Ich habe genau zwei Leitsprüche, und der erste stammt von meiner Großmutter. Als ich noch ein kleines Mädchen war, saß ich einmal auf ihrem Bett und sah zu, wie sie sich mit Lavendelparfüm einsprühte, ihr Gesicht mit Kompaktpuder aus einem goldenen Döschen mattierte und Lippenstift in der Farbe Fuchsia 07 auftrug. Fasziniert fragte ich, warum sie sich schminke. Daraufhin schloss sie den Lippenstift mit einem lauten Klicken und sagte: »Ganz einfach: Wenn ich geschminkt bin, bin ich auf alles vorbereitet. Stell dir vor, ich bin unterwegs und bekomme eine interessante Einladung, muss aber absagen, weil ich mich nicht in Form fühle. Wenn ich geschminkt bin, kann mir das nicht passieren. Dann kann ich jede Herausforderung annehmen.« Das habe ich nie vergessen und halte mich so gut wie immer daran. Den zweiten Leitspruch benutze ich bei Freundinnen, wenn sie sich krank oder niedergeschlagen fühlen (dazu schicke ich ihnen immer ein Riesencarepaket mit Beauty-Produkten): »Sich schrecklich zu fühlen ist schlimm genug. Aber noch schlimmer ist es, auch noch schrecklich auszusehen!« Ersteres lässt sich nicht immer vermeiden. Aber Letzteres schon, davon bin ich fest überzeugt.
Dass man gut aussehen will, finde ich wichtig und richtig. Frauen, die sich für ihr Äußeres interessieren, werden zu Unrecht als dumm, oberflächlich oder hohl bezeichnet. Manche behaupten sogar, das wäre Verrat am Feminismus. Aber für mich sind ein gepflegtes Äußeres und Feminismus keine Gegensätze. Für viele Frauen hat Schönheit etwas mit Selbstachtung zu tun. Sie wollen sich von ihrer besten Seite zeigen und wünschen sich zu Recht, wahrgenommen zu werden. Wenn sich Männer für Fußball, Wein, Formel 1 oder Paintball interessieren, kommt niemand auf die Idee, an ihrer Intelligenz zu zweifeln. Aber einer Frau, die sich um ihr Äußeres kümmert, wird fehlender Tiefgang vorgeworfen! Ich finde es völlig normal, sich für Lippenstift und Literatur zu begeistern. Für Nagellack und Politik. Wer gut aussieht, fühlt sich auch gut, und die Pflegerituale an sich sind schon ein Genuss. Die Vorstellung, wir bemitleidenswerte Frauen würden extra eine halbe Stunde früher aufstehen, nur um uns schlecht gelaunt irgendwelches Zeug ins Gesicht zu kleistern, weil die Gesellschaft das so von uns verlangt, ist einfach absurd! Ich weiß aus zuverlässigen Quellen, dass das Schminken für viele Frauen der einzige Moment des Tages ist, an dem sie ganz bei sich sein können. Es ist ein Akt der Selbstliebe, aber auch der Selbstdarstellung: Make-up kann unheimlich kreativ sein, und mir tut es aufrichtig leid für die Männer, dass sie diese Möglichkeit nicht haben.
Oft werde ich gefragt: »Warum haben Sie das Bedürfnis, sich zu schminken? Können Sie Ihren Anblick ohne Make-up nicht ertragen?« Das ist eine sehr beleidigende und extrem übergriffige Frage, die ich als Beauty-Kolumnistin allerdings ständig zu hören bekomme (vor allem von Leuten, die sich einbilden, etwas Besseres zu sein, nur weil sie sich das Gesicht mit Kernseife waschen und die Zähne mit Zweigen reinigen). Dabei laufe ich oft ungeschminkt herum, und auch mit meinem Selbstbewusstsein ist alles in Ordnung – danke der Nachfrage! Trotzdem möchte ich nicht immer gleich aussehen. Wenn ich heute Lust habe, den Vamp zu geben und morgen die Unschuld vom Lande, am Samstagabend aussehen will wie die grell geschminkte Madonna und am Sonntag so natürlich wie Joni Mitchell, bedeutet das für mich schlichtweg Freiheit – und genau darum geht es dem Feminismus doch eigentlich.
Mit Männern hat das nur sehr bedingt etwas zu tun. (Auch wenn überhaupt nichts dagegen spricht, sie mithilfe von Schminke zu verführen. Warum freiwillig auf einen solchen Startvorteil verzichten?) Ich schminke mich hauptsächlich mir selbst zuliebe. Ganz einfach, weil ich dann nicht nur besser aussehe (und ich habe noch niemanden kennengelernt, der durch ein bisschen Concealer und etwas Rouge nicht frischer und wacher aussah), sondern mich auch selbstbewusster und besser fühle.
Jeder, der Kosmetikprodukte für überflüssigen, eitlen Tand hält, hat offen gestanden keine Ahnung von Frauen. Wenn es uns gut geht, ist unsere Schminke eine Art Rüstung, die uns das Gefühl gibt, es mit allem aufnehmen zu können. Mit einem guten Lippenstift sehen wir der wichtigen Präsentation noch gelassener entgegen. Und ein perfektes Make-up gibt uns das Selbstvertrauen, offen auf andere zugehen zu können. Selbst zu Hause mache ich es mir nur selten ohne etwas getönte Tagescreme und eine Lippenpflege im Pyjama gemütlich. Wenn man sich schminkt, und sei es noch so dezent, heißt das, dass der Tag begonnen hat. Und gut aussehend kommt man deutlich besser in Schwung!
