen, fallen Aussagen wie: „Natürlich! Wie konnte ich das nicht sehen?“. Die Antwort ist: „Sie konnten das nicht sehen, weil eine neue Sichtweise Veränderung fordert. Und vor Veränderungen haben wir alle Angst. Angst verhindert den Blick über den Tellerrand.“ Um uns selbst zu erkennen, müssen wir also zunächst unsere Angst überwinden. Unseren inneren Schweinehund. Kreativ sein anstatt reaktiv. Uns selbstbestimmen anstatt uns fremdbestimmen zu lassen. Und wir sollten damit anfangen. Jetzt.
Ängste, Festhalten und Blockaden
Angst ist ein negativ besetztes Wort. Dabei ist instinktive Angst ein guter Schutz vor unüberlegtem Handeln. Das hat die Natur so eingerichtet, und sie hat gut daran getan. Weil wir aber in unserer modernen Gesellschaft verlernt haben, unseren Intuitionen zu folgen, verselbstständigen sich diese Angstgefühle. Mit der Folge, dass viele unserer Ängste zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden: Dass das Butterbrot immer auf die Butterseite fällt, darüber können wir noch schmunzeln. Darüber, dass die Ampel immer rot ist, wenn wir keine Zeit haben, schon weniger. Die selbsterfüllende Prophezeiung ‚das kann nichts werden‘ begleitet uns täglich.
Je mehr Sie sich mit Ihren Ängsten befassen, umso mehr erfahren Sie über sich selbst. Unserer Ängste führen dazu, dass wir an Glaubenssystemen, Dogmen und vorgefassten Urteile festhalten. Und damit beispielsweise an einer verhassten Arbeitsstelle, an einem Menschen, mit dem es keine Zukunft gibt, an einem Ort, von dem wir schon lange weg wollen. Wir glauben, dieses Festhalten gibt uns Sicherheit, Identität und Orientierung. Stattdessen blockiert Festhalten unsere Entwicklung.
Übung 2: Meine Ängste
Erstellen Sie eine Liste aller Ihrer Ängste. Denken Sie daran: Sie sind unter sich! Seien Sie also ganz offen und ehrlich. Schließlich geht es um Ihre Selbsterkenntnis. Erfolgsorientierte Menschen weichen einer Prüfung nicht aus, sondern begrüßen sie. Alles, was auf dieser Liste steht, geht nur Sie etwas an. Sorgen Sie aber wirklich dafür, dass alle Ihre Ängste auf der Liste stehen.
Übung 3: Die Veränderung meiner Ängste
Das Wort Angst kommt vom lateinischen Angus und meint: Enge. Das ist ein gutes Sinnbild dafür, was Angst bei uns bewirkt: Sie engt uns ein. Manchmal zu unserem Schutz. Häufig aber auch nicht. Manche unserer Ängste entsprechen unseren charakterlichen Ausprägungen: Bei individualistischen Menschen entstehen Ängste vor Einsamkeit und Isolation. Bei vertrauenden Menschen Ängste vor zuviel Hingabe. Bei auf Stabilität und Dauer ausgerichteten Menschen Ängste vor Neuem. Bei Menschen, die auf Wandel ausgerichtet sind, Ängste vor Einengung und Gewohnheiten. Es gilt also, auf dem Weg zur Selbsterkenntnis unsere Ängste zu lokalisieren. Nehmen Sie Ihre Liste zur Hand und schauen Sie sie genau an. Welche Ängste geben Ihnen das Gefühl, sie behindern Sie am Weiterkommen? Bei welchen Ängsten würden Sie eine Veränderung begrüßen? Bei welchen Ängsten können Sie sich ein persönliches Ziel setzen? Wichtig ist, dass Sie die Ergebnisse, zu denen Sie gelangen, in Ihrem Schreibjournal oder Ihrer Datei festhalten. Wenn Sie einige Kapitel des Buches durchgearbeitet haben, werden Sie feststellen, wie sich Ihre Ängste nach und nach auflösen. Nehmen Sie dazu Ihre Liste mit den Zielen einmal täglich zur Hand. Es genügt, wenn Sie sie immer wieder aufmerksam durchlesen – ihr Unterbewusstsein erledigt den Rest.
