Unsere Frühlingsküche
Warum wir in aller Herrgottsfrühe auf den samstäglichen Bauernmarkt sausen, um endlich den ersten Spinat zu ergattern? Uns die Duftveilchen-Fundstellen in der Au via Direktnachricht verraten, draußen aus dem Pflücken nicht herauskommen und zuerst geduldig (Mitte April dann eher nicht mehr) auf den – endlich! – ersten frisch gestochenen Spargel aus der Region warten? Bunte Blattsalate mit Fisch und Früchten kombinieren, spielerisch und großzügig mit zarten Kräutern umgehen? Von Kohlrabi, Erbsen und Karfiol nicht genug bekommen können? Uns aufs geschmorte Lamm aus der Bratrein ebenso wie auf das süße aus der Backform freuen? Weil saisonale Küche so einfach wie naheliegend ist.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Am Anfang stand die Idee des Verlags, die Bestseller-Autorin mit dem Spitzenkoch zusammenzuspannen, um sie ein gemeinsames Kochbuch machen zu lassen. Doch wir beide – Katharina Seiser und Richard Rauch – fanden, eines reicht nicht, um Ihnen all das zu erzählen, was uns wichtig ist. So wurden vier Bücher daraus: die Jahreszeiten-Kochschule. Jeder der vier Bände widmet sich einer Jahreszeit. Und in jeder Jahreszeit kochen wir mit dem Besten, was sie zu bieten hat.
Warum wir saisonal kochen so gut und wichtig finden? Ganz einfach: Es schmeckt dann am besten, wenn die Zutaten reif sind. Dafür müssen sie in der Nähe wachsen, sonst können sie nicht zum richtigen Zeitpunkt geerntet oder verarbeitet werden. Es schmeckt auch dann am besten, wenn die Zubereitungsarten und Geschmacksrichtungen mit dem Wetter zusammenpassen. Darum sind wir im Frühling so gierig auf knackig-zartes Grün, freuen uns über die süßen wie pikanten Vorräte vom letzten Jahr, die wir jetzt verschwenderisch aufbrauchen, während die Gemüse und Früchte langsam zu Substanz heranreifen. Darum wollen wir unbedingt raus und die zarten Wildkräuter selbst finden, sie stolz auf den Tellern zur Schau stellen und in Form von Bärlauchkapern oder Hollerblütenessig verschenken.
Saisonal kochen lernen
Dieses Buch ist – wie die drei anderen Bände auch – in neun große Kapitel unterteilt. Welche Zutaten haben jetzt Saison? Worauf haben wir Lust, wenn’s wieder wundersam zu grünen, blühen und sprießen beginnt? Für uns schmeckt der Frühling nach dem ersten Rhabarber, dessen fruchtige Säure tatendurstig macht, nach mürben Salatblättern und scharfen Radieschen, vielleicht sogar aus dem eigenen Garten. Nach saftigem Brathendl und mildem Maibock, nach gebackenem Ziegenkitz mit selbst gestochenem, leicht bitterem Löwenzahnsalat. Frühling schmeckt nach Osterpinzen mit Geselchtem, Kren und gefüllten Eiern, nach elegantem Sonntagsbraten mit den liebsten Menschen rund um den Tisch mit blühenden Obstbaumzweigen in der Vase. Nach kandierten Blüten auf knusprigen Erdbeerstanitzeln, nach herrlich altmodischen Brandteigkrapferln und den ersten süßen Kirschen, die wir uns auf die Ohren hängen.
Jedes der neun Kapitel beginnt mit einer kompakten Warenkunde von Katharina: Warum haben diese Lebensmittel jetzt Saison? Worauf kommt’s beim Einkauf an? Woran erkennt man gute Qualität? Welche Sorten gibt es und wie lagert man sie? Und: Was tut man, wenn etwas übrig bleibt? Wir achten darauf, die besten Zutaten zu kaufen, die wir bekommen können. Biologische Landwirtschaft halten wir dafür für eine hervorragende Grundlage. Aus purem Egoismus und aus Altruismus gleichermaßen. Für uns ist das kein Widerspruch. Erstens wird alles, was wir uns beim Essen einverleiben, zu dem, was wir sind und wie wir uns fühlen. Zweitens unterstützen wir durch den Kauf von anständigen Lebensmitteln eine Landwirtschaft, die nicht nur aufs Geldverdienen aus ist. Sondern darauf achtet, dass die Ressourcen auch morgen noch zur Verfügung stehen und der Boden auch morgen noch Nahrung liefern kann. Und dank derer wir uns in den Spiegel schauen können, wenn wir überlegen, wie die Tiere, die bzw. deren Milch oder Eier wir essen, behandelt werden.
Richards Rezepte zeigen wie in kompakten Koch-Seminaren die Vielfalt des jeweiligen Kapitel-Themas. Ausgehend von österreichischen Klassikern stellen wir verschiedene Zugänge, Techniken und Varianten vor, die geschmacklich keine Grenzen kennen. Auf den knapp 250 Seiten haben nie und nimmer all die Möglichkeiten Platz, die der saisonale Zugang zum Kochen bietet – deshalb haben wir die besten ausgewählt und mit vielen Tipps zum Abwandeln versehen. Unser Ziel: Sie nehmen das Buch und die Rezepte als Basislager, von dem aus Sie sicher, gut gerüstet und unternehmungslustig zu vielen Expeditionen aufbrechen.
