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Die Olympischen Sommerspiele 1936 und der Nationalsozialismus im Spiegel der Schleswig-Holsteinischen Tagespresse

AutorHauke Klenz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl85 Seiten
ISBN9783656155133
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Geschichte Europa - Deutschland - Nationalsozialismus, II. Weltkrieg, Note: 1,3, Christian-Albrechts-Universität Kiel, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Olympischen Sommerspiele des Jahres 1936 waren die ersten Olympischen Spiele, die in einer Diktatur stattfanden. Einerseits führte diese Tatsache zu einer weltweiten Protestbewegung, andererseits verschaffte sie den Ausrichtern der Spiele die nahezu uneingeschränkte organisatorische und finanzielle Unterstützung des gastgebenden Staates. In der heutigen Zeit fällt es schwer nachzuvollziehen, warum sich das Internationale Olympische Komitee (IOK) dazu entschloss, die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin, der Hauptstadt des sich unter der Herrschaft der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und ihres Führers Adolf Hitler befindlichen Deutschlands, auszutragen. Hier sei erwähnt, dass sich das IOK bereits am 13. Mai 1931, also lange vor der Machtergreifung Hitlers, auf den Ort der Spiele festgelegt hatte. Hierfür ist besonders Theodor Lewald, deutscher Sportfunktionär und Vorsitzender des Organisationskomitees der Olympischen Spiele 1936, als treibende Kraft anzusehen, da er bereits seit 1927 systematisch auf eine Vergabe der Spiele an Berlin hinarbeitete. Ausschlaggebend für die Entscheidung des IOK waren besonders die Organisationsfähigkeit und die Gastfreundschaft der Deutschen. War Deutschland aufgrund politischer Motivationen von den Olympischen Spielen 1920 in Antwerpen und 1924 in Chamonix noch ausgeschlossen, so hatte es mit der Vergabe der Spiele an Berlin geschafft, endgültig auf die Bühne des internationalen Sports zurückzukehren. Es darf jedoch nicht in Vergessenheit geraten, dass die NSDAP den Olympischen Spielen nicht immer wohl gesonnen gegenüberstand. Besonders der 'Völkische Beobachter' (VB) und die 'NS-Monatshefte', Zentral- und Theorieorgane der NSDAP, beinhalteten regelmäßig entsprechende Berichte. Ein auf nationalen Gründen beruhender Sinneswandel erfolgte erst kurze Zeit nach Beendigung der Olympischen Sommerspiele von Los Angeles 1932. Dieser ist wohl nicht nur auf das dortige Abschneiden der deutschen Mannschaft, die mit einer Ausbeute von fünf Gold-, zwölf Silber- und sieben Bronzemedaillen nur den sechsten Rang in der Nationenwertung erreichte , zurückzuführen, sondern auch auf die nicht mehr zu übersehende Ausstrahlungskraft, die olympische Erfolge auf internationaler Ebene zu haben vermochten. [...]

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Leseprobe

5. Die außen- und innenpolitische Darstellung Deutschlands im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 1936


 


Um einen reibungslosen und erfolgreichen Ablauf der Spiele in Berlin zu garantieren, bedurfte es einer intensiven Vorbereitung, für die im Folgenden eine kurze Übersicht gegeben werden soll.

 

Nach der am 24. Januar 1933 im Berliner Rathaus erfolgten Gründung des Olympischen Komitees (OK), dem neben Lewald (Präsident) und Diem (Generalsekretär) auch der Berliner Oberbürgermeister Heinrich Sahm (Vizepräsident) und die deutschen IOK-Mitglieder Karl Ritter von Halt und Adolf Friedrich zu Mecklenburg angehörten, kam es sechs Tage später zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Schon zuvor war der IOK-Präsident de Baillet-Latour mit der Bitte an Ritter von Halt herangetreten, Hitlers Haltung zu den Olympischen Spielen im Falle einer Regierungsübernahme zu erfragen, da man sich der ablehnenden Haltung der NSDAP gegenüber dem internationalen Sportverkehr mit gleichberechtigter Teilnahme aller Völker und Rassen durchaus bewusst war.[63] Von Halt gelang es zwar nicht, ein persönliches Gespräch mit Adolf Hitler zu führen, doch dessen Kanzlei gab ihm die Information, dass er großes Interesse an den Spielen zeige.[64]

 

