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Elisabeth von England (Das Werden einer Königin)

Elisabeth I. - Lebensgeschichte der jungfräulichen Königin

AutorGertrude Aretz
Verlage-artnow
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl129 Seiten
ISBN9788026843450
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis1,99 EUR
Dieses eBook: 'Elisabeth von England (Das Werden einer Königin)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Elisabeth I., eigentlich Elizabeth Tudor, auch bekannt unter dem Namen The Virgin Queen oder The Maiden Queen ('Die jungfräuliche Königin'), (1533-1603), war von 1558 bis an ihr Lebensende Königin von England. Elisabeth war als Tochter von Heinrich VIII. das fünfte und letzte Mitglied der Tudor-Dynastie auf dem englischen Thron. Ihre Mutter war Anne Boleyn. Ihre Regierungszeit als Königin von England und Irland von 1558 bis 1603 ist heute als Elisabethanisches Zeitalter bekannt. In dieser Zeit erhielt die Anglikanische Kirche ihre endgültige Ausprägung, entstanden zahlreiche Werke William Shakespeares, wurde die moderne Wissenschaft mit Francis Bacon begründet und die Welt von Francis Drake umsegelt. Die erste englische Kolonie in Amerika wurde in dieser Zeit gegründet und zu ihren Ehren Virginia benannt. Gertrude Aretz (1889-1938) war eine deutsche Historikerin. Gertrude Aretz beschäftigte sich insbesondere mit den Lebensläufen berühmter historischer Persönlichkeiten.

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Leseprobe

Zweites Kapitel. Kinderjahre


Das Kind Elisabeth, über dessen Taufbecken einst vier Lords einen prächtigen Thronhimmel hielten, dem die Tochter des Herzogs von Norfolk, Maria Howard, den hermelingefütterten rotsamtenen Taufmantel mit der endlosen Schleppe wie den Purpurmantel einer Königin nachtrug, dieses Kind geriet durch die Nichtigkeitserklärung der Ehe und den Tod seiner Mutter nicht nur in eine zweideutige, sondern auch in eine sehr armselige Lage. Wäre Lady Margaret Bryan nicht gewesen, wer weiß, was aus der armen Kleinen geworden wäre. In dieser gutherzigen Dame findet die von ihrem Vater Verstoßene, ebenso wie auch ihre jetzt neunzehnjährige Stiefschwester Maria, eine zweite Mutter und Helferin.

Fern vom Hofe in London, wo mit dem Einzug der neuen Königin Glanz und Freude herrschen, lebt die kleine Prinzessin Elisabeth auf Schloß Hunsdon, ihrer Kinderseele glücklicherweise unbewußt, das Leben einer Mißachteten. Auch Maria verbringt hier ihre bittere, von Scham und Schmerz über das Schicksal ihrer Mutter, Katharinas von Aragon, zerrissene Jugend, in ständiger Auflehnung gegen den Vater und seine »Konkubine«. Nie hat Maria Anna Boleyn anders betitelt. Heinrich VIII. kümmert sich weder um diese noch um die andere Tochter. Die kleine Elisabeth haßt er nicht. Er haßt besonders Maria, die von ihrer spanischen Mutter her Strengkatholische. Er fürchtet ihre anklagenden Augen, ihr ganzes ostentativ zur Schau getragenes Wesen der beleidigten Tochter. Einst hat sie der kleinen Schwester Elisabeth alle Rechte abtreten müssen, sogar ihren Titel Prinzessin von Wales. In Hunsdon oder Hatfield lebt sie seit drei Jahren auf Anna Boleyns Veranlassung als Enterbte, wie eine Gefangene. Solange Elisabeths Mutter lebte, durfte Maria es nicht wagen, an ihren Vater, ja nicht einmal an ihre unglückliche Mutter zu schreiben. Als die Sterbende im Januar 1536 nach ihrem Kinde verlangt, wird der Tochter verboten, ihr Lebewohl zu sagen. So wenig menschliches Gefühl zeigte Heinrich dieser Tochter gegenüber, und Anna Boleyn unterstützte ihn darin.