Teilen macht Freude
Wenn Sie so wie wir das Internet für eine großartige und nicht nur fürs Kochen sehr hilfreiche Erfindung halten, dann freuen wir uns, wenn Sie Ihre Erfahrungen mit dieser Kochbuchreihe #jahreszeitenkochschule in sozialen Netzwerken – und mit uns – teilen.
Wie wir das erreichen wollen?
Wir erklären so genau wie möglich, worauf’s bei den jeweiligen Zutaten ankommt. Wir versuchen, Fragen, die bei der Zubereitung auftauchen können, im Vorhinein zu beantworten. In den letzten Jahrzehnten ist so viel Kochwissen und kulinarische Tradition verloren gegangen, dass wir finden: Es kann gar nicht genau genug sein. Es kann nicht zu viele Hinweise und Wege zum Erfolg eines Rezeptes geben. Es können nie zu viele Varianten und Tipps sein.
Apropos: Bei vielen der Rezepte finden Sie weiterführende Ideen. Einige davon haben wir „Trick 17“ genannt, das sind die aus Richards Profiküche, auf die man zuhause nicht von selbst kommt. „Tipps“ vertiefen oder erklären. In „Varianten“ finden sich Ideen zur Abwandlung, damit’s nicht langweilig wird. Weltoffene Getränketipps von Richards Schwester Sonja, die mit ihm den Familienbetrieb „Steira Wirt“ in Trautmannsdorf in der Südoststeiermark führt, runden die Rezepte ab.
Natürlich schön
Richard hat für die Rezeptfotos so angerichtet, wie er es zuhause – nicht im Restaurant – macht, das war Katharinas Wunsch. Richard ist in der Hochküche ebenso daheim wie in der Wirtshausküche. Die Rezepte in diesem Buch sind für die Haushaltsküche abgestimmt. Uns beiden ist wichtig, dass die Rezepte nicht nur nachkochbar sind, sondern auch dazu einladen, sie wirklich auszuprobieren. Joerg Lehmann hat so fotografiert, dass wir uns sofort in unbeschwerte Frühlingsfeierlaune versetzt fühlen. Wo nötig, gibt’s informative und schön anzusehende Schritt-für-Schritt-Fotos. Kochen ist uns immer eine Freude!
Etwas, das uns auch noch wichtig ist: Kochen Sie gemeinsam. Zu zweit teilen Sie z.B. bei so manch aufwendiger Mehlspeise nicht nur Arbeit und Aufregung, sondern vor allem auch den Erfolg. Und die Vorbereitung von Gemüse und Salaten geht mit zwei oder mehr Beteiligten sowieso leichter von der Hand. Wenn Sie entscheiden, dass Sie ein anderes Kräutlein lieber verwenden möchten als das von uns vorgeschlagene: Probieren Sie’s einfach aus!
Wann ist für uns Frühling?
Wenn wir vom Gesang der Amsel geweckt werden, mit weiten Nasenflügeln durch die Gassen und Wiesen laufen, den vielen Frühlingsdüften vom ersten Bärlauch bis zu den Lindenblüten, die uns auch mitten in der Stadt verzaubern, auf der Spur. Wenn wir Morcheln entdeckt haben und Pläne schmieden, was wir damit anstellen. Wenn wir die geerbten Kristallgläser polieren, die dank der frisch geputzten Fenster funkeln, als wären sie unser kostbarster Besitz. Das sind sie vielleicht auch, zumindest aber die Erinnerungen an unbekümmerte, heitere Feste, von denen wir uns Jahre später noch erzählen. Wenn wir das Fahrrad aufpumpen, um erstmals im Jahr in Sandalen frische Kipferl fürs Frühstück zu holen, und einen der zauberhaften Frühlingsblumensträuße zu pflücken. Und von denen wir übermütig, wenn niemand hinschaut, das eine oder andere Gänseblümchen und die gefiederte Schafgarbe naschen, in der Gewissheit, wie gut es uns geht.
Viel Freude mit unserer Frühlingsküche!
Katharina Seiser & Richard Rauch
Hinweise zu den Rezepten
Bei jedem Rezept steht dabei, für wie viele Personen oder PORTIONEN es gedacht ist.
Sie werden sehr genaue Angaben zu Zutaten, Zubereitung, Gar-, Rast- und Kühlzeiten finden, jedoch ganz bewusst keine Angaben dazu, wie lang die Zubereitung eines Rezeptes dauert. Lesen Sie das Rezept vor dem Einkauf einmal komplett durch. Nur Sie wissen mit Blick auf Ihr ZEITBUDGET und Ihre Routine, für welche Schritte Sie wann wie viel Zeit einplanen möchten.
OFENTEMPERATUREN sind in der jeweils am besten geeigneten Hitzeart angegeben.
Bei den ZUTATENMENGEN nennen wir praktische Einheiten für den Einkauf,...