„Wir ertrinken in Informationen, aber uns dürstet nach Wissen.“
John Niasbitt
Wissen wird zur Ware, gleichbedeutend mit einem Rohstoff oder gar ein zu bearbeitendes Produkt, das zunehmend an Beachtung gewinnt. Neben Arbeit, Kapital und Boden gilt es deswegen schon längst als der »vierte Produktionsfaktor«, der in Wirtschaftsunternehmen und Verwaltung zum Wettbewerbsfaktor wird. Informationen müssen für Auswertungen oder aus steuerlichen Gründen über lange Zeiträume aufbewahrt und jederzeit verfügbar gemacht werden. Die Verwaltung und Speicherung von Wissen in Form von Dokumenten und die Fähigkeit, es in angemessener Zeit aufzufinden, wird deshalb zu einem wichtigen Aspekt heutiger Unternehmensorganisationen.
Immer schneller ablaufende Geschäftsprozesse bewirken, daß immense Datenvolumina anfallen, die es zu handhaben gilt.
Stetiger IT-Fortschritt beflügelt den Preisverfall und die Leistungssteigerung heutiger Rechner. Der Ausbau vernetzter Rechnerarchitekturen, Telekommunikation und Internet/Intranet Technologien führen darüber hinaus dazu, daß Daten unaufhaltsam und immer schneller „produziert“ werden - im gleichen Maß nimmt jedoch auch ihre gezielte Verfügbarkeit ab.
Die Fähigkeit, Informationen jeglicher Art zu verwalten, unabhängig davon, wo und in welcher Form sie gelagert sind, ist eines der Hauptziele von Wissensmanagement. Der größte Teil des Wissens eines Unternehmens liegt in Dokumentenform vor und besitzt damit einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Unternehmenswert. Informationen werden jedoch erst dann zu einem wertvollen Faktor, wenn sie strukturiert vorliegen und sie für den Benutzer logisch in diese Struktur implementiert werden.
Neben der Verwaltung an Daten ist ein direkter Abruf von Informationen unterschiedlichster Art Voraussetzung dafür, sie als Entscheidungs- und Auskunftsgrundlage nutzen zu können. „Schneller Informationszugriff und hohe Auskunftsbereitschaft werden zur strategischen Komponente eines Unternehmens.“ [1]Ziel muß es sein, den Informationsfluß im Unternehmen durch ein ganzheitliches, geschäftsprozeßorientiertes Informationsmanagement zu optimieren. Die daraus resultierende verbesserte Wettbewerbsfähigkeit wird durch eine Verschlankung der Strukturen und die Neugestaltung von Arbeitsabläufen unterstützt.
Um die Möglichkeit zur Aufnahme von Dokumenten jeglicher Art in computernutzbare Informationen und deren Verwaltung zu realisieren, bedarf es einer besonderen Software, die Management-Aufgaben übernimmt und sich möglichst einfach in die Struktur des Unternehmens integrieren läßt. Der Einsatz sog. Dokumentenmanagementsysteme (im weiteren „DMS") erfüllt einen Großteil dieser Anforderungen und trägt bei sinnvoller Nutzung dazu bei, eine Verbesserung der Auskunftsfähigkeit zu erzielen, Arbeitseffizienz nachweisbar zu steigern und durch die Substitution von Papier und Lagerfläche zudem Kosten- und Umweltaspekte zu berücksichtigen.
Gerade in den dokumentenlastigen Bereichen der Unternehmen -den Büros- trifft man oft auf äußerst ineffiziente Arbeitsabläufe, Doppelarbeit, zeitaufwendige Suchevorgänge, lange Durchlaufzeiten, Mehrfachablage, mangelnde Transparenz von Systemen und Abläufen, Medienbrüche[2]und Inkompatibilitäten von Teilsystemen. Ein großer Teil der Dokumente im Büro werden mittlerweile zwar mit Hilfe entsprechender Werkzeuge am Computer erstellt, die Archivierung erfolgt jedoch noch immer überwiegend auf herkömmliche Art - in Form von Papierdokumenten, die in Ordnern abgelegt sind. Auch wenn die fortschreitende Dezentralisierung der DV- Organisation dazu führt, daß immer weniger Dokumente z. B. in Form von Rundschreiben zentral erzeugt werden, so ist das Dokumentenaufkommen in den letzten Jahren dennoch stark angestiegen. Ein Grund hierfür liegt sicherlich darin, daß Benutzer wenig Vertrauen in die unstrukturierte Dateiablage haben - ein schnelles und einfaches Wiederauffinden eines Dokumentes ist kaum möglich. Stattdessen erfolgt eine „Sicherung“ in gewohnter Form: durch einen Ausdruck und der Ablage in Ordnern. Ziel muß es also sein, die bislang ungeordneten Daten und Dokumente zu strukturieren und dem Benutzer den Umgang damit zu erleichtern.[3]
Derzeit jedoch klafft zwischen der Welt der strukturierten Daten, auf die das Unternehmen „digitalen“ Zugriff hat und der Welt der unstrukturierten Daten, die bspw. in Papierform vorliegen (Schriftverkehr, Rechnungen, Belege, Auftragsbestätigungen, Berichte, etc.) eine riesige Lücke, die es zu schließen gilt.
