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Gegenübertragung und andere Schriften zur Psychoanalyse

Vorträge und Aufsätze aus den Jahren 1942-1980

AutorPaula Heimann
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl473 Seiten
ISBN9783608109672
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis74,99 EUR
Endlich liegen die Beiträge der bedeutenden Psychoanalytikerin Paula Heimann aus den Jahren 1942 - 1980 gesammelt in deutscher Sprache vor. Der Band enthält Arbeiten aus den 1940er bis 1950er Jahren, die sich eng an Melanie Klein orientieren, und die bedeutenden Schriften nach ihrem Bruch mit Klein. In diesen Texten diskutiert Heimann verschiedene klinische Probleme und Fragen der therapeutischen Technik, etwa solche zum psychoanalytischen Setting, zur Sublimierung, zur analen Phase oder zur Übertragung. Bahnbrechend wurde ihr ab 1950 entwickeltes Konzept der Gegenübertragung. Ihr tiefgehendes Verständnis sowohl der kleinianischen Objektbeziehungstheorie als auch der Freudschen Theorie und Technik sind auch für den heutigen Leser ein Quell der Erkenntnis. • Gegenübertragung als zentrales Konzept der Psychoanalyse bis heute wirkend • Paula Heimann war maßgeblich am Wiederaufbau der Psychoanalyse in Nachkriegsdeutschland beteiligt • Klassische Beiträge zur psychoanalytischen Theorie und Technik und ihrer Geschichte Dieses Buch richtet sich an: - Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker

Paula Heimann, M.D., (1899-1982), Psychoanalytikerin und Psychiaterin, erfuhr ihre Ausbildung am Berliner Psychoanalytischen Institut durch Theodor Reik, Karen Horney und Hanns Sachs. 1933 emigrierte sie nach London und wurde dort als enge Vertraute Melanie Kleins eine der vehementesten Fürsprecherinnen der kleinianischen Positionen gegenüber der Gruppe um Anna Freud. In enger Zusammenarbeit mit Alexander Mitscherlich war sie maßgeblich am Wiederaufbau der Psychoanalyse in Nachkriegsdeutschland 14 beteiligt.

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Leseprobe

Pearl King

Paula Heimanns Suche nach der eigenen Identität als Psychoanalytikerin: ein Memoire zur Einführung


Ich begrüße die Publikation der Gesammelten Schriften Paula Heimanns, die von Margret Tönnesmann zusammengestellt wurden. Ihre Einleitung ist Paula Heimanns theoretischem und klinischem Verständnis ihrer Arbeit als Psychoanalytikerin gewidmet. Ihre Erläuterungen über die Entwicklung der zahlreichen Beiträge, die Paula Heimann zur Psychoanalyse geleistet hat, dienen dem Leser als hilfreiche Orientierung.

Man hat mich gebeten, in diesen Erinnerungen Paula Heimanns persönlichen Hintergrund und die Ereignisse zu skizzieren, die für ihre Schriften und ihre Beiträge zur Psychoanalyse besonders einflussreich waren. Ich stütze mich nicht nur auf meine persönliche Bekanntschaft mit Paula Heimann, die mir eine warmherzige, Mut machende und kreative Kollegin gewesen ist, sondern auch auf Informationen, die sie mir gab, als ich sie 1974 im Zusammenhang mit meiner Erforschung der Geschichte der British Psycho-Analytical Society interviewte.

Paula Heimann wurde 1899 in Danzig geboren. Sie starb 1982 in London. Beide Eltern waren russischer Abstammung und hatten vier Kinder. Das dritte, ein Mädchen, starb. Danach wurde Paula geboren. Sie hatte immer das Gefühl, als Ersatz für diese Schwester empfangen worden zu sein, und vermutete, dass ihre Mutter zur Zeit ihrer Geburt sehr depressiv war. Als Kind hielt sie es für ihre Aufgabe, die Mutter zu trösten und zu umsorgen. Die Mutter konnte die Hilfe aber auch anerkennen und war ihrer Tochter sehr dankbar. Diese familiäre Situation spielt im Kontext der späteren analytischen und außeranalytischen Erfahrungen Paula Heimanns eine wichtige Rolle.