Vielen Frauen ist ihr Aussehen auch dann wichtig, wenn man es am wenigsten erwartet: In schwierigen Lebensphasen gewinnt es sogar oft noch an Bedeutung, ja wird zu einer unverzichtbaren Bewältigungsstrategie. Zum Beispiel, wenn wir unseren Job verloren haben, gerade eine Scheidung durchmachen oder um einen geliebten Menschen trauern. (Ich weiß noch, wie ich vor der Beerdigung meines Vaters stundenlang überlegt habe, welchen Lippenstift ich tragen soll. Denn nur darüber glaubte ich an diesem traurigen Tag noch Kontrolle zu haben.) Das sind die Situationen, in denen wir im wahrsten Sinne des Wortes gute Miene zum bösen Spiel machen. Selbst in Wirtschaftskrisen darf unsere Schönheit nicht zu kurz kommen. Statistiken belegen, dass die Verkäufe von Lippenstift in Zeiten der Rezession sogar hochgehen: Ganz einfach, weil wir uns sofort besser fühlen, wenn wir einen hübschen Lippenstift kaufen und auftragen. Auf seine stimmungsaufhellende Wirkung greifen wir vor allem zurück, wenn wir krank sind und Gesundheitsprobleme und ihre Behandlung unser Erscheinungsbild drastisch beschädigt haben. Schönheitsrituale sind viel mehr als nur Körperpflege, sie können auch eine Form von Therapie sein.
Zu sagen, dass ich mich für das Thema Beauty begeistere, ist noch stark untertrieben. Ich liebe und vergöttere es! Nichts macht mich glücklicher, als ein tolles Produkt zu entdecken und weiterzuempfehlen, an einem verregneten Tag zu Selfridges zu gehen und mir einen schönen Chanel-Lippenstift auszusuchen oder eine neue Schminktechnik zu erlernen, von der ich dachte, dass ich sie niemals hinkriegen würde. So ging es mir von klein auf. Spätestens, als ich meine erste Lippenpomade mit Kirschgeschmack bei Body Shop kaufte, war es um mich geschehen. Schon nach einer Woche war ich süchtig danach und stürzte mich auf jeden Kosmetikkatalog, den ich finden konnte. Ich teste mehrere Hundert Produkte im Jahr, Produkte jeder Preisklasse. Und mein Esszimmer sieht aus wie eine kleine Parfümerie. Ich mache mir über typgerechte Pflegerituale Gedanken, stelle wie erwähnt Carepakete mit Schönheitsprodukten zusammen und schminke begeistert jeden, der mich lässt.
Aber nur, weil ich ein Beauty-Fan bin, bin ich noch lange nicht von gestern! Mithilfe von Verpackungsdesign und Zeitschriftenwerbung wird viel heiße Luft verkauft – Träume, die sich einfach nicht verwirklichen lassen. Bestimmte Mythen halten sich hartnäckig, und es wird Zeit, dass endlich damit aufgeräumt wird. Wenn wir schon Unsummen hart verdientes Geld für diese Sachen ausgeben, sollten wir uns auch darauf verlassen können, dass die Produkte wirklich helfen. Ich bin seit 20 Jahren in der Beauty-Branche – erst als Visagistin, dann als Journalistin. Ich habe buchstäblich Tausende von Kosmetikprodukten getestet und nie etwas empfohlen, das nicht von mir selbst ausprobiert wurde oder zumindest von jemandem, den ich sehr gut kenne. Für mich gibt es nichts Befriedigenderes, als einen Blick in das Schminktäschchen einer Freundin zu werfen und ihr zu sagen, dass sie die Augencreme für 100 Euro nicht braucht, weil die Feuchtigkeitspflege für 25 Euro deutlich besser wirkt. Dass ein anderer Concealer sie auf Fotos so gut aussehen lässt, wie sie es niemals für möglich gehalten hätte. Und dass eine neue Reinigungsmilch ihr hartnäckiges Hautproblem lösen kann. Ich weiß, was funktioniert und was nicht … und ich finde, Sie sollten es auch wissen!
Als ich Beauty-Kolumnistin bei der Wochenendausgabe des Guardian wurde, war ich fest entschlossen, das Thema Beauty völlig neu zu behandeln. Ich wollte dort genauso offen reden können wie zu den Tausenden von Forenmitgliedern und Twitter-Followern, die mich jeden Tag um Rat fragen und sich Produktempfehlungen von mir wünschen. Auch wenn ich Hochglanzmagazine über alles liebe und ihre meist sehr kompetenten Beauty-Redakteure zu schätzen weiß, können diese nicht zu 100 Prozent aufrichtig sein. Dafür sind sie zu abhängig von den Werbekunden der Kosmetikindustrie. Bringt ein großer Konzern eine neue Feuchtigkeitspflege auf den Markt, stimmt meist, was darüber geschrieben wird. Doch selbst, wenn sie zu Recht gelobt wird, gibt es noch andere Produkte von kleineren Firmen mit einem geringeren Werbeetat, die viel zu oft keine Berücksichtigung finden. Ich betrachte es als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Sie sie nicht übersehen. Ich möchte, dass Sie die Insidertipps kennen, die ich während meiner jahrelangen Zusammenarbeit mit Profis gelernt habe. Die Looks, nach denen ich täglich gefragt werde, lassen sich nämlich viel leichter erzielen, als Sie denken. Smokey Eyes, Make-up, das besser wirkt als Botox, Katzenaugen, eine Maniküre wie aus dem Nagelstudio … Ich kenne da todsichere Tricks, und nicht nur zu diesen Themen! Tricks, auf die Sie, sobald Sie sie erst einmal beherrschen, nie mehr verzichten werden.
Ich bin fest davon überzeugt, dass ausnahmslos alle Frauen besser aussehen, wenn sie Beauty-Produkte benutzen. Und das in Maßen, schließlich wollen Sie weder völlig zugekleistert...