Kurz nach der Machtergreifung bat auch Theodor Lewald um eine Audienz bei Hitler, die ihm für den 16. März 1933 gewährt wurde und auf der Hitler ihm jede Unterstützung zusagte. Dies galt auch für das Tragen der Baukosten und die uneingeschränkte Unterstützung des OK im In- und Ausland durch das Propagandaministerium.[65] Lediglich den Sitz des Ehrenvorsitzenden lehnte Hitler ab, übernahm jedoch nach dem Tod Paul von Hindenburgs die Schirmherrschaft, die dieser am 9. Februar angenommen hatte. Lewald wollte Hitler bei diesem Treffen zudem Investitionen in die Olympiade schmackhaft machen, indem er ihm den damit verbundenen Prestigegewinn Deutschlands sowohl im In- als auch im Ausland erläuterte.[66] Schon vorher hatte er dem Reichspropagandaminister Goebbels nahegebracht, dass die Olympischen Spiele eine große Chance wären, um Deutschland als friedlich, geordnet und aufgeschlossen im Ausland zu präsentieren.[67] Die anfangs ablehnende Haltung der Nazis gegenüber den Spielen schlug dadurch in massive Unterstützung um. Zu verlockend waren die zu erwartenden wirtschaftlichen Vorteile, die sie mit sich bringen würden. Außerdem erhoffte man sich, Deutschland aus der außenpolitischen und kulturellen Isolation befreien zu können, wenn man die Olympischen Spiele als Werbeplattform für ein „neues“ Deutschland nutzen würde.[68]

 

Die skeptische Haltung des IOK blieb trotz der durch Hitlers Kanzlei herausgegebenen Interessenbekundungen an der Durchführung der Veranstaltung weiterhin bestehen. Dazu trugen im Wesentlichen die bereits beschriebenen Angriffe auf Lewald durch die NS-Presse[69], sowie die Umstrukturierung des deutschen Sportsystems bei. Diese Vorgänge waren dann auch wichtiger Gegenstand der vom 7. bis zum 9. Juni 1933 in Wien abgehaltenen Tagung des IOK. Bereits im Vorfeld hatte der Präsident des Komitees in mehreren Schreiben den drei deutschen IOK-Mitgliedern mitgeteilt, dass er die politischen und sportpolitischen Entwicklungen mit Sorge betrachte, und diese in Wien unbedingt klären möchte.[70] So musste die deutsche Reichsregierung schriftlich dafür garantieren, dass Lewald, Diem, v. Halt und der Herzog von Mecklenburg ihre organisatorischen Befugnisse für die Olympischen Winter- und Sommerspiele im NOK behalten, dass die olympischen Regeln eingehalten werden und den deutschen Juden eine Teilnahme an den Olympischen Spielen nicht verweigert wird.[71] Alle drei Garantien wurden gegeben, wobei die für die Zusammensetzung des Organisationskomitees besondere Beruhigung bei den IOK-Mitgliedern hervorrief, da man ein vertrauensvolles Verhältnis zu Lewald, Diem, v. Halt und dem Herzog von Mecklenburg hatte.[72] Im Zuge der Tagung wurde die Vergabe der Spiele an Berlin nachdrücklich bestätigt und auf Seiten der Deutschen konnte man endlich mit den Vorbereitungen beginnen, die in ihrer Anfangsphase hauptsächlich davon gekennzeichnet waren, dass die Nazis die Ämter im DOA und OK mit regimetreuen Personen besetzten,[73] bis es am 5. Oktober 1933 zu einem entscheidenden Wendepunkt hinsichtlich der Vorbereitungen kam. Zusammen mit Lewald, Diem, Frick, von Tschammer und dem Architekten Werner March besuchte Hitler[74] die für die Austragung der Sommerspiele vorgesehenen Sportstätten.[75] Dabei monierte er, dass ihre Größe und Schlichtheit dem „deutschen Geist“ nicht genügen würde, was ihn dazu veranlasste, deren kompletten Neubau anzuordnen und das Projekt zur „Reichsaufgabe“ zu erklären.[76] Zudem wurden die Haushaltsmittel von eher bescheidenen 5,5 Millionen auf über 100 Millionen Reichsmark erhöht, wodurch man „deutsche Größe“ demonstrieren[77] und der großen außenpolitischen Bedeutung der Spiele gerecht werden wollte.[78] Die Konzeption, die einen Abriss der alten und den Neubau einer neuen, 100.000 Zuschauer fassenden Arena an deren Stelle vorsah, stand im Dezember 1933 endgültig fest, woraufhin das Reich innerhalb kürzester Zeit die rechtlichen, organisatorischen und ökonomischen Voraussetzungen schuf, damit alle Bauprojekte in einer Zeit von weniger als drei Jahren abgeschlossen werden konnten.[79]