Nun aber hat das gleiche Unglück Annas eigene, auf so glanzvolle Weise zur Welt gekommene Tochter Elisabeth ereilt. Auch sie ist von ihrem Vater vergessen, entrechtet, allen Glanzes beraubt. In Hunsdon, einer kleinen, armseligen Hofhaltung, unter der Oberaufsicht Lady Bryans, besitzt das Kind kaum das Nötigste. Die Erzieherin muß sich an den allmächtigen Staatssiegelbewahrer, Lord Cromwell, der Anna Boleyn aufs Schafott gebracht hat, wenden, damit er beim König vorstellig werde, der kleinen Prinzessin Kleider und Wäsche zu beschaffen. Lady Bryan weiß nicht einmal, wie und als was sie ihre Schutzbefohlenen nun behandeln soll. »In welchem Verhältnis Mylady Elisabeth jetzt betrachtet werden soll«, schreibt sie, »kenne ich nur vom Hörensagen. Ich weiß auch nicht, wie ich sie und mich oder einen der Leute, die unter mir stehen, das heißt, ihre Wärterinnen und Diener, anzusehen habe. Ich bitte Sie daher, Mylord, um Ihr Wohlwollen für meine Kleine. Ich bitte Sie, ihr ein paar Kleider zukommen zu lassen, denn sie hat weder Wäsche noch Rock, noch Leibchen, noch Unterkleid, noch etwas an Leinenzeug, weder Hemden noch Tücher. Sie besitzt keinen Mantel, kein Häubchen. Ich habe, mit Euer Gnaden Erlaubnis, damit hausgehalten, so lange es ging, aber nun kann ich, auf mein Wort, nicht mehr weiter. Bitte, bitte, Mylord, sehen Sie zu, daß meine Gnaden das Nötige bekommen.«

Andrerseits hat Heinrich verordnet, daß die kleine Dreijährige alle Tage an der großen Tafel in Hunsdon speisen soll, wo sie mittags und abends mit den schweren Gerichten der damaligen Zeit, in der auch die Frauen gewöhnt sind, sich den Magen zu überfüllen, traktiert wird. »Ach, gnädigster Herr«, fleht die Erzieherin, »es geht doch nicht für ein Kind in dem Alter, eine solche Lebensweise zu führen. Ich sage Ihnen offen, daß ich es dann nicht auf mich nehmen kann, sie gesund zu erhalten, wenn man sie so essen läßt. Sie sieht ja so manche Speise, Früchte und Wein, und für mich ist es schwer, Ihre Gnaden davon zurückzuhalten.« Lady Bryan kennt ihren kleinen Schützling und seinen Eigenwillen genau. Sie weiß, Elisabeth hat bereits alle Anlagen zu einem genießerischen Wohlleben in sich. »Sie ist noch zu jung«, fährt Lady Bryan fort, »um so etwas im Ernst zu tun, kommt sie aber einmal so weit, so kann ich sie weder zur Ehre Seiner Majestät des Königs noch zu ihrer eigenen noch zur Ehre meiner Wenigkeit, am allerwenigsten aber zur Erhaltung ihrer Gesundheit großziehen. Und darum lege ich Ihnen, Mylord, mein Verlangen ans Herz. Ach, sorgen Sie doch dafür, daß Mylady einen Gang aufs Zimmer bekommt, etwa von einem oder zwei guten Gerichten. Das ist genug für die Prinzessin... Guter Mylord, gedenken Sie meiner Kleinen und meiner selbst.«

Inzwischen hat Heinrich gleich am folgenden Tag nach der Hinrichtung Anna Boleyns Jane Seymour geheiratet. Bald darauf ist im Parlament die Akte durchgegangen, die seine Tochter Elisabeth zur Thronfolge für unfähig erklärt und die Nachkommenschaft der neuen Königin Jane Seymour als erbberechtigt anerkennt. Im Stillen freut sich Heinrichs älteste Tochter Maria darüber, daß nun ihrer kleinen Rivalin das gleiche Schicksal blüht wie ihr. Nach außen indes gibt sich Maria den Anschein, dem intelligenten, schon frühzeitig äußerst begabten Kind die mütterliche Liebe zu ersetzen. Das geschieht gleichzeitig in der Absicht, den Vater zu beschämen, der seine Kinder so leicht vergißt. Maria ist jetzt bald Zwanzig. Der Tod ihrer Feindin Anna Boleyn hat ihr endlich eine gewisse Freiheit gebracht. Wenige Stunden vor ihrer Hinrichtung hat Anna ihre Stieftochter in tiefer Reue und Verzweiflung um Verzeihung gebeten für alles, was sie ihr Böses zugefügt habe. Nun faßt Maria Mut. Sie kennt ihren Vater. Er ist durch das neue Liebesglück in versöhnlicher Stimmung. Die Erinnerung an Marias Mutter ist in ihm verwischt. Ihr Tod hat alles ausgelöscht. Sein Haß gilt jetzt vielmehr Anna Boleyn. So unternimmt Maria es – allerdings noch auf Umwegen – sich von neuem die Gnade des Vaters zu erringen, und damit die Hoffnung auf Anerkennung. Im Herzen dieses stolzen, herrschsüchtigen, überaus ehrgeizigen Mädchens frißt die Wut, der Gram um ihr verlorenes Thronrecht. Es entspinnt sich zwischen ihr und dem allmächtigen Thomas Cromwell ein lebhafter Briefaustausch. Wie eine Ertrinkende fleht Maria um Rettung. »Lange schon wollte ich Sie bitten, mir Ihre Fürsprache bei Seiner Gnaden, dem König meinem Vater, zu schenken, um seinen Segen und sein Wohlwollen zu erlangen. Doch ich begriff: niemand würde gewagt haben, zu meinen Gunsten zu sprechen, so lange jene Frau lebte, die jetzt nicht mehr ist und für die ich Gott bitte, ihr in seiner großen Barmherzigkeit alles zu vergeben. Jetzt, da sie nicht mehr lebt, erlaube ich mir, Ihnen zu schreiben, denn ich habe Sie jederzeit als einen meiner besten Freunde betrachtet. . . .«

