Vorwort
In meinen frühesten Erinnerungen sind Steine immer untrennbar verbunden mit fließendem Wasser, Gebirgsbächen insbesondere, deren Fluss ich mit Hilfe der Bachkiesel immer zu lenken versuchte: eine große Rinne in viele kleine Rinnsale zu teilen, diese wiederum zu bündeln, Staudämme zu errichten und Wasserfälle zu bauen, oder einfach ein ruhiges Becken inmitten des reißenden Stromes zu schaffen. Immer waren dabei Steine mein liebstes Material. Wo andere sich zur Verstärkung ihrer Konstruktionen mit Ästen oder Erde behalfen, war dies immer nur ein Notbehelf für mich – es musste auch mit Steinen allein zu lösen sein! Sehr schnell erwuchs aus diesen Beschäftigungen, die mir manche nasse Hose und meinen Eltern etliche Gedulds- und Toleranzprüfungen verursachten, eine besondere Liebe zu den Steinen: Zu den gesprenkelten, gestreiften, gebänderten oder mit sehr eigenwilligen Adern durchzogenen Bachkieseln als erstes, später jedoch auch zu allem anderen, das sich in der Farbe oder Form irgendwie als Besonderheit hervortat. Glücklicherweise unterstützten meine Eltern aktiv (durch das Nachhausetragen meiner vielzähligen Fundstücke) die nun aufkeimende Sammelleidenschaft.
So kam es, dass ich im Sommer 1972 auf einem Südtiroler Geröllfeld über einen ganz besonderen Stein stolperte: Er war sonderbar kantig gewachsen, zeigte gerade rotbraune Flächen mit etwas Glimmerüberzug darauf und war irgendwie anders: Zu regelmäßig, zu exakt, um ein Stein sein zu können, zumindest in meinem bisherigen Verständnis. Irgendeine Scherbe, dachte ich, und warf ihn weg. Als ich jedoch nach wenigen Minuten schon wieder vor ihm stand, steckte ich ihn ein. Den weiteren Urlaub hindurch schenkte ich ihm keine Beachtung mehr, doch lag er bei den Schätzen, die ich nach unserer Heimkehr meinem besten Freund Thomas zeigte. »Wo hast du denn den Granat her?«, meinte dieser und angelte unter all den bunten Steinen genau jenes sonderbare Stück heraus. »Wieso Granat?«, entgegnete ich, »woher weißt du, was das ist?« Und da brachte er ein dünnes Hardcover-Taschenbuch mit dem Titel »Mein kleines Mineralienbuch« zum Vorschein, in dem ein Bild ganz eindeutig zeigte: Dieser seltsame Stein war ein Mineral, ein Granat, also auf jeden Fall etwas ganz Besonderes!
Dieses »Kleine Mineralienbuch« musste ich natürlich auch haben, und mit ihm entdeckte ich nun eine ganz neue Welt: Die Mineralien. Ich lernte, dass alle Steine aus Mineralien bestehen, mindestens aus einem, meistens jedoch aus mehreren, die in der Regel klein und unauffällig bleiben und nur sehr selten schön, groß und auffällig in Form und Farbe werden können, so wie eben der von mir gefundene Granat. Ich lernte weiter, dass Mineralien tatsächlich wachsen, mit einem kleinen Keim beginnen und dann im Laufe vieler Jahre immer größer werden, und sich dabei an einen wunderbaren Bauplan halten, der exakte und regelmäßige Formen entstehen lässt. Diese Formen, so erfuhr ich aus meinem Büchlein, werden dann Kristalle genannt, von denen es nur sieben Gruppen gibt auf der ganzen Welt. So hielten die Kristallsysteme, die Mineralstoffe, die Mohshärte und die Systematik der Mineralien schon Einzug in die Kinderwelt meines achten Lebensjahres, woraus eine neue Leidenschaft erwuchs: Das Mineraliensammeln.
Der Autor im Alter von 6 Jahren beim Steinesammeln
Es durften nun keine »gewöhnlichen Steine« mehr sein, es mussten Mineralien sein! So wurde gezielter gesammelt, der mineralogische Buchbestand wuchs von Jahr zu Jahr, mit der Volkshochschule ging es in die Steinbrüche, und alles, was sich nicht von selbst finden ließ, konnten mir ja immer noch Eltern und Verwandte zu Weihnachten oder zum Geburtstag schenken. Schade nur, dass es nicht noch mehr gesellschaftliche Anlässe dieser Art im Jahr gab! Trotz alledem wuchs im Laufe der Jahre auch die Mineraliensammlung heran, und dank »Kosmos-Bausatz« entstand im Heizungskeller meiner Eltern das erste »mineralogische« Labor, in dem eifrig bestimmt, geprüft und präpariert wurde. Und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass Chemie als nächstverwandtes Unterrichtsfach in der Schule zu meinem Lieblingsfach und zur Stütze meiner Notendurchschnitte wurde, und auch nach der Schule mein Weg mich zunächst ins Chemiestudium an der Universität führte.