Dokumente sind verstreut, schlecht strukturiert, unzugänglich und durch Medienbrüche manchmal fast unerreichbar. Eingehende Papierdokumente werden noch immer von Hand zur weiteren Verteilung kopiert, Anmerkungen auf den Originalen vermerkt, Kommentare angeheftet und vieles mehr. Die meisten Dokumente werden zeitaufwendig mit der Hauspost verschickt oder gar vom Adressaten persönlich abgeholt. Wichtige Informationen erreichen den Empfänger für den sie bestimmt sind entweder verspätet oder im schlimmsten Fall gar nicht. Aber auch technische Dokumentationen, Arbeitsanleitungen oder ähnliche Dokumente müssen i. d. R. vom Interessenten in Ordnern oder Ablagen gesucht und ggf. kopiert werden, was einen unglaublich hohen Zeitaufwand bedeutet.
Medienbrüche könnten durch ein modernes DMS vermieden werden, Informationen wären dann nur noch innerhalb eines einzigen Mediums, dem Computer, verfügbar.
Weiter ist zu bedenken, daß ein elektronisches Dokumentenmanagement im Vergleich zur traditionellen Papierablage lediglich einen Bruchteil an Platz braucht und der Zugriff deutlich weniger fehlerträchtig sein würde. Kosten für die Katalogisierung und Administration von Dokumenten, sowie die physische Einordnung in Aktenordnern reduzieren sich merklich oder entfallen komplett.[4]
Anhand des folgenden Beipiels soll verdeutlicht werden, wie die digitale Archivierung von Dokumenten dazu beiträgt Raumkosten zu reduzieren:
Eine CD-Rom faßt bei 700 Megabyte Speicherkapazität ca. 130.000 Word-Seiten, wie sie in dieser Arbeit verwendet werden[5] Werden diese Seiten im platzsparenden
DOS-Text-Format abgespeichert, so ergäbe dieses sogar eine Aufnahmefähigkeit von knapp 380.000 Seiten. Ein sieben Zentimeter breiter komplett gefüllter Aktenordner faßt abhängig von der Papierdicke im Durchschnitt ca. 600 bis 1.000 DIN A4 Blätter, was bei einer Speicherkapazität einer CD-Rom[6]knapp 400 Ordner ausmachen würde.
Neben der Reduzierung von Raumkosten wird die Gefahr der Verwitterung und bei redundanter Datenhaltung die Gefahr der Zerstörung des Dokumentenarchivs verringert.
Statistiken zeigen, daß Papier mit rund 80 Prozent noch immer als Hauptinformationsspeicher dient. Magnetspeicher sowie optische Speichermedien folgen mit ca. 10 bis 15 Prozent, der Mikrofilm ist mit 5 bis 10 Prozent immer noch stark vertreten.[7]
Weiterhin ist festzuhalten, daß laut einer Studie des AIIM International[8]das Erstellen eines (Papier-)Dokumentes im Durchschnitt gerade mal einen US-Dollar kostet, die Kosten für das Editieren, Sichern, Archivieren und Löschen sich hingegen auf 60 bis 80 US-Dollar belaufen. 15-20 Prozent der täglichen Arbeitszeit verbringt ein Sachbearbeiter damit, Dokumente zu suchen oder abzulegen.
Zusammenfassend kann man sagen, daß in zahlreichen Unternehmen ein großes Rationalisierungspotential vorhanden ist, das durch die Implementierung eines DMS in die bestehende IT-Umgebung bei richtiger Nutzung zu einer deutlich höheren Produktivität führen kann. Wichtig hierbei ist sicherlich, daß ein hamonisches Nebeneinander zwischen den bestehenden Anwendungen und dem DMS erreicht wird. Nur durch eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen den Systemen kann in der Summe eine Produktivitätssteigerung erreicht werden.
Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser einen Einblick in die recht heterogene Welt der
DMS und dessen heute üblichen Grundfunktionen zu geben.
Im Gegensatz zu Standardsoftware stellt sich die Struktur eines DMS oft als sehr uneinheitlich dar, da sich bislang keine allgemein einheitlichen Standards am Markt entwickelt haben. Aus diesem Grund ist es kaum möglich, eine Musteranleitung für die Einführung eines DMS abzubilden - vielmehr sollen Anregungen zum Aufbau eines eigenen Systems gegeben werden, die durch Hinzuziehung von Literatur gesammelt werden konnten und durch praktische Erfahrungen in Form eines Praktikums bei der „TKIS Document Services GmbH“, eine Tochtergesellschaft der ThyssenKrupp Informatik in Essen gefestigt wurden.
Da Dokumentenmanagementprojekte bezüglich Laufzeit, Integrationsanforderung und Akzeptanz durch die Mitarbeiter oft unterschätzt werden, ist eine umfangreiche und frühzeitige Vorbereitung mitbestimmend für den Erfolg des Projektverlaufs. Diese Arbeit soll technische Grundlagen zum Thema DMS und Workflow vermitteln und neben rechtlichen Aspekten einen möglichen Projektablauf aufzeigen.
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