Ihr guter Freund, der gerissene Cromwell, ist indes nicht so leichten Kaufes zu gewinnen. Er verlangt eine Gegenleistung. Nichts anderes fordert er von der tiefkatholischen Prinzessin, als die Aufgabe ihres Glaubens, ferner die Unterzeichnung eines Schriftstückes, wodurch sie sich ganz der Herrschaft Heinrichs unterordnet und seine Oberhoheit über die Kirche anerkennt. Außerdem muß sie der Nichtigkeitserklärung der Ehe ihrer Mutter zustimmen. Sie kämpft mit ihrem Gewissen als Tochter und Katholikin. Sie holt sich bei ihrem mächtigen Vetter Karl V. Rat. Er rät ihr nachzugeben, weil Heinrich VIII. ihm für seine Politik nötig ist. Als Cromwell alles erreicht hat, erst dann darf Maria ihrem Vater wieder persönlich schreiben und ihm für seine große Gnade danken. Maria ist klug genug alles zu tun, was man von ihr verlangt. Im Herzen bleibt sie Katholikin und läßt sich in ihrem Glauben nicht stören. Als sie ihrem Vater schreibt, hält sie es für diplomatisch, nicht nur für sich allein zu bitten, sondern ihm auch die kleine Schwester Elisabeth in Erinnerung zu bringen. »Ich glaube«, schreibt sie am 26. Juli 1536 an den König, »Elisabeth wird einmal Eurer Hoheit Grund zur Zufriedenheit geben, wenn es dem allmächtigen Gott gefällt. Sie ist ein sehr folgsames Kind.«

Heinrichs Interesse gilt indes nicht der kleinen Tochter. Es wird bald einzig und allein auf seinen Sohn, den sehnlichst erwarteten Thronfolger gelenkt, den ihm Jane Seymour im Oktober 1537 schenkt. Mit diesem Ereignis ist allen Zweifeln, allen Schwierigkeiten für die Zukunft Englands ein Ende bereitet. Alle Hoffnungen und Wünsche richten sich auf dieses Kind. Heinrich ist glücklich und – wie Maria richtig vermutete – versöhnlich gestimmt. Seine älteste Tochter darf an den Hof, sie darf als Patin den kleinen Prinzen über das Taufbecken halten. Die dreijährige Elisabeth trägt das kostbare Taufkleid mit der viele Meter langen Schleppe. Ihre winzigen Hände sind aber viel zu schwach, und einer der Herzöge muß das Kind auf den Arm nehmen, damit es mit seiner Hilfe die schwere Last tragen kann.

Heinrichs Glück mit Jane ist nur ein kurzes. Noch ehe er die Glückwünsche zur Geburt seines Sohnes Eduard vom englischen Volk entgegennehmen kann, stirbt die junge Mutter. Zum erstenmal reißt das Schicksal von Heinrichs Seite eine Frau, deren er noch nicht überdrüssig geworden ist, die er vielleicht bis ans Ende geehrt hätte, weil sie ihm den Erben seines Thrones gebar. Sowohl Maria als auch die kleine Elisabeth verlieren in Jane Seymour eine Fürsprecherin beim König. Sie hatte sich durch Leutseligkeit und Liebenswürdigkeit viele Anhänger am Hofe erworben. Auch sie galt allgemein als die Protektorin des Protestantismus. Aber sie nützte ihren Einfluß auf Heinrich nicht zur...

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