Vorwort: Ein Pilgerherz
In einem früheren Buch Elfensommer – Meine Begegnung mit den Naturgeistern habe ich meine ersten Erlebnisse mit Leprechauns beschrieben, als ich in einem alten Cottage in Keel, einem kleinen Dorf an der Westküste Irlands wohnte. Ich habe das Häuschen mit einem Leprechaun und seiner Familie geteilt, die dort schon eine sehr lange Zeit gelebt hatten. Der Leprechaun wurde mein Freund und hat mich vieles über Elementarwesen gelehrt, besonders über jene, mit denen er zusammenarbeitet und die sich verpflichtet haben, mit gleichgesinnten Menschen schöpferisch zu wirken, um die Erde zu heilen.
Ich war überrascht, wie tief Elfensommer die Herzen so vieler Menschen berührt hat, die sich für Naturgeister interessieren und an sie glauben. Das Buch wurde in vielen Sprachen veröffentlicht, und von überall auf der Welt bekam ich Berichte über Erlebnisse mit Naturwesen, von Kindern bis hin zu Großeltern. Einige haben sie tatsächlich gesehen, und sehr viel mehr haben Zeichen von ihnen bemerkt oder sie in ihrer Nähe gespürt.
Dreißig Menschen aus Europa und Nordamerika, denen das Buch sehr gefallen hatte, meldeten sich zur Mystischen Irlandtour an, welche ich im Mai 2005 durchführte. Sie glaubten an Elementarwesen und wollten sie gerne persönlich erleben. Sowohl sie als auch ich vernahmen einen inneren Ruf, nach Irland zu reisen – doch in unserer äußeren Welt erkannte keiner von uns, daß wir uns zu einer besonderen tief-inneren Pilgerreise verpflichteten. Ganz im Gegenteil. Ich habe drei andere mystische Touren in Irland geleitet und hatte eineinhalb Jahre darauf verwendet, diese Tour zu organisieren, und somit erwartete ich, daß alles ganz einfach ablaufen würde, fast wie ein Urlaub.
Doch sehr wenig geschah so, wie ich es geplant hatte, und von außen gesehen war die Mystische Irlandtour eine einzige Katastrophe. Als tiefe persönliche Transformation jedoch war diese Tour eines der bedeutendsten Ereignisse in meinem Leben. Jeder von uns erlebte eine andere innere Reise, und ich kann nur meine eigene persönliche Erfahrung wiedergeben; manche der Lektionen habe ich erst jetzt, durch das Schreiben dieses Buches, verstanden.
Ich begann vor mehr als zwanzig Jahren, nachdem ich mit der Leprechaun-Familie gelebt hatte, Touren und Pilgerfahrten zu heiligen Stätten der Erde durchzuführen, um Menschen bei ihrer Transformation zu unterstützen. Solche Erfahrungen nehmen uns heraus aus der Welt der Arbeit, des Bezahlens von Rechnungen und aus unseren alten Denkweisen. Durch sie lösen wir uns sogar von unserem Bedürfnis, an unserer Vergangenheit festzuhalten oder auf eine bestimmte Zukunft zu hoffen.
Pilgerwanderungen sollen nicht einfach sein, denn dann geschieht keine Transformation, und oft ist der Pilger mit einem Leidensweg konfrontiert oder mit einer Reihe von Schwierigkeiten. Blasen an den Füßen, kein Essen oder daß wir die heilige Stätte nicht besuchen können, wegen der wir gekommen sind – das alles sind äußerliche Qualen. Genauso wichtig sind die inneren Qualen der Frustration, der Wut, des Selbstmitleids und der Traurigkeit, die unser Sich-Auflösen begleiten, während wir die Vorstellung loszulassen lernen, daß die Dinge gemäß unseren Plänen ablaufen müssen; während wir lernen, zu vergeben und zu akzeptieren, was ist, und während wir lernen, im gegenwärtigen Augenblick zu leben und Freude und Frieden zu finden in allem, was geschieht.
Letzten Endes ist das Ziel einer Pilgerfahrt, in der Mitte unseres Herzens anzukommen. Was finden wir dort und wie interpretieren wir es? Es mag eine tiefschürfende, das Leben verändernde Antwort und so dramatisch sein, daß wir nicht mehr zu dem Leben zurückkehren können, das wir bisher führten. Die Antwort kann genauso gut das einfache Wissen sein, daß der Kuß einer Mutter, ein Sonnenuntergang, ein verspielter kleiner Hund ebenso bedeutend ist wie eine Vision von Christus. Wie auch immer die Antwort ausfallen mag, wir müssen die innere und äußere Reise vollständig akzeptieren und integrieren, während wir zur gleichen Zeit erkennen, daß die Pilgerreise niemals endet und daß sich in verschiedenen Phasen unseres Lebens unterschiedliche Lektionen offenbaren werden.
Es ist nicht so sehr das Ziel, als vielmehr die innere Ausrichtung der Reise, was einen zum Pilger macht, und wenn man, wie in unserem Falle, mit einem Leprechaun und einer Gruppe anderer Elementarwesen unterwegs ist, dann ist es entscheidend, leichten Herzens zu reisen und über einen ausgeprägten Sinn für Humor zu verfügen.
