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8. Samenleiter
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13. Nebenhoden
4. DER WEG IST DAS ZIEL!
Was für ein Stress Spermium und Ei auf sich nehmen, um zusammenkommen
Hört sich blöd an, weil es uns allen klar ist, aber vor wirklich jeder Schwangerschaft müssen einige grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein. Im Zeitalter vor der künstlichen Befruchtung war Geschlechtsverkehr unabdingbar, weshalb es ganz gut gelöst ist, dass den meisten von uns Sex ziemlich gut gefällt. Aber so schön das alles ist, es reicht leider nicht aus, um mal eben nach dem Geschlechtsakt beseelt aus den Federn zu springen und zu sagen: »Schatz, das war total klasse, wie soll es denn heißen?«
Nehmen wir die künstliche Befruchtung erst einmal aus, dann ist der Geschlechtsverkehr »lebensnotwendig«. Und nicht nur das, er muss auch noch zum optimalen Zeitpunkt stattfinden und – jetzt wird es mystisch – auf die richtige Art und Weise. Ach ja, und die richtigen anatomischen Gegebenheiten sind auch zwingend erforderlich. Denn es kann viel passieren, bevor Eizelle und Spermium zusammenfinden. Vom weiteren Verlauf nach stattgefundener Befruchtung ganz zu schweigen. Und damit wir mit ebenjener Eizelle und dem Spermium etwas mitfühlender umgehen, sei das hier näher erläutert.
Alles beginnt mit der Eizelle
Die Eizellen schlummern zahlreich als sogenannte Primordialfollikel in den Eierstöcken der Frau. Schwierig zu verstehen? Dann lassen Sie uns ein Bild finden, das es gut erklärt:
Das Procedere kann man sich ein wenig so vorstellen wie in einem gut sortierten Weinkeller. Es gibt Eizellen verschiedenen Jahrgangs in verschiedenen Regalen, also Follikeln. Manche Flaschen sind bereit, getrunken zu werden, andere noch nicht. Die trinkfertigen, es sind einige wenige, sind die, die nach dem Entkorken zum erfolgreichsten Geschmacksgenuss führen. Übersetzt: Einige wenige Eizellen nähern sich dem Punkt an, für die Befruchtung bereit zu sein. Die Eizelle, die am allerweitesten ist, wird vom Körper ausgewählt, befruchtet zu werden – die Flasche, die sich am besten eignet, getrunken zu werden, muss es natürlich sein. Und dieser beste Wein ist in der Welt der Eizellen der sogenannte graafsche Follikel. Für die Besserverdienenden unter den Weinkennern ist es vielleicht eine Flasche Romanée-Conti aus dem Burgund, der 2008er sollte eine perfekte Trinkreife haben. Warum ist nun der graafsche Follikel der Romanée-Conti unter den Eiern? Weil er der größte Follikel ist und damit für den Eisprung der aussichtsreichste. Es ist wie mit einer perfekten Auslese: Das Beste ist rar gesät.
Und damit der beste Tropfen bei Ihnen überhaupt erst so sagenhaft schmackhaft und trinkfertig auf den Tisch kommen kann, muss einige Vorarbeit geleistet werden. Wie bei einem guten Winzer sind an einem Ausleseprozess zum perfekten Wein verschiedene überaus wichtige Mitarbeiter wie Winzer, Erntehelfer und Kellermeister beteiligt. Diese extrem bedeutsamen Mitarbeiter gibt es natürlich auch im weiblichen Körper, sie heißen dort nur anders. Es sind zum Beispiel Hormone und andere Substanzen, die zwischen den jeweiligen Zellen und Prozessen im Körper vermitteln.
Ist der Wein wirklich trinkbereit, also die Eizelle gereift, kommt es zum Eisprung. Dieser findet bei der Frau in der Regel einmal im Monat statt. Wie wir bereits wissen: alle 23 bis 35 Tage. So, wie ein guter Sommelier im Restaurant sehr präzise sagen kann, welchen Wein er zu Ihrem Essen für perfekt hält, so kann der Frauenarzt in diesem Zeitraum – kurz vor dem Eisprung – per Ultraschall die Follikel wachsen sehen und genau erkennen, wie gut sie reifen, wann sie sozusagen sprungbereit sind. Denn auf ebendiesen Sprung kommt es an. Man nennt diese Untersuchung durch den Frauenarzt auch Zyklusmonitoring. Woran erkennt nun der Arzt die Bereitschaft, den Sprung ins neue Leben überhaupt zu wagen? Auf die Größe kommt es an. Ein sprungreifer Follikel ist etwa 2,5 Zentimeter groß. Gar nicht mal so klein, oder?
Jeden Monat schafft es also genau eine einzige Zelle, heranzureifen, die anderen gehen zugrunde. Ein wenig wie bei dem Domaine Romanée-Conti aus dem Burgund: Die Weine, die in den Verkauf gehen, sind deswegen perfekt, weil nur die allerbesten Flaschen ausgeliefert werden. 8000 Stück im Jahr. Alle anderen werden unter dem Aspekt, dass nur die beste Ware die Produktion verlässt, als nicht trinkbereit eingestuft und gelangen nicht in den Verkauf, werden vielleicht zur Ausschussware.
Und wieso springt das Ei nun? Es ist ja dummerweise um die Eizellen noch etwas knapper bestellt als beim vielleicht besten Rotwein der Welt. Statt 8000 Flaschen im Jahr verlässt im Normalfall nur ein einziges Ei pro Monat ihre Produktionsstätte, den Eierstock. Ausgelöst durch Hormonveränderungen, der Kellermeister hat grünes Licht gegeben, »springt« das Ei aus dem Eierstock ab. Die Hülle des größten Follikels reißt und entlässt die Eizelle, die in ihrem Follikel, also dem Weinkeller, gereift ist, und geht in den Verkauf.