Dort setzte die Ernüchterung ein. Die dort praktizierte Chemie führte in eine trockene, kalte, sterile Welt, die nichts mehr gemein hatte mit der Schönheit der Bachkiesel oder der Faszination der Mineralien. Die ganze Welt nur noch als zufällig interagierende Stoffe zu betrachten, raubte aller Existenz jeglichen Zauber und vermittelte mir deutlich das Gefühl, dies könne noch nicht alles sein. So brach ich das Studium ab. In der Folgezeit suchte ich Antworten darauf zu finden, ob wir Menschen nun tatsächlich das Endprodukt einer Kette zufälliger Mutationen oder doch geistige Wesen besonderer Herkunft sind, ob diese Erde mit ihrer Schönheit und Grausamkeit nur ein verirrter Planet im All oder vielleicht doch eine sinnerfüllte Welt darstellt. In mir tobte der Kampf zwischen Materialismus und geistiger Betrachtung, und aus diesen inneren Konflikten heraus resultierte eine sehr chaotische Lebensphase mit einer Reihe von Unfällen und Krankheiten.
Genau dadurch begegneten mir die Steine auf eine völlig neue Weise wieder: Im Unfall- und Krankheitsjahr 1985 erhielt ich zum ersten Mal die Empfehlung, ein Mineral als Heilstein zu verwenden: Ich litt damals an regelmäßig wiederkehrenden Stirnhöhlenvereiterungen, gegen die Antibiotika ebenso versagten, wie homöopathische Medikamente. Dem Hinweis, Smaragd sei gut gegen Entzündungen, den mir ein Bekannter damals gab, begegnete ich mit großer Skepsis. Noch hatte die Vorstellung, Steine seien zwar schön und liebenswert, ansonsten jedoch tote Materie, Oberhand in meinem Bewusstsein. Dennoch probierte ich es aus. »Schaden kann es ja nicht«, war dabei der leitende Gedanke. Ich besorgte mir einen Smaragd, klebte ihn mit einem Pflaster auf die Stirn und – es half! Im wahrsten Sinne des Wortes »über Nacht« war die Krankheitsserie vorüber.
Zunächst versuchte ich, den lieben Zufall zu zitieren, doch zu einschneidend, zu deutlich war das Erlebnis gewesen. Erneut wandte ich mich den Steinen zu, diesmal in der festen Absicht, die Heilwirkungen von Mineralien und Edelsteinen zu ergründen. Alle zu diesem Thema zugängliche Literatur suchte ich zusammen, doch viel war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu finden. Nur wenige Pioniere hatten sich bis dahin mit der Heilkraft von Steinen befasst – eine Tatsache, die sich auch bis heute nur wenig geändert hat: Zwar täuscht das große Literaturangebot anderes vor, doch bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass vor allem in jüngerer Zeit viele Veröffentlichungen auf rein »redaktionellem Weg« entstanden sind, d.h. durch Zusammentragen von Sekundärinformationen. Bis auf wenige Ausnahmen werden noch immer die Pioniere der letzten Jahrzehnte zitiert und kopiert.
Beim Studium der Heilsteine-Literatur fiel mir sogleich zweierlei auf: Zum einen enorme Widersprüche, was die beschriebenen Heilwirkungen und Handhabungen der Steine betrifft, zum anderen eine auffällige Übereinstimmung, die Wirkungen von Mineralien und Edelsteinen fast immer mit ihrer Farbe zu begründen. Beides traf in meiner »Wissenschaftler-Seele« auf Widerspruch. Bei dieser Widersprüchlichkeit der Wirkungs-Beschreibungen war das Ganze entweder Humbug, oder es wurden generell subjektive Erfahrungen als objektive Wahrheiten verallgemeinert. Zum zweiten schienen mineralogische Kenntnisse zu fehlen, besteht ein Mineral doch aus sehr viel mehr, als nur seiner Farbe! Entstehungsbedingungen, Struktur und die enthaltenen Mineralstoffe sind für das Wachstum und die spätere Erscheinungsform eines Minerals von solcher Bedeutung, dass sie sicherlich auch ihren Anteil an der Entstehung spezifischer Heilwirkungen besitzen!
Ich sah zunächst keine Möglichkeit, die vorhandenen Widersprüche zu lösen, und beschloss daher, mich anderen Naturheilverfahren zu widmen, und nur »nebenher« mit Mineralien zu experimentieren. Erneut war es eine Reihe von »Zufällen«, die mich in der Folge in Berührung mit Shiatsu, der japanischen Form der Akupressur, der chinesischen Medizin, sowie verschiedenen traditionellen Heilweisen brachte. Den schulmedizinischen Gegenpol brachte die Heilpraktikerschule, deren Besuch ich im Nachhinein nicht missen möchte. Dort wurde ich 1988 durch den Dozenten Wolfgang Bregger, einen hervorragenden Homöopathen, erstmals ermutigt, die bisherigen Erfahrungen mit Steinen weiterzugeben. Die Resonanz überraschte mich: Die Nachfrage nach diesem Themenkreis war so groß, dass sich daraus das erste Seminar und, viel wichtiger noch, eine Forschungsgruppe entwickelte, die von 1989 bis 1993 kontinuierlich die Heilwirkungen von Mineralien und Edelsteinen untersuchte und protokollierte.
Von da an widmete ich mich ausschließlich den Steinen. In der Forschungsgruppe wurden die Steine nach dem altbewährten Prinzip der Arzneimittelprüfung getestet: über den...