Was sind Sie für ein Ernährungs-und Stresstyp?
Test, Typologie und maßgeschneiderte Tipps
Essen im Jahr 2050 wird vermutlich eine feine Sache werden, denn der Hunger wird mit beliebig vielen, maßgeschneiderten, multisensorischen Kalorienpäckchen und viel elektronischer Schlauheit bekämpft. Die Zukunftsvision der Ernährungsforscherin Hannelore Daniel klingt wie eine Erzählung aus einem Science-Fiction-Roman: Auf das leiseste Magenknurren reagiert ein unter der Haut implantierter Laborchip. Dieser ermittelt Blutzucker, Fettprofil sowie Hormon- und Vitaminstatus im Blut und überträgt die Messwerte an die Nutrition-Applikation (Lecker-App) des Handys. So kommt die Appetitmeldung inklusive der Spontan-Anamnese zum Zentralrechner (Health-Host), wo die kompletten Gesundheitsdaten, das Genprofil des Kunden und kulinarische Präferenzen abgespeichert sind. Aus dem Datenwust kreiert der Computer eine geeignete Speisekarte und Einkaufsliste, die im Supermarkt der Zukunft natürlich sofort automatisch bearbeitet wird. Und der digitale Gesundheitscoach liefert online einen Vorschlag, um den spontanen Hunger mit der wissenschaftlich optimierten Ernährungsempfehlung zu bekämpfen. Das könnte ein Apfel sein, ein Glas Wasser oder ein für den Kunden maßgeschneiderter Energy-Vitamin-Riegel, meint die Ernährungswissenschaftlerin Daniel von der Technischen Universität München.
Dem individuellen Erfolgsrezept auf der Spur
Je besser die Wissenschaftler die Verdauung und Genetik unseres Körpers verstehen, desto klarer wird: Was für Sie einen optimalen Speiseplan darstellt, kann für mich ein gesundheitliches Risiko bedeuten – also zu Krebs, Diabetes, Übergewicht oder Herz-Kreislauf-Leiden führen. Deshalb suchen Mediziner, Ernährungsexperten und Nahrungsmittelkonzerne nach Möglichkeiten, das individuelle Idealrezept für jeden zu finden.
In der Ära der Steinzeitjäger, als unsere Vorfahren heute unvorstellbare körperliche Anstrengungen zur Nahrungsmittelbeschaffung unternehmen mussten, war ausgeprägtes Fettspeichervermögen von Vorteil. Schließlich brachte nicht jeder Jagdausflug einen Hasen, ein Reh oder gar ein Mammut. Und stand einmal ein großer Braten zur Verfügung, musste er als Fettreservoir abgespeichert werden können. Entsprechende Gene zur Fettspeicherung bildeten sich heraus. Allerdings werden deren Träger beim kulinarischen Überfluss und dem bewegungsarmen Leben heutzutage ganz zwangsläufig dick.
Eine generelle Veranlagung zum Übergewicht ist also in unserem Erbgut fixiert, die Ausprägungen und Auswirkungen unterscheiden sich jedoch dramatisch – von Region zu Region und den entsprechenden Esstraditionen. Ganze Völker bekommen das zu spüren – wie etwa der Stamm der Pima-Indianer in den USA. Der Stamm wanderte einst über die Beringstraße von Asien ein. Ein Teil des Stammes lebt heute in Arizona, ein anderer im Hochland von Mexiko. Die amerikanischen Pima leiden auffallend häufig unter Fettleibigkeit und Diabetes, die mexikanischen Pima jedoch nicht. Die Zivilisationskrankheiten Übergewicht und Diabetes stehen also in direktem Zusammenhang mit der US-amerikanischen Küche. Dickmachende Erbanlagen auszumachen, hat sich allerdings als schwierig herausgestellt – es sind nicht nur ein paar Schalter, deren Funktion man verstehen müsste. »Seriösen Schätzungen zufolge bestimmen 300 bis 500 Gene die Ansammlung von Körperfett«, unterstreicht Daniel die Komplexität im Erbgut. Mehrere Dutzend Genschnipsel bestimmen die Höhe des Energieverbrauchs. Aber auch ganz andere genetische Grundlagen wie etwa jene, die seit jeher unser Verhalten bei Stress steuern, beeinflussen den Taillenumfang. Ernährungsexpertin Daniel kennt Studien an eineiigen Zwillingen, die nahelegen, dass etwa 60 Prozent der Faktoren für Übergewicht genetisch bedingt sind. Die Ausrede, nur die Gene seien schuld am eigenen Übergewicht, gilt also nicht wirklich – unser Verhalten bestimmt letztlich, wie stark die Waage ausschlägt oder nicht.
Die gute Nachricht zu unserem Essverhalten lieferte die amerikanische Kinderärztin Clara Davis in den 1920er und 1930er Jahren. Davis startete damals eine spektakuläre Versuchsreihe mit Waisenkindern im Säuglingsalter. Den Kindern wurden jeden Tag verschiedenste Nahrungsmittel und Getränke angeboten – die Forscher nahmen also keinerlei Einfluss auf die Zusammenstellung des Speiseplans. Obwohl die Kleinen teilweise chaotisch ihren Durst und Hunger bekämpften (ein Kind trank mehrere Gläser Orangensaft und aß dann Leberstückchen), war die Zusammensetzung des Speiseplan über längere Zeit doch vielfältig und die Kinder gediehen bestens – Davis belegte also mit ihrem heutzutage als unethisch empfundenen Versuch, dass kleine Menschen noch eine natürliche Essintelligenz haben. Ziel dieses Buches ist es – unter anderem –, diese uns ureigene Essintelligenz, das natürliche Hungergefühl und die angenehme Sattheit wiederzuentdecken.