Was zeitgleich zur besten und sichersten Auslieferung des Spitzenweins vonstattengeht, ist ein kompliziertes Zusammenspiel. Mechanismen im Körper sorgen dafür, dass die gesprungene Eizelle von einem Eileiter aufgenommen wird. Der im Eierstock herangereifte Follikel signalisiert an der Eierstockoberfläche, dass hier eine sprungbereite Eizelle heranreift. Als würde eine Signallampe über dem Regal mit den auslieferbereiten Flaschen aufleuchten, damit die Gabelstaplerfahrer auch die richtige Flasche aufpicken und somit das kostbare Gut wohlbehütet weiterbefördern. Das hört sich alles so einfach an, ist aber eine Meisterleistung: Die Eizelle wird punktgenau vom Fimbrientricher des Eileiters umhüllt und aufgenommen. Der Eisprung findet nach dem Zufallsprinzip in einem der beiden Eierstöcke statt, nicht abwechselnd. Je nach Gusto des Kellermeisters wird also der Wein aus dem rechten oder linken Kellerregal geholt. Spannenderweise können beide Eileiter die Eizelle fangen, also nicht nur der rechte das rechte Ei, sondern auch über Kreuz. Der geniale Weinlager-Gabelstapler in unserem Körper, der eigentlich vor dem rechten Regal parkt, fängt auch die Flasche, die links herauspurzelt.
Hat die Eizelle den Eileiter erreicht, kann sie hier auf ein Spermium treffen. Nehmen wir an, dass es ganz viele Weinliebhaber gibt, die alle scharf drauf sind, den Supertropfen zu kosten. Hat eine Eizelle den Weg über den Fimbrientrichter in den Eileiter gefunden, findet auch dort gleich die Befruchtung statt. Hier hat das schnellste Spermium seinen großen Auftritt!
Werfen wir einen genaueren Blick auf die ganzen Weinkenner, die das kostbare Gut ganz allein für sich gewinnen wollen. Nur der, der die idealen Voraussetzungen mitbringt (beispielsweise einen Korkenzieher), wird wirklich an die Flasche kommen. Schnell muss er sein, um Erster zu werden. Spermien sehen aus wie kleine Kaulquappen, kleiner Kopf mit Hütchen und, war ja klar, Schwänzchen. Sie werden in den männlichen Hoden produziert und sind die Transporter der männlichen Erbanlagen. Der gesamte Entstehungsprozess dauert circa drei Monate und ist hormonabhängig – genauer gesagt: testosteronabhängig.
»Ach, du Schreck!«, sagen Sie, das braucht drei Monate, bis die Weinkenner komplett ausgestattet sind mit Korkenzieher und schnellen Beinen, um an die Flasche zu kommen? Nein, keine Angst: Sie müssen nicht nach jedem Sex drei Monate warten, bis wieder genügend Spermien da sind. Es sind vielmehr immer ausreichend viele vorhanden, die innerhalb von zwei bis drei Tagen einsatzbereit sind, sich auf die Jagd nach dem edlen Tropfen zu begeben.
Das kleine Weinkenner-Spermium ist im Vergleich zur Eizelle ein winziges Ding: Es misst gerade einmal 60 Mikrometer oder besser 0,006 Zentimeter. Aber während die Weinproduktion so unglaublich verknappt auf wenige Flaschen im Jahr ist, reißen sich mindestens so viele wie die Gesamtbevölkerung Polens um diese eine Flasche. Und da so ein Weinkenner-Trainingscamp unberechenbar ist, kann es auch schon mal sein, dass ganz Brasilien auf den Beinen ist, die Pulle zu ergattern. Mit anderen Worten: Es werden circa 40 bis 250 Millionen pro Samenerguss in ungefähr 1,5 bis sechs Milliliter Flüssigkeit ausgestoßen. Davon sind allerdings schon mal ungefähr 20 Prozent unreif, oder andersherum gesagt, es gehen sowieso nur 80 Prozent ins Rennen.
Aber bevor Sie sich Sorgen machen um die so wohlproduzierte, aufs Intensivste gehegte, mit besten Noten durch die Qualitätskontrolle gekommene Romanée-Conti-Flasche und sich fragen: Warum sind es denn dann immer noch so viele? Wird die Flasche nicht Schaden nehmen? Wenn nahezu jeder Pole oder Brasilianer oder, weil es irgendwo dazwischen ist, jeder Deutsche nur ein Ziel hat: die Flasche zu bekommen? Oder anders gefragt: Ist das nicht so, als versuchten alle existierenden Bienenvölker eines Landkreises, eine einzige Blume zu bestäuben?
Nein, denn leider wird es weder den ausgedürsteten Weinkennern noch den Bienen so leicht gemacht auf dem Weg zum Hochgenuss. Die Spermien gelangen ja aus dem Hoden durch den Penis in die weibliche Scheide. Wäre die Streckenführung nicht schon kompliziert genug, müssen wir bedenken, dass sie wegen ihrer verschwindend kleinen Größe sehr fragil sind und dieser Teil des Hindernisparcours gar nicht den kompliziertesten Teil der Reise darstellt. Sie müssen bei ihrem Wettlauf nämlich noch einige weitere Herausforderungen überwinden.
Das nächste Hindernis ist dann auch gleich die Vagina – nicht sie direkt, vielmehr ihr pH-Wert. Denn die Vagina ist im Allgemeinen...