Wenn die Seele krank wird, wissen wir oft selbst nicht, was mit uns los ist. Wir entdecken Veränderungen an uns, stellen Gefühle und Verhaltensweisen fest, die wir von uns selbst nicht gewohnt sind. Sobald der Gedanke „Depression“ aufkommt, finden sich viele Betroffene und Angehörige auf unbekanntem Gebiet wieder.
Aber nicht immer handelt es sich auch um eine Depression. Jeder hat mal einen Tiefpunkt oder Tage, in denen es einem nicht gut geht. Das ist aber ganz normal. Denn nur wenn man schlechte Tage kennt, kann man sich auch über gute Tage freuen. Eine Depression liegt dann vor, wenn man sich über eine längere Zeit nicht mehr freuen kann.
Wenn man eine Depression hat ist es sehr wichtig viele Informationen zu sammeln, um sich einen Überblick über die Möglichkeiten zu verschaffen. Dann lichtet sich der Nebel langsam, und der Blick auf die Krankheit und die Möglichkeiten zur Heilung wird klarer. Was dann zu sehen ist, ist das Wichtigste in all dem: Depression ist heilbar, und Sie können etwas tun, um genau das zu erleben!
Fallbeispiele
Erstes Beispiel:
Schilderung meiner Tante
Das erste Mal als mir auffiel, dass meine Tante anders war als sonst, war auf der Geburtstagsparty meiner Schwester. Meine Tante saß ganz still und ruhig in einer Ecke des Raumes und man hatte das Gefühl, sie sei ganz irgendwo anders. Ich setzte mich zu ihr und fragte sie, woran sie denn jetzt gerade denke, sie sei so abwesend. Sie antwortete nur, dass es ihr nicht gut sei, aber das würde schon wieder besser werden. Man solle sie nur einfach da sitzen lassen, das würde schon wieder. Irgendwann sah ich sie auch wieder rege erzählen und lachen. Ich dachte, dass sie nur eine kleine Auszeit brauchte. Sie war damals schon älter und ich vermutete, dass es vielleicht doch zu viel für sie war zwischen all diesen Menschen, dem lauten Lachen und Reden. Monate später, bei einem Besuch bei Ihr, erzählte Sie mir, dass es ihr manchmal so seltsam sei. Ihr erscheine alles so sinnlos. Ich hatte das Gefühl, meine Tante trage den ganzen Schmerz dieser Welt. Sie sprach von Kriegen, die nicht sein müssten – das war seinerzeit der Golfkrieg - . Alles würde schlechter. Ihr täten die jungen Menschen leid, für die es immer schwieriger würde, Arbeit zu finden u. s. w. und so fort. Sie konnte mir allerdings auch nicht erklären, warum sie plötzlich so „runter“ war. Ich riet ihr damals, einmal einen Arzt aufzusuchen und sich einmal gründlich untersuchen zu lassen. Mein Onkel war aufgebracht und meinte, man solle doch nicht immer etwas Schlimmes in so eine Sache rein interpretieren. Sie sei ja schließlich nicht mehr die Jüngste und dann sei das eben manchmal so. Irgendwann ist sie dann doch wohl zum Arzt gegangen, allerdings nicht wegen dieser Schwermut, wie sie immer sagte. Bei dieser Untersuchung ist dann nebenbei festgestellt worden, dass meine Tante unter Depressionen litt. Sie bekam ein Medikament verschrieben und damit war die „Sache“ dann erst einmal erledigt.
Zweites Beispiel:
Erfahrungsbericht einer Betroffenen
Eine Depression macht sich meist schleichend bemerkbar. Bei mir war es so, dass die Symptome erst sehr schlimm werden mussten, bevor ich mir bewusst wurde: Da stimmt doch was nicht. Als bis dato völlig fitter Mensch und im Leben stehend und zudem beruflich sehr eingespannt war es eine schlimme Erfahrung, plötzlich nicht mehr zu wissen, was mit meinem Körper denn plötzlich los ist. Ich habe mich dann im Internet informiert und bin auf das Thema Depression gekommen. Auf den ersten Blick drohte mich die Fülle an Informationen zu „erschlagen“. Denn es gibt so viele Arten von Depressionen, die auch mit Angststörungen und Psychosen einhergehen können. Auch die Ursachen können sehr vielfältig sein.
Bei mir waren es mehrere sehr schmerzliche Erlebnisse in den vergangenen paar Jahren, die mich sehr beeinflusst haben und die ich wohl nie verarbeitet hatte. Zudem bin ich ein Mensch, der immer zunächst anderen hilft und seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurücksteckt. Freunde und Bekannte wussten das und haben mich mit ihren persönlichen Problemen behelligt und mich nach einer Lösung gefragt. Ich bin ein sehr feinfühliger Mensch und versuche immer für andere da zu sein. Darüber kann man aber auch ganz leicht sich selbst vergessen. Und dieser Schuss geht dann irgendwann nach hinten los. Da ich zudem auch noch beruflich sehr eingespannt war und zudem auch noch alleinerziehend, ist mir irgendwann einmal alles zu viel geworden. Das hat sich dann in einem körperlichen Zusammenbruch geäußert, so dass ich mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gekommen bin. Dort wurde ich körperlich komplett durchgecheckt und es wurde nichts Großartiges festgestellt, außer, dass einige wenige Blutwerte nicht in Ordnung waren. Aber es wurde eine „posttraumatische Belastungsreaktion“ sowie eine „somatisierte Depression“ diagnostiziert. Dies habe ich nach der Entlassung dann erst einmal mit meiner Hausärztin besprochen und mich nebenbei im Internet für diese Diagnosen umfassend informiert. Ich finde es nämlich sehr wichtig als Patient, dass man gerade beim Thema Depression, was sehr breit gefächert ist, Erstdiagnosen kritisch hinterfragt und sich umfassend über das Krankheitsbild informiert. Denn oft wird man auch durch sein Umfeld belächelt, wenn man sagt: Ich habe eine Depression.
