Die Brunnen verteilen sich hauptsächlich in Nord-Süd Richtung im westlichen Bereich der Grabungsfläche (vgl. Abb. 6) in dem weniger überschwemmungsgefährdeten Bereich und datieren vom 6. bis ins 12. Jahrhundert. Es befinden sich im südlichen Teil der Fläche (E 5) mit 18 Brunnen die meisten Befunde, doch kann hier keinesfalls von einem zeitlichen Schwerpunkt die Rede sein (vgl. Kap.3.5.1.). Im Hinblick auf die Brunnenkonstruktionen befanden sich im nördlichen und südlichen Abschnitt sowohl Baumstamm- als auch Kastenbaukonstruktionen, während im mittleren Bereich der Grabungsfläche nur Brunnen aus ausgehöhlten Eichenstämmen dokumentiert wurden.[31] Mit nur sechs nachgewiesenen Exemplaren verteilen sich die Kastenbrunnen gleichmäßig auf die nördlichsten und südlichsten Abschnitte.
Nach Aussage der Grabungsleiterin É. Peytremann stehen die Brunnen in keinem systematischen Zusammenhang mit den Grubenhäusern. Um diese These beurteilen zu können, muss erst die gesamte Fläche genauer untersucht werden, was im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht erfolgen kann.
Brunnen der Zeitstufe HMA 1 (6. bis 8. Jahrhundert) befinden sich, bis auf eine Ausnahme (PUI 2201), alle in Fläche E 5. Sechs Konstruktionen bestehen aus einem ausgehöhlten Eichenstamm, ein Schacht besteht aus sekundär verwendeten und unregelmäßig bearbeiteten Brettern. Zu einem Brunnen kann bezüglich der Bauweise keine Aussage getroffen werden (vgl. Abb. 7).[32] Aufgrund der Lage der Brunnen ist es wahrscheinlich, dass der Beginn der Siedlung im südlichen Teil der Grabungsfläche liegt.
Für die Übergangsphase von HMA 1 zu HMA 2 (7. bis 10. Jahrhundert) ist ein Brunnen im Abschnitt E 1 zu nennen, der einzig durch die Keramik datiert werden konnte (PUI 2233). Im Profil ist zwar eine Baugrube erkennbar, doch konnten keine Hinweise auf eine Konstruktion gefunden werden (Abb. 45).
15 sicher und drei unsicher datierte Brunnen sind für die Phase HMA 2 (Ende 7. bis 10. Jahrhundert) dokumentiert worden.[33] Ihre Verteilung ergibt sich wie folgt: E 1 weist fünf, E 2 drei, E 3 einen, E 4 vier und E 5 fünf Brunnen auf. Insgesamt fällt auf, dass kein Verteilungsschwerpunkt wie in HMA 1 vorliegt. Bezug nehmend auf die Konstruktion ergibt sich ein ähnliches Bild wie in der vorangegangenen Phase. Auch hier sind die meisten Brunnenkonstruktionen aus ausgehöhlten Baumstämmen gefertigt. Ein Novum ist der Kastenbau, der zum ersten Mal auftaucht und mit zwei Exemplaren vertreten ist. Zu einem Brunnen liegen keine Angaben bezüglich der Konstruktion vor.
Brunnen 1546 wird im Grabungsbericht an zwei Stellen unterschiedlich über die Keramik datiert und fällt, je nach Auslegung, entweder in die Phase HMA 1 oder HMA 2. Im Vorbericht[34] wird der Brunnen in die Zeit zwischen 700 und 899 datiert, im endgültigen Bericht wird er in die Zeit zwischen 500 und 699 vordatiert. Bei genauerer Betrachtung der Keramik ist eine Datierung in Phase HMA 2 wahrscheinlicher.
Auf die Zeitstellung der Brunnen im Kapitel 3.2. genauer eingegangen werden.
Nur sechs sicher und ein unsicher datierter Brunnen sind für die Phase HMA 3 (10. bis 12. Jahrhundert) zu nennen. Ihre Verbreitung erstreckt sich relativ gleichmäßig über das gesamte Areal.[35] In Abschnitt E 1 konnten drei Brunnen, zwei als Kastenbau und einer als Baumstammbrunnen, dokumentiert werden. In E 2 waren für diese Phase keine Konstruktionen nachweisbar. Abschnitt E 3 wies zwei und E 4 und E 5 jeweils eine Zimmerung vor, alle aus ausgehöhlten Eichenstämmen errichtet.
