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E-Book

Einmal im Kreis - und zurück

Midlifecrash to go

AutorNicole Diercks
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl415 Seiten
ISBN9783752816112
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Gloria Maketta wurde von ihrer Lebensmitte spontan überrascht. Sie war ewig jung gewesen und nun plötzlich fünfzig?! So vieles hatte sie noch nicht erlebt, und manches nicht erreicht. Sie realisierte auf einmal, dass es für einiges davon sogar schon für immer zu spät war. Über die Hälfte ihres Lebens war bereits vorbeigezogen, und das Beste lag nun möglicherweise bereits hinter ihr! War sie denn mit ihren Entscheidungen überhaupt glücklich geworden?! Solche Fragen konnte doch nur eine Midlifecrisis stellen! Gloria erlebte, dass wer die Midlifecrisis wirklich ernsthaft betrieb sich flugs in einen fulminanten Midlifecrash hinein begab. Und auf einmal könnte alles auch ganz anders sein!

Nicole Diercks wurde 1967 in Hamburg geboren und verbrachte ein viertel Jahrhundert in Bayern, wo sie 'Entwicklungshilfe' machte :-D. Sie arbeitet als selbstständige Erfolgs-Beraterin, Kompetenz-/ Bewerbungs-Trainerin und Coach. Natürlich gehört auch, und das sogar vornehmlich, die Beziehung zum Lebenskonzept. Insbesondere dieses Feld ist von vielen sensiblen Störungen betroffen, weswegen Nicole Diercks dieses Thema als Autor, Coach und Therapeut gleichermaßen stark im Fokus hat. Auf ihrem You-Tube-Kanal gibt sie Opfern von Partnerschaftsgewalt wertvolle Unterstützung.

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Leseprobe

Beim Irrenarzt


Mein Name ist Gloria Maketta, ich bin 50 Jahre alt, 176 cm hoch, 57 Kilo schwer, Haare brünett, Augen grau, gebürtige Deutsche, eigentlich Friesin, wohnte aber seit zwanzig Jahren im Münchener Osten. Außerdem musste ich hier vermerken, dass ich irgendwie ziemlich im Arsch war - oder am Arsch?! Eigentlich auch egal, denn die Scheiße um die es da ging, war ja wohl dieselbe! Und warum schrieb ich das jetzt dann auch noch auf?! Das war die Schuld von Doktor Braun, meinem neuen Irrenarzt. Der sagte nämlich in unserer dritten Sitzung ich solle beginnen alles aufzuschreiben was mir zu den Themen Midlifecrisis, Burnout, Enttäuschung oder Verbitterung einfiele. Und ich solle es in einer Art innerer Distanz tun, ganz so, als schriebe ich es für einen fremden Leser, nicht für mich. Das sei ein guter Trick, um nicht vor all den ganzen schmerzhaften Dingen „die man ja sowieso schon wusste“ wieder mal auszuweichen. Wenn man alles einem Fremden erzählte, tischte man nämlich zumeist endlich mal die ganze Geschichte auf, mit den ganzen auch scheinbar unwichtigen Details. Und das sei sehr heilsam: zur Abwechslung mal alles von sich selber anzuhören! Man las das dann nämlich mit ganz anderen Augen, und sah schließlich auch besser aus einer gewissen Distanz Zusammenhänge und Schlüsse, die sich einem bisher verborgen hatten. Ich sollte mich mit Vermutungen und Interpretationen daher zurückhalten und allein an den Fakten nagen. Ehrlich, das hatte er original so gesagt: „Frau Maketta, ich will, dass sie den spekulativen und interpretativen Bereich verlassen und alleine an den Fakten nagen!“ Das einzige, was mir sonst noch erlaubt war: Gefühle, ausgerechnet! Dieser Mann wollte, dass ich lauter Fakten und Gefühle zu meinem Midlifecrash für einen Geisterleser niederschrieb … Was für ein Wahnsinnsprojekt war das denn bitte?!