 

Zugleich nutzte die nationalsozialistische Propaganda den Neubaubeschluss für ihre Zwecke, indem sie den komplexen Entwurfs- und Planungsprozess auf den Hitler zugeschriebenen Satz „Wir werden bauen!“ verkürzte und ein Foto, dass ihn zusammen mit Reichsinnenminister Frick in Bauherrenpose zeigt[80] und unter anderem auf dem Vorsatzblatt der Propagandaschrift „Olympia 1936. Eine nationale Aufgabe“ zu sehen war, mit diesem Satz untertitelte.[81] So sollte im Zusammenhang der Olympia-Vorbereitungen eine klassische Identität des staatlichen Machthabers inszeniert werden: die des Baumeisters, der den Zerfall von Staat, Gesellschaft und Volk verhindert, indem er den Bau des Staates neu fügt.[82]

 

Auch der von den Nazis zuvor noch kritisch betrachtete Hochleistungssport erfuhr nun  Unterstützung, da die Leistungsfähigkeit der Deutschen auch in sportlicher Hinsicht unter Beweis gestellt werden sollte. So wurde zwischen dem 1. und 11. Oktober 1933 ein erster Olympiavorbereitungslehrgang in Berlin veranstaltet. 550 potentielle Olympia-Teilnehmer, für deren Vorbereitung die dem Reichssportführer unterstellten Reichsfachamtsleiter verantwortlich waren, nahmen daran teil.[83] Die besten Teilnehmer wurden in sogenannten Kernmannschaften zusammengefasst und künftig speziell betreut und trainiert, um bei den Olympischen Spielen ihre Bestform abrufen zu können.[84]

 

Neben den bis hierhin genannten Vorbereitungsmaßnahmen waren es noch einige andere Pläne, die dazu führten, dass die Organisatoren der Olympischen Spiele 1936 das IOK komplett für sich einnehmen konnten. Dazu gehörte neben den Versprechen, ein neues Olympisches Dorf bei Döberitz bauen zu lassen und einen Fackellauf von Olympia nach Berlin durchzuführen, auch die Ankündigung von Tschammers, die von Curtius begonnenen Ausgrabungen in Olympia mit Reichsmitteln in Höhe von 300.000 Reichsmark fortzusetzen.[85]

 

5.1 Außenpolitische Darstellung Deutschlands durch das NS-Regime


 


Der Zeitraum vor den Olympischen Spielen 1936 war von intensiver Werbung geprägt, die vom „Olympia-Propagandaauschuss“, der am 15. Januar 1934 im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVuP) gegründet worden war[86], betrieben wurde und sich sowohl auf das In- als auch auf das Ausland erstreckte. Während es das vorrangige Ziel der Inlandspropaganda war, eine allgemeine olympische Schulung der deutschen Bevölkerung und die damit verbundene Identifizierung aller Deutschen mit den Olympischen Spielen zu  erlangen, ergab sich für die Auslandspropaganda ein leicht differenziertes Bild. Ihr Sinn und Zweck bestand im Wesentlichen darin, Werbung für die Großveranstaltung zu betreiben und möglichst viele Ausländer für einen Besuch der Spiele zu begeistern.[87] Außerdem wollte man deutsche Friedensliebe und die Respektierung olympischer Grundsätze demonstrieren, um so vor allem den amerikanischen Boykottbestrebungen entgegenzutreten. Zu den effektivsten und wichtigsten Aktionen der Auslandspropaganda zählten die innereuropäischen Reisen des Reichssportführers von Tschammer und Osten und des Generalsekretärs des OK, Carl Diem, auf denen sie vielfach mit nationalsozialistischem Gedankengut durchsetzte Vorträge in Stockholm, Oslo, Kopenhagen, Athen, Belgrad, Agram, Paris und London hielten, um so den Friedensgedanken der Reichsregierung nachdrücklich zu präsentieren.[88] Zudem wird durch die Aussage Hitlers, dass „Deutschland sich außenpolitisch in einer der schwierigsten ungünstigsten Lage befindet und daher versuchen müsse, durch große kulturelle und intellektuelle Leistungen die Weltmeinung für sich zu gewinnen“[89] deutlich, dass es den...

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