Didaktik (gr., didaxis=Lehre, Unterricht, Unterweisung) als das „Herzstück“ der Pädagogik beschäftigt sich im engeren Sinne mit der Theorie des Unterrichts, im weiteren Sinne mit der Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens, also mit der Gestaltung von Lehrangeboten und der Lerntechnik respektive allen lernförderlichen Arrangements – unabhängig von spezifischen Lerninhalten. Bezieht sie sich auf spezifische Lehrinhalte, stellt die zuständige Fachwissenschaft ihre Basis dar (Fachdidaktik). Darüberhinaus existieren Medien- und Wirtschaftsdidaktik.
Nach Jank und Meyer befasst sich die Didaktik mit der Frage, „wer was wann mit wem wo wie womit warum und wozu lernen soll“[36], und zwar in Form verschiedener
Als ein didaktisches Modell bezeichnet man ein auf Vollständigkeit zielendes Theoriegebäude zur Analyse und Planung didaktischen Handelns in schulischen und anderen Lehr- und Lernsituationen.[37] Es soll theoretisch umfassend und praktisch folgenreich die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen des Lernens und Lehrens aufklären. In der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz sind zahlreiche didaktische Modelle entwickelt und diskutiert worden, so z. B. die bildungstheoretische Didaktik, die auf die Bildung des Menschen im Ganzen abzielt, statt nur auf spezielle und nützliche Eigenschaften und Fähigkeiten, die curriculare Didaktik, die insbesondere auf Lehr- und Lernziele im Unterricht gerichtet ist, die lern- bzw. lehrtheoretische Didaktik, die wesentliche Elemente der Unterrichtsplanung (Lehr- und Lernziele, Lerninhalte, Methoden der Gestaltung des Unterrichts und Medien) einbezieht, die kommunikative Didaktik, deren neuere Ansätze den Blick auf die intensive und sachbezogene Kommunikation der Lerner miteinander richten (zentrale Rolle des Lehrer vs. Interaktion in Schülergruppen) und die
Letztere geht von folgenden Annahmen aus: „Wissen kann nie als solches von einer Person zur anderen übermittelt werden. [….] Die einzige Art und Weise, in der ein Organismus Wissen erwerben kann, [besteht darin], es selbst aufzubauen oder für sich selbst zu konstruieren. [….] Die Tätigkeit des Lehrens [sollte] als ein Versuch angesehen werden, die Umwelt eines Schülers so zu verändern, daß dieser möglichst jene kognitiven Strukturen aufbaut, die der Lehrer vermitteln möchte“.[38] Das bedeutet, daß „Verstehen und Lernen Konstruktionsprozesse sind, die auf der Interaktion zwischen eingehenden Stimuli und bereits vorhandenem Wissen beruhen. [….] Jeder Lerner kann Informationen von außen nur auf der Basis seiner eigenen Erfahrungen deuten, die wiederum das Ergebnis früherer Konstruktionen sind.“[39]
Dieser Ansatz der Didaktik fasst unter Konstruktionsprozessen, die verantwortlich sind für Festhalten und Organisieren von Wissen, alle Prozesse zusammen, die dem Menschen das Erkennen der Welt ermöglichen und auf bereits vorhandenen Kenntnissen aufbauen. Es geht jedoch nicht nur um das Erkennen allein. Vielmehr muß der Mensch in der Lage sein, Ergebnisse dieses Erkenntnisprozesses zu sichern, in sein bisheriges Potential einzuspeichern und für ein eventuelles Abrufen während der Interaktion mit seiner Umwelt aufzubereiten. Lernen läßt sich dann als weiteres Element in dieses Beziehungsverhältnis integrieren: „Lernen ist Erkennen ist Konstruktion“[40]. Dem Lerner wird die Fähigkeit des Konstruierens zugeordnet. Fremdsprachenlernen im Speziellen – denn hier existiert keine Basis bisherigen Wissens - birgt besondere Formen des Konstruktionsprozesses in sich, die gewährleisten sollen, daß – wie oben schon erwähnt – Wissensbestände festgehalten und zur Wiederverwendung bereitgestellt werden können. Unterricht kann nicht berechnet und vorhergesagt werden, denn sein Inhalt wird durch jeden Lerner anders organisiert, aufgefasst und zugeordnet. Dessen Ergebnisse sind individuelle Konstruktionen, die nicht mit denen anderer Teilnehmer oder mit solchen des Lehrenden übereinstimmen müssen. Die konstruktivistische Didaktik fordert deshalb – geschuldet dem Gegensatz zu „Eintrichterungstheorien“ – reichhaltige, multimodale, interessante und kommunikationsorientierte Lernumgebungen, die subjektiv ansprechen und gleichzeitig Neues beinhalten, das pragmatisch, interaktiv und kreativ zur Selbstorganisation von Wissen einlädt. Problemdefinitionen und ihre Lösungen werden interaktiv in Kooperation kommuniziert.