Aber es stimmte ja: Ich hing nun ehrlicherweise schon länger durch und hatte keine Ahnung, wie ich da wieder rauskommen sollte! Und ich konnte ja leider auch nicht mal sagen, wann das mal angefangen hatte, wo oder warum überhaupt. Ich fühlte mich einfach schon länger so namenlos ausgebrannt, lustlos, frustriert, ohne Zuversicht und Begeisterung irgendwie. Ich hatte den Eindruck, als steckte ich in einer sich ewig wiederholenden Schleife von sich ewig wiederholenden ätzenden Ereignissen fest! Ich rannte so zum Beispiel seit Monaten einer nicht abreißenden Kette sich selbstzerstörender Dinge hinterher. Wenn ich die Kaffeemaschine ersetzt hatte, ging der Sandwichmaker in die Knie, und wenn ich den erneuert hatte, ging das Handy nicht mehr online. Nach dem neuen Handy, klopfte dann der Drucker auf die Matte, und nachdem ich diesen ersetzt hatte, verabschiedeten sich fast gleichzeitig Kaffeemühle und Wasserkocher. Zur Begrüßung der Neuen stiegen dann Tablet, Router und Funkwecker aus. Mit zum Müll nahm ich dann gleich noch zwei Paar undichte Schuhe, seitlich aufgerissene teure Stiefel, zwei ausgestiegene Funksteckdosen und einen plötzlich durchgebrochenen Wisch-Mop mit… Den Rest der Zeit nähte ich: ununterbrochen aufgeplatzte Nähte an Shirts, Handschuhen und Stiefeln, sowie sich ständig ausreißende Druckknöpfe an Hundecapes ... Was auch immer man für viel Geld kaufte, es war mittlerweile alles nur noch ein unglaublicher Schrott und Müll, war absolut zermürbend. Umso mehr, weil es einfach nicht wieder abriss und ich nach und nach meinen Hausstand ersetzen musste, um den ganzen Katastrophen hinterher zu hecheln. Es war ein Gefühl vollkommenen Stillstandes, dass jede Menge Bewegung erzeugte, aber nur wie ein Brummkreisel. Es kam nicht vom Fleck, kreiste ununterbrochen um sich selber und hatte keinerlei Sinn, außer meine Zeit, meine Freude und mein Geld zu verbrennen … Sogar die Menschen, die mir begegneten, waren im Prinzip mittlerweile immer dieselben, zumindest agierten sie ähnlich und oft sehr voraussehbar. Ihre Wirkungen auf mich waren mittlerweile leider zumeist frustrierend und enttäuschend und am Ende komischerweise fast immer irgendwie negativ! Menschen waren heutzutage in ihren Reaktionen zumeist extrem voraussehbar. Ich hatte so ein leere Gefühl in mir, das sich in einem Zitat von Ödon von Horvath wiederfand: „Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich ... Aber dann kehrt man zurück, mit gebrochenen Flügeln, und das Leben geht weiter, als wäre man nie dabei gewesen …“ Meine liebste Freundin Nadine hatte dieses Gefühl wahrscheinlich ganz treffend in ein Wort gefasst: Enttäuschung! Das traf es wohl tatsächlich ganz gut, denn die letzten Jahre waren tatsächlich eine ununterbrochene Kette an immer neuen Enttäuschungen gewesen, denen aber kein Trost zur Seite stand, um sie mal aufzufangen. Sie hatten mich müde gemacht, im wahrsten Sinne des Wortes: lebensmüde. Was war das oft nur für eine Scheiße dieses Leben, denn es war im Endeffekt nur ein einziger Kampf, um nicht ständig alles zu verlieren, was man sich schon aufgebaut hatte! Kaum kam man mal einen kleinen Schritt weiter, knallte von hinten schon wieder der nächste Einschlag voll rein! Nadine fand meine Einstellung kritisch, destruktiv, bedenklich und auch lebensgefährlich. Zumal sie mich ja als frohsinnig, optimistisch und begeistert kannte. Irgendwo war ich abgerutscht und sie forderte mich auf es mal wieder anzupacken, mich nicht so durchhängen zu lassen und mir mal Hilfe zu suchen. Ihr Vorschlag: Gesprächstherapie. Auch das noch! Was sollte denn das bitte bringen?! Nadine sagte, das sei jetzt gar nicht die Frage, ich müsse einfach mal irgendwie den Hintern wieder auf den Deckel bekommen. Und ein Gespräch mit einem Fachmann sei da gar nicht die schlechteste Alternative! Klang soweit ganz logisch irgendwie und ich folgte dem, allerdings nur, weil Nadine das gesagt hatte ...

