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E-Book

Die Outsourcing-Falle

Wie die Globalisierung in den Ruin führen kann

AutorChristian Ganowski, Johanna Joppe
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783864145391
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Warum es viel rentabler sein kann, in Deutschland zu produzieren. Fast jedes dritte Unternehmen erlebt beim Outsourcing in sogenannte Billiglohnländer eine Bruchlandung. Viele kehren mit enormen Verlusten aus China oder Osteuropa zurück. Das Sachbuch bricht Tabus und erklärt, wie Firmen der Globalisierungsmode zum Opfer fallen. Anhand vieler Erfahrungsberichte erklären die Autoren, wo die Fallen beim Outsourcing lauern. Vor allem 'Bauchentscheidungen' in Unternehmen lassen viele Auslandsabenteuer scheitern - dabei kann man mit dem Einsatz bewährter Managementinstrumente viele Fehlentscheidungen vermeiden und erfolgreiche Strategien entwickeln. Wie sieht zum Beispiel effektives Risikomanagement bei Auslandsinvestitionen aus? Best Practices veranschaulichen außerdem, wann sich eine Auslandsinvestition wirklich lohnt und wie man diese erfolgreich durchführt.

Christian Ganowski ist Mitinhaber von Memconsult, einer internationalen Beratungsgesellschaft für Risikomanagement und intelligente Managementsysteme. Er schreiben regelmäßig für Tages- und Wirtschaftszeitungen und hat im Redline Verlag schon den Titel 'Die Outsourcing-Falle' veröffentlicht.

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Leseprobe

»Billig gekauft, teuer bereut«

Bürospruch

1 China sehen und sterben


Outsourcing mit tödlichen Folgen


Nein, wir übertreiben nicht. Outsourcing fordert Todesopfer. Und nicht zu knapp. Nur redet keiner darüber. Wir brechen das Tabu: hier und jetzt und an einem konkreten, selbstverständlich anonymisierten Beispiel aus der Praxis.

Das Management eines deutschen Kreiskrankenhauses kämpft wie alle Krankenhäuser einen verzweifelten Kampf mit den Kosten. Keine Position ist tabu. Auch nicht die Küche, die mit ihrer Personal- und Materialintensität einen erheblichen Kostenfaktor darstellt. Außerdem werden die Mitarbeiter nach Krankenhaus-Tarif und nicht nach Gastro-Tarif bezahlt. Was liegt da näher als Outsourcing? Die Verwaltung holt einige Angebote von Caterern und externen Großküchen ein und staunt nicht schlecht: Es sind Kosteneinsparungen um fast die Hälfte möglich! Der Verwaltungschef kriegt glänzende Augen, sein Puls geht in die Höhe, die Hände werden ihm feucht. Er schlägt zu. Nach einem halben Jahr Planung und Verhandlungen mit dem Outsourcing-Nehmer wird die Küche ausgelagert. Neun Monate später wird sie klammheimlich wieder in die Eigenregie zurückverlagert.

Anlass sind einige mysteriöse Erkrankungen und Todesfälle. »In einem Krankenhaus sterben immer Leute«, versucht der Pressesprecher zwar in den ersten Stunden der PR-Katastrophe die Wogen der öffentlichen Empörung abzuwiegeln. Doch spätestens als die Staatsanwaltschaft sich wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung einschaltet, sickern die Ergebnisse einer internen Hygienekommission durch: Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass das Essen schuld war. Der Kommissionsleiter deutet hinter vorgehaltener Hand an: »Die alte Küche war nicht umsonst so kostenintensiv. Einwandfreie Qualität verursacht hohe Kosten. Der neue Betreiber arbeitet nach dem Rentabilitätsprinzip: je weniger Kosten, desto besser für die Gesellschafter. Manchmal spart man dann ein wenig zu viel – schon rutscht ein Keim durch. Und bei kranken Menschen reicht eben oft ein Keim.«

Für den kühl rechnenden Manager ist das Outsourcing-Abenteuer nichts weiter als ein gescheiterter Versuch zur Kostensenkung. Für die Ärzte, das Pflegepersonal, die Trägergemeinde und vor allem die Patienten ist es die Katastrophe schlechthin. Der Ruf des Hauses ist ruiniert. In der Folgezeit gehen die Patientenzahlen empfindlich nach unten – das Letzte, was sich ein Krankenhaus in der aktuellen Situation leisten kann. Die Tage des kaufmännischen Leiters sind gezählt.

Das bringt uns zur persönlichen Dimension des Outsourcing-Desasters.


Die persönliche Dimension des Desasters


Die meisten Manager machen sich keine Vorstellung darüber, wie rufschädigend Outsourcing & Co. sein können. Der Patriarch eines Familienunternehmens, der Discounter-Kosmetik herstellt, kauft zwei Werke in Rumänien. Zwei Jahre danach muss er sein eigenes Mutterhaus verkaufen, das seit 128 Jahren in Familienbesitz ist. Sein Auslandsabenteuer hat ihn ruiniert, viele Menschen im Ort sind arbeitslos geworden. Gegrüßt wird er nicht mehr in seiner Heimatgemeinde. Seine Frau fährt 30 Kilometer weit, um nicht am Ort einkaufen zu müssen. Es kursieren Scheidungsgerüchte. Natürlich ist er sich keiner Schuld bewusst – doch für seine Mitbürger in der Kleinstadt trägt er wie Kain das Mal des Verdammten auf der Stirn.

Die persönlichen Risiken von Outsourcing & Co. werden von Managern immer noch grob unterschätzt.