Wie zur damaligen Zeit in Deutschland üblich, absolvierte Paula Heimann ihr Studium der Medizin und Psychiatrie an mehreren verschiedenen Universitäten. Noch während der Ausbildung heiratete sie einen Internisten, und 1925 wurde ihr einziges Kind, die Tochter Mirza, geboren. Die Familie ließ sich schließlich in Berlin nieder, wo Paula psychiatrische Patienten in Behandlung nahm. Irgendwann fragte eine Kollegin sie, ob sie nicht vielleicht Psychoanalytikerin werden wolle. Sie bewarb sich 1928 am Berliner Psychoanalytischen Institut, wurde von Max Eitingon, dem Vorsitzenden der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft, interviewt und zur Ausbildung zugelassen. Eitingon schickte sie zu Theodor Reik in Analyse, der seit kurzem, aus Wien kommend, in Berlin praktizierte. Zu Paula Heimanns Lehrern zählten Fenichel, Hanns Sachs, Franz Alexander, Karen Horney und Radó. Sie stand der Arbeit etlicher Berliner Analytiker kritisch gegenüber, weil sie ihrer Ansicht nach die Rolle der Aggression und die Bedeutsamkeit des Todestriebes unterschätzten. 1932 wurde sie als assoziiertes Mitglied in die Berliner Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen. Als Hitler 1933 in Deutschland an die Macht kam, bot Ernest Jones Eitingon schriftlich an, jüdischen Psychoanalytikern, die sich bedroht fühlten, zu helfen. Er lud sie ein, nach London zu kommen. Paula wurde von Eitingon aufs wärmste empfohlen; er hatte eine Schwäche für sie, weil sie genauso wie er aus einer russischen Familie stammte. Etwa zur selben Zeit wurde Paulas Mann eine Arbeitsstelle in der Schweiz angeboten; er verließ Deutschland unverzüglich, denn aufgrund seiner linkspolitischen Interessen war er besonders gefährdet. Während Paula noch überlegte, ob sie nach London übersiedeln sollte oder nicht (die Schweizer Regierung stellte weder ihr noch ihrer Tochter Mirza ein Visum aus, so dass sie ihrem Mann nicht nachreisen konnte), brannte der Reichstag; irgendjemand versuchte, sie mit der Behauptung, sie habe in ihrer Wohnung ein Fest veranstaltet, um den Brand zu feiern, hineinzuziehen. Die Polizei kam während einer Behandlungsstunde und verhaftete sie. Sie wurde verhört, zahlreiche ihrer Bücher wurden beschlagnahmt, doch schließlich ließ man den Verdacht fallen. Die Erfahrung machte ihr allerdings klar, dass sie ihres Lebens in Berlin nicht mehr sicher war. Sobald sie ihr Visum bekommen hatte, brach sie zusammen mit Käthe Friedländer, ebenfalls Psychoanalytikerin, nach London auf. Ihre Tochter kam derweil bei einer römisch-katholischen Familie in Berlin unter und sollte dort bleiben, bis Paula in London eine geeignete Wohnung fand. Weil sie selbst natürlich nicht nach Deutschland zurückreisen konnte, um Mirza abzuholen, wurde das Kind schließlich von einer arischen Freundin nach London begleitet. Paula und ihre Kollegin erhielten Visa, die es ihnen ermöglichten, im East End, damals eine sehr arme Gegend, als Psychoanalytikerinnen zu praktizieren. Sie mieteten sich in einem Guesthouse ein und begannen, nach einem geeigneten Praxisraum zu suchen. Die Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge galt lediglich für Stadtbezirke, in denen sie den Einheimischen keine Konkurrenz machten; aus diesem Grund stand »East End« auf ihren Visa. Sie fanden einen Raum und nahmen die Arbeit auf, doch ihre Patienten klagten ständig, dass sie sich beobachtet fühlten. Zuerst vermuteten sie, gleich mehrere paranoide Patienten zu haben, aber als sie ihre Aufzeichnungen miteinander verglichen, stellte sich heraus, dass ihre Praxisräume zu einem Bordell gehörten und dass die Aufsicht führende »Madam« das Kommen und Gehen ihrer Patienten scharf beobachtete. Schließlich bot sich ihnen die Möglichkeit, im Bezirk West Central zu praktizieren, was sich als günstiger erwies.

Paula war im Juli 1933 in London eingetroffen, mitten in der Ferienzeit, so dass es eine Weile dauerte, bis sie andere Analytiker kennenlernte. Jones gab ihr eine Liste mit den Namen von Kollegen, denen sie einen Höflichkeitsbesuch abstatten sollte, darunter auch Melanie Klein. Im November 1933 wurde Paula zum außerordentlichen Mitglied der British Society gewählt. Sie fand die Wissenschaftlichen Sitzungen noch steifer und förmlicher als die entsprechenden Veranstaltungen in Berlin. Melanie Klein, Joan Riviere und Susan Isaacs pflegten, so erzählte sie mir, in der ersten Reihe zu sitzen. Es war klar, dass Melanie Klein damals bei den meisten Mitgliedern der britischen Gesellschaft hohes Ansehen genoss. Paula erzählte auch von zwei Ehepaaren, die gut zu ihr waren, als sie aus Deutschland ankam: Melitta und Walter Schmideberg – Melanie Kleins Tochter und Schwiegersohn, beide ebenfalls Psychoanalytiker und Paula noch aus der Berliner Gesellschaft bekannt – sowie Helen und William Gillespie, die sie erst in London kennenlernte.

Im April 1934 informierte Jones die Mitglieder darüber, dass Melanie Kleins ältester Sohn bei einer Wanderung im Gebirge tödlich verunglückt war. Paula schickte ihr ein Kondolenzschreiben und erhielt daraufhin von Walter Schmideberg die Nachricht, dass Melanie Klein sich über ihren Besuch freuen würde. Paula hatte Melanie Klein 1932 auf dem Wiesbadener Kongress erlebt und fand ihre Betonung der Rolle der Aggression und des Todestriebs sehr ansprechend. Sie berichtete mir: »Selbstverständlich habe ich sie besucht, und sie war verzweifelt, natürlich.« Melanie Klein erzählte ihr viele Dinge über sich selbst, die nichts mit dem Todesfall zu tun hatten. Paula hatte sie gefragt, weshalb sie sich an sie – eine Fremde – gewandt habe und nicht an eine ihrer englischen Freundinnen, zum Beispiel Joan Riviere. Die Engländer seien ihr zu fremd, und außerdem sprächen sie nicht Deutsch, gab Melanie Klein zur Antwort. Paula Heimann berichtete, sie sei auf Kleins Bedürftigkeit eingegangen und habe sie auf ihren Wunsch hin regelmäßig besucht. Als Melanie Klein eines Vormittags beschloss, ausgehend von ihrer eigenen Trauererfahrung einen Artikel über die Trauer zu verfassen, bot Paula ihr an, ihr als Sekretärin zur Hand zu gehen. Nach und nach erholte Melanie Klein sich von ihrem Verlust. Ihr muss auch bewusst geworden sein, dass Paula, deren Ehe mittlerweile in die Brüche gegangen war, Hilfe brauchte. Sie lebte emotional isoliert, ohne enge Freunde, ihre ökonomische Lage war ausgesprochen prekär, sie musste sich als Flüchtling durchschlagen und war von...

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