Viele Menschen wissen gar nicht, dass dieses Krankheitsbild ein sehr vielschichtiges ist und als ernstzunehmende Krankheit angesehen werden sollte. Oft haben unwissende Menschen ein Bild von einem schwächlichen Menschen im Kopf, der mit seinem eigenen Leben und den daraus resultierenden Problemen nicht klarkommt. Doch dies ist ein Trugschluss. Denn wenn die Seele leidet, reagiert früher oder später der Körper auf jeden Fall. Die Ursachen können wie bereits erwähnt sehr vielfältig sein. Ich versuchte also mein Leben zu analysieren und habe mir dann Notizen gemacht, welche Energien und Umfelder mir nicht guttun.
Also bin ich auf meine Familie gestoßen. Mir wurde erst dann so richtig bewusst, dass ich schon seit Jahren ein riesen Problem mit meiner eigenen Mutter herumtrage. Dass mich das auf Dauer belastet, ist ja klar. Doch welche Behandlungsmöglichkeiten habe ich eigentlich, wenn ich eine Depression habe? Es gibt ja ambulante und stationäre Therapiemöglichkeiten. Da ich Mutter eines recht jungen Kindes bin, kam eine stationäre Therapie für mich nicht in Frage. Angeschaut hatte ich es mir allerdings. Ich wäre in einem 3-Bett-Zimmer gelandet - totale Krankenhausatmosphäre. Ein Umfeld, das einen sicherlich eher kränker, als gesünder werden lässt. Auch sind Bastelkurse und Sportkurse nicht das richtige für mich. Aber natürlich muss das auch jeder selbst für sich entscheiden. Am schlimmsten wäre für mich aber die vehemente Medikation gewesen. Ich nehme normalerweise nicht mal eine Schmerztablette. Auch wollte ich mich nicht ruhigstellen lassen, denn ich bin eine starke Persönlichkeit.
Also habe ich mich für eine ambulante Psychotherapie entschieden. Die Wartelisten sind aber sehr lang, deshalb habe ich mich an eine kirchliche Institution gewandt. Dort kommt man gerade bei akuten Krisen viel schneller. Wichtig ist aber, dass man sich bei seinem Therapeuten wohlfühlt, also die Chemie stimmt. Ist dies nicht der Fall, sollte man sich nicht scheuen den Therapeuten zu wechseln. Die Krankenkasse erlauben die ersten fünf Sitzungen. Währenddessen kann man dann auch nochmal wechseln, wenn es denn eben halt mal nicht passt. Bei mir kam dann noch eine generalisierte Angststörung dazu. Aufgrund meiner negativen vehementen negativen Erlebnisse mit Menschen, denen ich vertraut hatte, habe ich mich fast gar nicht mehr unter Menschen getraut. Ich war nur froh, wenn ich in meinen eigenen vier Wänden war. Schon das Einkaufen bereitete mir Schwierigkeiten. Immer dachte ich mir, dass die Menschen mir meinen erschöpften Zustand ansehen würden und dann Negatives denken könnten.
Mein zweiter Therapeut wollte mit mir dann eine Verhaltenstherapie machen. In dieser Therapie lernt man mit seiner Umwelt in Zukunft besser umzugehen und aus dem Vergangenen zu lernen. Ich habe diese Therapie dann aber später abgebrochen, weil es mir nichts gebracht hat, meine Kindheit aufzuarbeiten. Denn meine Kindheit war schön. Fast schon zu normal.
Ich lerne jetzt alleine damit zu leben, dass eine Stimmungsschwankung jederzeit eintreten kann, und kann mich damit arrangieren. Ich nehme auch keine Beruhigungsmittel oder Antidepressiva ein. Für den Notfall habe ich aber immer die Präparate im Haus, die man unter dem Kapital „So helfen Sie sich selbst“ findet. Die kann ich ohne Probleme so oft nehmen wie ich möchte. Ich kann also im Moment jedenfalls sehr gut mit meiner Depression umgehen. Denn ich habe mich von negativen Einflüssen und Menschen, die mir einfach nicht guttun, getrennt bzw. den Kontakt auf ein Minimum reduziert. So lebt es sich für mich einfach besser, auch wenn meine freundschaftlichen Kontakte im Moment im realen Leben nicht so umfangreich sind wie es einfach mal war. Meine Freunde merken auch dass ich mich verändert habe. Aber wer tut das nicht nach 20 Jahre Freundschaft? Ich habe für mich selbst vieles gelernt und rate allen...