Nun hatte ich tatsächlich schon meine erste Therapie-Stunde absolviert, aber vorher tausend und einen Kotzanfall gehabt: Ich beim Irrenarzt! Das markierte für mich das soziale Ende! Dann war es aber doch gar nicht so übel gewesen, eigentlich gar nicht. Herr Doktor Braun lachte über das ganze Gesicht, als ich ihm kritisch unterbreitete, dass ich ehrlich gesagt nicht wüsste, warum ich hier war, sondern dass ich geschickt worden sei. Er sagte: „Das geht den meisten so, machen Sie sich keine Sorgen, wir finden das gemeinsam heraus!“ Das gefiel mir, und ich nahm Platz. Die Praxis war hell und weiträumig, sehr edel und mit Wohlfühlcharakter. Exotische Pflanzen standen in den Ecken und an den Wänden hingen unaufdringliche Bilder aus starken Farbfeldern mit Silber, Kupfer, Messing und Gold … sehr tröstlich irgendwie und sehr heil. Herr Doktor Braun machte seinem Namen alle Ehre: Braun. Dunkelbraunes Haar, dunkelbraune Brille, dunkelbraune Augen, braune Haut, rosa Lippen und blitzende Zähne. Ein schöner Mann, der wie seine ungewöhnlichen Bilder wirkte: stark, lebendig, klar und heil. Ich mochte ihn sofort. Mit absoluter Unaufdringlichkeit und einem gewinnenden Lachen, das in seinen dunklen Augen Funken schlug, fragte er mich, warum ich denn nun nicht hier sei …?! Wir kamen also ins Reden … Es war erstaunlich, wie schnell ich dann doch auf den Punkt kam, den ich ja eigentlich gar nicht hatte, und er nickte lächelnd aber ernst. Er stimmte mir zu, dass ich an einer fortgeschrittenen Enttäuschung litt und schlug vor, wir würden diese einmal ausloten, um zu prüfen, ob ich bereits unter depressiven Verstimmungen litte. Das klang so herrlich wissenschaftlich und unheimlich zielgerichtet, dass ich sofort zustimmte. Dann war er sehr ernst und äußerte einen Verdacht, den er mir zur Begutachtung rüberreichte: „Es gibt etwas, das nennen wir ‚Verbitterungsstörung‘. Dafür gibt es noch keine Ziffer, keine Lobby und keine anerkannte Therapie. Wer aber darunter leidet, erkennt sich in aller Regel fast sofort darin wieder. Wollen Sie es versuchen?“ Ich wollte. Und so erklärte er mir dieses Krankheitsbild: Eine Verbitterungsstörung konnte nach außergewöhnlich stark erlebten, jedoch lebensüblichen, Belastungen entstehen. Sie umfasste irgendwann alle Lebensbereiche, weil die sie unterhaltenden Gefühle alles durchdrangen. Sie war immer die Folge einer oder mehrerer tiefer und nicht ausgeheilter Kränkungen, gegen die man sich noch immer hilflos fühlte. Wenn man Schmerz nicht auflösen konnte, erfuhr man keine Heilung und dann verbitterte die Seele irgendwann daran. Im Vordergrund stand eine anhaltende, namenlose Traurigkeit, das Gefühl von Enttäuschung und Verbitterung, verbunden mit Gefühlen von Hilflosigkeit, auch Vorwürfe sich selbst und anderen gegenüber waren häufig. Auffallend waren die Symptome: Konzentrationsprobleme, emotionale Verflachung, Schlafprobleme, Libidoverlust und Impotenz, Antriebsblockaden, Unruhe, somatoforme Störungen, sozialer Rückzug und Depressionen. Ich erkannte mich darin aber mal sofort wieder! Ich fragte ihn, wie er mir jetzt so dermaßen schnell auf die Schliche gekommen sei? Er sagte ruhig: „Ich habe Sie in ihren kurzen Schilderungen immer nur als Opfer wahrgenommen. Ich habe gehört, dass Sie mittlerweile die Welt als sehr ungerecht empfinden. Sie berichten von einem teilweise auch stark angehobenen Aggressionspegel und schmerzlich herabgesetzter Frustrationstoleranz. Sie sind nicht mehr begeistert aber dafür enttäuscht. Ihre Symptome bestehen bereits länger als sechs Monate. All das, und noch mehr, gehört zu den Diagnosekriterien einer Verbitterungsstörung.“ Dann wusste ich jetzt wenigstens, wozu ich überhaupt herkam – und dass es auch gut war! Herr Doktor Braun sagte ruhig: „Zu sogar schweren Verbitterungsreaktionen kommt es immer dann, wenn durch andere Personen wichtige Grundannahmen und Grundwerte verletzt, ignoriert oder sogar absichtlich missachtet werden. Das geschieht zumeist über Prozesse psychologischer oder emotionaler Attacken. Dazu gehören Dinge wie:...

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