Blick in die deutsche Ess-Seele: Der Test
Um herauszufinden, wie die Deutschen heute über das Essen denken, welchen Aufwand sie betreiben, welche Wünsche und Sorgen sie mit der Ernährung verbinden, hat der Nahrungsmittelkonzern Nestlé eine groß angelegte Untersuchung (»Nestlé Studie 2011. So is(s)t Deutschland. Ein Spiegel der Gesellschaft«, Deutscher Fachverlag) durchgeführt, die dem nun folgenden Buchkapitel zugrunde liegt. Mehrere Institute wie etwa die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und das Institut für Demoskopie in Allensbach befragten über 40 000 Deutsche nach ihren Ernährungsgewohnheiten. Sieben verschiedene Ernährungstypen hat die Studie zum Ergebnis: Jeden Typus kennzeichnen ganz spezielle Einstellungen, Wünsche, Bedürfnisse, aber auch Probleme mit dem Essen – und jedem Typus kann man auch ein spezifisches Stressprofil zuordnen. Lesen Sie bitte die nun folgenden sieben Beschreibungen durch und entscheiden Sie, welche Profile am besten zu Ihnen passen – dann können Sie in der Auswertung erkennen, welchem Typus (oder mehreren Typen) Sie am ehesten entsprechen – wo Ihre Probleme liegen und welche Empfehlungen sich daraus ergeben. Außerdem erhalten Sie durch die Typologie Hinweise, welche Kapitel des Buches für Sie besonders relevant sind. Sie werden überrascht sein, welche praktischen Schlüsse Sie aus Ihrem persönlichen Esscode ziehen können!
Ernährungstyp 1
Lebensumstände: Ich orientiere mich an klassischen Werten auf der Suche nach Harmonie in allen Lebensbereichen. Das Wichtigste im Leben ist die Familie. Persönliche Ambitionen in Bezug auf Beruf, sozialen und materiellen Status werden hinter die Schaffung eines harmonischen Familienumfeldes wie zum Beispiel die Ausbildung der Kinder oder das Wohl des Partners zurückgestellt. In meiner Rolle verspüre ich Verantwortlichkeit nicht nur meinen Kindern sondern auch mir selbst gegenüber. Ausgeglichenheit mit mir und meiner Umwelt, ein sicheres Lebensumfeld und Freude am Leben prägen mich.
Gesundheit: Ein weiterer wichtiger Aspekt meiner Persönlichkeit ist eine hohe gefühlte Kompetenz in Ernährungs- und Gesundheitsfragen.
Ernährungsverhalten: Meine Ernährungsgewohnheiten sind sehr ausgewogen, stabil und auf »Gemeinschaft« ausgerichtet. Beim Einkauf lege ich Wert auf eine große Auswahl an frischen Produkten, die Qualität ist mir einen höheren Preis wert. Beim Kochen ist kein Aufwand zu hoch, um der Familie eine frische und ausgewogene Ernährung zu bieten.
»Das bin ich …«
- Die Familie besonders gut und ausgewogen ernähren
- Essen als wichtige Quelle von Genuss
- Gesunde und ausgewogene Ernährung bedeutet besseres Körpergefühl und mehr Leistungsfähigkeit
- Stress und Überlastung sind in meinem Leben kein Problem
»Das bin ich nicht …«
- Essen und Trinken als reine Notwendigkeit
- Vitamine und Mineralstoffe in Form von Tabletten oder Kapseln als sinnvolle Ergänzung für eine gesunde Ernährung
Ernährungstyp 2
Lebensumstände: Mein traditioneller Lebensentwurf ist geprägt durch gesundheitliche Notwendigkeiten und klassische Werte. Das Wichtigste im Leben ist meine Gesundheit in den Griff zu bekommen bzw. zu schonen. Dies ist für mich seit Jahren von zentraler Bedeutung.
Gesundheit: Das ist auch in Gesprächen das wichtigste Thema! Meinen generellen Gesundheitszustand empfinde ich als nicht optimal, (viele würden ihn auch als eher schlecht bezeichnen). Denn ich leide unter einer der Volkskrankheiten (Diabetes, hohes Cholesterin, Bluthochdruck, Kreislaufprobleme), aber auch Schmerzen, Allergien und Infektionen sind eine Gefahr.
Ernährungsverhalten: Gesundheitliche Notwendigkeiten haben zu einem Umdenken in Ernährungsfragen geführt. Obst, Gemüse, Vitamine und Mineralstoffe sind ein wichtiger Teil meiner täglichen Ernährungsroutine. Während ich den Einkauf eher partnerschaftlich betreibe, ist das Kochen verstärkt »Frauensache«.
»Das bin ich …«
- Aus gesundheitlichen Gründen auf Ernährung achten
- Sich bewusst Zeit nehmen, um in Ruhe zu essen
- Seit Jahren unveränderte Ernährungspräferenzen
- Konsumiere gesundheitsfördernde Nahrungsmittel und Getränke.
»Das bin ich nicht …«