Ein Vertreter des konstruktivistischen Ansatzes, Wolfgang Klafki, bezieht in die Didaktik nicht mehr nur die Auseinandersetzung mit Ziel- und Inhaltsentscheidungen für den Unterricht ein, sondern auch die Reflexion der Methoden-, Medien- und Beurteilungskriterien[41], d. h. im weiteren Sinne die Theorie und Praxis des Lehrens und Lernens, also die Gestaltung von Lehrangeboten und Lerntechnik respektive allen lernförderlichen Arrangements. Er bestätigt damit die
der Lehrtheoretischen Didaktik (siehe oben): Intentionen, Themen, Methoden und Medien des Unterrichts stehen in einem Verhältnis strenger Interdependenz zueinander[42], einer Wechselwirkung und eines inneren Zusammenhangs, die der „Vater“ der Lerntheoretischen Didaktik, Paul Heimann, im sogenannten „Berliner Modell“ (siehe Anlage 1) darstellt und dazu formuliert: „Diese Faktoren sind streng interdependent. Das heißt: die einen hängen von den andern ab. Setzen Sie einen Faktor, so setzen Sie gleich eine Grundbedingung, eine Conditio für den anderen Faktor. Diese Bedingung zu erkennen und im Sinne dieser Erkenntnis im Unterricht zu praktizieren, das nenne ich den Unterricht theoretisch steuern.“[43]
Unterrichtseinheiten sind ohne lehrerseitige Klarheit über Intentionen, also Ziele, Thema bzw. Inhalt der Stunde, Methoden und Medien, d. h. geeignete Vehikel, den Stoff zu vermitteln, nicht zu halten. Innerhalb dieser vier müssen Entscheidungen getroffen werden, deshalb der Begriff Entscheidungsfeld. Darüberhinaus sollte der Lehrer erkennen, von welchen Voraussetzungen er bei seinen Schülern ausgehen kann. Diese können anthropogener
(z. B. Linkshänder, Alter, Entwicklungsstufe) oder soziokultureller Art sein (z. B. das Rollenverhalten bei Jungs und Mädchen, Einstellung, Fähigkeiten, Motivation, Normen des Benehmens) und tragen den Namen Bedingungsfelder. Sie werden durch den Unterricht modifiziert und verändert.
Insgesamt hat der Lehrer bei diesem Modell immer zu bedenken, daß er, trifft er eine Entscheidung innerhalb eines Feldes, zugleich überlegen muß, wie seine weiteren Entscheidungen in anderen Feldern aussehen, ob sie im Zusammenspiel stehen und wie die Lernergruppe darauf reagieren wird.
Fremdsprachenunterricht im Besonderen ist auf den Erwerb der komplexen mentalen Konstruktionsprozesse ausgerichtet. „Das Erlernen einer Sprache [….] bedeutet den Erwerb der kooperativen Prozesse des gemeinsamen Konstruierens von Bedeutung, es bedeutet schließlich den Erwerb der sprachlichen Mittel (Lexik und Grammatik), die der Lernende zur Umsetzung seiner mentalen Repräsentationen in verarbeitbare Informationen und sprachlicher Informationen in mentale Repräsentationen benötigt.“[44] Der L2-Lerner muß in die Lage versetzt werden, sein Konstruktionsvermögen so weit zu entwickeln, daß er es automatisiert in Kommunikationssituationen aller Art verwenden kann. Die Aufgabe des Lehrenden besteht darin, ihm bei der Herausbildung dieses Konstruktionsvermögens zu helfen, speziell beim Herausbilden der Sprachverarbeitungs- und Sprachlernfähigkeit – so definiert die konstruktive Fremdsprachendidaktik die eigentliche Aufgabe des Fremdsprachenlehrers. Eine Hilfe bei der Förderung von Sprachverarbeitung und –gebrauch sowie die Einbeziehung persönlicher Fertig- und Fähigkeiten des Schülers gibt dem Lehrer dabei das vorab bezeichnete Modell an die Hand. Er kann entscheiden – natürlich unter Beachtung der anthropogenen und soziokulturellen Bedingungen seiner Schüler -, wie die Art der Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Elementen gestaltet ist und mit welchem Ziel er was wie an wen mit welchen Medien und Methoden in welcher Situation vermittelt.
Doch nicht nur Interdependenz, sondern auch das
ist von großer Bedeutung. Wolfgang Schulz, Professor für Erziehungswissenschaft und Mitbegründer des Berliner Modells, fügt es ersterem hinzu als absichtsvolle Bereitstellung von Alternativen, Zulassen von Variationen, nachträgliche Korrektur von Unterrichtszielen und Elastizität beim Ansteuern der Ziele.[45] „Der Unterrichtsplan wird erst unter Mitsteuerung der Schüler fertig.“[46] Nach der konstruktivistischen Didaktik ist Unterricht nicht berechenbar, denn seine Inhalte werden in den Köpfen der Lernenden unterschiedlich verarbeitet und jeweils verschiedenen Erfahrungsinhalten zugeordnet, ein Festhalten an...