Der Schlüssel zu unserer Pilgerfahrt in Irland liegt im Verständnis dessen, was die Iren »den Craic« nennen. Unsere Tour war eine Reise durch den Craic, mit dem Craic und im Craic. Wirklich verstehen können den Craic nur die Iren, und oft denke ich, daß sie ihn erfunden haben. Es ist schwierig, den Craic zu definieren, aber vielleicht kann ich Ihnen durch ein paar Worte die Richtung weisen. Der Craic faßt all unsere Lebenserfahrungen zusammen – die guten und die schlechten – alles, was wir verstehen und nicht verstehen können.
Der Craic kann nicht festgehalten werden, und wenn wir es versuchen, dann reißt er uns aus unserer Behaglichkeit und lacht uns aus. Er ist sowohl der große kosmische Witz als auch der kosmische Witzemacher. Craic ist das, was zwischen »diesem« und »jenem« liegt. Oft stelle ich ihn mir als den Spalt (engl. »crack« – Craic) vor, der zwischen den Welten liegt, zwischen der dreidimensionalen Wirklichkeit, in der die Menschen ihre wachen Stunden verbringen, und den anderen Dimensionen. Der Craic ist Magie. Er ist nicht vorhersehbar – und natürlich kann man sich nicht auf ihn verlassen. Er kommt, wann immer er will, und er tut, was er nur kann, um uns in ein tieferes Wissen und eine tiefere Wahrheit zu führen. Die einzige Art, wie eine geistig gesunde Person sich dem Craic annähern kann, ist, sich ihm auszuliefern, denn jegliche Abwehr oder jeglicher Widerstand sind zwecklos.
Der Craic kann fast alles sein. So erinnere ich mich an ein Ereignis, als meine Großtante Boots gestorben war, nachdem sie einige Monate lang in einer fötusähnlichen Kauerstellung in ihrem Bett gelegen hatte. Mein Vater war dabei, seinem Bruder Wilton in ernstem Ton die Neuigkeit zu erzählen, als der Craic in die Unterhaltung eingriff.
Wilton fragte, wie Boots gestorben sei, da antwortete mein Vater: »Boots ist am Kauern gestorben.«
Bei diesen Worten fing meine neunzigjährige irische Großmutter an zu gackern, was mein Vater gar nicht lustig fand. Im Versuch, sein Gleichgewicht zurückzugewinnen, fiel er mit seinen nächsten Worten nur noch tiefer in den Craic: »Am Montag wird Boots heiraten.« (engl. »married« statt »buried« – »heiraten« statt »beerdigt«).
Es ist eine typisch irische Eigenart, über den Tod lachen zu können, und meine Großmutter brach vor Lachen fast zusammen, als sie den zweiten Versprecher meines Vaters hörte. Dieser schwarze Humor ist der Craic.
Leprechauns, wie Elementarwesen im allgemeinen, zeichnen sich dadurch aus, daß sie im Craic leben und spielen. Menschen, mit Ausnahme der Iren, tun das nicht. Die Menschen, die mich auf der Mystischen Irlandtour begleiteten, bekamen die Erfahrung mit Elementarwesen, um die sie gebeten hatten – jedoch nicht immer auf eine Weise, welche sie – oder ich – kontrollieren konnten. Die Leprechauns nahmen uns mit auf eine gewaltige Reise angefüllt mit großartigem Craic, und ich auf jeden Fall werde nie mehr dieselbe sein.
Ah, vielleicht sollte ich zuerst einen Rückblick geben und ein wenig über Leprechauns und Elementarwesen erzählen, also über die Rasse, zu der die Leprechauns gehören. Elementarwesen, auch Naturgeister und Feen genannt, sind real, und jedes Land hat seine eigenen Geschichten und Mythen über sie. Zum Beispiel gibt es in Irland Leprechauns, in Skandinavien Trolle, in Deutschland Gnome, in Neuseeland Patuparehe, in Japan Kappa und Tengu und in Zentralamerika die Aluxuses der Maya. Naturgeister halten sich, ebenso wie Engel und Geister, in einer leichteren Dimension auf, welche die meisten Menschen nicht wahrnehmen können.
Schon von Geburt an konnte ich Wesen in anderen Dimensionen sehen. Dazu gehören Elementarwesen, Engel und Menschen, die gestorben sind. In Irland wird diese Fähigkeit »das zweite Gesicht« genannt; diese Gabe kommt von der irischen Seite meiner Familie und vererbte sich über meine Mutter. Meine Familie sprach nie über unser zweites Gesicht und behandelte es ganz nüchtern. Es ist ein Geheimnis, das wir zu verbergen suchten, indem wir einfach von »gut geraten« oder einer »Ahnung« sprachen.
Ich erwähne dieses »zweite Gesicht« hier, weil die Geschichte, die ich erzählen will, nur dann einen Sinn ergibt, wenn man erkennt, daß ich mich mit einem Leprechaun unterhalte, den die meisten Leute...