Nachdem Sie nun Ihre Ängste besser kennen gelernt haben, ist es an der Zeit, sich mit Ihren Stärken und Schwächen zu beschäftigen. Vergessen Sie nicht, wir brauchen beides, um ein vollständiger Charakter zu sein. Ein Mensch, der nur aus Stärken besteht – Superman oder Superwoman – ist nicht liebenswert. Häufig bewundern wir an unseren Partnern und Mitmenschen die kleinen Schwächen mehr als die großen Stärken. Vergessen Sie nicht, dass im Umkehrschluss diese Partner und Mitmenschen auch Ihre kleinen Schwächen lieben. Konzentrieren Sie sich also bei der folgenden Übung auf Ihre großen Schwächen. Das sind diejenigen, von denen Sie glauben, dass sie Sie in Ihrem Fortkommen hemmen. Vielleicht sind sie mit Ihren Ängsten verwandt. Vielleicht entdecken Sie aber auch noch etwas völlig Neues.
Dasselbe gilt für Ihre Stärken. Für manche Menschen ist die Schwächen-Analyse einfacher als die Stärken-Analyse. Wir sind es nicht gewohnt, unsere Sonnenseiten herauszukehren. Aber hier dürfen Sie: Lassen Sie Ihre Stärken zu! Scheuen Sie sich nicht, sie zu benennen. Selbst wenn Ihnen eine innere Stimme einflüstert: Das ist doch keine echte Stärke. Für Sie persönlich schon. Und hier geht es nur um Sie!
Übung 4: Meine Stärken, meine Schwächen
Ein Stärken-Schwächen-Profil hilft Ihnen, sich als vollständigen Charakter zu erkennen. Nehmen Sie sich genügend Zeit dafür – wenn es sein muss, auch mehrere Tage. Denn es ist nicht einfach, seine eigenen Stärken und Schwächen in Worte zu fassen. Wenn Sie wollen, können Sie auch Ihren Partner oder andere Menschen, denen Sie vertrauen, befragen. Doch verlassen Sie sich nicht nur auf das Fremdurteil. Auf dem Weg zur Selbsterkenntnis ist Ihre eigene Erkenntnis am wichtigsten.
Eines der Merkmale unserer westlichen Gesellschaft ist, vieles mit Verstand und Logik auszudrücken. In Indien beispielsweise, wo ein Teil meiner Familie lebt, ist es genau anders herum: Emotion und Intuition stehen dort an erster Stelle. Auf dem Weg zur Selbsterkenntnis sind beide Bereiche wichtig. Mit der Balance-Analyse können Sie ganz leicht Ihre Gefühlen sprechen lassen.
Übung 5: Ihre Balance-Analyse
In dieser Übung geht es um eine Bewertung Ihrer Gefühle. Das Schaubild hilft Ihnen dabei herauszufinden, wie Sie sich zurzeit in sieben wichtigen Lebensbereichen fühlen. Geben Sie rein nach dem Gefühl zwischen 0 und 10 Punkte (0 für unzufrieden, 10 für sehr zufrieden) – und machen Sie dieselbe Übung einige Minuten später noch einmal.
Wie zufrieden bin ich momentan in Bezug auf
· meine Leistung 0-10
· meine Gesundheit 0-10
· mein geistiges Potenzial 0-10
· mein Sein 0-10
· meine Überzeugungskraft 0-10
· meine Beziehung 0-10
· meine Flexibilität 0-10
Haben Sie sich nun beispielsweise bei „meine Leistung“ im Durchschnitt 6 Punkte gegeben, stellen Sie sich bitte folgende Fragen: Was können Sie spontan ändern, um Ihre Leistung zu steigern? Oder was müssen Sie zurzeit einfach akzeptieren, weil Sie zum Beispiel aufgrund einer Krankheit Ihre Leistung nicht steigern können? Bewerten Sie auf diese Weise die ganze Liste.
Auf dem Weg zur Selbstverwirklichung werden Sie feststellen, dass Sie es mit einem energetischen Prozess zu tun haben. Mit jedem Baustein, den Sie hinzufügen, werden Sie ein ‚mehr‘ an Energie gewinnen. Dass Ihre Ängste zu den größten Energie-Räubern gehören, wissen Sie bereits. Erinnern wir uns daran, wie wir Kinder im Schwimmbad das erste Mal auf dem Drei-Meter-Sprungbrett standen, angetrieben von auffordernden Rufen „spring, das ist doch gar nicht tief!“, und einige von uns...