Die Fehleinschätzung ist begründet: Wenn Manager normalerweise einen Fehler machen, ist es ein Leichtes, ihn unter den Teppich zu kehren. 90 Prozent der Menschen verstehen einfach zu wenig von Wirtschaft, um Managementfehler entdecken, geschweige denn verstehen zu können. Doch bei Outsourcing & Co. ist das aus vielerlei Gründen ganz anders. Der wichtigste: Jeder Mensch ist im Grunde seines Herzens ein Patriot. Wenn also ein Unternehmer ins Ausland geht, im Ausland einkauft oder ins Ausland verlagert, dann ist er a priori ein »Vaterlandsverräter«, wie ein deutscher Exbundeskanzler das einmal ausdrückte. Wenn der Unternehmer dann im Ausland scheitert, wird er öffentlich an den Pranger gestellt und privat geächtet. Und nicht nur das.

Outsourcing & Co. sind auch exzellente Karrierekiller.

Dank des Outsourcing-Debakels kämpft der Verwaltungsleiter des Krankenhauses noch Monate danach um seine berufliche Existenz. Sein Ruf ist stark angeschlagen. Große strategische Würfe traut ihm keiner mehr zu. Sein Haus ist über Nacht zum Übernahmekandidaten geworden. Eine lebhafte Nachfolgediskussion ist im Gange, obwohl er noch auf dem Chefsessel sitzt. Dabei fühlt sich der Krankenhausmanager zu Unrecht verfolgt: »Die ganze Sauerei ist nicht meine Schuld! Das hat doch der Outsourcing-Partner zu verantworten!« Das ist seine Sichtweise. Der Rest der Welt hat eine andere Meinung – die eine Besonderheit beim Outsourcing widerspiegelt, die jeder Manager eigentlich aus Gründen des Selbstschutzes kennen müsste:

Das Versagen eines Outsourcing-Partners wird selten diesem, sondern meist den Managern des Mutterhauses angerechnet.

»Mitgefangen, mitgehangen«, wie das Sprichwort sagt. Das ist unfair – aber so läuft das Spiel nun einmal. Die wenigsten Manager sind sich dessen bewusst, wenn sie einen Outsourcing-Vertrag unterschreiben.

Warum das so ist, illustriert sehr schön ein Beispiel aus der Hautevolee: Eine deutsche Brauerei sponsert seit Jahr und Tag ein exklusives Prominenten-Tennisturnier. Sie kommt für das VIP-Zelt auf, in dem ein exklusives Büfett und zahlreiche Attraktionen auf die illustren Gäste warten. Beim letzten Turnier passiert etwas, das sich dem hart arbeitenden deutschen Michel nur schwer erschließt: Der Hummer kommt kalt auf die Teller der Wirtschaftsbarone und Filmsternchen. Man denke! Es kursiert das Diktum: »Die verdammte … (Name der Brauerei) ist doch tatsächlich zu blöde, Hummer zuzubereiten. Aber was will man von Bierkutschern schon erwarten?« Der Eventmanager der Brauerei ist wütend: »Was bilden sich die Leute eigentlich ein? Es sind doch nicht unsere Mitarbeiter, die hinterm Büfett und in der Küche stehen. Das macht doch der Caterer!« Worauf ihm sein Geschäftsführer in die Parade fährt: »Ach ja? Und woher sollen die Leute das wissen, wenn unser Name in fetten Lettern auf vier Zeltwänden steht? Die kennen doch noch nicht mal den Namen des Caterers!«

Zum persönlichen Risiko von Auslandsabenteuern schrieb uns der Fertigungsleiter eines Herstellers für Sicherheitselektronik: »Als wir vor zehn Jahren nach China gingen, bot man mir die Stelle des Werkleiters an. Ich habe mich dort umgesehen und mir gedacht: Zu viele Unwägbarkeiten, viel zu viel Rechtsunsicherheit. Der Kollege, der das Angebot angenommen hat, ist inzwischen gescheitert, unser chinesisches Werk ist noch immer ein Minusgeschäft. Der Kollege wurde zwar nicht entlassen, weil er schon so lange bei der Firma ist. Aber jetzt macht er Lagerprojekte. Das ist bei uns das Abstellgleis.«

Heißt das nun: Finger weg von Outsourcing & Co., wer sich seine Karriere, seine Ehe und seinen guten Ruf bewahren möchte? Natürlich nicht. Es heißt lediglich:

Wenn Sie ins Ausland gehen oder im Ausland sind (investiv oder sourcend), dann nehmen Sie Ihre persönlichen Risiken neben den rein wirtschaftlichen Risiken in Ihr Risikokalkül auf.

Risiken gibt es immer, das ist normal. Peinlich jedoch ist, wenn man(ager) sich von Risiken überraschen lässt und wie der Krankenhausmanager weinerlich klagt: »Aber das ist doch nicht meine Schuld! Das war unser Outsourcing-Partner!« Solche HeulsusenAnfälle stehen gestandenen Managern äußerst schlecht zu Gesicht. Wer sich wie ein Kleinkind benimmt, den behandelt seine Umwelt irgendwann wie ein Kleinkind.


Der Tod als Outsourcing-Begleiter


Outsourcing-Todesopfer gibt es nicht nur in Krankenhäusern, der Pflege, der Notfallrettung oder der Gastronomie. Es gibt sie auch in ganz normalen Fertigungsbetrieben. Wer noch nie bei einem chinesischen oder osteuropäischen Outsourcing-Partner auf dem Shop Floor herumgestöbert hat, wenn der heimische Aufseher mal weg-guckt, kann das nicht nachvollziehen. Doch die Arbeitsbedingungen in den Low Cost Countries spotten meist jeder Beschreibung – auch deshalb sind die Billigländer so billig! Der...

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