Neben den oben genannten 33 datierten Brunnen befinden sich zudem 13 undatierte Brunnen auf der Fläche. Die größtenteils nicht bestimmbaren Konstruktionen liegen schwerpunktmäßig in den südlichen Abschnitten E 4 und E 5. Nur drei Zimmerungen in Form eines Baumstammbrunnens und zweier Kastenbauten sind erhalten.[36]
Ein Sonderfall ist der Brunnen 1795 in E 5. Er ist mit einzelnen, sekundär verwendeten Brettern und Bohlen aus Eichenholz errichtet.[37] Diese Bauweise kommt nur ein einziges Mal auf dem Areal vor und datiert an das Ende des 6. Jahrhunderts (Abb. 14, 39).[38]
Kastenbrunnen kommen in Sermersheim erst ab dem Ende des 7. Jahrhunderts vor und treten bis zur vermutlichen Aufgabe der Siedlung im 12. Jahrhundert insgesamt nur sieben Mal auf, von denen zwei Exemplare nicht datiert werden konnten. Ihre Verteilung beschränkt sich ungefähr zu gleichen Teilen auf die Abschnitte E 1 und E 5.
Konstruktionen aus „ganzen“[39] Baumstämmen gibt es in Sermersheim seit dem 6. Jahrhundert. Während anfangs nur im nördlichen und im südlichen Abschnitt Brunnen nachgewiesen werden konnten, ist in der Phase HMA 2 mit 12 Exemplaren ein Maximum erreicht. Die Anzahl der Brunnen ohne nachweisbare Konstruktion befinden sich hauptsächlich im Abschnitt E 1 (vgl. Abb. 7).
Abb. 7 Verteilung der Brunnen auf die Zeitstufen HMA 1 bis 3 und undatierte Brunnen, Maßstab 1:2000 (bearbeitet nach Peytremann/Tegel 2008, Fig. 2).
Die auf Abb. 7 abgebildete Karte stellt die Verteilung der Brunnen in den einzelnen Zeitabschnitten dar. Hierbei wird deutlich, dass sich die Brunnen aus der ersten Phase wie bereits erwähnt im südlichen Areal der Grabungsfläche konzentrieren wo auch der Beginn der Siedlung zu vermuten ist. Wahrscheinlich befanden sich hier einzelne Gehöfte, zu denen je ein Brunnen gehörte, überträgt man die Aussage F. Dannheimers für Kirchheim auf Sermersheim. Ihm zufolge gehörte in Kirchheim (Lkr. München) zu jedem Anwesen ein Brunnen.[40] Die Bedingungen für eine ausreichende Wasserversorgung sind in Kirchheim die gleichen wie in Sermersheim. Bereits in wenigen Metern Tiefe ist der Grundwasserspiegel erreicht. Trifft die oben genannte Aussage auch für Sermersheim zu, so handelt es sich hier um eine Ansiedlung von sechs Gehöften im Süden und einem Gehöft im Norden. In dieser ersten Zeitphase HMA 1 bestehen alle Brunnenkonstruktionen in Sermersheim aus ausgehöhlten Baumstämmen.
In Phase HMA 2 ist eindeutig die größte Ausdehnung der Siedlung erkennbar. 18 Brunnen in zwei Bauweisen als Kastenbrunnen oder Baumstammbrunnen errichtet, erstrecken sich über die gesamte Grabungsfläche. Kastenbauten sind für Sermersheim erst seit dieser Phase nachweisbar. Die Siedlung ist in ihrer Bedeutung im Vergleich zur vorangegangenen Phase deutlich gestiegen.[41]
In der letzten Zeitstufe nimmt die Anzahl der Brunnen ab. Sieben Brunnen, die sich hauptsächlich im mittleren und nördlichen Bereich verteilen, datieren in das 10. bis 12. Jahrhundert.
Die undatierten Brunnen verteilen sich gleichmäßig über die Fläche, wobei eine geringe Häufung im südlichen Areal zu beobachten ist. Die Brunnen 1169 und 1912 (Abb. 40) sind nur zu einem Teil ergraben und weisen weder Konstruktionsreste noch Material aus der Verfüllung auf. Ebenfalls keine nachweisbare Konstruktion haben die Brunnen 1316, 1337, 1395, 1534, 2119, 2434 und 2561. Bei zwei Kastenbrunnen (1001, 1156) und einem Baumstammbrunnen (1654) konnte aufgrund der geringen Anzahl der Jahrringe keine Datierung erfolgen. Im Beispiel von Brunnen 2233 ergibt sich insofern ein Datierungsproblem, als dass er weder über die Keramik noch über die Dendrochronologie einer Zeitstufe zugeordnet werden kann. Laut Grabungsbericht datiert der Brunnen jedoch in die Phase HMA 1 bis 2.
Die Datierung der Brunnen ist anhand von Holzproben und Keramikfunden durchgeführt worden. Die Analyse der Holzproben erfolgte durch das Labor Dendro.net. Die folgenden Aussagen in Kapitel 3.2.1. beziehen sich auf die Ergebnisse der Analysen von W. Tegel.[42]
Um einen Baum jahrgenau datieren zu können, bedarf es einiger wichtiger Faktoren. Die Waldkante, der zuletzt gebildete Jahrring, gibt das Fälldatum des Baumes an.[43] Wird ein Baum gefällt, beginnt er abzusterben. Die Kambiumzellen sterben ab und das Wachstum des Holzes hört auf. In einzelnen Fällen lässt sich anhand der Jahrringstruktur feststellen, in welchem...