Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Mediengeschichte, Note: 1,0, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Medienwissenschaften), Veranstaltung: Hauptseminar, 14 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung
Kaum eine andere literarische Gattung zeichnet ein Bild der Gesellschaft der Goldenen 20er Jahre in solch einer verdichteten und prägnanten Form wie das Feuilleton. Seine Wiener Vertreter, u.a. Alfred Polgar, Joseph Roth, Egon Erwin Kisch, Soma Morgenstern, recherchierten im Alltag, in den Menschenmassen der Großstadt, in Theatern, Cafés und auf der Straße. Ihre Feuilletons gleichen kleinen Preziosen, in denen noch das kleinste, alltäglichste, unauffälligste Detail als eine kleine Kostbarkeit bearbeitet und geschliffen wurde. Besonderes die Vielfalt der Feuilletons von Joseph Roth liefert ein sehr anschauliches und vielseitiges Bild der Wiener Gesellschaft der 20er. Alfred Polgar, der Vorbild und Mentor Roths war, prägte den Begriff des 'Wiener Feuilletonismus'. Polgar leitete 1919/20 den Feuilletonteil der Wiener bürgerlichen Tageszeitung 'Der Neue Tag', welche als ein dem Pazifismus verschriebenes Blatt galt. Der junge Journalist Roth lernt hier das Handwerk des Feuilletonisten. Dazu gehört in erster Linie der Verzicht auf Rührseligkeit und Sentimentalität. Roths publizistisches Schaffen zeigt deutlich, daß die Qualität des Feuilletons nicht in den Themen, sondern in der sprachlichen Gestaltung liegt.
Soma Morgenstern sagte über Roth, seine wahren Kunstwerke seien nicht die Reiseberichte, Essays und Romane, sondern seine Feuilletons. Sie weisen einen Kunstcharakter auf. Ihre Poetik kommt in einem speziellen Zeichen- und Zeitbegriff sowie einer besonderen Figurenkonzeption zum Vorschein. Roth, der sich als 'Grenzgänger' und 'Bürger zweier Welten', der Publizistik wie der Erzählkunst, profiliert hat, der in den verschiedenen Gattungen journalistischer Texte und gleichermaßen in der Poesie längst als ein Autor von hohem Rang gilt, gebraucht das Feuilleton als literarisches Werkzeug für seine meinungsäußernde, wertende, informativ-argumentativ unterhaltende Impressionen über das gesellschaftliche und soziokulturelle Alltagsleben in den Großstadtmetropolen Wien und Berlin. Ein besonders beliebtes Thema der Zeit stellt das Phänomen der 'neuen Frau' dar, welche vor dem Ersten Weltkrieg in der Bohéme, als berufliche Rarität oder als literarische Konvention existiert, in den Zwanzigern jedoch zur Massenerscheinung wird. In der vorliegenden Arbeit möchte ich anhand eines ausgewählten Feuilletons über die Telephonzentrale, welches Roth in seiner Wiener Zeit verfasst hat, die Erscheinung der 'neuen Frau' als Angestellte und Konsumentin abbilden. [...]
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